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Pflegetagegeldversicherung – Kindernachversicherung – spontane Offenbarungsobliegenheit

Ein neugeborenes Kind, eine angeborene Krankheit und eine verweigerte Leistung: Genau darum stritt sich ein Vater mit seiner Pflegeversicherung. Die Gesellschaft warf ihm vor, eine vor der Geburt bekannte Diagnose verschwiegen zu haben. Doch musste er tatsächlich ungefragt informieren, wenn die Police angeborene Schäden explizit abdeckte und keine Gesundheitsfragen zum Kind gestellt worden waren? Ein Gericht musste klären, wo die Pflicht zur Offenbarung endet.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 02 O 123/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Detmold
  • Datum: 14.06.2022
  • Aktenzeichen: 02 O 123/21

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Versicherungsnehmer, der Ansprüche aus einem Pflegetagegeldvertrag und dessen Kindernachversicherung für seine Tochter geltend machte. Er war der Ansicht, ihn treffe keine Pflicht zur Offenbarung der pränatalen Diagnose seines Kindes.
  • Beklagte: Das Versicherungsunternehmen, das den Pflegetagegeldvertrag und die Kindernachversicherung abgeschlossen hat. Es lehnte Leistungen ab und focht die Verträge wegen angeblicher arglistiger Täuschung durch den Kläger an.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger schloss eine Pflegetagegeldversicherung ab. Kurz nach der Geburt seiner Tochter, bei der pränatal eine Krankheit diagnostiziert wurde, beantragte er die Kindernachversicherung. Nach Geltendmachung von Leistungen focht die Beklagte beide Versicherungen wegen arglistiger Täuschung an.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob der Kläger eine pränatale Diagnose seines Kindes spontan offenbaren musste, obwohl die Versicherungsbedingungen Geburtsschäden abdeckten und keine Gesundheitsfragen gestellt wurden. Zentral war zudem die Frage, ob die Versicherungsverträge wegen arglistiger Täuschung anfechtbar waren und ob der Kläger rechtsmissbräuchlich handelte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht stellte fest, dass der Pflegetagegeldvertrag und die Kindernachversicherung weiterhin gültig sind. Die Beklagte wurde verurteilt, dem Kläger einen einmaligen Betrag sowie laufendes Pflegetagegeld für seine Tochter zu zahlen.
  • Begründung: Das Gericht sah keine arglistige Täuschung durch den Kläger. Eine spontane Offenbarungspflicht bezüglich der pränatalen Diagnose bestand nicht, da die Versicherungsbedingungen Geburtsschäden ausdrücklich abdeckten und der Versicherer keine Gesundheitsfragen gestellt hatte. Auch ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers wurde verneint.

Der Fall vor Gericht


Ein unerwartetes Erbe und die Tücken des Gesetzes: Ein Blick auf eine Gerichtsentscheidung

Jeder kennt wohl die Situation: Ein geliebter Mensch verstirbt und hinterlässt vielleicht ein kleines Vermögen oder auch Schulden. Was aber, wenn die Erben nicht sofort auffindbar sind oder es Streitigkeiten gibt? Genau um solch einen Fall, bei dem es um eine Pflegeversicherung und ein neugeborenes Kind mit einer angeborenen Erkrankung ging, musste das Landgericht Detmold entscheiden. Es stellte sich die Frage, ob ein Vater verpflichtet war, die Versicherung unaufgefordert über eine pränatal, also vor der Geburt, festgestellte Erkrankung seines Kindes zu informieren, obwohl die Versicherungspolice genau solche Fälle eigentlich abdeckte und keine Gesundheitsfragen zum Kind gestellt hatte.

Der Fall: Eine Versicherung, ein krankes Kind und viele Fragen

Junge Mutter liest emotional den Versicherungbrief bei Tisch, mit Baby im Hintergrund.
Pflegeversicherung lehnt Leistungsantrag für neugeborenes, krankes Kind ab – Eltern schockiert am Küchentisch. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Herr M. (der Kläger) schloss am 18. April 2020 über einen Versicherungsmakler eine Pflegetagegeldversicherung bei einer Versicherungsgesellschaft (der Beklagten) ab. Eine solche Versicherung zahlt einen vereinbarten täglichen Geldbetrag, wenn der Versicherte pflegebedürftig wird. Die Versicherungsgesellschaft nahm den Antrag an und schickte Herrn M. am 29. April 2020 den Versicherungsschein, also das Dokument, das den Vertrag bestätigt.

In den Versicherungsbedingungen, dem Kleingedruckten des Vertrags, gab es eine interessante Klausel: § 3 Absatz 2 erlaubte eine sogenannte Kindernachversicherung. Das bedeutet, dass ein „zukünftig geborenes Kind“ mitversichert werden konnte, wenn es „mindestens 2 Monate nach der Geburt vermeldet“ wurde. Besonders wichtig: Die Klausel stellte klar, dass die Versicherung in diesem Fall „Geburtsschäden sowie angeborene Krankheiten und Gebrechen“ übernimmt.

Etwa zwei Monate nachdem Herr M. die Versicherung abgeschlossen hatte, kam seine Tochter, Frau V., zur Welt. Kurz nach der Geburt wurde bei ihr eine linksseitige Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte (eine angeborene Fehlbildung) festgestellt. Diese Diagnose war allerdings schon vor der Geburt, am 28. Februar 2020, bei einer Pränataldiagnostik – also einer Untersuchung während der Schwangerschaft – bekannt geworden. Ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) stellte später fest, dass Frau V. seit ihrer Geburt den Pflegegrad 3 hatte, was eine erhebliche Pflegebedürftigkeit bedeutet. Zum Zeitpunkt der Klage hatte sie nach mehreren Operationen den Pflegegrad 2.

Am 16. August 2020, also innerhalb der Frist, beantragte Herr M. bei der Versicherungsgesellschaft, seine Tochter im Rahmen der Kindernachversicherung mitzuversichern. Die Gesellschaft bestätigte dies am 4. September 2020 und schickte drei Tage später den neuen Versicherungsschein, in dem auch Frau V. als versicherte Person aufgeführt war.

Der Streit beginnt: Die Versicherung will nicht zahlen

Im November 2020 meldete Herr M. bei der Versicherungsgesellschaft Leistungsansprüche für seine Tochter an. Daraufhin forderte die Gesellschaft das MDK-Gutachten und die Untersuchungsberichte aus der Schwangerschaft an. Mit einem Schreiben vom 15. Dezember 2020 geschah dann das Unerwartete: Die Versicherungsgesellschaft lehnte jede Zahlung ab. Sie erklärte die sogenannte Anfechtung sowohl des ursprünglichen Versicherungsvertrags von Herrn M. als auch der Kindernachversicherung für seine Tochter. Eine Anfechtung bedeutet, dass eine Vertragspartei erklärt, den Vertrag wegen eines Mangels – hier wegen angeblicher Täuschung – für von Anfang an ungültig zu halten. Die Gesellschaft warf Herrn M. arglistige Täuschung und rechtsmissbräuchliches Verhalten vor. Unter arglistiger Täuschung versteht man, dass jemand absichtlich falsche Tatsachen vorspiegelt oder wichtige Tatsachen verschweigt, um einen anderen zu einem Vertragsschluss zu bewegen, den dieser sonst nicht eingegangen wäre. Rechtsmissbrauch bedeutet, dass jemand ein Recht ausübt, obwohl dies gegen das allgemeine Anstandsgefühl und die Fairness verstößt.

Herr M. sah das anders. Er war der Meinung, dass er Anspruch auf die Leistungen habe und seine Tochter wirksam mitversichert sei. Schließlich stand ja in den Bedingungen, dass Geburtsschäden mitversichert sind und keine Gesundheitsfragen für das nachzuversichernde Kind vorgesehen waren. Er gab an, zum Zeitpunkt, als er die Versicherung für sich selbst beantragte, nichts von der Diagnose seiner Tochter gewusst zu haben. Außerdem meinte er, er sei nicht verpflichtet gewesen, die Erkrankung seiner Tochter von sich aus zu melden. Nach dem Gesetz (§ 19 Versicherungsvertragsgesetz, kurz VVG) ist es nämlich grundsätzlich Sache des Versicherers, vor Vertragsabschluss nach wichtigen Umständen zu fragen. Eine Pflicht des Versicherungsnehmers, unaufgefordert Informationen zu geben, gäbe es nur in ganz seltenen Ausnahmefällen.

Die Versicherungsgesellschaft hingegen blieb bei ihrer Haltung und beantragte, die Klage abzuweisen. Sie argumentierte, Herr M. habe sie arglistig getäuscht. Sie hätte die Anträge nie angenommen, wenn sie von der schweren Erkrankung der Tochter gewusst hätte. Daher sei die Anfechtung wirksam und es bestünden keine Ansprüche. Die Gesellschaft vermutete, Herr M. habe von der Diagnose gewusst und es sei unvorstellbar, dass er nicht mit der Mutter des Kindes darüber gesprochen habe. Der zeitliche Ablauf zeige, dass Herr M. gezielt gehandelt habe, um seine kranke Tochter rückwirkend ab Geburt zu versichern. Die Erkrankung sei für die Entscheidung, den Vertrag anzunehmen, absolut entscheidend gewesen. Es habe eine spontane Offenbarungspflicht bestanden – also eine Pflicht, die Information unaufgefordert preiszugeben – auch wenn keine Gesundheitsfragen gestellt wurden. Bei solch „außergewöhnlichen und besonders wesentlichen Informationen“ hätte sich die Mitteilungspflicht aufgedrängt. Zudem habe Herr M. rechtsmissbräuchlich gehandelt, weil er die Versicherung nur abgeschlossen habe, um für seine Tochter erhebliche Leistungen zu geringen Beiträgen zu bekommen. Das widerspreche dem Grundgedanken einer Versicherung, nur ungewisse Risiken abzusichern.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Vertrag bleibt bestehen

Das Landgericht Detmold fällte am 14. Juni 2022 sein Urteil und gab Herrn M. in den wesentlichen Punkten Recht:

  1. Es wurde festgestellt, dass der Pflegetagegeldvertrag weiterhin besteht und sowohl Herr M. als auch seine Tochter Frau V. Anspruch auf Leistungen haben.
  2. Die Versicherungsgesellschaft wurde verurteilt, an Herrn M. 34.780,00 € zuzüglich Zinsen zu zahlen. Zinsen sind ein Ausgleich dafür, dass das Geld verspätet gezahlt wird.
  3. Die Versicherungsgesellschaft muss außerdem an Herrn M. ab dem 16. Juli 2021 täglich 65,00 € zahlen, solange seine Tochter pflegebedürftig im Sinne der Versicherungsbedingungen (Pflegegrad II) ist.
  4. Weiterhin muss die Versicherungsgesellschaft Herrn M. von den Anwaltskosten in Höhe von 1.753,68 € freistellen. Das bedeutet, sie muss diese Kosten für ihn übernehmen.
  5. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits muss die Versicherungsgesellschaft tragen.
  6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das heißt, Herr M. kann die Zahlungen bereits verlangen, auch wenn die Versicherungsgesellschaft noch Rechtsmittel einlegen könnte, muss dafür aber eine Sicherheit leisten.

Die Begründung des Gerichts: Keine Täuschung, keine Pflicht zur ungefragten Offenbarung

Aber wie kam das Gericht zu dieser Entscheidung? Es prüfte die Argumente beider Seiten sehr genau.

Bestand der Vertrag überhaupt noch?

Zunächst stellte das Gericht fest, dass Herr M. ein sogenanntes Feststellungsinteresse hatte. Das bedeutet, er hatte ein berechtigtes Interesse daran, dass das Gericht klärt, ob der Vertrag noch gültig ist, da die Versicherungsgesellschaft dies ja bestritt und zukünftige Ansprüche nur aus einem gültigen Vertrag entstehen können.

Entscheidend war dann die Frage, ob die Anfechtung der Versicherungsgesellschaft wegen arglistiger Täuschung wirksam war. Wenn ja, wäre der Vertrag von Anfang an nichtig, also ungültig gewesen (§ 142 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch, kurz BGB). Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass keine arglistige Täuschung durch Herrn M. vorlag – weder durch aktives Handeln noch durch ein Unterlassen.

Eine Täuschung durch Unterlassen setzt voraus, dass eine Pflicht zur Aufklärung bestand, eine sogenannte Offenbarungspflicht. Gab es eine solche Pflicht für Herrn M., die Erkrankung seiner Tochter unaufgefordert zu melden? Das Gericht sagte: Nein.
Normalerweise ergibt sich eine Aufklärungspflicht aus § 19 Absatz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Diese Vorschrift besagt, dass der Versicherungsnehmer dem Versicherer vor Vertragsschluss alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände anzeigen muss, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Hier hatte die Versicherungsgesellschaft aber Herrn M. weder beim Abschluss seiner eigenen Versicherung nach seiner (ungeborenen) Tochter oder deren möglichen Erkrankungen gefragt, noch wurden im Rahmen der Kindernachversicherung Gesundheitsfragen zu seiner Tochter gestellt.

Gab es eine Pflicht zur spontanen Information?

Konnte man von Herrn M. trotzdem erwarten, dass er die pränatal diagnostizierte Erkrankung seiner Tochter von sich aus meldet? Die Juristen sind sich nicht ganz einig, ob es über die Regelung im VVG hinaus überhaupt eine solche spontane Anzeigepflicht gibt. Grundsätzlich wird sie aber in engen Grenzen angenommen. Die Voraussetzungen dafür – zum Beispiel bei ganz offensichtlich gefahrerheblichen Umständen, die so ungewöhnlich sind, dass man eine gezielte Frage des Versicherers gar nicht erwarten kann – sah das Gericht hier aber nicht als erfüllt an.

Der Bundesgerichtshof (BGH), das höchste deutsche Zivilgericht, hat in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass ein Versicherungsnehmer Erklärungen, die die Leistungspflicht des Versicherers betreffen, nur in sehr streng zu handhabenden Ausnahmefällen unaufgefordert abgeben muss.

Nach diesen Maßstäben, so das Gericht, traf Herrn M. keine Pflicht, die Erkrankung seiner Tochter zu melden – weder als er seine eigene Versicherung beantragte, noch als er seine Tochter nachversichern ließ. Und warum nicht? Das ergibt sich besonders aus § 3 Absatz 2 der Versicherungsbedingungen selbst. Diese Klausel sah nicht nur die Mitversicherung eines ungeborenen Kindes vor, sondern erklärte sogar ausdrücklich, dass „Geburtsschäden sowie angeborene Krankheiten und Gebrechen“ vom Versicherer übernommen werden. Wenn die Versicherung also in ihren eigenen Bedingungen klarstellt, dass solche Fälle versichert sind und gleichzeitig in ihren Antragsformularen nicht nach ungeborenen Kindern oder deren Krankheiten fragt, dann kann man von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht erwarten, dass er erkennt, dass die Erkrankung seines Kindes – die ja ausdrücklich mitversichert sein soll – ein Umstand ist, den er ungefragt offenlegen muss. Man stelle sich vor, eine Autoversicherung wirbt damit, „auch Schäden durch Marderbisse“ zu übernehmen, fragt aber im Antrag nicht, ob man in einer Gegend mit vielen Mardern wohnt. Beißt dann ein Marder zu, kann die Versicherung kaum sagen, man hätte das Marderproblem unaufgefordert melden müssen.

Das Gericht meinte weiter, dass die Versicherungsgesellschaft durchaus eine gezielte Frage zu solchen Umständen hätte stellen können, dies aber nicht getan hat. Ob Herr M. nun von der Diagnose wusste oder nicht, als er den Vertrag abschloss, spielte für die Frage der Anzeigepflicht letztlich keine Rolle. Denn wenn keine Pflicht zur Anzeige besteht, kann auch das Verschweigen dieses Umstands keine Täuschung durch Unterlassen sein.

Handelte Herr M. rechtsmissbräuchlich?

Auch den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) wies das Gericht zurück. Da Herrn M. schon keine Pflicht zur Offenbarung der Erkrankung traf, konnte sein Verhalten auch nicht als rechtsmissbräuchlich gewertet werden. Es ist nicht unfair oder anstößig, sich auf die Bedingungen eines Vertrages zu berufen, den man korrekt abgeschlossen hat.

Die Berechnung der Zahlungsansprüche

Da der Vertrag also wirksam fortbestand, hatte Herr M. Anspruch auf die vereinbarten Leistungen. Die Einmalzahlung von 10.000 € ergab sich aus dem Tarif und war unstrittig. Das laufende Pflegetagegeld für die Zeit von der Geburt seiner Tochter bis zur Klageerhebung berechnete das Gericht mit 70 € pro Tag, da für diesen Zeitraum zunächst Pflegegrad III festgestellt war. Das ergab die Summe von (weiteren) 24.780 €, insgesamt also die zugesprochenen 34.780 €.

Für die Zukunft sprach das Gericht Herrn M. ebenfalls Pflegetagegeld zu, allerdings in Höhe von 65 € pro Tag. Das lag daran, dass Herr M. in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben hatte, dass seine Tochter mittlerweile in Pflegegrad II eingestuft sei. Die Versicherungsbedingungen sahen für Pflegegrad II eine Leistung von 65 € täglich vor.

Schließlich musste die Versicherungsgesellschaft auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten von Herrn M. ersetzen, da sie die Leistung zu Unrecht verweigert hatte und sich somit in Verzug befand. Eine Mahnung war hier nicht nötig, weil die Gesellschaft mit ihrem Schreiben vom 15. Dezember 2020 klar und endgültig gesagt hatte, dass sie nicht zahlen werde.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt klar: Versicherte müssen nur die Fragen beantworten, die ihnen gestellt werden – eine Pflicht zur unaufgeforderten Information über Krankheiten gibt es grundsätzlich nicht. Besonders wichtig ist, dass die Versicherung in ihren eigenen Bedingungen ausdrücklich erklärt hatte, angeborene Krankheiten bei der Kindernachversicherung mitzuversichern, aber gleichzeitig keine Gesundheitsfragen stellte. Wer sich an die Vertragsbedingungen hält und ehrlich auf gestellte Fragen antwortet, handelt nicht rechtsmissbräuchlich – auch wenn später hohe Kosten für die Versicherung entstehen. Das Urteil stärkt die Position von Versicherungsnehmern erheblich und macht deutlich, dass Versicherer ihre Fragen sorgfältig formulieren müssen, wenn sie bestimmte Risiken ausschließen wollen.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet die Kindernachversicherung bei der Pflegetagegeldversicherung für meine Familie?

Die Kindernachversicherung ist eine besondere Klausel in Ihrer Pflegetagegeldversicherung, die für Familien eine wichtige Bedeutung hat. Sie ermöglicht es Ihnen, neugeborene oder adoptierte Kinder in den Versicherungsschutz Ihrer bestehenden Pflegetagegeldversicherung einzubeziehen.

Der Nutzen für Ihre Familie

Der zentrale Vorteil der Kindernachversicherung liegt darin, dass für das Kind keine erneute Gesundheitsprüfung notwendig ist. Das bedeutet: Selbst wenn Ihr Kind nach der Geburt eine Erkrankung entwickeln sollte, die bei einer späteren normalen Antragstellung eine Versicherung erschweren oder unmöglich machen würde, kann es über die Kindernachversicherung in der Regel dennoch versichert werden. Dies ist ein erheblicher Vorteil, da der Gesundheitszustand eines Kindes im Laufe des Lebens unvorhersehbar sein kann. Für Sie bedeutet das eine finanzielle Absicherung Ihres Nachwuchses im Falle einer späteren Pflegebedürftigkeit von Anfang an.

Typischer Anwendungsbereich und Vorgehen

Die Kindernachversicherung kommt typischerweise nach der Geburt oder Adoption eines Kindes zum Tragen. Um diese Option zu nutzen, müssen Sie die Nachversicherung in der Regel innerhalb einer bestimmten Frist – oft sind dies sechs oder zwölf Monate nach dem Ereignis – beim Versicherer beantragen. Das Kind erhält dann üblicherweise einen Versicherungsschutz, dessen Umfang sich am Versicherungsschutz der Eltern orientiert, meist jedoch bis zu einem definierten Höchstbetrag. Dies stellt sicher, dass auch Ihre Kinder im Pflegefall finanziell abgesichert sind, was die gesamte Familie entlasten kann.


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Muss ich der Versicherung Krankheiten meines Kindes ungefragt mitteilen, besonders wenn sie schon vor der Geburt bekannt sind?

Grundsätzlich nein, Sie sind nicht verpflichtet, einer Versicherung ungefragt Krankheiten Ihres Kindes mitzuteilen, die bereits vor dem Abschluss des Versicherungsvertrags bekannt waren. Die maßgebliche Regelung hierfür ist die sogenannte vorvertragliche Anzeigepflicht gemäß § 19 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG).

Die vorvertragliche Anzeigepflicht

Diese Pflicht besagt, dass Sie als Versicherungsnehmerin oder Versicherungsnehmer vor dem Abschluss eines Versicherungsvertrags – also in der Regel beim Ausfüllen des Antragsformulars – die Fragen der Versicherung zu sogenannten „Gefahrumständen“ wahrheitsgemäß und vollständig beantworten müssen. Dazu gehören typischerweise auch Fragen zum Gesundheitszustand des Kindes.

  • Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie füllen einen Antrag für eine Kinderkrankenversicherung aus. Die Versicherung fragt darin konkret nach Vorerkrankungen oder Gesundheitszuständen, die vor der Geburt oder dem geplanten Versicherungsbeginn bekannt waren. In diesem Fall müssen Sie diese Fragen wahrheitsgemäß und vollständig beantworten.

Die Versicherung trifft ihre Entscheidung, ob sie den Vertrag abschließt und zu welchen Konditionen, auf Grundlage Ihrer Antworten. Es ist also Ihre Pflicht, die gestellten Fragen korrekt zu beantworten.

Keine allgemeine „spontane Offenbarungsobliegenheit“

Eine allgemeine Pflicht, ungefragt Informationen über Krankheiten mitzuteilen, die die Versicherung im Antragsformular nicht spezifisch abgefragt hat, besteht grundsätzlich nicht. Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet das:

  • Wenn die Versicherung nicht explizit nach einer bestimmten Krankheit oder einem Gesundheitszustand fragt, sind Sie auch nicht verpflichtet, diese Information von sich aus anzubieten.
  • Die Anzeigepflicht bezieht sich primär auf die korrekte Beantwortung der gestellten Fragen im Rahmen der Antragsstellung.

Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen, zum Beispiel bei einer nachweislich arglistigen Täuschung (wenn Sie bewusst und in betrügerischer Absicht eine Ihnen bekannte, für die Versicherung klar relevante Information verschweigen), könnte die Situation anders beurteilt werden. Dies ist jedoch ein Ausnahmefall, und der Fokus der Anzeigepflicht liegt auf der Reaktion auf konkrete Fragen der Versicherung vor dem Vertragsschluss. Nach Vertragsabschluss gibt es in der Regel keine Pflicht, der Versicherung nachträglich Umstände mitzuteilen, die schon vorher bekannt waren und bei der Antragstellung nicht erfragt wurden.


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Können angeborene Krankheiten oder Geburtsschäden meines Kindes durch die Kindernachversicherung abgedeckt sein?

Ja, in vielen Fällen können angeborene Krankheiten oder Geburtsschäden durch eine Kindernachversicherung abgedeckt sein. Dies ist sogar einer der Hauptgründe und ein besonderer Vorteil dieser Versicherungsart. Für die genaue Klärung ist jedoch immer der Inhalt der spezifischen Versicherungsbedingungen entscheidend.

Inhalt der Versicherungsbedingungen ist entscheidend

Eine Kindernachversicherung unterscheidet sich oft von einem normalen Neuabschluss einer privaten Krankenversicherung. Sie ist in der Regel eine besondere Regelung innerhalb einer bestehenden privaten Krankenversicherung der Eltern. Wenn ein Elternteil bereits privat versichert ist, besteht oft die Möglichkeit, das neugeborene Kind innerhalb einer bestimmten Frist (oft zwei bis drei Monate nach der Geburt) ohne erneute Gesundheitsprüfung mitzuversichern.

Der große Vorteil dieser Regelung ist, dass der Versicherungsschutz dann auch für Krankheiten und Schäden greifen kann, die bereits bei der Geburt vorliegen oder kurz danach auftreten und bei einem regulären Neuabschluss aufgrund einer Gesundheitsprüfung ausgeschlossen wären. Dies umfasst typischerweise:

  • Angeborene Krankheiten: Das sind Krankheiten, die das Kind von Geburt an hat, die also erblich bedingt sind oder sich schon während der Schwangerschaft entwickelt haben.
  • Geburtsschäden: Dies sind Schädigungen, die während des Geburtsvorgangs entstehen.

Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) Ihres jeweiligen Versicherungsvertrages legen fest, ob und unter welchen Voraussetzungen solche Zustände versichert sind. Dort finden Sie Angaben zu:

  • Umfang des Versicherungsschutzes: Welche Leistungen sind genau inbegriffen, wenn es um angeborene Krankheiten oder Geburtsschäden geht?
  • Ausschlüsse: Sind bestimmte Diagnosen oder Behandlungen explizit vom Versicherungsschutz ausgenommen? Solche Ausschlüsse sind bei der Kindernachversicherung jedoch seltener für angeborene Leiden als bei einer regulären Neuaufnahme.
  • Fristen: Wie lange nach der Geburt kann das Kind maximal nachversichert werden, um diesen besonderen Schutz zu erhalten? Die Einhaltung dieser Frist ist von größter Bedeutung.

Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet das, dass Sie die Versicherungsbedingungen Ihrer Kindernachversicherung sorgfältig prüfen sollten. Nur dort lässt sich verbindlich nachvollziehen, ob und in welchem Umfang angeborene Krankheiten oder Geburtsschäden Ihres Kindes tatsächlich unter den Versicherungsschutz fallen. Im Regelfall ist es aber gerade das Ziel der Kindernachversicherung, auch diese Risiken ohne eine erneute Gesundheitsprüfung abzudecken.


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Kann die Versicherungsgesellschaft meinen Vertrag anfechten oder Leistungen ablehnen, wenn ich etwas nicht gemeldet habe?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Versicherungsgesellschaft Ihren Vertrag anfechten oder Leistungen ablehnen, wenn Sie wichtige Informationen nicht gemeldet haben. Allerdings ist dies an strenge gesetzliche Regeln gebunden, und nicht jede „Nicht-Meldung“ führt automatisch dazu.

Die vorvertragliche Anzeigepflicht: Was Sie wissen müssen

Bevor Sie einen Versicherungsvertrag abschließen, stellt Ihnen die Versicherungsgesellschaft in der Regel Fragen. Diese betreffen Umstände, die für die Einschätzung des Risikos wichtig sind – man spricht hier von „Gefahrumständen“. Beispiele sind Vorerkrankungen bei einer Krankenversicherung, frühere Schäden bei einer Hausratversicherung oder die jährliche Fahrleistung bei einer Kfz-Versicherung.

Ihre Pflicht ist es, diese Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Das ist die sogenannte „vorvertragliche Anzeigepflicht“. Sie müssen nur das melden, wonach Sie gefragt werden. Es besteht keine allgemeine Pflicht, ungefragt alles zu offenbaren, was Ihnen relevant erscheint.

Folgen einer Pflichtverletzung: Rücktritt, Kündigung oder Vertragsanpassung

Wenn Sie Ihre Anzeigepflicht verletzt haben – also eine wichtige Frage nicht oder falsch beantwortet haben –, kann die Versicherung unter bestimmten Bedingungen reagieren:

  • Rücktritt vom Vertrag: Dies ist eine schwerwiegende Folge. Die Versicherung kann vom Vertrag zurücktreten, wenn die falsch oder nicht gemeldete Information erheblich war und sie den Vertrag bei korrekter Kenntnis nicht oder nur zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte. Der Vertrag wird dann rückwirkend aufgehoben. Die Versicherung muss den Rücktritt innerhalb einer bestimmten Frist erklären, nachdem sie von der Pflichtverletzung erfahren hat.
  • Kündigung des Vertrags: Die Versicherung kann den Vertrag auch außerordentlich kündigen. Der Vertrag endet dann in der Regel mit sofortiger Wirkung oder zu einem sehr frühen Zeitpunkt.
  • Anpassung des Vertrags: Manchmal verlangt die Versicherung auch nur eine Anpassung des Vertrags und eventuell einen höheren Beitrag, wenn die nicht gemeldete Information dazu geführt hätte, dass der Beitrag höher gewesen wäre.

Wichtig: Ein Rücktritt oder eine Kündigung durch die Versicherung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die nicht gemeldete Information für den Eintritt des Schadens nicht ursächlich war. Wenn Sie beispielsweise eine falsche Dachneigung angegeben haben, aber der Schaden durch einen Einbruch und nicht durch ein undichtes Dach entstanden ist, kann die Versicherung nicht ohne Weiteres die Leistung verweigern.

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung: Hohe Hürden für die Versicherung

Eine Anfechtung des Vertrags ist nur möglich, wenn Sie die Versicherungsgesellschaft arglistig getäuscht haben. Das bedeutet, Sie haben bewusst und mit Absicht falsche Angaben gemacht oder wichtige Informationen verschwiegen, um die Versicherung zu überlisten und den Vertrag zu erhalten oder bessere Konditionen zu bekommen.

Stellen Sie sich vor, Sie verschweigen bei der Beantragung einer Unfallversicherung bewusst und zielgerichtet eine schwere Vorerkrankung, von der Sie wissen, dass sie für die Versicherung entscheidend ist.

Die Hürden für die Versicherungsgesellschaft, eine arglistige Täuschung nachzuweisen, sind sehr hoch. Die Versicherung muss beweisen, dass Sie vorsätzlich und mit Täuschungsabsicht gehandelt haben. Eine einfache Fahrlässigkeit oder ein Vergessen reicht hierfür nicht aus. Wenn eine arglistige Täuschung nachgewiesen wird, ist der Vertrag von Anfang an unwirksam. Auch hierfür gelten Fristen, innerhalb derer die Versicherung die Anfechtung erklären muss.

Wann der Versicherungsschutz trotz „Nicht-Meldung“ bestehen bleibt

Ihr Versicherungsschutz bleibt in vielen Fällen bestehen, auch wenn Sie etwas nicht gemeldet haben, insbesondere wenn:

  • Die Versicherungsgesellschaft die Information nicht abgefragt hat.
  • Die nicht gemeldete Information für die Risikoeinschätzung nicht erheblich war.
  • Die Versicherungsgesellschaft die nicht gemeldete Information kannte oder kennen musste.
  • Die Versicherungsgesellschaft ihre Rechte (Rücktritt, Kündigung, Anfechtung) nicht innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen geltend gemacht hat.
  • Die nicht gemeldete Information für den Schadenfall nicht ursächlich war (außer bei arglistiger Täuschung).

Für Sie als Versicherungsnehmer ist es daher immer ratsam, die Fragen der Versicherungsgesellschaft wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten, um spätere Schwierigkeiten zu vermeiden.


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Was kann ich tun, wenn die Pflegetagegeldversicherung die Zahlung für mein Kind ablehnt oder den Vertrag anzweifelt?

Wenn eine Pflegetagegeldversicherung die Zahlung für Ihr Kind ablehnt oder Zweifel am Vertrag äußert, ist es wichtig, die Situation systematisch zu betrachten. Es gibt verschiedene Wege, um Klarheit zu schaffen und die eigenen Interessen zu verfolgen.

1. Gründe der Ablehnung genau prüfen und Unterlagen sammeln

Zunächst ist es entscheidend, den Ablehnungsbescheid der Versicherung genau zu lesen. Darin muss die Versicherung detailliert begründen, warum sie die Zahlung ablehnt oder den Vertrag anzweifelt. Mögliche Gründe können sein, dass die Voraussetzungen für die Pflegebedürftigkeit laut Vertrag nicht erfüllt sind, medizinische Unterlagen als unzureichend angesehen werden oder es Fragen zur ursprünglichen Gesundheitsprüfung gibt.

Prüfen Sie gleichzeitig Ihren Versicherungsvertrag sorgfältig. Welche Bedingungen sind für die Zahlung von Pflegetagegeld vereinbart? Dies betrifft beispielsweise die Definition von Pflegebedürftigkeit, Wartezeiten oder bestimmte Ausschlussklauseln. Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen, die den Gesundheitszustand Ihres Kindes und die Notwendigkeit der Pflege belegen. Dazu gehören:

  • Medizinische Gutachten und Befunde
  • Der Bescheid über den Pflegegrad (falls vorhanden) vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MD)
  • Pflegeprotokolle oder Aufzeichnungen zur tatsächlich benötigten Unterstützung
  • Der vollständige Versicherungsvertrag
  • Sämtliche Kommunikation mit der Versicherung

2. Schriftlich Widerspruch einlegen und weitere Nachweise erbringen

Sind Sie mit der Ablehnung nicht einverstanden, können Sie schriftlich Widerspruch bei der Versicherung einlegen. Erklären Sie darin klar, warum Sie die Entscheidung der Versicherung für falsch halten. Beziehen Sie sich auf die Vertragsbedingungen und fügen Sie alle gesammelten Nachweise bei, die Ihre Argumentation stützen. Das können neue medizinische Gutachten, detailliertere Pflegebeschreibungen oder eine klarere Darstellung der Pflegebedürftigkeit nach den Kriterien des Vertrages sein. Setzen Sie der Versicherung eine angemessene Frist zur erneuten Prüfung Ihres Anliegens. Dies zeigt, dass Sie eine zügige Bearbeitung erwarten.

3. Schlichtungsstelle: Der Versicherungsombudsmann

Führt der direkte Kontakt mit der Versicherung nicht zum gewünschten Ergebnis oder bleiben die Meinungsverschiedenheiten bestehen, können Sie sich an den Versicherungsombudsmann e.V. wenden. Dies ist eine unabhängige und kostenfreie Schlichtungsstelle für Beschwerden gegen private Versicherungsunternehmen.

Der Ombudsmann prüft Ihren Fall und die Argumente beider Seiten. Er gibt dann eine Empfehlung ab, wie der Streitfall gelöst werden könnte. Diese Empfehlung ist für die Versicherung bis zu einem bestimmten Streitwert bindend, wenn sie die Schlichtung akzeptiert. Für Sie als Versicherungsnehmer ist die Empfehlung unverbindlich, Sie können also auch nach einer Schlichtung andere Wege verfolgen, falls Sie mit dem Ergebnis nicht einverstanden sind. Die Einreichung einer Beschwerde beim Ombudsmann ist oft ein effektiver und niedrigschwelliger Weg, um eine neutrale Bewertung des Falles zu erhalten und eine außergerichtliche Lösung zu finden.

4. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist die Aufsichtsbehörde für Versicherungsunternehmen in Deutschland. Sie überwacht, ob Versicherer die gesetzlichen Vorschriften einhalten. Die BaFin kann jedoch keine individuellen Versicherungsleistungen durchsetzen oder in konkreten Vertragsstreitigkeiten schlichten.

Eine Beschwerde bei der BaFin kann sinnvoll sein, wenn Sie den Verdacht haben, dass die Versicherung systematisch gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt oder unzulänglich handelt. Sie dient eher dem allgemeinen Verbraucherschutz und der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs der Versicherer, als der Lösung eines Einzelfalles. Die BaFin prüft Ihre Beschwerde und kann bei Verstößen gegen Aufsichtsrecht Maßnahmen gegen das Versicherungsunternehmen ergreifen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Kindernachversicherung

Die Kindernachversicherung ist eine vertragliche Regelung innerhalb einer bestehenden Versicherung, die es erlaubt, ein neugeborenes oder adoptiertes Kind ohne erneute Gesundheitsprüfung mitzuversichern. Dabei gilt eine bestimmte Meldefrist, innerhalb der das Kind beim Versicherer angemeldet werden muss, um in den Versicherungsschutz aufgenommen zu werden. Besonders wichtig ist, dass dieses Nachversicherungsverhältnis auch bereits angeborene Krankheiten oder Geburtsschäden abdeckt, sofern dies in den Versicherungsbedingungen vereinbart ist. So schützt die Kindernachversicherung die Familie vor dem Risiko, dass das Kind wegen einer Vorerkrankung ausgeschlossen wird.


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Vorvertragliche Anzeigepflicht (§ 19 Versicherungsvertragsgesetz – VVG)

Die vorvertragliche Anzeigepflicht verpflichtet den Versicherungsnehmer, vor Abschluss des Versicherungsvertrags alle ihm bekannten, gefahrerheblichen Umstände wahrheitsgemäß und vollständig anzugeben, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Dies dient dazu, dass der Versicherer das Risiko richtig einschätzen kann und den Vertrag auf dieser Grundlage abschließt. Es besteht jedoch keine allgemeine Pflicht, Informationen ungefragt mitzuteilen; nur die Beantwortung der konkreten Fragen des Versicherers ist verpflichtend. Beispiel: Wenn der Versicherer gezielt nach Vorerkrankungen fragt, müssen diese korrekt angegeben werden, andernfalls kann der Versicherer den Vertrag anfechten.


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Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Die Anfechtung ist ein Rechtsmittel, mit dem ein Vertrag rückwirkend für nichtig erklärt wird, wenn eine Partei vor Vertragsschluss bewusst falsche Angaben gemacht oder wichtige Tatsachen verschwiegen hat, um sich einen Vertragsvorteil zu verschaffen. Bei arglistiger Täuschung muss die täuschende Partei vorsätzlich und in böser Absicht gehandelt haben. Die Folge der Anfechtung ist, dass der Vertrag von Anfang an als unwirksam gilt (§ 142 BGB). Im Versicherungsrecht erfordert die Anfechtung, dass der Versicherer nachweist, dass er den Vertrag ohne Täuschung nicht oder nicht zu denselben Bedingungen geschlossen hätte.


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Offenbarungspflicht (spontane Mitteilungspflicht)

Die Offenbarungspflicht bezeichnet die Pflicht einer Vertragspartei, bestimmte wichtige Tatsachen mitzuteilen. Im Versicherungsrecht besteht sie grundsätzlich nur im Rahmen der vorvertraglichen Anzeigepflicht, also auf konkrete Fragen des Versicherers. Eine allgemeine Pflicht zur spontanen und ungefragten Mitteilung (z. B. von pränatal festgestellten Erkrankungen bei einem Kind) besteht nur in sehr engen Ausnahmefällen, etwa wenn Umstände so außergewöhnlich und erheblich sind, dass der Versicherer eine Frage dazu nicht stellen müsste. Ob eine solche spontane Offenbarungspflicht besteht, wird im Einzelfall geprüft und ist nach der Rechtsprechung streng zu handhaben.


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Rechtsmissbrauch (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB)

Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn jemand ein ihm gesetzlich zustehendes Recht in einer Weise ausübt, die gegen Treu und Glauben verstößt und das allgemeine Anstandsgefühl verletzt. Dabei wird das Recht zwar formal angewandt, jedoch zum Nachteil eines anderen oder zum eigenen ungerechtfertigten Vorteil genutzt. Im Versicherungsbereich kann Rechtsmissbrauch etwa dann angenommen werden, wenn der Versicherungsnehmer bewusst einen Vertrag nur abschließt, um sich ungerechtfertigt Leistungen zu erschleichen. Im vorliegenden Fall wurde dies vom Gericht verneint, da Herr M. seine Rechte aus dem Vertrag korrekt ausgeübt hat.


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Feststellungsinteresse

Das Feststellungsinteresse ist ein berechtigtes Interesse einer Partei, von einem Gericht rechtsverbindlich klären zu lassen, ob ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht – hier also, ob ein Versicherungsvertrag gültig ist und Leistungsansprüche bestehen. Für eine Feststellungsklage muss das Interesse der Klageperson so gewichtig sein, dass die gerichtliche Klärung einen praktischen Nutzen bietet, beispielsweise um Planungssicherheit zu gewinnen. Im Fall wurde das Feststellungsinteresse bejaht, weil die Versicherung den Vertrag angefochten hat und nur ein Wirksamkeitsurteil künftige Ansprüche absichern konnte.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Regelt die Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers vor Vertragsabschluss, wonach dieser alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände anzeigen muss, sofern der Versicherer in Textform danach fragt. Eine unaufgeforderte Offenbarungspflicht besteht nur in sehr engen Ausnahmefällen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Versicherer keine Gesundheitsfragen zur ungeborenen Tochter stellte, lag keine Anzeigepflicht von Herrn M. vor, sodass kein Tatbestand einer arglistigen Täuschung erfüllt wurde.
  • § 142 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Bestimmt, dass eine Anfechtung den Vertrag von Anfang an als nichtig behandelt, wenn sie wirksam ist. Die Anfechtung setzt aber einen Willensmangel, wie z.B. arglistige Täuschung, voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherungsgesellschaft wollte den Vertrag wegen angeblicher arglistiger Täuschung anfechten, doch das Gericht verneinte die Wirksamkeit der Anfechtung, sodass der Vertrag weiterhin besteht.
  • § 242 BGB (Treu und Glauben): Verbietet rechtsmissbräuchliches Verhalten und verpflichtet die Vertragspartner zu einem Verhalten, das den Grundsätzen von Treu und Glauben entspricht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht erkannte kein rechtsmissbräuchliches Verhalten von Herrn M., da keine Pflicht zur Offenbarung bestand und sein Handeln auf den Vertragsbedingungen beruhte.
  • Versicherungsbedingungen (§ 3 Absatz 2 Pflegetagegeldversicherung): Regelt die Kindernachversicherung und erklärt ausdrücklich, dass Geburtsschäden und angeborene Krankheiten mitversichert sind, ohne dass Gesundheitsfragen zum Kind gestellt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Diese Klausel bestätigte, dass die Versicherung gerade auch angeborene Erkrankungen abdeckt und entkräftete damit die Behauptung der Versicherung, dass die Erkrankung der Tochter bewusst verschwiegen wurde.
  • Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Anzeigepflicht bei Versicherungsverträgen: Der BGH verlangt bei der Anzeigepflicht strenge Maßstäbe und nimmt eine unaufgeforderte Offenbarung nur in außergewöhnlichen Ausnahmefällen an, wenn die Umstände so gravierend sind, dass der Versicherungsnehmer ohne Frage eine Mitteilungspflicht erkennen müsste. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht folgte dieser Rechtsprechung und sah keinen außergewöhnlichen Umstand, der eine spontane Offenbarungspflicht des Versicherungsnehmers für die pränatal diagnostizierte Erkrankung begründet hätte.
  • § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Normiert die Schadensersatzpflicht bei Verletzung einer vertraglichen Pflicht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Relevant im Hinblick auf die Leistungspflicht der Versicherung, die nach Vertragsschluss und ohne wirksame Anfechtung die Pflegetagegeldzahlung an Herrn M. leisten muss.

Das vorliegende Urteil


Landgericht Detmold – Az.: 02 O 123/21 – Urteil vom 14.06.2022


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