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Private Krankenversicherung – Kostenerstattung bei Implantation von Intraokularlinsen

OLG München – Az.: 25 U 1745/18 – Beschluss vom 31.07.2018

Das Gericht schlägt den Parteien nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage gemäß § 278 Abs. 6 ZPO folgenden Vergleich vor:

Gründe

Der Senat hält bei vorläufiger Bewertung der Sach- und Rechtslage die Berufung insoweit für aussichtsreich, als ein Erstattungsanspruch der Klägerin für die Kosten der streitgegenständlichen ambulanten Operationen zur Implantation phaker Intraokularlinsen an beiden Augen dem Grunde nach bestehen dürfte; eine Erstattung in voller Höhe kommt allerdings in Hinblick auf berechtigte Einwendungen der Beklagten dazu nicht in Betracht.

(Ausführungen zur Höhe)

Der Senat teilt nach derzeitigem Stand nicht die Auffassung des Landgerichts, dass die durchgeführte und mit Rechnung vom 30.09.2015 abgerechnete Behandlung – Voruntersuchung, Operationen und Nachbehandlungen sowie Auslagenersatz – nach den Maßstäben der höchstrichterlichen Rechtsprechung (insbesondere BGH vom 29.03.2017 – IV ZR 533/15, VersR 2017, 608, zu den Kosten einer Lasik-Operation) und auf Grundlage der erfolgten sachverständigen Begutachtung mangels medizinischer Notwendigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen nicht erstattungsfähig wäre.

 Implantation von Intraokularlinsen
(Symbolfoto: Mohammed_Al_Ali/Shutterstock.com)

Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass mit den betroffenen Operationen versicherungsrechtlich (ambulante) Heilbehandlungen und keine Hilfsmittel abgerechnet wurden. Hilfsmittel im Sinne der Ziffern 1.1.3.3 und 11.2.1, 8. Unterpunkt, der AVB Teil II werden dem Patienten „verordnet“ und sodann von ihm „bezogen“ bzw. „beschafft“, um sie bei Bedarf selbständig einzusetzen, zu benutzen, beispielsweise Gehstützen, Beatmungsgeräte oder auch Sehhilfen. Solches wurde vorliegend nicht abgerechnet, sondern (je) ein chirurgischer Eingriff, bei dem eine zusätzliche Linse in das Auge eingesetzt wird, die dort – bei erfolgreichem Eingriff – grundsätzlich dauerhaft (wenn auch nicht unbedingt auf Lebenszeit) verbleibt und die Funktionsfähigkeit des Auges – des kranken Organs selbst – während dieser Zeit wiederherstellt oder zumindest verbessert (was für eine Heilbehandlung ausreicht, die auch nicht zwingend eine Ursachenbeseitigung erfordert). Dass die Wirkweise analog der einer Brille oder von Kontaktlinsen ist, die als Hilfsmittel unmittelbar eine Ersatzfunktion für ein krankes Organ wahrnehmen, ohne aber dessen Funktionsfähigkeit wiederherzustellen (vgl. BGH aaO Rn. 23), ändert daran nichts. Auch die operativ eingebrachten Linsen selbst stellen kein Hilfsmittel im Sinne der Versicherungsbedingungen dar, insoweit gilt nichts anderes als beim operativen Einbringen sonstiger künstlicher Teile in den Körper wie beispielsweise bei Implantation eines Herzschrittmachers oder dem Einsetzen von Knie- oder Hüftgelenksprothesen (deren Lebens- und Wirkdauer ebenfalls beschränkt ist).

Die vom Landgericht unter Ziffer 2.2 der Entscheidungsgründe dargestellten Anforderungen an die medizinische Notwendigkeit entsprechen insofern nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, als dort allgemein ein Erforderlichkeitskriterium aufgestellt wird, das nur dann erfüllt sein soll, wenn nicht andere erfolgversprechende und/oder gefahrlosere Methoden zur Wahl stehen. Dieses Postulat findet sich weder in den vom Landgericht zitierten Entscheidungen noch ist es dem Senat sonst aus Rechtsprechung und Literatur bekannt. Wie der Bundesgerichtshof in der oben genannten Entscheidung vom 29.03.2017 erneut hervorgehoben hat (vgl. Rn. 30), ist von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung schon dann auszugehen, wenn eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewandt worden ist, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken; steht diese Eignung nach medizinischen Erkenntnissen fest – wovon hier nach dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen unter „Zu 3.“ auszugehen ist -, ist grundsätzlich eine Eintrittspflicht des Versicherers gegeben.

Das mit der Operation verbundene gewisse Risikopotential steht der Eignung angesichts der hier gegebenen Indikation für eine solche Behandlung (vgl. auch KRC-Empfehlungen, Anlage K 11, unter Ziffer 7) nicht entgegen. Es handelt sich (ähnlich wie bei einer Lasik-Operation) um eine Heilbehandlung, die nach objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme vertretbar als notwendig angesehen werden, konnte und bei der es letztlich der Entscheidungsfreiheit des Patienten, hier der Klägerin, vorbehalten bleiben muss, ob er bzw. sie in Hinblick auf den erwarteten Nutzen der Operation bereit ist, die der Methode immanenten Risiken für sich in Kauf zu nehmen. Dass der Versicherer, hier die Beklagte, in einem solchen Fall ohne eine entsprechende Vereinbarung in den Versicherungsbedingungen die Versicherungsnehmerin für die Erstattung nicht auf eine kostengünstigere Behandlungsmethode beschränken oder auf die dauerhafte Verwendung von Hilfsmitteln verweisen darf, hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 29.03.2017 klar zum. Ausdruck gebracht (vgl. Rn. 25,26).

Die Parteien haben sich auf den Vorschlag hin geeinigt.

 

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