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Private Kranken- und Pflegeversicherung – Rückforderung zu Unrecht erhöhte Prämie

OLG Stuttgart – Az.: 7 U 244/21 – Urteil vom 18.11.2021

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 18.06.2021 – III 4 O 360/20 – wird z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des Landgerichts Heilbronn ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 Prozent des nach den Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird für den Kläger zugelassen.

Streitwert: 20.534,74 Euro.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers.

Der Kläger schloss am 01.10.1987 mit der Beklagten einen Vertrag über eine private Kranken- und Pflegeversicherung ab. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) und Tarifbedingungen der Beklagten (Anlage BLD 1) zugrunde. Ausweislich des zwischen den Parteien vereinbarten Versicherungsvertrags ist der Versicherungsschutz der mitversicherten H.M. eingeschlossen.

Es erfolgte für den Kläger eine Beitragserhöhung zum 01.04.2014 im Tarif VollMed PLU sowie im Tarif VollMed SMB zum 01.04.2016 und zum 01.04.2018. Darüber hinaus fand für die Mitversicherte im Tarif VollMed PLU eine Beitragsanpassung zum 01.04.2014 sowie im Tarif VollMed SMB zum 01.04.2015 und zum 01.04.2018 statt.

Der Kläger wendet sich gegen diese Beitragserhöhungen. Er hat unter anderem vorgebracht, die jeweiligen Beitragsanpassungen seien unwirksam. Die Mitteilungen über die Erhöhungen genügten nicht dem Begründungserfordernis gemäß § 203 Abs. 5 VVG. Zudem seien die Beitragsneufestsetzungen im Tarif VollMed PLU zum 01.04.2014 sowie im Tarif VollMed SMB zum 01.04.2015, die durch eine Schwellenwertabweichung bei der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen ausgelöst worden seien, die nicht über dem gesetzlich festgelegten Wert von 10 Prozent lägen, auch materiell unwirksam. Die geltend gemachten Rückzahlungsansprüche seien nicht teilweise verjährt, da er von den fristauslösenden Ereignissen, insbesondere von der formellen Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen, keine Kenntnis gehabt habe und ihm im Übrigen die Klageerhebung wegen der unsicheren und zweifelhaften Rechtslage nicht zumutbar gewesen sei. In erster Instanz hat der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Erhöhungen und der fehlenden Verpflichtung zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbeitrags, die Zahlung von 8.242,48 Euro, die Feststellung der Verpflichtung zur Herausgabe – verzinster – Nutzungen sowie im Wege der Stufenklage hinsichtlich der Beitragserhöhungen in den Jahren 2011 und 2012 Auskunft und – nach erteilter Auskunft – die Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen und Zahlung begehrt.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und unter anderem geltend gemacht, die Beitragserhöhungen seien wirksam, zudem seien Ansprüche, die sich auf Beitragserhöhungen bis einschließlich des Jahres 2016 bezögen, verjährt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien zu den jeweiligen Beitragserhöhungen, zur Zulässigkeit der Klaganträge und weiteren Einwendungen der Beklagten gegen einen möglichen Anspruch des Klägers wird auf die vor dem Landgericht gewechselten Schriftsätze und den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen. Die Feststellungsanträge seien zulässig, die Klage sei indes unbegründet. Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB oder aus einer anderen Rechtsgrundlage nicht zu, da die Begründungen hinsichtlich der Beitragserhöhung im Tarif VollMed PLU zum 01.04.2014, der Beitragserhöhung im Tarif VollMed SMB zum 01.04.2015, der Beitragserhöhung im Tarif VollMed SMB zum 01.04.2016 und der Beitragserhöhung im Tarif VollMed SMB zum 01.04.2018 den gesetzlichen Anforderungen, insbesondere den formellen Begründungserfordernissen aus § 203 Abs. 5 VVG, und den materiellen Voraussetzungen genügten und damit die Voraussetzungen für eine Prämienanpassung vorgelegen hätten. Dabei sei auch der auf der Grundlage des § 8b MB/KK festgelegte Schwellenwert für die Anpassungsmöglichkeit auf 5 Prozent wirksam. Hinsichtlich der Ansprüche für die Beitragsjahre 2014, 2015 und 2016 könne die Beklagte einem etwaigen Anspruch, so er bestünde, die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Ein Anspruch auf Auskunft ergebe sich weder aus § 810 BGB noch aus § 3 Abs. 4 Satz 1 VVG, aus Art. 15 DSGVO oder aus § 666 BGB. Ein Anspruch aus § 242 BGB bestehe nicht, nachdem dem geltend gemachten Hauptanspruch die Einrede der Verjährung entgegenstehe.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, die er mit Schriftsatz vom 23.08.2021 begründet hat. Er macht unter anderem geltend, zu Unrecht nehme das Gericht an, die Beitragsanpassungen der Tarife VollMed PLU und VollMed SMB in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2018 seien wirksam gewesen. Die Verjährungsfrist der von ihm verfolgten Ansprüche habe nicht vor dem Jahr 2019 zu laufen begonnen. Der Beginn der Regelverjährungsfrist sei jedenfalls bis zum 01.01.2019 hinausgeschoben gewesen, da die Klageerhebung bis in das Jahr 2018 aufgrund einer bis dahin zweifelhaften und unsicheren Rechtslage unzumutbar gewesen sei. In Verkennung der Rechtslage gehe das erstinstanzliche Gericht zudem betreffend die Beitragserhöhung des Tarifs VollMed PLU zum 01.04.2014 und des Tarifs VollMed SMB zum 01.04.2015 von der Möglichkeit aus, eine Anpassung könne bei der Überschreitung nur vertraglich festgelegter Schwellenwerte vorgenommen werden. Auch die von ihm geltend gemachten Ansprüche hinsichtlich derjenigen Überzahlungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgten, seien ebenfalls nicht verjährt. Die regelmäßige Verjährungsfrist habe nicht zu laufen begonnen. Das erstinstanzliche Gericht übersehe zudem, dass zahlreiche unverjährte Auskunftsansprüche auf Herausgabe der Nachträge bestünden.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 18.06.2021 – III 4 O 360/20 – aufzuheben und die Beklagte nach Maßgabe der nachfolgenden Anträge zu verurteilen:

1. Es wird festgestellt, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen der Klägerseite und der Beklagten bestehenden Kranken-/ Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer … unwirksam waren:

a) in den Tarifen für H.M.

aa) im Tarif VollMed PLU die Erhöhung zum 01.04.2014 i.H.v. 2,03 Euro,

bb) im Tarif VollMed SMB die Erhöhung zum 01.04.2015 i.H.v. 15,62 Euro,

cc) im Tarif VollMed SMB die Erhöhung zum 01.04.2018 i.H.v. 60,52 Euro,

b) in den Tarifen für S.M.

aa) im Tarif VollMed PLU die Erhöhung zum 01.04.2014 i.H.v. 4,57 Euro,

bb) im Tarif VollMed SMB die Erhöhung zum 01.04.2016 i.H.v. 49,90 Euro,

cc) im Tarif VollMed SMB die Erhöhung zum 01.04.2018 i.H.v. 60,04 Euro

und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet war.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite 9.013,20 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerseite Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die die Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag in den Jahren 2011, 2012, zur Versicherungsnummer … vorgenommen hat und hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind:

  • die Höhe der Beitragserhöhungen für die Jahre 2011, 2012 unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der Klägerseite,
  • die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Anschreiben und Nachträgen zum Versicherungsschein der Jahre 2011, 2012 sowie
  • die der Klägerseite zum Zwecke der Beitragserhöhung übermittelten Begründungen sowie Beiblätter der Jahre 2011, 2012.

4. Es wird festgestellt, dass alle einseitigen Erhöhungen in den Krankenversicherungstarifen der Klägerseite, die die Beklagte gegenüber der Klägerseite im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden Krankenversicherungsverhältnisses zur Versicherungsnummer … der Jahre 2011, 2012 vorgenommen hat, und die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 3) noch genauer zu bezeichnen sind, unwirksam sind und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrags verpflichtet war.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 3) noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte

a) der Klägerseite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter 1. aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,

b) der Klägerseite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 3. noch genauer zu bezeichnenden Beitragserhöhungen gezahlt hat,

b) die nach 6 a) und b) herauszugebenden Nutzungen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen hat.

7. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag i.H.v. 1.234,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

In ihrer Berufungserwiderung vom 04.11.2021 verteidigt sie die Entscheidung des Landgerichts unter Vertiefung und Ergänzung ihres Vorbringens. Die Anpassungsmitteilungen genügten den Anforderungen, wie sie vom Bundesgerichtshof aufgestellt worden seien. Das erstinstanzliche Gericht habe auch rechtsfehlerfrei entschieden, dass dem Kläger Auskunftsansprüche bzw. die mit der Stufenklage verfolgten Ansprüche nicht zustünden. Ein Auskunftsanspruch setze voraus, dass für den Leistungsanspruch, der mit der begehrten Information geltend gemacht werden soll, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht. Hieran scheitere es, da bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche – bezogen auf den Zeitraum der begehrten Auskunft – jedenfalls verjährt seien. Entsprechend scheide auch ein Anspruch nach Treu und Glauben aus.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf die dortigen Schriftsätze (Kläger: 25.08.2021; Beklagte: 04.11.2021) verwiesen.

Vor dem Senat fand am 18.11.2021 eine mündliche Verhandlung statt, auf deren Protokoll Bezug genommen wird.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die zulässige Klage ist – auch, soweit sie nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässigerweise in zweiter Instanz erweitert worden ist – ihrerseits nicht begründet.

A.

Ansprüche des Klägers aufgrund in den Jahren bis einschließlich zum 31.12.2016 gezahlter Beiträge sind verjährt. Das hat das Landgericht zutreffend festgestellt.

1. Ein etwaiger Anspruch auf Rückzahlung ist mit der jeweiligen monatlichen Beitragszahlung i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, da sich erst infolge der Zahlung einer zu Unrecht erhöhten Prämie ein Bereicherungsanspruch ergeben und fällig werden kann.

2. Der Kläger hatte indes mit Erhalt der Anpassungsschreiben zu den Erhöhungen auch die insofern erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen (so auch OLG Köln, Urteil vom 28.01.2020 – 9 U 138/19, juris; sich anschließend u.a. OLG Hamm, Urteil vom 30.06.2021 – 20 U 152/20, BeckRS 2021, 18961 Rn. 53). Das betrifft die Erhöhungen zum 01.01.2014 und zum 01.01.2015.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt die erforderliche Kenntnis von den Anspruch begründenden Umständen im Allgemeinen vor, wenn die Erhebung einer Klage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Betroffene alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (vgl. dazu nur BGH, Urteile vom 21.02.2018 – IV ZR 385/16 Rn. 15 und vom 23.09.2014 – XI ZR 215/13 Rn. 34). Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob der Kläger bereits aufgrund der Erhöhungsmitteilungen den Schluss hat ziehen können, dass eine etwaige Unwirksamkeit angenommen werden könnte.

3. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ausnahmsweise eine Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben kann, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. Es hat daher nicht an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn gefehlt (vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 21.02.2018 – IV ZR 385/16 Rn. 15).

a) Eine Rechtslage nicht schon dann unsicher und zweifelhaft, wenn eine Rechtsfrage umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden ist. Daher kann eine solche Unzumutbarkeit der Erhebung einer Klage nicht damit begründet werden, dass die Frage, welche Anforderungen an eine Erhöhungsmitteilung zu stellen sind, erst durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus den letzten Jahren einer höchstrichterlichen Klärung zugeführt worden sind. Allein der Umstand, dass die Voraussetzungen nach § 203 Abs. 5 VVG in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur unterschiedlich beurteilt worden sind, genügt nicht, eine unsichere und zweifelhafte Rechtsprechung annehmen zu können. Maßgeblich wäre allenfalls eine einem Anspruch entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 21.02.2018 – IV ZR 385/16 Rn. 15); eine solche war indes zu den Anforderungen an eine Begründung nach § 203 Abs. 5 VVG gerade (noch) nicht ergangen.

b) Die fehlende Zumutbarkeit einer Klageerhebung ergibt sich nicht mit Blick darauf, dass ein Gläubiger so lange schutzwürdig sei, bis sich eine Rechtsprechung bzw. Meinung herausgebildet habe, die es zumutbar mache, den Klageweg zu bestreiten.

Denn dies würde die von der Rechtsprechung angenommene Ausnahme vom Beginn des Laufs der Verjährungsfrist in ihr Gegenteil verkehren. Der mit den Regelungen zur Verjährung verfolgte Ausgleich würde konterkariert. Damit würde die Verjährungsfrist erst dann anlaufen, wenn der Gläubiger sich auf eine gesicherte Rechtsprechung berufen könnte, die es ihm – abgesehen von den tatrichterlich zu beurteilenden Umständen des Einzelfalls – letztlich dem Grunde nach risikolos erlauben könnte, eine Klage zu erheben.

Vor diesem Hintergrund kann sich der Kläger überdies nicht darauf berufen, dass ihm die Möglichkeit gefehlt habe, zu den rechtlichen Fragen hinreichend Aufschluss zu erhalten.

Der Umstand, dass veröffentlichte Rechtsprechung zu den Anforderungen nach § 203 Abs. 5 VVG nach Schaffung dieser Regelung zunächst nicht existierte und auch die Literatur diese Frage vornehmlich in den letzten Jahren aufgegriffen hat, mag die rechtliche Einordnung und die rechtliche Beratung nicht erleichtert haben, indes vermochte dies noch nicht einmal im Ansatz eine Klageerhebung unzumutbar erscheinen lassen. Vielmehr musste eine rechtliche Würdigung gerade ergeben, dass die Erfolgschancen eines Rückzahlungsanspruchs als völlig offen einzuschätzen sind. Die Rechtslage war mithin nicht unsicher und zweifelhaft, sondern lediglich offen und nicht gewiss einzuschätzen (vgl. z.B. die Darstellung bei Klimke, VersR 2016, 22 ff. zu den Anforderungen an eine Begründung nach § 203 Abs. 5 VVG), zumal der Kläger hier bereits vor dem Urteil des IV. Senats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19) Klage erhoben hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17.11.2021 – IV ZR 113/20).

4. Dies zugrunde gelegt, konnte die im Jahr 2020 erfolgte Klageerhebung die Verjährung nicht mehr für solche Ansprüche nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB hemmen, die bis zum Ende des Jahres 2016 entstanden sind.

Daher kann der Kläger nicht mit Erfolg die Rückzahlung der folgenden Beitragszahlungen verlangen:

  • für die Mitversicherte im Tarif VollMed PLU vom 01.04.2014 bis zum 31.12.2016 (Erhöhung zum 01.04.2014, i.e. 33 x 2,03 Euro = 66,99 Euro),
  • für die Mitversicherte im Tarif VollMed SMB vom 01.04.2015 bis zum 31.12.2016 (Erhöhung zum 01.04.2015, i.e. 21 x 15,62 Euro = 328,02 Euro),
  • für ihn im Tarif VollMed PLU vom 01.04.2014 bis zum 31.12.2016 (Erhöhung zum 01.04.2014, i.e. 33 x 4,57 Euro = 150,81 Euro),
  • für ihn im Tarif VollMed SMB vom 01.04.2016 bis zum 31.12.2016 (Erhöhung zum 01.04.2016, i.e. 9 x 49,90 Euro = 449,10 Euro).

Insofern erweist sich der Zahlungsantrag nach Ziff. 2 i.H.v. 994,92 Euro als unbegründet.

Darüber hinaus ist das – zumindest als Zwischenfeststellungsklage zulässige (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19.12.2018 – IV ZR 255/17 Rn. 17 und Rn. 19) – Feststellungsbegehren nach Ziff. 1 lit. a aa, lit. a bb und dasjenigen nach Ziff. 1 lit. b aa und lit. b bb für die Zeit bis zum 31.12.2016 unbegründet.

Hinsichtlich der betroffenen Beitragserhöhungen kann der Kläger auch keine Zahlung von Nutzungen bzw. Zinsen auf Nutzungen verlangen. Daher weist sich der Feststellungsantrag zu Ziff. 3 insofern teilweise als unbegründet.

5. Etwaigen weiteren Rückzahlungsansprüchen aufgrund von Beitragszahlungen nach dem 31.12.2016 steht hier nicht die Einrede der Verjährung entgegen.

Die Überlegungen, die zur Annahme der Möglichkeit einer Verjährung des Stammrechts in der privaten Unfallversicherung oder in der Berufsunfähigkeitsversicherung geführt haben, sind nicht übertragbar. Die Anknüpfung an das Stammrecht wurde angesichts der Verpflichtung des Versicherers, wiederkehrende Einzelleistungen zu erbringen, damit begründet, dass es den Versicherer unbillig belasten würde, sich Jahre nach einer Leistungsablehnung noch mit einem für abgeschlossen gehaltenen, angesichts des Zeitablaufs typischerweise nur noch unter Schwierigkeiten aufklärbaren Versicherungsfall auseinandersetzen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 03.04.2019 – IV ZR 90/18 Rn. 19 ff.). Derartige Schwierigkeiten hinsichtlich der Aufklärung stellen sich im hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht.

B.

Dem Kläger stehen auch sonst Ansprüche aufgrund der Beitragsanpassungen in den Tarifen VollMed PLU und VollMed SMB aus den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2018 nicht zu.

1. Die Beitragsanpassungen in den Tarifen VollMed PLU und VollMed SMB in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2018 sind – wie das Landgericht richtig gesehen hat – allesamt nicht zu beanstanden, es fehlt nicht an einer ordnungsgemäßen Begründung i.S. von § 203 Abs. 5 VVG. Daher ergibt sich auch insofern nicht ein Rückzahlungsanspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB, ebenso ist die – vom Landgericht richtig als in Ziff. 1 und Ziff. 6 als zulässig angesehene – Feststellungsklage insoweit nicht begründet.

a) Nach der Rechtsprechung des IV. Senats des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteile vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19 und vom 20.10.2021 – IV ZR 148/20) erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Beiträge nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Beitragshöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben.

b) Diese Voraussetzungen sind für die in Rede stehenden Beitragserhöhungen erfüllt.

Das Landgericht, auf dessen Ausführungen Bezug genommen wird, hat insofern zutreffend angenommen, dass in sämtlichen Mitteilungen der Beklagten dem Grunde nach ausreichend angegeben wird, dass der wesentliche Grund für die Beitragserhöhungen in gestiegenen Leistungsausgaben zu sehen ist. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen.

Der Kläger konnte daraus jeweils mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat.

Es wird nicht nur in allgemein gehaltener Form die jährliche Durchführung der Beitragsüberprüfung beschrieben, sondern vielmehr – in Ansehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch in ausreichendem Maße – auch das Ergebnis der aktuellen Überprüfung mitgeteilt. Daher konnte der Kläger aus den Mitteilungen hinsichtlich der Beitragserhöhungen in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2018 (LG-eA 302, 285, 269 und 234) ohne weiteres den Schluss ziehen, dass die beschriebenen gesetzlichen Voraussetzungen einer Beitragserhöhung eingetreten sind. Dazu bedurfte es nach Auffassung des Senats (a.A. OLG Köln, Urteil vom 07.07.2020 – 9 U 227/19, juris Rn. 43) nicht eines zusätzlichen Hinweises dazu, dass die Veränderung den gesetzlich festgelegten Schwellenwert von 10 Prozent überschritten hat oder ob wegen einer Überschreitung des Schwellenwertes von 5 Prozent eine Beitragsanpassung nach § 8b AVB vorgenommen wurde (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21.07.2021 – IV ZR 191/20 Rn. 26), ebenso wenig konkrete Angaben zu den Rechnungsgrundlagen und deren Veränderung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19 Rn. 26).

Es reicht demnach aus, dass mitgeteilt wird, dass die Ausgaben für Versicherungsleistungen gestiegen waren, während es zur Sicherung des mit § 203 Abs. 5 VVG verfolgten Informationszwecks nicht erforderlich ist, dem Versicherungsnehmer die Rechtsgrundlage des geltenden Schwellenwerts oder die genaue Höhe der Veränderung der Rechnungsgrundlage mitzuteilen (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 20.10.2021 – IV ZR 148/20 Rn. 30). Denn auch so wird dem Versicherungsnehmer im konkreten Einzelfall in ausreichender Weise gezeigt, was der Anlass für die konkrete Prämienanpassung war. Denn maßgeblicher Zweck der Erhöhungsmitteilung ist letztlich nur die Klarstellung des Anlasses der Beitragsanpassung; hierauf zielt die Begründungspflicht des § 203 Abs. 5 VVG lediglich ab (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19 Rn. 31 ff.).

Dabei ist im Übrigen auch unschädlich, dass die gestiegenen Kosten teils als „wesentlicher“, teils als „wichtigster“ Grund bezeichnet werden; denn dadurch wird kenntlich gemacht, dass es sich um den „maßgeblichen“ Grund handelt, ohne dass damit indes ausgeschlossen wäre, dass auch weitere Faktoren, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zusätzlich angegeben werden müssen, von Bedeutung sind bzw. sein können.

3. Die Beitragsanpassung im Tarif VollMed PLU zum 01.04.2014 und diejenige im Tarif VollMedSMB zum 01.04.2015 erweist sich nicht aus materiellen Gründen als unwirksam. Die Beklagte durfte auf der Grundlage von § 8b MB/KK Beitragsneufestsetzungen vornehmen, die durch eine Schwellenwertabweichung bei der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen ausgelöst wurden, die nicht über dem gesetzlich festgelegten Wert von 10 Prozent liegen. Der Kläger kann sich insofern nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Regelung in § 8b MB/KK nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB unwirksam wäre.

a) Es kann insoweit dahinstehen, ob die Regelung in § 8b Abs. 2 MB/KK unwirksam ist, nach der von einer Beitragsanpassung abgesehen werden kann, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Versicherer und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist. Selbst wenn dies anzunehmen wäre, würde dies nicht dazu führen, dass auch die Bestimmung in § 8b Abs. 1 MB/KK unwirksam wäre, die eine Anpassung auch bei einer Abweichung von mehr als dem tariflich festgelegten Vomhundertsatz ermöglicht.

b) Nach § 306 Abs. 1 BGB bleibt der Vertrag dann, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen teilweise unwirksam sind, im Übrigen rechtsbeständig. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch dann Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen – unwirksamen – Regelungen stehen. Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrags nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel. Die inhaltliche Trennbarkeit einer Klausel und damit ihre Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil ist immer dann gegeben, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (blue-pencil-test). Ob beide Bestimmungen den gleichen Regelungsgegenstand betreffen, ist dabei unerheblich (so z.B. BGH, Urteile vom 31.03.2021 – IV ZR 221/19 Rn. 64 und vom 13.02.2020 – IX ZR 140/19 Rn. 26).

c) Hiervon ausgehend, kann die Regelung in § 8b Abs. 1 MB/KK ohne weiteres Bestand haben, auch wenn § 8 Abs. 2 MB/KK gestrichen wird. Der Sinn von Abs. 1 leidet nicht darunter, die Regelung in Abs. 1 verstößt bei ihrem isolierten Bestehenbleiben auch nicht gegen die in § 155 Abs. 3, Satz 2 VAG, § 203 Abs. 2 VVG vorgesehene Voraussetzung einer nicht nur vorübergehenden Veränderung.

aa) Das wird zwar vom Oberlandesgericht Köln angenommen, weil im Falle des Wegfalls der Regelung in § 8b Abs. 2 MB/KK wegen Unwirksamkeit die Regelung in § 8b Abs. 1 MB/KK nicht alleine fortbestehen könne, ohne nicht ebenfalls gegen die in § 155 Abs. 3, Satz 2 VAG, § 203 Abs. 2 VVG vorgesehene Voraussetzung einer nicht nur vorübergehenden Veränderung für eine Prämienanpassung zu verstoßen. Bei Unwirksamkeit des § 8b Abs. 2 MB/KK könnte nach dem § 8b Abs. 1 MB/KK eine Beitragsanpassung schon dann erfolgen, wenn der maßgebliche Schwellenwert überschritten sei, und zwar entgegen dem Gesetz auch dann, wenn eine nur vorübergehende Veränderung vorliege (so z.B. OLG Köln, Urteil vom 22.09.2020 – 9 U 237/19, BeckRS 2020, 28456 Rn. 47).

bb) Diese Sichtweise wird indes vom Senat nicht geteilt.

Betrachtet man § 8b Abs. 1 MB/KK isoliert und ohne die Regelung in Abs. 2 ergibt sich bereits kein Hinweis auf die Voraussetzung einer nicht nur vorübergehenden Veränderung. Ein solcher Schluss lässt sich allenfalls mit Blick auf Abs. 2 ziehen. § 8b Abs. 1 MB/KK ist – für sich betrachtet – kein Hinweis auf das Erfordernis einer Dauerhaftigkeit zu entnehmen. Durch die weiterhin geltenden gesetzlichen Regelungen ist überdies gesichert, dass nur bei einer nicht nur vorübergehenden Veränderung der Rechnungsgrundlagen die Beiträge angepasst werden dürfen. Das Verständnis von § 8b Abs. 1 MB/KK ergibt sich mithin unter Berücksichtigung der zwingenden Gesetzesvorschriften, von denen ersichtlich eine Abweichung nicht vorgenommen werden soll. Eine Wiederholung sämtlicher Voraussetzungen für eine Beitragsanpassung in den MB/KK ist – auch mit Blick auf den durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer – nicht erforderlich.

4. Dies zugrunde gelegt, stehen dem Kläger – unabhängig von der Frage der Verjährung (dazu oben A) – Ansprüche aufgrund der Beitragsanpassungen aus den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2018 nicht zu (Antrag Ziff. 2). Er kann daher die mit der – erweiterten – Klage geltend gemachte Rückzahlung von Beitragszahlungen nicht verlangen.

Ebenso wenig sind daher die Feststellungsanträge Ziff. 1 und Ziff. 6 lit. a und Ziff. 6 lit. c, soweit auf lit. b bezogen, begründet.

C.

Die Stufenklage, die der Kläger mit den Anträgen Ziff. 3, Ziff. 4, Ziff. 5, Ziff. 6 lit. b und Ziff. 6 lit. c, soweit er auf lit. b bezogen ist, verfolgt, ist vom Landgericht zutreffend abgewiesen worden.

Mit dieser Klage verfolgt der Kläger Ansprüche aufgrund etwaiger Beitragserhöhungen aus den Jahren 2011 und 2012, diesen stünde indes die Einrede der Verjährung entgegen, so dass der Kläger nicht erfolgreich eine diesbezügliche Auskunft beanspruchen kann.

1. Grundsätzlich könnte dem Kläger hier ein Auskunftsanspruch nach aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zustehen.

a) Danach trifft den Schuldner ausnahmsweise eine Auskunftspflicht, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Umfang und Inhalt der zur erteilenden Auskunft richten sich danach, welche Informationen der Berechtigte benötigt, um seinen Anspruch geltend machen zu können, soweit dem nicht Zumutbarkeitsgesichtspunkte oder andere Grenzen entgegenstehen. Die Zubilligung des Auskunftsanspruchs hat unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen (vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 02.12.2015 – IV ZR 28/15 Rn. 15).

b) Die begehrte Auskunft würde grundsätzlich auch benötigt, um einen etwaigen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB auch hinsichtlich weiterer Beitragserhöhungen geltend zu machen.

Es kann auch dann Auskunft verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass dem Anspruchsteller die erteilten Informationen verloren gegangen sind und demjenigen, von dem Auskunft verlangt wird, die erneute Auskunftserteilung noch möglich und zumutbar ist. Dieses Recht ist überdies nicht auf den Fall beschränkt, dass dem Anspruchsteller die Unterlagen ohne sein Verschulden abhanden gekommen sind. Sofern sein Auskunftsverlangen nicht mutwillig oder missbräuchlich erscheint, ist es unerheblich, wie und warum er in die Lage geraten ist, erneut um Auskunft bitten zu müssen (vgl. nur BGH, Urteil vom 30.01.2001 – XI ZR 183/00 unter II 3 a).

Mangels anderer Anhaltspunkte ist nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger Dokumente betreffend etwaige Beitragserhöhungen aus den Jahren 2011 und 2012 noch vorliegen. Zudem ist nicht erkennbar, dass der Beklagten die Auskunftserteilung nicht mit zumutbarem Aufwand möglich wäre. Zwar wären Rückzahlungsansprüche aufgrund Zahlungen auf etwaige Beitragserhöhungen bis zum 31.12.2016 verjährt, das gilt indes nicht für den sich anschließenden Zeitraum. Dass ein solcher Anspruch bestehen könnte, ist hier nicht mit Blick auf spätere Beitragserhöhungen ausgeschlossen, da sich die Erhöhungen aus den Jahren 2014 und 2015 als nicht wirksam erwiesen haben.

c) Die Auskunft müsste alle zur Durchsetzung des Gläubigeranspruchs notwendigen Informationen enthalten und dem Gläubiger eine Nachprüfung ihrer Richtigkeit ermöglichen (vgl. nur OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.09.1995 – 7 U 119/94, NJW-RR 1996, 1464).

Vor diesem Hintergrund könnte der Kläger verlangen, dass die Beklagte ihm Auskunft über alle Beitragsanpassungen erteilt, die diese in den Jahren 2011, 2012 vorgenommen hat. Zudem könnte er – da nur so eine Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der Beitragserhöhungen möglich ist – beanspruchen, dass hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind: die Höhe der Beitragserhöhungen für die Jahre 2011, 2012 unter Benennung der jeweiligen Tarife, die dem Kläger zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Anschreiben und Nachträgen zum Versicherungsschein der Jahre 2011, 2012 nebst Begründungen und Beiblätter der Jahre 2011, 2012.

2. Allerdings kann der Kläger hier mit Blick darauf, dass die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat, mit etwaigen zu den Beitragserhöhungen aus den Jahren 2011 und 2012 erteilten Auskünften nichts mehr anfangen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 04.10.1989 – IVa ZR 198/88, BGHZ 108, 393 = NJW 1980, 180 unter II).

Zum einen wären Ansprüche aufgrund von Beitragszahlungen aus der Zeit bis zum 31.12.2016 verjährt (vgl. oben A), zum anderen ist nichts dafür ersichtlich, dass Beitragserhöhungen aus den Jahren 2011 und 2012 noch Ansprüche aufgrund von nach dem 31.12.2016 gezahlten Beiträgen begründen könnten, nachdem die vom Kläger genommenen Tarife nach 2012 sämtlich Erhöhungen erfahren haben (vgl. oben B), die jedenfalls fortan die Rechtsgrundlage für den dort in seiner Gesamthöhe neu festgesetzten Beitrag bilden, dies unabhängig davon, ob frühere Anpassungen an einem Mangel litten (BGH, Urteile vom 14.04.2021 – IV ZR 36/20 Rn. 44 und vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19 Rn. 55).

3. Aufgrund dessen kann sich auch aufgrund der weiteren vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Anspruchsgrundlagen ein Auskunftsanspruch nicht ergeben.

4. Zudem ist das gesamte mit der Stufenklage verfolgte Begehren abzuweisen, nachdem feststeht, dass dem Kläger aufgrund etwaiger Beitragserhöhungen aus den Jahren 2011 und 2012 ein durchsetzbarer Anspruch nicht zustehen kann. Das hat das Landgericht zutreffend gesehen und die Stufenklage insgesamt abgewiesen.

D.

Stehen dem Kläger die mit den Anträgen Ziff. 1 bis Ziff. 6 verfolgten Ansprüche nicht zu, kann er auch eine Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten nicht beanspruchen (Antrag Ziff. 7).

Im Übrigen hat er trotz des Bestreitens einer Beauftragung zu einem außergerichtlichen Tätigwerden hierfür weder einen Nachweis erbracht noch Beweis angeboten oder näher dazu ausgeführt. Die Ausführungen in der Replik zur Klageerwiderung hierzu lassen nur den Schluss zu, dass die Klägervertreter tätig geworden sind, nicht aber dass und in welchem Umfang eine Beauftragung – etwa für ein außergerichtliches Tätigkeitwerden oder doch mit unbedingtem Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden – erfolgt wäre (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22.06.2021 – VI ZR 353/20 Rn. 5 ff.). Daher ergibt sich die Abweisung der Klage auch aus diesem – selbstständig tragenden – Gesichtspunkt.

III.

1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97, 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

2. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nur vor, soweit der Senat die Beitragsanpassung im Tarif VollMed PLU zum 01.04.2014 und diejenige im Tarif VollMedSMB zum 01.04.2015 als nicht aus materiellen Gründen als unwirksam angesehen hat.

Insofern weicht er in der Beurteilung der Regelung § 8b MB/KK von der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Köln (Urteil vom 22.09.2020 – 9 U 237/19) ab. Hinsichtlich dieses – abgrenzbaren – Streitgegenstands (Anträge Ziff. 1 lit. a aa, Ziff. 1 lit. b aa, Ziff. 1 lit. a bb, darauf bezogene Anträge Ziff. 6 lit. a und lit. c sowie Antrag Ziff. 2 i.H.v. 170,52 Euro, 383,88 Euro und 1.124,64 Euro [vgl. eA-OLG 41]) erfolgt die Zulassung der Revision für den Kläger, dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO.

Ansonsten hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist mit 20.534,74 Euro zu bemessen.

a) Bei der Festsetzung des Streitwertes ist zu beachten, dass neben dem Klageantrag zu 2, der auf Rückzahlung geleisteter Beitragsanteile i.H.v. 9.013,20 Euro gerichtet ist, der wirtschaftlich identische Klageantrag zu 1 auf Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen und der Nichtverpflichtung zur Tragung der Erhöhungsbeträge den Streitwert dann nicht erhöht, soweit er sich auf denselben Zeitraum bezieht wie der Zahlungsantrag (vgl. BGH, Beschluss vom 20.01.2021 – IV ZR 294/19).

Von dem für die Feststellung der künftigen Nichtleistungspflicht grundsätzlich gemäß § 9 ZPO analog zugrunde zu legenden Zeitraum von 3,5 Jahren ab Anhängigkeit des Rechtsstreits zum 16.12.2020 wirken in zweiter Instanz daher nur 39 Monate streitwerterhöhend, da der Zeitraum bis März 2021 noch vom Zahlungsantrag umfasst ist. Der Wert erhöht sich damit um 7.521,54 Euro (= 39 x 192,86 Euro).

b) Darüber hinaus ist der Wert der Stufenklage nach den Anträgen Ziff. 3, 4, 5 mit bis zu 4.000 Euro zu bewerten.

c) Die Anträge Ziff. 6 und Ziff. 7 haben bei der Bemessung des Streitwerts außer Betracht zu bleiben.

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