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Private Krankenversicherung – Beratungspflicht des Versicherers bzgl. Beihilfeberechtigung

OLG Oldenburg – Az.: 5 U 88/13 – Beschluss vom 16.06.2014

Gründe

I.

Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.

II.

Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

1.

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

2.

Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Dem Landgericht ist darin beizupflichten, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten unter den konkreten Umständen nicht verpflichtet gewesen ist, mit dem Kläger vor Abschluss der privaten Krankenversicherung die Möglichkeit einer Beihilfeberechtigung zu erörtern.

a) Zwar sind Versicherer bereits vor der Einführung des heutigen § 6 VVG (durch das Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 23. November 2007) grundsätzlich verpflichtet gewesen, den zukünftigen Vertragspartner über alle Umstände aufzuklären, die für dessen Entschließung von wesentlicher Bedeutung sein konnten. Der Umfang der vorvertraglichen Aufklärungspflicht ergab sich aber aus der dem Aufklärungspflichtigen erkennbaren Interessenlage. Der Versicherer hatte deshalb nur dann aufzuklären, wenn er erkennen oder mit der naheliegenden Möglichkeit rechnen musste, dass der Antragsteller aus mangelnden versicherungsrechtlichen oder versicherungstechnischen Kenntnissen nicht die für ihn zweckmäßigste Vertragsgestaltung gewählt hatte (vgl. BGH, NJW-RR 2007, S. 385, 387 f., Tz. 22 f.).

b) Nach diesem Maßstab scheidet eine Haftung der Beklagten wegen einer Beratungspflichtverletzung aus. Ein spezieller Anlass, den Kläger über die von ihm nunmehr als vorzugswürdig angesehene private Krankenversicherung in der Form einer – wie er sie nennt – „50 zu 50-Regelung“ zu unterrichten, ist nicht ersichtlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass dem Außendienstmitarbeiter … die Tätigkeit des Klägers als Angestellter im Öffentlichen Dienst bekannt gewesen ist.

(aa) Krankenversicherungsrechtlich waren und sind Angestellte des Öffentlichen Dienstes prinzipiell in einer anderen Situation als Beamte. Während Beamte keinen Zuschuss zu ihren Beiträgen für eine private Krankenversicherung erhalten, besitzen Angestellte, die wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht der Krankenversicherungspflicht unterliegen oder die – wie der Kläger – von der Versicherungspflicht befreit sind, grundsätzlich einen Anspruch auf einen solchen Beitragszuschuss gegenüber ihren Arbeitgebern. Der Anspruch ergab sich bis Ende 1988 aus § 405 Abs. 1 RVO und ist seitdem in der Nachfolgeregelung des § 257 Abs. 1 und 2 SGB V normiert. Bei Zahlung eines Beitragszuschusses waren und sind Aufwendungen für medizinische Behandlungen höchstens insoweit beihilfefähig, als sie über diejenigen Leistungen hinausgehen, die dem Angestellten aus der bezuschussten Versicherung zustehen. Deshalb kann nur die Nichtinanspruchnahme des Beitragszuschusses uneingeschränkt zu Beihilfeansprüchen führen (vgl. Knispel, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung – Sozialgesetzbuch V, 19. Aufl., Stand: 01.01.2013, § 257 SGB V, Rn. 52). Allerdings ist ein Verzicht auf den Beitragszuschuss zur Erlangung von Beihilfe unzulässig (vgl. BSG, NZA-RR 2000, S. 148 ff.).

(bb) Woraus sich unter diesen Umständen der von der Oberfinanzdirektion Niedersachsen bescheinigte 50%-ige Beihilfebemessungssatz des Klägers ergibt, bedarf keiner näheren Prüfung. Jedenfalls handelt es sich dabei angesichts der skizzierten Rechtslage nicht um eine Konstellation, die sich einem privaten Versicherungsunternehmen bei einem von der Krankenversicherungspflicht befreiten Angestellten des Öffentlichen Dienstes als zweckmäßige Gestaltungsmöglichkeit aufdrängen muss. Sie kann deshalb auch nicht ohne weiteres Gegenstand einer spontanen Hinweis- oder Beratungspflicht sein, und zwar selbst dann nicht, wenn es – wie hier – um einen Wechsel von der gesetzlichen in eine private Krankenversicherung geht. Vielmehr ist es im Grundsatz Aufgabe des (künftigen) Versicherungsnehmers, selbst oder auf Grund einer Beratung durch seinen Dienstherrn festzustellen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ihm Beihilfe zusteht (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, S. 1667, 1668 f.).

(cc) Einen über die Berufsangabe hinausgehenden Umstand, der Anlass hätte geben können, die Frage nach einem Beihilfeanspruch zu erörtern, hat der Kläger nicht dargetan. Seinem eigenen Vortrag zufolge hat er vor Abschluss des besagten Krankenversicherungsvertrages eine Beihilfeberechtigung gar nicht thematisiert, weil er einen solchen Anspruch seinerzeit selbst nicht in Betracht gezogen hat.

 

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