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Private Krankenversicherung – fehlerhafte Beratung bei Wechsel von gesetzlicher Krankenversicherung

Oberlandesgericht Hamm, Az.: 20 U 116/13, Urteil vom 24.06.2015

Private Krankenversicherung – fehlerhafte Beratung bei Wechsel von gesetzlicher KrankenversicherungAuf Berufung der Beklagten wird das am  25.04.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Kläger rückwirkend zum 1. März 2009 so zu stellen, als hätte er nicht unter Kündigung seiner gesetzlichen Krankenversicherung eine private Krankenversicherung bei der Beklagten zu 2) mit dem Tarif KVE 2. (Versicherungsnummer ################) zum 1. März 2009 abgeschlossen, sondern die gesetzliche Krankenversicherung bei der ehemaligen B Krankenversicherung, jetzt B2, fortgeführt.

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die I AG, X-Str., ##### I2, zur Schaden-Nr: ###############, 1.469,41 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.08.2012 zu zahlen.

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, den Kläger von der Forderung für die Geschäftsgebühr der Rechtsanwälte X2, D-Straße, ##### D2, i.H.v. 150,00 € freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers aus einer vom Kläger geltend gemachten Falschberatung durch die Beklagten im Rahmen eines Wechsels von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung.

Die Beklagte zu 1) ist als Versicherungsvertreter mit Erlaubnis nach § 34 d Abs. 1 GewO im Vermittlungsregister registriert und von der Beklagten zu 2) mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen betraut.

Der Kläger trat im Sommer 2008 an die Beklagte zu 1) heran, um sich u.a. über Möglichkeiten der Aufbesserung seiner privaten Altersversorgung beraten zu lassen.

Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt 56 Jahre alt und Zeit seines Lebens in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert gewesen. Er arbeitete nach mehrjähriger Arbeitslosigkeit im 3. Berufsjahr freiberuflich als selbständiger, gesetzlicher Betreuer.

Er wurde bei der Beklagten zu 1), zunächst durch deren Mitarbeiter, den Zeugen  L, beraten. Dieser verwies den Kläger für weitere Beratungsgespräche an die Zeugin I3, mit der in der Folge mehrere Gespräche in der Filiale der Beklagten zu 1) stattfanden. Im Rahmen der Beratungsgespräche bei der Beklagten zu 1) wurde auch das Thema eines Wechsels des Klägers in die private Krankenversicherung angesprochen. Im Anschluss an die Beratungsgespräche kündigte der Kläger seine Mitgliedschaft in der GKV und schloss mit der Beklagten zu 2) einen Versicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn ab dem 01.03.2009 zu einem monatlichen Beitrag i.H.v. 484,38 € für den Normaltarif sowie die Tarife PS 2 und KH 50 ab. Weiterhin schloss der Kläger eine Rentenversicherung ab.

Die Zeugin I3 fertigte von den Gesprächen eine Beratungsdokumentation (Anlage K1), in der an verschiedenen dafür vorgesehenen Stellen Beratungspunkte angekreuzt wurden, insbesondere, dass Gesprächsanlass eine personenbezogene Versicherung sei und dass Altersvorsorge, private Absicherung im Krankheitsfall und Deckung der Bestattungskosten Wünsche und Ziele des Kunden seien. Der Kläger fertigte von den Gesprächen eine handschriftliche Aufzeichnung.

Der Inhalt der Beratungsgespräche im Einzelnen ist zwischen den Parteien streitig.

Im März 2011 legte der Kläger Beschwerde bei dem Ombudsmann für die Private Kranken- und Pflegeversicherung wegen einer aus seiner Sicht durch die Beklagte zu 1) erfolgten Falschberatung im Zusammenhang mit dem Wechsel in die PKV ein. Die Beschwerde wurde mit Stellungnahme vom 04.08.2011 negativ beschieden. Eine daraufhin an die Beklagte zu 1) gerichtete Aufforderung durch den Kläger zur Abgabe einer Stellungnahme in dieser Angelegenheit und zum Ersatz des Schadens wies die Beklagte zu 1) mit Schreiben 09.08.2011 mit der Begründung zurück, dass aus ihrer Sicht weder Anzeichen für eine fehlerhafte Beratung noch eine unzureichende Aufklärung bestünden.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.12.2011 forderte der Kläger die Beklagten auf, unter Fristsetzung bis zum 12.01.2012 eine Schadensersatzpflicht anzuerkennen. Mit Schreiben vom 11.01.2012 bzw. 25.01.2012 lehnten die Beklagten eine Haftung wegen Beratungsverschuldens ab.

Der Kläger hat behauptet, im Zuge der Beratung über die Altersvorsorge habe der Zeuge L auch die Möglichkeit des Abschlusses einer privaten Krankenversicherung angesprochen. Da er, der Kläger, sich hieran interessiert gezeigt habe, sei ein Beratungstermin mit der Zeugin I3 vereinbart worden. Er sei skeptisch gewesen, ob es für ihn dauerhaft möglich sein würde, aus seinem Einkommen die Beiträge für die private Krankenversicherung aufzubringen. Er habe insbesondere Bedenken im Hinblick auf seine niedrige Rente gehabt. Diese Bedenken hätte die Zeugin I3 zerstreut mit dem Hinweis, dass die Beklagte zu 2) ihre Beiträge 7 Jahre nicht erhöht habe, dass Beitragssteigerungen jedoch sowohl in der PKV als auch der GKV wegen der allgemeinen Teuerung wahrscheinlich seien.

Sie habe erklärt, es bestehe jederzeit die Möglichkeit, in den Basistarif zu wechseln, dessen Beitrag  niedriger sei als der Normaltarif der PKV. Der Beitragssatz für den Basistarif belaufe sich auf etwa 50% des Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung. Im März 2011 habe er erstmals durch Gespräche mit einem Bekannten erfahren, dass die Zeugin I3 ihn offenbar falsch beraten habe.

Ihm sei es sowohl auf eine verbesserte Leistungsstruktur seiner Krankenversicherung angekommen als auch darauf, einen bezahlbaren Versicherungsschutz im Alter zu bekommen; seine privaten Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien der Beklagten zu 1), auch der Zeugin I3, bekannt gewesen. Den Wechsel in den Basistarif habe er so verstanden, dass er seinen aktuellen Tarif behalten werde und nur die Zusatzleistungen entfallen würden. Aufgrund der Beratung sei der Eindruck entstanden, mit dem Wechsel in die PKV seien keine Nachteile verbunden und insbesondere sichergestellt, dass er auf keinen Fall höhere, eher niedrigere Beiträge als bei einem Verbleib in der GKV zahlen müsse. Erstmals im März 2011 habe er durch den Zeugen X erfahren, wie das Kapitaldeckungsverfahren der PKV funktioniere und sei dort erstmals über das Prinzip der Altersrückstellung und dessen Bedeutung für die Beitragshöhe und die zukünftige Entwicklung der Beiträge aufgeklärt worden.

Er sei von den Beratern der Beklagten zu 1) falsch beraten und aufgeklärt worden. Die Beklagte zu 1) habe im Hinblick auf seine zu erwartende niedrige Rente und den Umstand, dass er zum Zeitpunkt der Beratung bereits 56 Jahre alt gewesen sei, nach einer umfassenden Beurteilung der individuellen Sachlage vom Abschluss einer PKV abraten müssen.

Weiter habe sie ihn vor der möglichen Entwicklung der Beiträge im Alter deutlich warnen müssen. Die geäußerten Befürchtungen hinsichtlich seiner materiellen Situation im Alter habe Veranlassung zu weiterer Aufklärung gegeben. Allein schon wegen des fortgeschrittenen Alters habe ihn die Beklagte zu 1) nach seinen voraussichtlichen Einkommensverhältnissen im Alter befragen und die ihrerseits bekannten Kredittilgungsverpflichtungen berücksichtigen müssen. Weiter habe der prognostizierte Beitrag bei einem Verbleib in der GKV mit dem voraussichtlich zu erwartenden Beitrag im Basistarif verglichen und die Leistungsspektren der jeweiligen Tarife verglichen werden müssen. Die Beklagte zu 1) habe ihn auch darüber aufklären müssen, dass der Beitrag im Basistarif nur auf den allgemeinen Höchstbeitrag in der GKV gedeckelt sei.

Außerdem genüge das Beratungsprotokoll nicht den gesetzlichen Anforderungen. Es lasse sich dem Protokoll weder etwas über den Inhalt des Gespräches, noch die geäußerten Bedenken hinsichtlich eines Wechsels in die PKV, noch ob eine Aufklärung über die mit einem Wechsel verbundenen erheblichen Risiken erfolgt sei, entnehmen.

Wäre er ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätte er sich im Hinblick auf seine finanziellen Verhältnisse im Alter nicht zu einem Wechsel von der GKV in die PKV entschlossen.

Wegen fehlender Rückkehrmöglichkeit in die GKV sei er ab dem Renteneintritt im Jahre 2017 deutlich höheren Beitragsbelastungen ausgesetzt, die durch Beitragsersparnisse bis zum Renteneintrittsalter nicht ausgeglichen seien. Ausweislich einer Rentenmitteilung vom 27.05.2011 werde er eine monatliche Rente i.H.v. 457,30 € erhalten. Bei einem Verbleib in der GKV liege der monatliche Beitrag bei 91,08 €. Hingegen liege der Beitrag zur PKV ausgehend von einer jährlichen Beitragssteigerung in Höhe von 5,2 %, als der durchschnittlichen Steigerung in den Jahren 2006 bis 2011, im Jahre 2017 bei 513,99 €. Bei einer Beitragsentwicklung bis zum 80 Lebensjahr ergäbe sich unter Zugrundelegung der jährlichen Steigerungsrate von 5,2 % ein monatlicher Beitrag i. H. v. 1.044,08 €. Darüber hinaus werde er im Alter in den Basistarif wechseln müssen, der zwar Leistungen vergleichbar mit denen der GVK biete, allerdings zu wesentlich höheren Beiträgen wegen der einkommensunabhängigen Kalkulation der GKV.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihm zukünftig dadurch entstehen, dass die Beklagte zu 1) dem Kläger spätestens am 18.12.2008 den Rat erteilte, seine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung zu beenden und eine private Krankenversicherung bei der Beklagten zu 2) zur  Versicherungsscheinnummer: ################# und zum Tarif KVE2 abzuschließen.

2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die I AG, X-Str., ##### I2, zur Schaden-Nr: ###############, 1.469,41 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, den Kläger von der Forderung für die Geschäftsgebühr der Rechtsanwälte X2, D-Straße, ##### D2, i.H.v. 150,00 € freizustellen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) hat eine Beratungspflichtverletzung bestritten. Sie hat behauptet, die Zeugin I3 habe den Kläger nach seinen Bedürfnissen und Motiven für den Wechsel befragt; dieser habe sein Interesse an einer PKV gegenüber dem Zeugen L ausschließlich mit einer besseren Leistung und Absicherung in der PKV begründet; dem Kläger sei es zudem darauf angekommen, einen Krankenversicherungsschutz zu einem bezahlbaren Beitrag zu erlangen und bereits zum damaligen Zeitpunkt Kosten für die GKV zu sparen, um diese frühzeitig für die Altersversorgung einsetzen zu können; über die jeweiligen Vor- und Nachteile der GKV und der PKV sowie die Beitragsproblematik sei ausführlich gesprochen worden, insbesondere habe die Zeugin I3 in den Gesprächen mehrfach betont, dass ein Wechsel zurück in die GKV nicht mehr möglich sei. Im Mittelpunkt des Beratungsgesprächs habe die Besorgnis gestanden, im Alter in der GKV nicht mehr ausreichend versorgt zu sein und deshalb einen besseren Versicherungsschutz zu bekommen. Dem Kläger sei es darauf angekommen, einen erheblich besseren Versicherungsschutz zu bekommen als ihn die GKV biete und  dass er im Notfall die Möglichkeit habe, auf einen günstigeren Basistarif mit günstigeren Prämien zu wechseln. Der Kläger sei weiter darauf hingewiesen worden, dass, wenn er später in den Basistarif wechsele, dieser auf den Höchstbeitrag zur GKV limitiert sei und dieser Beitrag sich aufgrund einer weiteren vom Gesetzgeber vorgesehenen Prämienreduktion um die Hälfte vermindere, wenn allein durch die Zahlung des Beitrags für den Basistarif Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II oder SGB XII entstehen würde. Der Zeuge L habe auch nur Kenntnis über die Vermögensverhältnisse des Klägers im Hause der Beklagten zu 1) sowie über die Tatsache, dass der Kläger ein Haus besitze.

Dass es dem Kläger maßgeblich auf eine verbesserte Leistung der PKV angekommen sei, zeige sich auch und insbesondere daran, dass er einen Beitrag zur PKV i.H.v. 484,37 € gewählt habe, wohingegen er zu diesem Zeitpunkt einen monatlichen Beitrag zur GKV i.H.v. ca. 380,00 € gezahlt habe. Eine Interessenlage der Klägers dahingehend, nur eine möglichst günstige Jahresprämie bei der Grunddeckung der GKV zahlen zu wollen, sei nicht erkennbar und fern liegend gewesen.

Weiter sei der Kläger auf die unterschiedliche Struktur der GKV und der PKV  ausdrücklich hingewiesen worden. Umfassende Informationen seien zudem in den überreichten Verbraucherinformationen der Beklagten zu 2) enthalten gewesen. Diese seien vor Vertragsschluss ausgehändigt worden. Zudem habe der Kläger den Vertrag erst 8 Monate nach den Gesprächen geschlossen und somit genug Bedenkzeit gehabt.

Die Beklagte zu 1) hat vorgetragen, eine Pflicht zur Aufklärung, dass ein Eintritt in die PKV ab einem Alter über 50 nicht angebracht sei, bestehe nicht. Für sie sei weiter nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger von falschen Vorstellungen über die PKV ausgegangen sei. Insbesondere sei nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger als Rentner nur noch einen minimalisierten Versicherungsschutz zu einer möglichst günstigen Prämie habe zahlen wollen. Eine Pflicht, darauf aufmerksam zu machen, dass ein geringerer Beitrag, als der bereits fällige i. H. v. 484,37 €, nicht in Betracht kommen könne, habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Für den Kläger sei offensichtlich gewesen, dass die Prämien in seinem Tarif nicht sinken würden. Daher sei sie bzw. die Zeugin I3 davon ausgegangen bzw. habe davon ausgehen dürfen, dass sich der Kläger im Alter entsprechend der Beitragsberechnung zumindest einen Betrag i. H. v. 500,00 € würde leisten können. Eine Pflicht zur Befragung über die Einkommensverhältnisse im Alter habe daher nicht bestanden, da zumindest mit dem Verweis auf den Basistarif unverkraftbare Prämiensteigerungen ausgeschlossen werden konnten. Auch habe es keine konkreten Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger die Prämie künftig nicht werde tragen können. Daher sei sie nicht verpflichtet gewesen, sämtliche Einkommensverhältnisse des Klägers im Alter zu erforschen. Eine nähere Auseinandersetzung hiermit wäre nur geboten gewesen, wenn der Kläger geäußert hätte, dass ihm im Alter nur ein Einkommen i.H.v. 500,00 € zur Verfügung stünde. Dem Kläger sei auch kein Schaden entstanden, da er eine Versicherung entsprechend seinen Bedürfnissen mit der Wechseloption in den Basistarif abgeschlossen habe. Selbst wenn ein Schaden entstanden sei, beruhe dieser nicht kausal auf der Pflichtverletzung, da hier die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht gelte. Der Kläger hätte den Vertrag auch so abgeschlossen, da er vor Vertragsschluss die Verbraucherinformationen erhalten und somit in Kenntnis dieser Informationen den Vertrag gleichwohl geschlossen habe. Es habe auch keine Situation vorgelegen in der vernünftigerweise nur eine aufklärungsrichtige Entscheidung geboten gewesen wäre.

Eine Verwertung des Beratungsprotokolls vom 18.02.2008 stelle eine Umgehung der Voraussetzungen des hier nicht einschlägigen § 448 ZPO dar.

Die Beklagte zu 1) hat mit Nichtwissen bestritten, dass dem Kläger beim Eintritt ins Rentenalter nur eine Rente i. H. v. 457,30 € monatlich zustehe und er als Rentner einen Beitrag i.H.v. 500,00 € nicht leisten könne.

Die Beklagte zu 2) hat die Ansicht vertreten, eine Zurechnung komme mangels Vorliegens einer Pflichtverletzung durch die Beklagte zu 1) nicht in Betracht und hierzu vollumfänglich auf die Ausführungen der Beklagten zu 1) Bezug genommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 21.03.2013 haben die Parteien einen Widerrufsvergleich geschlossen. Die Beklagte zu 1) hat den Vergleich zunächst mit Schriftsatz vom 05.04.2013 bestätigt, dann jedoch, nachdem die Beklagte zu 2) den Vergleich mit Schriftsatz vom 11.04.2013 widerrufen hat, mit Schriftsatz vom gleichen Tag ebenfalls den Widerruf erklärt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:

Der Rechtsstreit habe auch gegenüber der Beklagten zu 1) entschieden werden können, da die zunächst seitens der Beklagten zu 1) mit Schriftsatz vom 05.04.2012 abgegebene Bestätigung des Vergleichs vorliegend nicht zu einer einseitigen Bindung und damit zu einer Erledigung des Rechtsstreits im Verhältnis zur Beklagten zu 1) geführt habe.

Vorliegend müsse die Prozesserklärung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Gericht, der Vergleich werde nicht widerrufen, dahin ausgelegt werden, dass sie unter der Bedingung erfolgt, dass der Vergleich auch von Seiten der Beklagten zu 2) rechtswirksam sei, d.h. nicht widerrufen werde.

Dadurch, dass die Beklagte zu 2) den Vergleich letztlich widerrufen habe, sei auch die zunächst gegenteilige Erklärung der Beklagten zu 1) hinfällig geworden.

Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet.

Die Beklagten zu 1) und 2) würden dem Kläger gesamtschuldnerisch für den Schaden, der diesem aufgrund des durch eine fehlerhafte Beratung der Beklagten zu 1) getätigten Versicherungswechsels zum 01.03.2009 künftig entstehen werde, haften.

Der Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu 1) folge aus §§ 63 Satz 1, 61 Abs. 1 Satz 1 VVG. § 63 VVG begründe insoweit eine gesetzliche Haftung des Versicherungsvertreters i. S. v. § 59 Abs. 2 VVG für einen dem Versicherungsnehmer durch die Verletzung von Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten nach den §§ 60, 61 VVG entstandenen Schaden.

Die Beklagte zu 1) sei als Versicherungsvertreterin mit Erlaubnis nach § 34 d Abs. 1 GewO im Vermittlungsregister registriert und damit Versicherungsvermittlerin im Sinne von  § 59 Abs. 2 VVG.

Gem. § 61 Abs. 1, Satz 1 VVG habe der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass bestehe, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten.

Diesen Anforderungen habe die Beratung des Klägers durch die Beklagte zu 1) nicht entsprochen. Die Beratung sei fehlerhaft gewesen. Die Beklagte zu 1) habe dem Kläger aufgrund der ihr vorliegenden Informationen keine Empfehlung zum Wechsel aussprechen dürfen. Gerade im Fall eines beabsichtigten Versicherungswechsels, etwa wenn der Versicherungsnehmer die gesetzliche Krankenkasse verlassen wolle, bestehe ein erhöhter Beratungsbedarf und damit eine erhöhte Aufklärungsverantwortlichkeit. Dies gelte auch im Fall eines Wechsels von einer GKV zu einer PKV. Auch hier bestehe insbesondere wegen der grundlegenden Systemunterschiede ein entsprechendes erhöhtes Schutz- und Aufklärungsbedürfnis. Zudem hege der Versicherungsnehmer auch in dieser Konstellation die Erwartung, einen bedarfsgerechten Versicherungsschutz zu erhalten.

Im vorliegenden Fall könne zunächst dahinstehen, von wem die erste Initiative zur Beratung ausgegangen sei, welchen Inhalt die Beratungsgespräche im Einzelnen gehabt hätten und ob das Beratungsprotokoll den gesetzlichen Anforderungen genüge. Auch komme es vorliegend auf die Frage der Beweislastverteilung für das Vorliegen einer Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung nicht an.

Dass die Beratung durch die Beklagte zu 1) im vorliegenden Fall den vorstehend aufgezeigten Anforderungen entsprochen habe, könne bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu 1) verneint werden. Der Kläger sei in Hinblick auf den Wechsel von der GKV in die PKV hinsichtlich der Problematik der Beitragsfinanzierung nach Eintritt in das Rentenalter nicht zutreffend beraten worden, obwohl er diesbezüglich nach übereinstimmenden Vortrag der Parteien ausdrücklich Bedenken in dem Beratungsgespräch am 18.02.2009 geäußert habe. Selbst den Vortrag der Beklagten zu 1) zum Ablauf und Inhalt der Beratungen sowie zu den Motiven des Klägers als zutreffend unterstellt, hätte die Beklagte zu 1) ihren Pflichten nach § 61 Abs. 1 Satz 1 VVG nicht genügt. Die Beklagte zu 1) hätte, um dem Kläger eine bedarfsgerechte Produktempfehlung geben zu können, von sich aus Informationen über die finanzielle Leistungsfähigkeit, insbesondere die zu erwartende Höhe der Rentenleistungen erfragen und ihn darüber aufklären müssen, wie sich dazu die Versicherungsbeiträge in der GKV und der PKV verhalten. Dies sei so selbst nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) nicht erfolgt.

Die Beklagte zu 1) habe den Gesichtspunkt der Altersfinanzierung nicht als bekannt voraussetzen dürfen, vor allem deshalb nicht, weil der Kläger zuvor gesetzlich versichert gewesen sei und gerade in diesem Punkt ein zentraler Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung bestehe. Vielmehr sei sie von sich aus zur Nachfrage bei dem Kläger über seine künftig zu erwartende Rente verpflichtet gewesen, auch um sicherzustellen, dass dieser in diesem bedeutenden Punkt nicht von falschen Vorstellungen ausgegangen sei.

Die Beklagte zu 1) könne sich nicht damit entlasten, der Kläger sei über die Möglichkeit des Wechsel in den Basistarif informiert und auf die weitere gesetzliche Reduzierung der Beitragshöhe hingewiesen worden, womit das Risiko unverkraftbarer Beitragsleistungen ausgeschlossen sei. Ohne vorherige genaue Kenntnis von der zu erwartenden finanziellen Situation des Klägers im Alter habe sie diese Aussage nicht fehlerfrei treffen können.

Indem sie entsprechende Informationen nicht eingeholt bzw. sich nicht nochmals beim Kläger durch ausdrücklichen Hinweis auf diese Problematik über seine Vorstellungen rückversichert habe, habe sie keine fehlerfreie Empfehlung zum Wechsel abgeben können. Dies gerade vor dem Hintergrund, dass es nach dem Vortrag der Beklagten dem Kläger vornehmlich auf eine bessere Krankenversorgung im Alter im Vergleich zu den Leistungen innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung angekommen sei. Denn gerade diesem Interesse laufe eine Rückstufung in den Basistarif zuwider, da sich die Leistungen im Basistarif an denen der GKV orientieren und mit diesen vergleichbar seien.

Mit der Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) sei zugleich eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) begründet. Die Haftung der Beklagten zu 2) folgt aus §§ 6 Abs. 5 VVG i. V. m. Abs. 1 Satz 1 VVG, wonach deren Beratungs- und Schadensersatzpflicht entsprechend ausgestaltet ist. Die Beklagte zu 2) müsse sich das Verhalten der Beklagten zu 1) als deren Versicherungsvertreterin im Zeitpunkt der Vertragsanbahnung gem. § 278 BGB zurechnen lassen.

Das Verschulden werde gem. § 63 Satz 2 VVG vermutet.

Die pflichtwidrige Beratung sei auch kausal dafür, dass sich der Kläger vorliegend zu einem Wechsel in die PKV zum 01.03.2009 entschlossen habe. Auch insoweit werde im Falle eines Versicherungsvertreters vermutet, dass der Kläger den Wechsel nicht vorgenommen hätte, wäre er richtig beraten worden (Dörner in: Prölss/Martin, VVG 28. Auflage 2010, § 59 Rn. 31). Die Angaben des Klägers dazu, dass er sich bei zutreffender, umfänglicher Aufklärung über die Beitragszahlung im Alter vor dem Hintergrund seiner persönlichen und finanziellen Situation für einen Verbleib in der GKV entschieden hätte, seien plausibel und nachvollziehbar.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagten mit ihren Berufungen.

Die Beklagte zu 1) führt aus, das Landgericht habe unzutreffender Weise als unstreitig angesehen, dass die Zeugin I3 dem Kläger geraten habe, in die PKV zu wechseln. Einen solchen Rat der Zeugin I3 habe es nicht gegeben.

Mit dem Kläger seien insgesamt vier Beratungsgespräche über einen Zeitraum von 8 Monaten geführt worden, der Kläger selbst habe sich nach einem langwierigen Entscheidungsprozess schließlich selbst für den Wechsel in die PKV entschieden. Das Landgericht habe den Pflichtenmaßstab des Versicherungsvertreters überspannt. Es habe die Definition der Pflichten des Versicherungsvertreters zwar zutreffen widergegeben, dann aber Pflichten angenommen, die damit in keinem Zusammenhang stünden. Es habe offenbar angenommen, dass beim Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung immer ein erhöhter Beratungsbedarf gegeben sei. Grundsätzlich würden für einen solchen Wechsel keine anderen Grundsätze gelten als für andere Versicherungsprodukte, insbesondere bestünde kein Grundsatz, die persönlichen Verhältnisse des Versicherungsnehmers zu erforschen. Das OLG Celle habe in seiner Entscheidung vom 07.02.2008 zutreffend ausgeführt, dass es nicht Aufgabe des Versicherungsvertreters sei, über die Systemunterschiede zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenkasse umfassend aufzuklären. Der Versicherungsvertreter sei an der Vermittlung einer privaten Krankenkasse interessiert und kein unabhängiger Finanzberater.

Die Rechtsprechung des OLG Celle stehe insoweit auch in Einklang mit der weiteren obergerichtlichen Rechtsprechung. Die Entscheidung des OLG München vom 22.06.2012 sei nicht einschlägig.

Das zentrale Anliegen des Klägers sei es gewesen, seinen Krankenversicherungsschutz im Alter zu verbessern, und er sei bereit gewesen, für diesen verbesserten Versicherungsschutz eine höhere Prämie zu zahlen.

Das Landgericht habe seine Entscheidung lediglich auf die unstreitige Tatsache gestützt, dass die Beklagte zu 1) nicht aktiv die Vermögensverhältnisse des Klägers im Alter ausgeforscht habe. Sie, die Beklagte zu 1), habe jedoch über das Produkt private Krankenversicherung bei der Beklagten zu 2) ordnungsgemäß aufgeklärt und insbesondere den Basistarif zutreffend erläutert. Eine ausdrückliche Empfehlung zum Wechsel in die PKV sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Sie habe den Kläger als Versicherungsvertreterin nicht ausdrücklich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse beraten müssen. Eine solche Verpflichtung treffe nur den Versicherungsmakler. Es treffe zu, dass der Basistarif bei dem avisierten Wechsel in die PKV nur eine Notlösung für den Fall sein konnte, dass der Kläger nicht in der Lage sein würde, die steigenden Beiträge der privaten Krankenversicherung im Alter zu tragen. Von ihr,  der Beklagten zu 1), sei der Basistarif auch als Notlösung dargestellt worden. Sie habe davon ausgehen können und müssen, dass der Kläger im Alter jedenfalls wirtschaftlich in der Lage und auch gewillt sein würde, eine Prämie für die PKV in Höhe von mindestens 500 € im Monat zu zahlen, da unstreitig darüber gesprochen worden sei, dass die Prämie zu keinem Zeitpunkt sinken würde. Aus der zutreffenden Sicht der Beklagten zu 1) wäre es sinnlos, in eine PKV mit dem Ziel einer besseren Krankenversorgung im Alter zu wechseln, wenn von vornherein angedacht sei, mit Eintritt in das Rentenalter in den Basistarif zu wechseln. Eine solche Intention des Klägers habe nicht nahegelegen und sei auch nicht zu erwarten gewesen. Es sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass der Kläger, der unstreitig im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Lage gewesen sei, monatlich 500 € für die private Krankenversicherung zu tragen und dem erläutert worden sei, dass die Prämien hierfür nicht sinken würden, sondern zumindest maßvoll steigen würden, im Rentenalter plötzlich nur noch an der minimalistischen Grundsicherung eines gesetzlich Versicherten auf Grundlage der gesetzlichen Krankenversicherung zu einem Betrag von knapp 100 € interessiert sein würde. Der Kläger habe vielmehr von sich aus im Gespräch mit der Zeugin I3 erklärt, er werde im Alter noch über größere Mieteinnahmen verfügen. Er werde zudem auch weiterhin – wenn auch im Alter in geringerem Umfang – Betreuungen durchführen, aus denen er weiterhin selbstständiges Einkommen erzielen werde. Finanzielle Bedenken im Hinblick auf sein Einkommen im Alter habe der Kläger nicht geäußert, insbesondere habe er zu keinem Zeitpunkt erklärt, dass er ausschließlich aus einer gesetzlichen Rente in Höhe von rund 400 € die private Krankenversicherung werde zahlen müssen und dem Alter nicht mehr als 100 € für seinen Krankenversicherungsschutz zahlen wolle.

Das Landgericht sei auch mit keinem Wort auf einen möglichen Schaden des Klägers eingegangen. Die Feststellung eines Schadens seien notwendige Voraussetzung um einen Schadensersatzanspruch zuzusprechen. Der angebotene und auch angenommene Versicherungsschutz sei “seinen Preis wert“. Ein Schaden könne nur darauf gestützt werden, das den Anspruch genommene Versicherung für den Kläger ungeeignet, mithin nicht bedarfsgerecht sei. Hierzu seien keinerlei Feststellungen getroffen worden. Für den Fall, dass der Kläger im Alter nicht in der Lage sei, die steigenden Prämien für die Versicherung zu zahlen sehe das gewählte Versicherungsprodukte – als Notlösung – einen Wechsel in den Basistarif vor. Für den Fall, dass auch der Basistarif die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers derart übersteigen sollte, dass die Versicherung Hilfebedürftigkeit auslösen sollte, komme eine weitere Abfederung der finanziellen Belastung durch den Staat in Betracht. Der Kläger habe daher ein Produkt erworben, das primär den besseren Versicherungsschutz biete, den der Kläger ausdrücklich angestrebt habe, verbunden mit der Option, im Notfall in den Basistarif zu wechseln und gegebenenfalls vom Staat Unterstützungsleistungen zu erhalten. Ein Schaden könne sich allenfalls daraus ergeben, dass der Kläger im Alter nicht in der Lage sei, die Prämien für die von ihm angenommene private Krankenversicherung zu tragen. Dazu fehlten ebenfalls jegliche Feststellungen. Über welche Einkommensquellen der Kläger im Alter verfüge, sei der Beklagten zu 1) unbekannt und vom Kläger nicht weiter aufgeklärt worden.

Die Beklagte zu 2) hat sich dem Vorbringen der Beklagten zu 1) in den wesentlichen Punkten angeschlossen.

Die Beklagten beantragen, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 13.05.2015 zuletzt beantragt, die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass er unter Ziff. 1 seines ursprünglichen Klageantrages nunmehr beantrage,

a)      festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihn so zu stellen, als hätte er zum 1. März 2009 eine Krankenversicherung im Basistarif der Beklagten zu 2) genommen zu Prämien in Höhe des Aufwandes, welchen er in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der B/B2 erbringen müsste;

b)      hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihn rückwirkend zum 1. März 2009 so zu stellen, als hätte er nicht unter Kündigung seiner gesetzlichen Krankenversicherung eine private Krankenversicherung bei der Beklagten zu 2) mit dem Tarif KVE 2. (Versicherungsnummer ################) zum 1. März 2009 abgeschlossen, insbesondere ihm die ab dem Eintritt ins Rentenalter ggfls. entstehenden Mehrkosten zu erstatten, dies alles (insoweit nochmals klarstellend) Zug um Zug gegen die Erklärung, dass er damit einverstanden ist, dass rückwirkend zum 1. März 2009 die Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger gegenüber nur verpflichtet sind, Versicherungsschutz im Umfang der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren;

c)      weiter hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihm durch die spätestens am 18.12.2008 erteilte Beratung und Empfehlung der Beklagten zu 1) entstehen, unter Kündigung seiner gesetzlichen Krankenversicherung eine private Krankenversicherung bei der Beklagten zu 2) mit dem Tarif KVE2 (Versicherungsscheinnummer: #################) zum 01.03.2009 abzuschließen, insbesondere auch ihm ab dem Eintritt in sein 65. Lebensjahr die Mehrkosten zu ersetzen, die der Kläger für höhere Versicherungsprämien aufwenden muss, als bei einem unterstellten Verbleich in der gesetzlichen Krankenversicherung, um vergleichbaren Krankenversicherungsschutz wie bei einem unterstellten Verbleib in der gesetzlichen Krankenversicherung zu erlangen.

d)     Weiter hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihm durch die spätestens am 18.12.2008 erteilte Beratung und Empfehlung der Beklagten zu 1) entstehen, unter Kündigung seiner gesetzlichen Krankenversicherung eine private Krankenversicherung bei der Beklagten zu 2) mit dem Tarif KVE2 (Versicherungsscheinnummer: ####################) zum 01.03.2009 abzuschließen, insbesondere auch ihm ab dem Eintritt in sein 65. Lebensjahr die Mehrkosten zu ersetzen, die der Kläger für höhere Versicherungsprämien aufwenden muss, als bei einem unterstellten Verbleib in der gesetzlichen Krankenversicherung, um Krankenversicherungsschutz bei der Beklagten zu 2) im Baistarif i.S.d. § 12 Abs. 1 a Versicherungsaufsichtsgesetz zu erlangen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt aus, neu sei die Ausführung der Beklagten, er, der Kläger habe gegenüber der Beraterin Frau I3 erklärt, er werde im Alter noch „größere Mieteinnahmen“ haben und werde zudem weiter in geringerem Umfang Betreuungen durchführen. Dieses Vorbringen sei verspätet und in der Berufungsinstanz nicht mehr zu berücksichtigen. Im Übrigen stellten die Beklagten den Verlauf falsch dar. Er, der Kläger habe bezüglich der Mieteinnahmen darauf hingewiesen, dass diese über lange Zeit hinweg zur Tilgung des Kredits verwendet werden müssten, der seinerzeit für die Wärmeisolierung des Hauses bei der Beklagten zu 1) aufgenommen werden musste. Der Beklagten zu 1) seien die hohen Zahlungsverpflichtungen des Klägers ihr gegenüber bekannt gewesen. Die teilweise Fortsetzung seiner Tätigkeit als Betreuer auch über den Eintritt ins Rentenalter hinaus habe er, der Kläger, gegenüber der Beraterin Frau I3 damit begründet, dass dies notwendig sei, um angesichts der zu erwartenden geringen Rente “über die Runden zu kommen“. Eben weil er für das Alter bisher kaum vorgesorgt hatte, sei er an die Beklagte zu 1) herangetreten um sich diesbezüglich beraten zu lassen. Die Initiative in Sachen Beratung über einen Wechsel in die PKV sei nicht wie jetzt von den Beklagten dargestellt von ihm ausgegangen und er habe in den Gesprächen mit Frau I3 seine Sorge um die Finanzierbarkeit der Prämien im Alter wiederholt deutlich zum Ausdruck gebracht und dabei auch auf eine zu erwartende geringe Rente sowie den Umstand, dass er bisher kaum für das Alter vorgesorgt habe, hingewiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L und I3. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zur Sitzung vom 25.06.2014, Bl. 327 d.A. Bezug genommen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber im Wesentlichen unbegründet.

Die Beklagten zu 1) und 2) haften dem Kläger gesamtschuldnerisch für den Schaden, der diesem aufgrund des durch eine fehlerhafte Beratung der Beklagten zu 1) getätigten Versicherungswechsels zum 01.03.2009 entstanden ist.

1.

Die Beklagte zu 1) ist dem Kläger gem. § 63 VVG zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihm durch eine Verletzung der Pflichten der Beklagten zu 1) aus den §§ 60, 61 VVG entstanden ist.

Die Beklagte zu 1) ist als Versicherungsvermittlerin in Form einer Versicherungsvertreterin im Sinne von § 59 Abs. 1, Abs. 2 VVG für die Beklagte zu 2) tätig geworden. Als solche hatte sie den Kläger als Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass bestand, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der von der Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben, § 61 Abs. 1 Satz 1 VVG.

Zu den Beratungspflichten gehört neben der Pflicht, Fragen des Versicherungsnehmers richtig zu beantworten, auch die Pflicht, über solche Punkte, die für den Abschluss des konkreten Vertrages üblicherweise von wesentlicher Bedeutung sind (vgl. BGH, Urt. v. 5. Februar 1981 – IV ZR 42/80, VersR 1981, 621), in dem angesichts des Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers bei Abschluss des konkreten Vertrages erforderlichen Umfang ausreichend aufzuklären.

a)

Diese Pflichten hat die Beklagte zu 1), wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, durch die von ihren Mitarbeitern, insbesondere der Zeugin I3, durchgeführte Beratung in erheblichem Umfang verletzt.

aa)

Dass die Beratung zutreffend und den Beratungsinteressen des Klägers entsprechend erfolgte, haben die Beklagten zu beweisen, da die Beklagte zu 1) ihren Beratungs- und Dokumentationspflichten gem. § 61 Abs. 1 VVG nicht nachgekommen ist. Zwar trägt die Beweislast für die Verletzung der Beratungspflichten grundsätzlich derjenige, der sich auf eine Beratungspflichtverletzung beruft, hier der Kläger. Bei nicht ordnungsgemäßer Dokumentation kann sich die Beweislast jedoch umkehren, so dass dem Versicherer bzw. dem Versicherungsvertreter die Beweislast für eine ordnungsgemäße Beratung (vgl. BGH, III ZR 544/13, Urteil vom 13.11.2014 –juris-; OLG München, Urteil vom 22.06.2012, 25 U 3343/11- juris-, OLG Saarbrücken, Urteil vom 04.05.2011, 5 U 502/10 -juris- jeweils m.w.N.) zukommt. Eine solche Beweislastumkehr zum Nachteil der Beklagten zu 1) ist hier vorzunehmen, da die Beratungsdokumentation nicht den Vorschriften der §§ 61 Abs. 1 Satz 2, 62 Abs. 1 VVG genügt und somit eine ordnungsgemäße Dokumentation nicht gegeben ist.  Der Beratungsdokumentation soll der wesentliche Gesprächs- und Beratungsinhalt entnommen werden können. Aus den von den Beklagten zu den Akten gereichten Beratungsunterlagen (Anlage K1) kann hingegen nicht einmal im Ansatz entnommen werden, wie eine Beratung des Klägers durch die Mitarbeiterin der Beklagten zu 1) erfolgte. Es sind lediglich einige der vorgegebenen Themen angekreuzt, ohne dass sich der Inhalt der Gespräche oder die Fragen, die geklärt wurden, erkennen lassen. So wurde u.a. angekreuzt, dass es Ziel des Kunden sei, über Altersvorsorge und private Absicherung im Krankheitsfall beraten zu werden. Weiterhin heißt es unter dem Punkt: „Welche Absicherung besteht bereits“:“keine Absicherung/gesetzlich krankenversichert“. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beratungsdokumentation sind durch diese marginalen Inhalte nicht erfüllt.

Eine ordnungsgemäße Beratung des Klägers durch die Zeugen L oder I3 haben die Beklagten hier nicht bewiesen, im Gegenteil spricht die Aussage der Zeugin I3 sogar dafür, dass diese den Kläger unzutreffend beraten hat.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zunächst zur Überzeugung des Senats fest, dass sich die Idee des Wechsels des Klägers in die private Krankenversicherung erst im Laufe der Beratungsgespräche mit den Mitarbeitern der Beklagten zu 1) entwickelte.

Der Kläger hat sich, wie der Zeuge L glaubhaft bekundet hat, zunächst an ihn gewandt mit dem Ziel der Verbesserung seiner Altersvorsoge, der Kläger habe etwas zusätzlich zu seiner Rente haben wollen. Zudem sei der Kläger an zusätzlichen Leistungen zur gesetzlichen Krankenversicherung, z.B einer Zahnzusatzversorgung, interessiert gewesen.

Die Zeugin I3 hat ausgesagt, der Kläger habe einen besseren Schutz im Krankenversicherungsbereich gewollt, dies entspricht den Angaben des Zeugen L, dass der Kläger an zusätzlichen Leistungen zur Verbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung interessiert gewesen sei.  Dass der Kläger von sich aus mit dem Wunsch an die Beklagte zu 1) herangetreten ist, in die private Krankenversicherung zu wechseln, hat keiner der beiden Zeugen bekundet. Im Gegenteil hat die Zeugin I3 ausgesagt, dass es für sie auch nach mehreren Beratungsterminen zunächst so ausgesehen habe, als ob der Kläger in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben wollte, dass er sich dann doch für den Wechsel entschieden habe, sei für sie eher überraschend gewesen. Die Zeugin I3 hat auch ausgesagt, dass davon gesprochen worden sei, dass der Kläger bei einem Wechsel in die private Krankenversicherung der Beklagten zu 2) gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung zum damaligen Zeitpunkt Beiträge einsparen würde, die dann in eine Rentenversicherung eingezahlt werden sollten. Auch dies spricht für eine Beratung des Klägers dahin, einen Wechsel in die private Krankenversicherung vorzunehmen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht daher zur Überzeugung des Senats fest,  dass die Idee eines Wechsels des Klägers in die private Krankenversicherung erst im Rahmen der Beratungsgespräche entstanden ist.

Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass der Zeuge L oder die Zeugin  I3 den Kläger bei den Beratungsgesprächen in ausreichendem Umfang darüber beraten haben, welche Konsequenzen und Risiken ein Wechsel in die private Krankenversicherung für den zum Zeitpunkt des Beratungsgespräches bereits 56jährigen Kläger, der keine Altersrückstellungen in der privaten Krankenversicherung gebildet hatte und nur über eine kleine Rente verfügte, mit sich bringen konnte.

Zwar oblag den Mitarbeitern der Beklagten zu 1) als Versicherungsvertreterin bei der von diesen vorgenommenen Beratung- wovon auch das Landgericht zutreffend ausgegangen ist- nur eine eingeschränkte Pflicht zur Bedarfsermittlung. Den Versicherungsvertreter trifft jedoch eine weitere Pflicht zu Beratung dann, wenn besondere Umstände hinzukommen. Solche besonderen Umstände waren hier schon dadurch gegeben, dass der Kläger -. gerade aufgrund der von den Mitarbeitern der Beklagten zu 1) vorgenommenen Beratung- die Absicht hatte, mit 56 Jahren erstmals in die private Krankenversicherung zu wechseln, obwohl sein ursprüngliches gegenüber der Beklagten zu 1) geäußertes Beratungsziel u.a. eine Verbesserung seiner privaten Altersvorsorge war. Den Zeugen – insbesondere der Zeugin I3- musste es sicher daher geradezu aufdrängen, dass der Kläger im Alter seine Beiträge –auch die Beiträge für den Basistarif- möglicherweise nicht mehr zahlen konnte. Auch wenn grundsätzlich der Kläger als Versicherungsnehmer, dem auch die Einkommensverhältnisse nach Eintritt in der Rentenalter bekannt waren, sich darüber klar sein musste, ob er auch zukünftig in der Lage sein würde, die bei Vertragsschluss ersichtlichen Beiträge für die Beklagte zu 1) zu zahlen, wären die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) im vorliegenden Fall jedenfalls verpflichtet gewesen, den Kläger klar und unmissverständlich auf die für den Kläger bestehenden Nachteile eines Wechsels in die private Krankenversicherung hinzuweisen. Sie hätten ihn darauf hinweisen müssen, dass die Höhe des Beitrages in der PKV anders als in der GKV nicht abhängig vom Einkommen oder der späteren Rente ist, sondern vom Umfang der versicherten Leistungen und vom Eintrittsalter, und dass im Hinblick auf die fehlenden Altersrückstellungen des Klägers jedenfalls – wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert worden und unstreitig gewesen ist – die mindestens ernste Gefahr bestand und besteht, dass die Prämien um deutlich mehr steigen als bei Anpassung wegen steigender Preise von Gesundheitsleistungen. Der Kläger hätte zudem darüber informiert werden müssen, dass die einkommensunabhängigen Beiträge auch für den Basistarif gelten, als dessen maximale Beitragshöhe der durchschnittlichen Höchstbeitrag der GKV gesetzlich vorgegeben ist (2013 rund 610 Euro/Monat). Die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) hätten im vorliegenden Fall weiter ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass der Basistarif diese Höhe auch dann hat, wenn das Einkommen zum Beispiel mit dem Eintritt in den Ruhestand sinkt. Zwar verringert sich im Falle der Hilfsbedürftigkeit der Maximalbetrag nochmals um die Hälfte (§ 12 Abs. 1c Satz 4 VAG), wenn durch die Zahlung des an sich geschuldeten Beitrages Hilfebedürftigkeit i.S.v. SGB II oder XII entsteht; auch muss, soweit Hilfebedürftigkeit auch bei Zahlung des verminderten Beitrages besteht, der zuständige Sozialhilfeträger den Versicherten im erforderlichen Umfang unterstützen, um Hilfebedürftigkeit zu vermeiden (§ 12 Abs. 1c Satz 5 VAG). Jedoch wäre es im Hinblick darauf, dass sich hier aus Anlass des ursprünglichen Beratungsbedarfs des Klägers- verbesserte Altersvorsoge- aufdrängen musste, dass der Kläger seine Beiträge für die private Krankenversicherung gar nicht oder nicht vollständig leisten konnte, auch naheliegend gewesen, darüber zu beraten, wann ggfls. Hilfsbedürftigkeit vorliegt, nämlich erst nach Vermögensverbrauch bis auf das Schonvermögen.

Die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) hätten –wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat-  zudem im Hinblick darauf, dass es dem Kläger nach dem eigenen Vortrag der Beklagten auf eine bessere Krankenversorgung im Alter ankam, auch darauf hinweisen müssen, dass dies im Basistarif- der sich an den Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse orientiert und mit diesen vergleichbar ist- nicht  gewährleistet wäre und dass der Kläger beim Wechsel in den Basistarif mit der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbare Leistungen aber zu einem deutlich höheren Beitrag als in der  gesetzlich Krankenversicherung- erhalten würde. Denn der Kläger hätte in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Eintritt in das Rentenalter nur noch einen an der Höhe der jeweiligen Brutto-Rente bemessenen Prozentsatz für die gesetzlich Krankenversicherung zu tragen gehabt, von dem der Träger der Rentenversicherung die Hälfte der Beiträge nach dem um 0,9 % verminderten allgemeinen Beitragssatz getragen hätte. Die Beiträge im Rentenalter hätten sich somit an der geringen Rente des Klägers orientiert und nur einen Bruchteil der Beiträge der privaten Krankenversicherung und auch des Basistarifs betragen. Unter Zugrundelegung der vom Kläger behaupteten Rente hätte sich ein konstanter monatlicher Beitrag von ca. 91,- Euro in der GKV ergeben.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme haben weder der Zeuge L noch die Zeugin I3 den Kläger auf einen dieser Punkte hingewiesen. Es ist nach der Beweisaufnahme auch nicht ersichtlich, dass die Zeugin I3 den Kläger mehrfach darüber informiert hat, dass ein erneuter Wechsel in die GKV wegen seines Alters ausgeschlossen sei.

Die Zeugin I3 hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den Vorhalt eines vom Kläger gefertigten handschriftlichen Vermerk der Beratungsgespräche ausgesagt, es könne sein, dass sie – auf die ausdrückliche Frage des Klägers, was bei einem Anstieg der Beiträge oder einer möglichen Zahlungsunfähigkeit im Alter geschehen würde – erklärt habe, dass dann ein Wechsel in den Basistarif der Beklagten zu 2) erfolgen könne und dass der Basistarif 50% der gesetzlichen Krankenversicherung koste.

Diese Beratung wäre nicht nur unvollständig, sondern objektiv falsch gewesen. Zwar könnte der Kläger, da der Vertragsbeginn nach dem 01.01.2009 liegt, jederzeit in den Basistarif wechseln. Der Beitrag im Basistarif bemisst sich aber nicht nach der vom Kläger im der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlenden Leistung, sondern ergibt sich aus der Multiplikation des allgemeinen Beitragssatzes mit der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung, zuzüglich des durchschnittlichen Zusatzbeitrags gemäß § 242a Abs. 2 SGB V. Im Jahr 2009 lag der Höchstbeitrag bei 569,59 Euro, im Jahr 2013 bei 610,31 Euro. Der Baisistarif kann somit nicht in einem prozentualen Verhältnis zu den einkommensabhängigen Tarifen der GKV stehen.  Durch die Information, der Basistarif betrage 50 % der gesetzlichen Krankenversicherung konnte für den Kläger der –falsche- Eindruck entstehen, dass der Basistarif sogar günstiger wäre als die von ihm –nach Eintritt in das Rentenalter- in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlenden Beiträge.

Gerade im Hinblick auf die ausdrückliche Frage des Klägers, was denn passieren würde, wenn er seine Beiträge im Alter nicht mehr zahlen könne, die zeigte, dass der Kläger sich im Hinblick auf seine geringe Altersversorgung nicht sicher war, ob er den Wechsel in die private Krankenkasse vornehmen sollte, wäre die Zeugin I3 verpflichtet gewesen, den Kläger nicht nur umfassend und richtig über den Basistarif zu informieren, sondern auch auf die Gefahr hinzuweisen, dass Beitragsrückstände einen Wechsel in den Notlagentarif zur Folge haben könnten. Die Zeugin I3 hat ausgesagt, sie habe es selbst als ungewöhnlich angesehen, dass der Kläger im Alter von 56 Jahren noch in die private Krankenversicherung habe wechseln wollen und habe daher gefragt, wie die Versorgung im Alter aussehe. Auch wenn der Wunsch des Wechsels in die private Krankenversicherung eigenständig vom Kläger ausgegangen wäre – was, wie oben dargelegt, zur Überzeugung des Senats nicht der Fall war- wäre die Zeugin gehalten gewesen, den Kläger in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles deutlich auf die Beitragsrisiken hinzuweisen, die sich aus einem entsprechenden Wechsel ergeben konnten und ihn insbesondere auch darauf hinzuweisen, dass seine Beiträge im Alter im Hinblick auf den späten Wechsel in die private Krankenversicherung und die fehlenden Altersrückstellungen im Vergleich zu den zu erwartenden Beiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung sehr hoch sein würden.

Aus der Vernehmung der Zeugin I3 ist deutlich geworden, dass diese sich der mit dem Wechsel von der gesetzlichen Krankenversicherung in die private Krankenversicherung verbundenen Risiken für den Kläger nicht hinreichend bewusst war, auch wenn sie mehrfach betonte, dass es eher ungewöhnlich sei, dass jemand wie der Kläger mit 56 Jahren in die private Krankenversicherung wechsele und dass der Kläger eher nicht die Zielgruppe für den Abschluss solcher Verträge sei. Gerade dies hätte die Zeugin I3 veranlassen müssen, dem Kläger die Ungewöhnlichkeit seines Vorhabens vor Augen zu führen.

bb)

Unabhängig von dem Vorstehenden gilt:

Es ist (wie bereits angesprochen) unstreitig, dass jedenfalls die ernste Gefahr erheblicher Prämiensteigerungen wegen fehlender Altersrückstellungen besteht und die Beklagte zu 1 den Kläger darüber nicht informiert hat.

Dies allein ist ein erheblicher Beratungsfehler.

b)

Wie bereits das Landgericht zutreffend dargelegt hat, ist mit der Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) zugleich eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) gem. §§ 6 Abs. VVG i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VVG begründet. Die Beklagte muss sich das Verhalten der Beklagten zu 1) gem. § 278 BGB zurechnen lassen.

c)

Anhaltspunkte, die die Verschuldensvermutung des § 63 S. 2 VVG wiederlegen, sind nicht ersichtlich.

d)

Die unzureichende bzw. falsche Beratung durch die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) war auch kausal für den Wechsel des Klägers in die private Krankenversicherung der Beklagten zu 2). Hierfür spricht schon die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Gerade im Hinblick auf die Nachfragen des Klägers und dessen von der Zeugin L2 geschildertes zögerliches Verhalten, aus dem ersichtlich ist, dass sich der Kläger mit einem Wechsel in die private Krankenversicherung ersichtlich schwer tat, steht zu vermuten, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Beratung von einem Wechsel abgesehen hätte.

Dies gilt auch für den unter a) bb) erörtern Beratungsfehler. Der Kläger hat vor dem Senat glaubhaft bekräftigt, dass er bei richtiger Aufklärung über diesen Punkt den Vertrag nicht geschlossen hätte.

Ein Mitverschulden des Klägers ist nicht ersichtlich.

2.

Die Beklagten haben dem Kläger als Gesamtschuldner den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die fehlerhafte Beratung entstanden ist.

Im Hinblick auf das Beratungsverschulden der Beklagten zu 1) liegt der Schaden des Klägers im Vertragsschluss mit der Beklagten zu 2), da der Kläger ohne die fehlerhafte Beratung der Beklagten zu 1) keinen Vertrag mit der Beklagten zu 2) abgeschlossen hätte und in der gesetzlichen Krankenversicherung- in die er aufgrund seines Alters als Selbständiger nach derzeitigem Stand nicht mehr ohne weiteres wechseln kann – verblieben wäre.

Der Schaden des Klägers besteht „schon“ in dem – durch unzureichende Beratung verursachten – Vertragsschluss. Damit ist ein Vermögensschaden aus folgendem Grund gegeben: Zwar ist der Vertragsschluss mit der Beklagten zu 2) für den Kläger – jedenfalls solange, wie dieser die Beiträge zur privaten Krankenversicherung zahlen könnte – auch mit einem verbesserten Krankenversicherungsschutz im Vergleich zu gesetzlichen Krankenversicherung verbunden. Dies kompensiert entgegen der Auffassung der Beklagten jedoch nicht die mit dem Vertrag für den Kläger verbundenen Nachteile, insbesondere die erheblichen Beitragsunterschiede nach Eintritt des Klägers in das Rentenalter.

Die Beklagten haben den Kläger rückwirkend zum 1. März 2009 so zu stellen, als hätte er nicht unter Kündigung seiner gesetzlichen Krankenversicherung eine private Krankenversicherung bei der Beklagten zu 2) abgeschlossen, sondern wäre weiter in der B Krankenkasse (heute eingegliedert in die B2) gesetzlich versichert. Die landgerichtliche Entscheidung ist insoweit teilweise abzuändern, als entsprechend dem vom Kläger im Rahmen des Berufungsverfahrens ersten gestellten Hilfsantrag zu erkennen ist.

Der Feststellungsantrag wie vom Landgericht zugesprochen wäre -unabhängig von der Frage der hinreichenden Bestimmtheit- jedenfalls unbegründet. Denn danach bliebe es dem Kläger überlassen, zu bestimmen, wie lange und bis wann er Leistungen aus dem privaten Krankheitskostenvertrag zu den vereinbarten Prämien in Anspruch nimmt und ab wann er die ihm aus seiner Sicht in Zukunft entstehenden Schäden  geltend macht.

Der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung zuletzt als Hauptantrag gestellte Antrag, festzustellen, dass er wie im Basistarif der Beklagten zu 2) versichert sei, ist ebenfalls unbegründet. Es lässt sich, wie sich nach weiterer Prüfung erweist, schon nicht feststellen, dass die Leistungen der früheren gesetzlichen Krankenkasse und die des Basistarifs der Beklagten zu 2 (zumindest im „Wesentlichen“) identisch sind oder Letztere hinter Ersteren zurückbleiben. Ein entsprechender Anspruch des Klägers besteht daher nach §§ 249 ff. BGB nicht. Der Kläger kann nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne die unzureichende Beratung stehen würde.

Soweit die Parteien die Abwicklung so gestalten, dass der Kläger in Zukunft nur noch die Leistungen in Anspruch nimmt, die ihm auch im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zustehen, stellt die Erstattung dieser Leistungen, auch wenn sich möglicherweise ein solcher Tarif im technischen System der Beklagten zu 2) nicht abgebildet ist, nicht etwa eine unmögliche Leistung dar. Dies hat die Beklagte zu 2) auch in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16.06.2015 nicht vorgetragen. Sie hat insoweit lediglich vorgetragen, dass eine Abwicklung des Vertrags des Klägers nicht über ihr elektronisches System erfolgen könne, und sich insoweit z.B. eine Versicherung im PKV-Basistarif zu GKV-Prämien technisch nicht darstellen lasse. Die Beklagte zu 2) hat den Kläger ggfls. durch individuelle Abrechnung so zu stellen, als wäre er weiter bei der B (B2) versichert.

Die Beklagte zu 1) ist gegenüber dem Kläger weiterhin zur Freistellung und zum Ersatz der ihm außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten verpflichtet.

3.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 91, 543 Abs. 2 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Den Beklagten sind die Kosten des Rechtsstreits in vollem Umfang aufzulegen, da die im Rahmen des Berufungsverfahrens erfolgte Antragsänderung des Klägers nicht in einem relevanten Umfang zum Unterliegen geführt hat.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt oder solche des Einzelfalls.

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