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Private Krankenversicherung – Wegfall der Versicherungsfähigkeit

LG Stuttgart – Az.: 16 O 97/18 – Urteil vom 19.09.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 13.062,67 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Fortsetzung eines privaten Krankenversicherungsvertrages zu den bisherigen tariflichen Bedingungen.

Der Kläger ist ein am 11.09.1987 geborener Student der Rechtswissenschaften. Seine Mutter war Ärztin und unterhielt bei der Beklagten einen privaten Krankenversicherungsvertrag in den für Ärzte und deren Angehörige vorgesehenen Tarifen MA 2, MKH und MS 100. In diesem Versicherungsvertrag war der Kläger mitversichert (Anl. K1).

Am 08.09.2017 verstarb die Mutter des Klägers. Die Beklagte setzte sich deshalb mit Schreiben vom 13.09.2017 (Anl. BLD1) mit dem Kläger in Verbindung und teilte ihm mit, dass eine Versicherung im „Mediziner-Tarif“ für ihn künftig nicht mehr möglich sei. Im weiteren Verlauf kam es zu Korrespondenz zwischen dem Kläger, der sich teilweise durch ein Maklerunternehmen vertreten ließ und der Beklagten. Im Rahmen dieser Kommunikation stellte die Beklagte dem Kläger unter anderem verschiedene Tarifwechselmöglichkeiten vor und bat ihn, eine Entscheidung bezüglich des künftigen Versicherungsschutzes zu treffen (Anl. BLD2-BLD6). Weiterhin teilte sie ihm unter anderem mit, dass der Versicherungsschutz in den bisherigen Tarifen bereits am 30.09.2017 geendet habe (Anl. K9 und BLD9). Während des Zeitraums der Korrespondenz bot die Beklagte dem Kläger dennoch weiterhin Versicherungsschutz zu den bisherigen Bedingungen im „Mediziner-Tarif“ (Anl. K2). Der Kläger entrichtete für den Versicherungsschutz die monatlichen Prämien, die Beklagte erbrachte Versicherungsleistungen (Anl. K6-K8).

Mit Schreiben vom 11.06.2018 (Anl. K11) erklärte die Beklagte die „Kündigung [des Versicherungsvertrags] wegen Wegfall der Versicherungsfähigkeit.“ Der Kläger wies die „Kündigung“ gegenüber der Beklagten zurück. Er machte geltend, dass diese weder unterzeichnet noch mit einer Vollmacht versehen gewesen sei (Anl. K13). Mit Schreiben vom 28.06.2018 erklärte die Beklagte erneut die Beendigung des Versicherungsvertrages zum 31.05.2018 (Anl. K12).

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte könne von ihm einen Tarifwechsel nicht verlangen. Dies verstoße gegen die Vorschriften des VVG, weil es sich bei seinem Krankenversicherungsvertrag um einen solchen handle, der eine Pflicht nach § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfülle. § 195 Abs. 1 S. 1 VVG bestimme, dass ein derartiger Versicherungsvertrag unbefristet sei. Zudem verstoße die Kündigung auch gegen § 207 Abs. 1 VVG. Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung liege nicht vor. Die Umstellung in einen anderen Tarif sei ihm auch nicht zumutbar, da dies entweder zu einem höheren Versicherungsbeitrag oder zu Leistungseinschränkungen führe. Wäre die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung wirksam, würde dies dazu führen, dass er derzeit überhaupt nicht krankenversichert sei, was einen gesetzeswidrigen Zustand darstelle.

Der Kläger beantragt zuletzt, festzustellen, dass er im Krankenversicherungsvertrag der Parteien seit dem 08.09.2017 in den Tarifen CRHD, MA 2, MKH und MS 100 krankenversichert ist und dass dieser Krankenversicherungsschutz in den vorgenannten Tarifen fortbesteht und nicht am 08.09.2017, nicht am 30.09.2017, nicht durch die im Schreiben der Beklagten vom 11.06.2018 erklärte Kündigung, nicht durch die im Schreiben der Beklagten vom 28.06.2018 erklärte Kündigung und auch nicht später endete.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Vertragsbeendigung sei rechtmäßig erfolgt. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, Versicherungsnehmer eines „Mediziner-Tarifs“ zu werden oder zu bleiben. Dies ergebe sich schon daraus, dass ihm insoweit die Versicherungsfähigkeit fehle. In der privaten Krankenversicherung dürfe es Tarife geben, die bestimmten Berufsgruppen vorbehalten seien. Bei Wegfall einer tariflich vorgesehenen Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit müsse die Versicherung enden. Den Interessen des Klägers sei ausreichend Rechnung getragen, wenn er unter Anrechnung seiner bisher erworbenen Rechte den Vertrag in einem anderen Tarif fortführen dürfe.

Die Parteien haben ihre Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg und war daher abzuweisen (dazu I.). Der Kläger trägt als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO (dazu II.).

I. Die Klage ist zulässig (dazu 1.) aber unbegründet (dazu 2.).

1. Die Klage ist mit dem zuletzt gestellten Antrag zulässig. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass dem im Rahmen der Klageschrift angekündigten Antrag, festzustellen, dass eine Wechselverpflichtung des Klägers in andere Tarife nicht besteht, mangels einer derartigen Behauptung der Beklagten das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Kläger hat seine Anträge daraufhin aber insgesamt umgestellt und begehrt eine solche Feststellung zuletzt nicht mehr.

Soweit der Kläger – neben der Feststellung, dass er im Krankenversicherungsvertrag der Parteien seit dem 08.09.2017 in den Tarifen CRHD, MA 2, MKH und MS 100 krankenversichert ist – die weitere Feststellung begehrt, dass der Krankenversicherungsschutz nicht am 08.09.2017, nicht am 30.09.2017, nicht durch die im Schreiben der Beklagten vom 11.06.2018 erklärte Kündigung, nicht durch die im Schreiben der Beklagten vom 28.06.2018 erklärte Kündigung und auch nicht später endete, ist die Klage zulässig. Der Kläger bezeichnet mit den genannten Zeitpunkten diejenigen, die aus der Sicht der Beklagten als Beendigungszeitpunkte des Versicherungsschutzes jedenfalls in den bisherigen Tarifen in Betracht kommen. Das Begehren, die Fortsetzung des Krankenversicherungsschutzes festzustellen, schließt es nicht aus, die einzelnen streitigen Zeitpunkte genau zu bezeichnen.

2. Die Klage ist jedoch unbegründet, da es dem Kläger seit dem Tod seiner Mutter an der Versicherungsfähigkeit in den bisherigen Tarifen fehlt.

a) Regelungen zur Versicherungsfähigkeit sind in einer Vielzahl von Krankenversicherungstarifen enthalten. Differenzierungen erfolgen dabei anhand unterschiedlicher Kriterien, etwa nach dem Alter des Versicherungsnehmers (in Bezug auf Höchstaltersgrenzen) oder nach der Art der Beschäftigung. So gibt es insbesondere Tarife, die nur Angehörigen bestimmter Berufsgruppen offenstehen, wie etwa Tarife für Beihilfeberechtigte, für Selbständige und Freiberufler, für (pflichtversicherungsbefreite) Arbeitnehmer oder eben – wie vorliegend – für Mediziner.

In einem solchen „Mediziner-Tarif“ war die Mutter des Klägers versichert. Versicherungsfähig waren nach „I. Versicherungsfähigkeit“ der von der Beklagten als Anl. BLD10 vorgelegten Vertragsbedingungen alle im Geschäftssitz des Versicherers wohnenden Ärzte, Ärzte mit einem höheren Alter als 70 Jahre gegebenenfalls zu besonderen Bedingungen. Daneben konnten Familienangehörige mitversichert werden, wobei darunter der Ehegatte und die Kinder, solange sie mit dem Versicherungsnehmer in häuslicher Gemeinschaft leben oder von ihm wirtschaftlich abhängig sind, gefasst wurden. Der Kläger selbst war nach diesen Grundsätzen als Sohn der Versicherungsnehmerin mitversichert, nur auf diese Art war er in den genannten Tarifen überhaupt versicherungsfähig.

b) Bei der Versicherungsfähigkeit handelt es sich nach § 12 Abs. 2 KVAV um eine personengebundene Eigenschaft des Versicherten, deren Wegfall zur Folge hat, dass der Versicherte bedingungsgemäß nicht mehr in diesem Tarif versichert bleiben kann. Zu unterscheiden ist das Fehlen der Versicherungsfähigkeit bei Vertragsschluss vom späteren Wegfall der Versicherungsfähigkeit.

aa) Nehmen die Parteien des Versicherungsvertrags bereits bei Abschluss desselben irrtümlich an, dass die zu versichernde Person die Merkmale zur Aufnahme in einen bestimmten Tarif erfüllt, obwohl der aufgenommenen Person die Versicherungsfähigkeit von Anfang an fehlt, liegt ein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage vor, was zur Folge hat, dass der Versicherungsvertrag ex tune anzupassen ist (Bach/Moser, PKV, § 2 MB/KK Rn. 30 m.w.N., 5. Aufl. 2015).

bb) Ist die Versicherungsfähigkeit zunächst vorhanden, fällt aber während der Laufzeit des Vertrages weg, ist der Versicherungsnehmer unter Wahrung der erworbenen Rechte in einen passenden Tarif zu übernehmen. Auch in diesem Fall entfällt die Geschäftsgrundlage mit der Folge der Vertragsanpassung (Bach/Moser, PKV, § 2 MB/KK Rn. 28 m.w.N., 5. Aufl. 2015).

cc) Der zuletzt genannte Fall ist vorliegend gegeben, der Kläger war danach primär in einen passenden Tarif zu übernehmen. Einen Anspruch auf Weiterversicherung in den bisherigen Tarifen hatte er dagegen nicht mehr. Er durfte sich auch nicht auf ein Recht auf „ewige Weiterversicherung“ in den bisherigen Tarifen einstellen. Denn selbst für den Fall, dass seine Mutter nicht verstorben und daher wie bisher weiter versichert wäre, war für den Kläger als „Nichtmediziner“ doch schon bei Aufnahme in die streitgegenständlichen Tarife klar, dass spätestens dann, wenn er mit seiner Mutter nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft leben oder wirtschaftlich nicht mehr von ihr abhängig sein wird eine Vertragsumstellung erfolgen musste. Denn nur unter dieser Voraussetzung wurde er überhaupt über seine Mutter mitversichert.

Dieses Ergebnis ist auch nicht unbillig und in vergleichbaren Fällen einer Mitversicherung von Kindern sogar zwingend. Es trifft auf mitversicherte Kinder von Beamten oder Richtern, die im Rahmen einer privaten Krankenversicherung spezielle „Beihilfe-Tarife“ abgeschlossen haben ebenfalls zu. Konsequent zu Ende gedacht würde die klägerische Rechtsauffassung bedeuten, dass auch diese mitversicherten Personen, selbst für den Fall, dass sie nach Abschluss ihrer Ausbildung nicht mehr beihilfeberechtigt sein sollten, weiterhin in den speziellen Tarifen versichert bleiben dürften. Dem steht aber entgegen, dass durch die „Beihilfe-Tarife“ nur ein Teil der im Krankheitsfall entstehenden Kosten abgedeckt ist, nämlich gerade der Teil, der nicht von der Beihilfe übernommen wird. Mit dem Entfallen der Beihilfeberechtigung wird also von diesen mitversicherten Personen ebenfalls die Vornahme eines Tarifwechsels verlangt, schon alleine deshalb, weil sie andernfalls nur einen Teil der anfallenden Krankheitskosten versichert hätten. Auch dieser Tarifwechsel geht mit einer Erhöhung der geschuldeten Versicherungsprämien bzw. einer Leistungskürzung einher.

c) Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Einwände überzeugen nicht.

aa) Entgegen der Auffassung des Klägers, liegt durch den Wegfall der Versicherungsfähigkeit kein Verstoß gegen § 195 Abs. 1 S. 1 VVG vor. Nach dieser Vorschrift ist die substitutive Krankenversicherung (…) unbefristet. Anders als im Bereich der Krankentagegeldversicherung stellt der Wegfall der Versicherungsfähigkeit im Rahmen der Krankheitskostenvollversicherung keinen Fall einer auflösenden Bedingung dar (Bach/Moser, PKV, § 2 MB/KK Rn. 28 m.w.N., 5. Aufl. 2015). Der Versicherungsvertrag endet bei der Krankheitskostenvollversicherung nämlich nicht ohne weiteres, sondern ist vielmehr (unter Berücksichtigung der neuen Gegebenheiten) anzupassen.

bb) Auch ein Verstoß gegen § 206 Abs. 1 S. 1 VVG ist im Ergebnis nicht gegeben. Nach § 206 Abs. 1 S. 1 VVG ist jede Kündigung einer Krankheitskostenversicherung, die eine Pflicht nach § 193 Abs. 3 S. 1 erfüllt, durch den Versicherer ausgeschlossen.

Der Kläger übersieht insoweit schon, dass § 206 Abs. 1 S. 1 VVG nicht jede Kündigung durch den Versicherer ausschließt. Nach der Rechtsprechung des BGH – der sich die Kammer anschließt – bleibt eine Kündigung wegen anderer schwerer Vertragsverletzungen als derjenigen des Prämienverzugs gemäß § 314 BGB möglich (BGH, Urteil vom 07.11.2011 – IV ZR 105/11 Rn. 13 ff. bei juris).

Auch wenn der Versicherungsvertrag danach primär anzupassen war und die Beklagte den Versicherungsvertrag mit dem Kläger gemäß § 314 BGB nur aus wichtigem Grund kündigen konnte – wobei ein solcher vorliegt, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann -, ist die von ihr ausgesprochene Erklärung, wenn man entgegen der Auffassung der Beklagten in den Schreiben der Anl. K11+12 eine solche Kündigung sehen wollte, unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls wirksam, weil die eigentlich vorzunehmende Vertragsanpassung aus Gründen gescheitert ist, die ausschließlich in der Person des Klägers zu sehen sind.

Bereits mit Schreiben vom 13.09.2017 (Anl. BLD1) ließ die Beklagte dem Kläger zwei verschiedene Vorschläge zur Weiterversicherung zukommen. Im folgenden kam es – jedenfalls wegen § 138 Abs. 3 ZPO – unstreitig zu mehreren Telefonaten zwischen Mitarbeitern der Beklagten und dem Kläger bzw. dem ihn betreuenden Versicherungsmakler. Mit E-Mail vom 28.09.2017 (Anl. BLD2) ließ der Kläger ausrichten, er „findet die Tarife „C mit CA“ gut und wird höchstwahrscheinlich auch in diese wechseln“. In derselben E-Mail bat er allerdings auch noch um Angebote anderer in Betracht kommender Tarife. Dem kam die Beklagte durch Schreiben vom 29.09.2017 (Anl. BLD3) nach, in welchem sie ihm weitere Vorschläge unterbreitete. Mit weiterem Schreiben vom 07.11.2017 (Anl. BLD5) bat sie den Kläger um zeitnahe Mitteilung seiner Entscheidung mit. Ein ähnliches Schreiben übersandte sie ihm unter dem 14.11.2017 (Anl. BLD6). Auch nach weiterer mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers geführter Korrespondenz (Anl. BLD8+9) erklärte der Kläger nicht, in welchen Tarif er wechseln möchte.

Die Beklagte hat dem Kläger daher über mehrere Monate hinweg eine Vielzahl an Wechselmöglichkeiten vorgestellt und auch mehrfach um eine Entscheidung des Klägers gebeten. Spätestens mit der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens hat der Kläger aber zum Ausdruck gebracht, dass er einen Tarifwechsel insgesamt ablehnt. Der Beklagten, welche die „Mediziner-Tarife“ wie die übrigen Spezialtarife jeweils getrennt kalkuliert, war es daher nicht mehr zumutbar, den Kläger länger in den bisherigen Tarifen weiterzuversichern. Dabei kommt es von vornherein nicht darauf an, ob sich das Versicherungsrisiko für die Beklagte durch die Weiterversicherung des Klägers konkret erhöht. Genau genommen kam es nämlich von vornherein nicht auf die Frage des Versicherungsrisikos des Klägers, sondern auf dasjenige seiner Mutter als Versicherungsnehmerin an. Der Kläger war nur mitversicherte Person. Die Beklagte hat der Mutter des Klägers durch den „Mediziner-Tarif“ spezielle Konditionen gewährt, was offensichtlich mit der Annahme zusammenhängt, diese werde im Laufe ihres Lebens geringere Kosten verursachen, etwa weil sie im Alltag weniger potentiell krankheitsauslösenden Situationen ausgesetzt ist oder sie sich als Medizinerin in gewissem Umfang selbst behandeln kann. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Sie treffen aber auf den Kläger nicht zu. Er wird – nach den Kalkulationen der Beklagten – entweder ein höheres oder ein geringeres, jedenfalls aber ein anderes Versicherungsrisiko als seine Mutter haben. Bereits um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden kann es dabei nicht darauf ankommen, ob der Kläger später als Jurist (für den Fall des erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung) oder in einem anderen Berufsfeld tätig sein wird.

Schutzwürdige Interessen des Klägers sind demgegenüber nicht vorrangig. Er musste nämlich zum einen schon seit Beginn des Versicherungsvertrags damit rechnen, als „Nichtmediziner“ den Spezialtarif in der Zukunft verlassen zu müssen. Er hatte zudem ausreichend Gelegenheit, in einen der ihm angebotenen anderen Tarife der Beklagten zu wechseln. Er hatte ebenfalls die Möglichkeit (und hat sie immer noch), einen neuen Versicherungsvertrag bei einem anderen Versicherer abzuschließen. Dem Kläger standen (und stehen) daher seit geraumer Zeit alle Möglichkeiten offen, für entsprechenden Versicherungsschutz zu sorgen. Die damit (möglicherweise) verbundene Erhöhung der geschuldeten Prämie ändert an dieser Bewertung der Zumutbarkeit nichts.

cc) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen § 207 Abs. 1 VVG berufen. Nach § 207 Abs. 1 VVG sind die versicherten Personen berechtigt, binnen zwei Monaten nach dem Tod des Versicherungsnehmers die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses unter Benennung des künftigen Versicherungsnehmers zu erklären, wenn das Versicherungsverhältnis durch den Tod des Versicherungsnehmers endet.

Die Vorschrift ist bereits im Tatbestand nicht erfüllt. Bei genauer Betrachtung hat das Versicherungsverhältnis hier nämlich nicht durch den Tod des Versicherungsnehmers, sondern durch den Wegfall der Versicherungsfähigkeit des Klägers geendet. Dass der Wegfall der Versicherungsfähigkeit auf den Tod der Mutter zurückzuführen ist, ändert an dieser Betrachtung nichts.

dd) Letztlich steht einer Vertragsbeendigung durch die Beklagte auch nicht entgegen, dass der Kläger danach gänzlich ohne Versicherungsschutz dasteht und hierin ein gesetzeswidriger Zustand zu sehen wäre. Zwar ist es richtig, dass seit dem 01.01.2009 für alle Personen mit Wohnsitz in Deutschland Versicherungspflicht besteht. Dies schließt allerdings im vorliegenden Fall die Vertragsbeendigung durch die Beklagte nicht aus. Insoweit ist zu bedenken, dass auch für den Fall, dass der Versicherer einen Krankenversicherungsvertrag anficht – beispielsweise im Falle eines arglistigen Verstoßes eines Versicherungsnehmers gegen § 19 VVG – der Versicherungsschutz endet. Dem Kläger verbleibt hier neben einem gegebenenfalls möglichen Wechsel zu einer gesetzlichen Krankenkasse die Möglichkeit, einen privaten Krankenversicherungsvertrag bei einem anderen Versicherungsunternehmen abzuschließen.

d) Damit ist der Versicherungsvertrag jedenfalls durch die Erklärung der Beklagten vom 28.06.2018 (Anl. K12) zum 31.05.2018 beendet worden. Die Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsvertrags ist damit unbegründet.

II. Als voll unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 S. 1, 2 ZPO.

 

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