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Recht des Versicherten auf Einsichtnahme in die Schadensakte der Versicherung

Ein Kfz-Fahrer kollidiert mit einer Leitplanke und gerät mit seiner Versicherung in Streit – Grund: Die Versicherung verweigert ihm die Einsicht in das Gutachten zum Unfallschaden. Das Landgericht Hanau stärkt nun die Rechte des Versicherungsnehmers und zwingt die Versicherung zur Offenlegung des Gutachtens. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Vertragspflichten zwischen Versicherungen und ihren Kunden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Hanau
  • Datum: 23.03.2022
  • Aktenzeichen: 4 O 1171/21
  • Verfahrensart: Klageverfahren
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Vertragsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Versicherungsnehmer, fordert Einsicht in das von der Beklagten erstellte Kaskogutachten. Er behauptet, dass der Vorschaden am Fahrzeug ordnungsgemäß repariert wurde und verlangt die Einsichtnahme als vertragliche Pflicht der Beklagten.
  • Beklagte: Versicherungsgesellschaft, die den Kläger vertraglich versichert hat. Sie verweigert die Einsichtnahme in das Kaskogutachten mit der Begründung, dass die schutzwürdigen Interessen berührt seien und erhebt den Vorwurf der Nichtkooperation seitens des Klägers.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger hatte einen Unfall und meldete einen Vollkaskoschaden bei seiner Versicherung. Die Versicherung holte ein Kaskogutachten ein, gab dem Kläger jedoch keinen Zugriff darauf. Der Kläger verlangt Einsicht in das Gutachten, um Klarheit über die Schadensregulierung zu erhalten.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage war, ob der Kläger ein Recht auf Einsichtnahme in das Kaskogutachten hat, das die Versicherung im Rahmen des Schadensfalles eingeholt hatte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht entschied zugunsten des Klägers. Die Beklagte muss ihm Einsicht in das Kaskogutachten gewähren und zudem die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 713,76 EUR zuzüglich Zinsen tragen.
  • Begründung: Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben besteht eine Vertragliche Nebenpflicht zur Einsichtnahme, die Beklagte sei zur Mitwirkung verpflichtet. Die Beklagte konnte ihre ablehnende Haltung nicht ausreichend begründen, da der Kläger keine treuwidrigen Handlungen nachweislich begangen hatte.
  • Folgen: Der Kläger bekommt Zugang zu dem Kaskogutachten, und die Versicherungsgesellschaft muss die angefallenen Anwaltskosten zahlen. Dies unterstreicht die Verpflichtung von Versicherungen, Kunden die Einsicht in relevante Schadensgutachten zu gewähren, um Transparenz und Fairness sicherzustellen.

Recht auf Akteneinsicht: Transparenz und Fairness im Versicherungsrecht

Das Recht des Versicherten auf Einsichtnahme in die Schadensakte spielt eine zentrale Rolle im Versicherungsrecht und ist maßgeblich für die Transparenz und Fairness im Umgang mit Versicherungsansprüchen. Wenn ein Schadensfall eintritt, haben Versicherte oft das Bedürfnis, die Dokumentation ihrer Ansprüche zu überprüfen. Das Informationsrecht auf Akteneinsicht ist nicht nur ein Zeichen von Versicherungstransparenz, sondern stärkt auch die Rechte des Versicherten und ermöglicht eine kompetente Neubewertung der Versicherungsbedingungen.

Besonders in Fällen von strittigen Ansprüchen oder unklaren Entscheidungen ist die Einsichtnahme in die Schadensakte von Bedeutung. In der Folge wird ein konkreter Fall vorgestellt, der wichtige Aspekte des Akteneinsichtsrechts und der Datenschutzbestimmungen rund um Schadensdokumentationen beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Versicherungsnehmer erhält Recht auf Einsicht in Kaskogutachten

Mercedes-Benz mit Streifschaden an Leitplanke auf nasser Autobahn
(Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Landgericht Hanau hat einem Versicherungsnehmer das Recht zugesprochen, Einsicht in ein von seiner Versicherung in Auftrag gegebenes Kaskogutachten zu nehmen. Die Versicherung muss zudem die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 713,76 Euro tragen.

Unfall mit Leitplanke führt zu Rechtsstreit

Der Fahrzeughalter war mit seinem Auto am 22. November 2020 auf der B43a mit einer Leitplanke kollidiert. Nach eigenen Angaben untersuchte er die Leitplanke auf Beschädigungen, konnte jedoch keine feststellen und setzte seine Fahrt nach etwa 15 Minuten fort. Die Versicherung beauftragte daraufhin einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Kaskogutachtens und ließ den Unfallort begutachten. Dem Versicherungsnehmer wurden weder das Gutachten noch der Besichtigungsbericht zur Verfügung gestellt.

Streit um Vorschaden und Reparaturnachweise

Im Laufe der Schadensregulierung gab der Versicherungsnehmer einen Vorschaden vom 26. Juli 2020 an, der zu einem wirtschaftlichen Totalschaden geführt hatte. Er erklärte, den Schaden als Karosseriebauer in Eigenregie fachgerecht repariert zu haben, konnte jedoch keine Reparaturbelege vorlegen. Die Versicherung verweigerte daraufhin die Einsicht in das Kaskogutachten und berief sich auf ein Urteil des OLG Saarbrücken.

Gericht stärkt Rechte des Versicherungsnehmers

Das Landgericht Hanau stellte klar, dass dem Versicherungsnehmer aus der vertraglichen Nebenpflicht ein Recht auf Einsicht in das Gutachten zusteht. Die Richter betonten, dass der Versicherungsvertrag beide Parteien zur gegenseitigen Unterstützung und Mitwirkung verpflichtet. Das Argument der Versicherung, der Versicherungsnehmer habe sich durch zögerliche Auskunft über den Vorschaden unredlich verhalten, ließ das Gericht nicht gelten. Der Kläger hatte den Vorschaden bereits im ersten Fragebogen offengelegt, der diese Information abfragte.

Einsichtsrecht unabhängig von Leistungspflicht

Das Gericht stellte fest, dass das Einsichtsrecht nicht von der grundsätzlichen Eintrittspflicht der Versicherung abhängt. Es dient vielmehr dazu, dem Versicherungsnehmer zu ermöglichen, die Erfolgsaussichten seines Anspruchs einzuschätzen. Auch eine bereits erfolgte Leistungsablehnung durch die Versicherung beendet nicht die Treuepflichten aus dem Vertragsverhältnis.


Die Schlüsselerkenntnisse


„Das Landgericht Hanau stärkt die Position von Versicherten gegenüber ihrer Kfz-Versicherung, indem es ein grundsätzliches Recht auf Einsicht in Gutachten bestätigt. Versicherungsnehmer haben demnach aus der vertraglichen Nebenpflicht einen Anspruch darauf, Einsicht in Kaskogutachten zu erhalten – selbst wenn die Versicherung die Leistung bereits abgelehnt hat. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung von Transparenz und Waffengleichheit im Versicherungsverhältnis und verdeutlicht, dass eine Leistungsablehnung nicht automatisch alle Treuepflichten der Versicherung beendet.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie einen Unfall hatten und Ihre Versicherung Ihnen die Einsicht in das Gutachten verweigert, können Sie sich jetzt auf dieses Urteil berufen. Die Versicherung muss Ihnen das Gutachten auch dann zeigen, wenn sie Ihre Ansprüche bereits abgelehnt hat oder Zweifel an Ihren Angaben hat. Sie haben damit die Möglichkeit, die Erfolgsaussichten Ihrer Ansprüche besser einzuschätzen und falls nötig einen Anwalt einzuschalten. Verweigert die Versicherung trotz Aufforderung die Einsicht, muss sie sogar Ihre Anwaltskosten übernehmen.


Benötigen Sie Hilfe?

Wenn Ihre Versicherung Ihnen die Einsicht in das Unfallgutachten verweigert, stehen Ihnen jetzt gestärkte Rechte zu. Wir verfügen über langjährige Erfahrung im Umgang mit Versicherungen und kennen die rechtlichen Möglichkeiten, die sich aus dem aktuellen Urteil für Sie ergeben. In einem persönlichen Gespräch analysieren wir Ihre individuelle Situation und zeigen Ihnen auf, wie Sie Ihre Ansprüche effektiv durchsetzen können. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Rechte habe ich als Versicherungsnehmer auf Einsicht in meine Schadensakte?

Als Versicherungsnehmer haben Sie ein umfassendes Recht auf Einsicht in Ihre Schadensakte. Dieses Recht basiert auf mehreren rechtlichen Grundlagen, insbesondere § 810 BGB, § 242 BGB und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Umfang des Einsichtsrechts

Sie haben Anspruch auf Einsicht in sämtliche personenbezogenen Daten in Ihrer Schadensakte. Dazu gehören:

  • Das vollständige Schadensgutachten
  • Interne Vermerke und Notizen
  • Korrespondenz zwischen Versicherung und deren Anwälten
  • Gesprächsprotokolle der Schadenabteilung
  • Telefonnotizen

Zeitlicher Rahmen

Die Versicherung muss Ihrem Einsichtsgesuch unverzüglich, spätestens aber innerhalb eines Monats nach Eingang nachkommen. In komplexeren Fällen kann diese Frist um maximal zwei weitere Monate verlängert werden, wobei Sie darüber informiert werden müssen.

Besonderheiten bei Gutachten

Bei Schadensgutachten besteht ein besonders starkes Einsichtsrecht. Wenn die Versicherung ein Gutachten zur Schadensermittlung einholt, müssen Sie als Versicherungsnehmer Zugang zu dessen Ergebnissen erhalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Versicherung ihre Entscheidung auf das Gutachten stützt.

Form der Einsichtnahme

Sie können nicht nur eine Einsichtnahme vor Ort verlangen, sondern haben auch Anspruch auf Übermittlung von Kopien der relevanten Unterlagen. Die Versicherung darf die Herausgabe von Kopien nicht mit der Begründung verweigern, dass eine Einsichtnahme bei einem Arzt oder anderen Dritten ausreichend sei.


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Was kann ich tun, wenn die Versicherung die Einsicht in mein Kaskogutachten verweigert?

Als Versicherungsnehmer haben Sie einen gesetzlich garantierten Anspruch auf Einsicht in das von der Versicherung eingeholte Kaskogutachten. Dieser Anspruch ergibt sich aus den Treuepflichten des Versicherers und wurde durch das OLG Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 25.09.23 bestätigt.

Schriftliche Anforderung

Warten Sie nach der Besichtigung durch den Sachverständigen etwa eine Woche ab. Fordern Sie dann das Gutachten schriftlich bei Ihrer Versicherung an. Verweisen Sie dabei auf das aktuelle Urteil des OLG Frankfurt (Az. 7 U 40/22).

Rechtliche Grundlagen

Der Einsichtsanspruch basiert auf mehreren rechtlichen Säulen:

  • § 810 BGB (Einsicht in Urkunden)
  • § 242 BGB (Treu und Glauben)
  • § 66 II VVG (Versicherungsvertragsgesetz)

Durchsetzung des Anspruchs

Wenn die Versicherung die Herausgabe trotz Aufforderung verweigert, stehen Ihnen verschiedene Wege zur Verfügung:

Datenschutzrechtlicher Weg: Nach der DSGVO haben Sie einen umfassenden Auskunftsanspruch. Das OLG Köln hat entschieden, dass Versicherer alle personenbezogenen Daten herausgeben müssen – einschließlich interner Vermerke und Gutachten.

Sachverständigenverfahren: Bei Streitigkeiten über die Schadenshöhe können Sie ein Sachverständigenverfahren einleiten. Dabei benennen beide Parteien unabhängige Gutachter. Dies ist eine außergerichtliche Option zur Klärung von Differenzen.

Die Versicherung darf das Gutachten nicht zurückhalten, um Sie im Unklaren über Ihre Ansprüche zu lassen. Eine solche Taktik widerspricht den Treuepflichten des Versicherers. Die Einsichtnahme ermöglicht Ihnen eine vollumfängliche Prüfung Ihrer Ansprüche und deren Durchsetzbarkeit.


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Wer trägt die Kosten für die Durchsetzung meines Einsichtsrechts?

Bei der Kostentragung für die Durchsetzung des Einsichtsrechts in Schadensgutachten müssen verschiedene Konstellationen unterschieden werden.

Kosten des Gutachtens selbst

Die Kosten für das ursprüngliche Schadensgutachten trägt grundsätzlich die Versicherung. Dies ergibt sich aus § 85 VVG, wonach die Ermittlung über Ursache und Höhe des Versicherungsschadens dem Versicherer obliegt.

Kosten für die Einsichtnahme

Die reine Einsichtnahme in das Gutachten ist für Sie kostenfrei. Die Versicherung ist nach § 242 BGB (Treu und Glauben) verpflichtet, Ihnen diese Einsicht zu gewähren.

Kosten eines eigenen Gutachtens

Wenn Sie selbst ein Gutachten in Auftrag geben, werden diese Kosten grundsätzlich nicht von der Versicherung übernommen. Dies basiert auf der Überlegung, dass die Schadensermittlung durch den Versicherer in der Regel eine ausreichende Verhandlungsgrundlage darstellt.

Kosten bei gerichtlicher Durchsetzung

Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung um das Einsichtsrecht gilt das Kostenrecht der Zivilprozessordnung. Die Prozesskosten trägt die unterliegende Partei nach § 91 Abs. 1 ZPO.

Sonderfall Krankenversicherung

In der privaten Krankenversicherung gilt eine Besonderheit: Hat der Versicherungsnehmer ein Gutachten auf Veranlassung des Versicherers eingeholt, muss die Versicherung die entstandenen Kosten erstatten.


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Welche Unterlagen muss die Versicherung mir bei einem Kaskoschaden zur Verfügung stellen?

Als Versicherungsnehmer haben Sie ein umfassendes Recht auf Einsicht in sämtliche Sie betreffende Unterlagen bei Ihrer Versicherung. Dies basiert auf der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und wurde durch aktuelle Rechtsprechung bestätigt.

Umfang der Akteneinsicht

Der Versicherer muss Ihnen Zugang zu allen personenbezogenen Daten gewähren, darunter:

  • Interne Vermerke und Notizen des Sachbearbeiters
  • Protokollierte Gespräche zur Schadensregulierung
  • Telefonnotizen
  • Gesprächsprotokolle der Schadenabteilung
  • Stellungnahmen des Schadenregulierers
  • Versicherungsrechtliche Begutachtungen

Rechtliche Grundlagen

Die Versicherung kann sich nicht auf einen zu hohen Aufwand bei der Datenzusammenstellung berufen. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat klargestellt, dass der Anspruch auf Akteneinsicht grundsätzlich der betroffenen Person zusteht.

Durchsetzung des Einsichtsrechts

Wenn die Versicherung Gutachten eingeholt hat, auf die sie ihre Entscheidungen stützt, muss sie Ihnen diese zugänglich machen. Die Versicherung darf die Einsicht nicht mit Verweis auf das Urheberrecht verweigern oder die Unterlagen ausschließlich an einen Arzt übermitteln.

Bedeutung für die Schadensregulierung

Die Einsicht in die vollständige Dokumentation ermöglicht Ihnen, die Bewertung Ihres Schadensfalls nachzuvollziehen. Besonders relevant sind dabei die Unterlagen zur Schadenshöhe, zum Wiederbeschaffungswert und zur Neuwertentschädigung. Bei Unstimmigkeiten können Sie auf Basis dieser Informationen fundiert argumentieren.


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Kann die Versicherung die Einsicht aufgrund von Vorschäden oder fehlenden Reparaturnachweisen verweigern?

Nein, die Versicherung darf die Einsicht in das Schadensgutachten nicht aufgrund von Vorschäden oder fehlenden Reparaturnachweisen verweigern. Das Einsichtsrecht des Versicherungsnehmers ergibt sich aus dem Kooperationsgebot als Konkretisierung des § 242 BGB.

Grundsätzliches Einsichtsrecht

Der Versicherungsnehmer hat einen gesetzlich garantierten Anspruch auf Einsichtnahme in ein von der Versicherung eingeholtes Schadensgutachten nach § 810 BGB. Ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme besteht immer dann, wenn dies der Förderung, Erhaltung oder Verteidigung seiner rechtlich geschützten Position dient.

Bedeutung für die Schadensregulierung

Die Schadensermittlung durch die Versicherung stellt in der Regel eine ausreichende Verhandlungsgrundlage für die Schadensregulierung dar. Da der Versicherungsnehmer auf diese Schadensermittlung angewiesen ist, muss zur Wahrung der Waffengleichheit auch Auskunft über und Einsicht in das Ergebnis des Sachverständigen gewährt werden.

Vorschäden und ihre Behandlung

Wenn Vorschäden bestehen, kann die Versicherung zwar die Höhe der Schadensregulierung einschränken oder anpassen, das Recht auf Einsicht in das Gutachten bleibt davon aber unberührt. Die Versicherung ist sogar verpflichtet, dem Versicherungsnehmer Einsicht zu gewähren, wenn sie schwerwiegende Entscheidungen zu seinen Lasten auf das Gutachten stützt.

Selbst wenn die Versicherung das Gutachten bereits an einen Dritten (zum Beispiel einen behandelnden Arzt) übersendet hat, wird sie nicht von ihrer Verpflichtung zur Einsichtsgewährung gegenüber dem Versicherungsnehmer frei.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Kaskogutachten

Ein Kaskogutachten ist ein technischer Schadensbericht, der von einem unabhängigen Sachverständigen im Auftrag einer Versicherung erstellt wird. Es dokumentiert und bewertet Schäden an einem Fahrzeug nach einem Unfall oder anderen Schadensereignis. Basierend auf §151 VVG dient es als Grundlage für die Schadensregulierung durch die Versicherung. Das Gutachten enthält typischerweise Angaben zum Schadensumfang, zur Reparaturwürdigkeit und zu den voraussichtlichen Reparaturkosten. Beispiel: Nach einem Unfall wird ein Kaskogutachten erstellt, um festzustellen, ob ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt oder eine Reparatur sinnvoll ist.


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Vorschaden

Ein Vorschaden bezeichnet einen bereits früher eingetretenen Schaden am selben Fahrzeug oder Objekt, der vor dem aktuell zu regulierenden Schadensereignis entstanden ist. Nach §28 VVG besteht für den Versicherungsnehmer eine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Angabe von Vorschäden. Die Kenntnis über Vorschäden ist für Versicherungen wichtig, um die Schadenshöhe korrekt zu bemessen und mögliche Doppelregulierungen zu vermeiden. Beispiel: Ein Auto hatte vor drei Monaten einen Unfallschaden an der Fahrerseite, der repariert wurde. Bei einem neuen Unfall muss dieser Vorschaden der Versicherung mitgeteilt werden.


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Vertragliche Nebenpflicht

Vertragliche Nebenpflichten sind zusätzliche Verhaltensanforderungen neben den Hauptleistungspflichten eines Vertrags. Sie ergeben sich aus §241 Abs. 2 BGB und verpflichten die Vertragsparteien zu gegenseitiger Rücksichtnahme, Information und Zusammenarbeit. Im Versicherungsrecht umfassen sie besonders Auskunfts-, Informations- und Unterstützungspflichten. Beispiel: Die Pflicht der Versicherung, dem Versicherungsnehmer relevante Unterlagen wie Gutachten zur Verfügung zu stellen, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Vertrag steht.


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Einsichtsrecht

Das Einsichtsrecht beschreibt den rechtlichen Anspruch des Versicherungsnehmers, Einblick in alle ihn betreffenden Unterlagen und Dokumente bei der Versicherung zu nehmen. Es basiert auf §§ 241, 242 BGB sowie §34 DSGVO und ist ein fundamentales Recht zur Wahrung der Transparenz im Versicherungsverhältnis. Das Recht besteht unabhängig davon, ob die Versicherung leisten muss oder nicht. Beispiel: Ein Versicherter kann Einsicht in sein Schadengutachten verlangen, um die Entscheidung der Versicherung nachvollziehen zu können.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 242 BGB (Leistung nach Treu und Glauben): Dieser Paragraph besagt, dass Verträge so ausgelegt werden müssen, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte und die Umstände des Einzelfalles erforden. Hiernach kann der Anspruch des Klägers auf Einsichtnahme in die Schadensakte und das Kaskogutachten als Teil seiner vertraglichen Rechte angesehen werden. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte offenbar Informationen zurückgehalten, die für den Kläger zur Durchsetzung seiner Ansprüche relevant sind.
  • § 859 BGB (Besitzkonstitut): Dieser Paragraph regelt den Schutz des Besitzes. Wenn ein Versicherter bei einem Schadensfall Ansprüche auf Informationen hat, kann er dafür auch seinen Besitz an Unterlagen geltend machen. Im konkreten Fall beansprucht der Kläger Einsicht in das Kaskogutachten, was seine Position in Bezug auf den Streit über eventuelle Vorschäden stärkt.
  • Allgemeine Kraftfahrtversicherungsbedingungen (AKB): Die AKB sind Bestandteil des Versicherungsvertrages und regeln die Rechte und Pflichten von Versicherer und Versichertem. Diese Bedingungen legen fest, welche Informationen der Versicherte verlangen kann, um seine Ansprüche korrekt einzuschätzen. Im vorliegenden Fall ist die Weigerung der Beklagten, Einsicht in das Kaskogutachten zu gewähren, direkt mit den Bestimmungen der AKB verbunden.
  • § 630g BGB (Anspruch auf Einsichtnahme): Dieser Paragraph ermöglicht es dem Patienten, Akteneinsicht in seine Behandlungsunterlagen zu verlangen, was auch auf ähnliche Verträge übertragbar ist. Auch der Versicherte hat ein Recht auf Einsicht in die Unterlagen, die für den Schadensfall relevant sind. Dies ist zentral für den vorliegenden Fall, da der Kläger Einsicht in das Kaskogutachten verlangt, um seinen Schadensanspruch zu überprüfen.
  • § 823 BGB (Schadenersatzpflicht): Dieser Paragraph stellt die allgemeine Grundlage für die Haftung wegen schuldhafter Verletzung eines Rechts dar. In diesem Fall ist relevant, ob die Beklagte durch ihr Verhalten, insbesondere die Weigerung der Einsichtnahme in die Unterlagen, eine Pflichtverletzung begangen hat, die dem Kläger einen nachweisbaren Schaden zugefügt hat. Der Kläger kann somit einen Anspruch auf Schadensersatz herleiten, wenn ihm durch die Unkenntnis über den Inhalt des Gutachtens Nachteile entstanden sind.

Weitere Beiträge zum Thema

  • Kaskoversicherung – Weiterleitung eines Gutachtens an Versicherungsnehmer
    Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied, dass ein Kaskoversicherer nicht verpflichtet ist, ein von ihm eingeholtes Schadensgutachten unverzüglich an den Versicherungsnehmer weiterzuleiten. Eine solche Nebenpflicht besteht nicht, da der Versicherer ein legitimes Interesse daran haben kann, das Gutachten zurückzuhalten, etwa bei Verdacht auf Manipulation. Zudem obliegt es dem Versicherungsnehmer, die Schadenshöhe nachzuweisen. → → Rechte und Pflichten bei Schadensgutachten
  • Verpflichtung zur Vorlage einer Reparaturrechnung – Kfz-Kaskoversicherung
    Das Oberlandesgericht Saarbrücken urteilte, dass ein Versicherungsnehmer im Rahmen der Kaskoversicherung verpflichtet ist, eine Reparaturrechnung vorzulegen, um den vollständigen Ersatz der Reparaturkosten zu erhalten. Ohne diesen Nachweis kann der Versicherer die Leistung verweigern oder kürzen. → → Nachweispflichten für Reparaturkosten
  • Kfz-Kaskoversicherung – Leistungsausschluss bei Verletzung von Aufklärungspflichten
    Das Landgericht Saarbrücken stellte fest, dass ein Versicherer von der Leistungspflicht befreit sein kann, wenn der Versicherungsnehmer seine Aufklärungsobliegenheiten verletzt, selbst wenn diese Verletzung folgenlos bleibt. Im vorliegenden Fall wurde die Klage abgewiesen, da die Beklagte ihre Pflichten nicht unverzüglich erfüllt hatte. → → Folgen der Verletzung von Aufklärungspflichten
  • Kaskoversicherung – Beschlagnahme eines versicherten Fahrzeugs als Entwendung
    Das Landgericht Saarbrücken entschied, dass die Beschlagnahme eines versicherten Fahrzeugs durch Behörden nicht als versicherter Entwendungsfall gilt. Der Versicherer ist daher nicht zur Leistung verpflichtet, wenn das Fahrzeug aufgrund behördlicher Maßnahmen beschlagnahmt wird. → → Haftung bei behördlicher Fahrzeugbeschlagnahme

Das vorliegende Urteil

LG Hanau – Az.: 4 O 1171/21 – Urteil vom 23.03.2022


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