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Offene Mitversicherung – Vertretungsmacht eines führenden Versicherers

Eine Frage der Vertretungsbefugnis: Führender Versicherer in offener Mitversicherung

Im Mittelpunkt dieses Falles steht eine Unternehmerin, die gegen ihren Versicherer klagt, in der Hoffnung, Versicherungsschutz im Wert von 40% einer vereinbarten Versicherungssumme zu erhalten. Ihr Unternehmen, das EPS-Dämmplatten produziert, hatte einen Schadenfall erlebt, und sie behauptet, ihr Versicherer sei verpflichtet, diesen zu decken. Zusätzlich fordert sie eine Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Doch der Knackpunkt dieses Falles liegt in der Frage, wer die Vertretungsmacht in der offenen Mitversicherung hat und wie diese ausgeübt wurde.

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Ausgangslage: Wer ist der führende Versicherer?

Die Unternehmerin unterhielt einen sogenannten Konsortialvertrag in Form einer offenen Mitversicherung mit einem Versicherungskonsortium. Der führende Versicherer war mit einem Anteil von 60% eine andere Firma, während ein 40%-Anteil zunächst von einem weiteren Versicherer gehalten wurde, bevor die Beklagte diesen 2015 übernahm. Diese Einbeziehung der Beklagten erfolgte auf Veranlassung der Versicherungsmaklerin der Klägerin.

Kernfrage: Wer trägt das Risiko?

Die Frage, die das Gericht zu klären hatte, war, ob die Beklagte das Risiko für den 40%igen Anteil der Versicherungssumme tragen müsste. Nachdem die Versicherungsmaklerin die Konditionen mit der Beklagten abgestimmt und um eine Deckungszusage für ihren Anteil gebeten hatte, wurde diese von der Beklagten bestätigt. Wäre die Beklagte damit zur Leistung verpflichtet?

Versicherungsschutz und Zuständigkeiten

Nach der Bestätigung der Beklagten wurde das Feuerrisiko des Betriebs der Klägerin durch verschiedene Versicherungen abgedeckt, die unter den Bedingungen des führenden Versicherers standen. Hier stellt sich die Frage, ob die Bedingungen des führenden Versicherers auch für die Beklagte bindend waren, und ob sie damit die Versicherungsleistung erbringen musste.

Das Gericht entscheidet

Das Gericht wies die Berufung der Klägerin gegen das zuvor verkündete Urteil zurück und ordnete an, dass sie die Kosten des Berufungsverfahrens trägt, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Versicherungsmaklerin, die diese selbst tragen musste. Ein spannendes Urteil, das die Bedeutung der Mitversicherung und der Rolle eines führenden Versicherers in solchen Konstellationen unterstreicht.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-20 U 133/19 . Urteil vom 06.10.2021

Die Berufung der Klägerin gegen das am 23. Mai 2019 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu 1, werden der Klägerin auferlegt, jedoch mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu 2, die diese selbst trägt.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin, die am Standort A-Straße in B einen Betrieb unterhält, der EPS-Dämmplatten herstellt, begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, dass der beklagte (Mit-) Versicherer aus Anlass eines Schadensfalles vom 26./27. Juli 2018 aus einer Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung Versicherungsschutz nach Maßgabe einer vereinbarten Versicherungssumme von 13.000.000 EUR mit einem Anteil von 40% zu gewähren habe. Ferner verlangt sie die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 13.166,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Für das Feuer-Risiko des Betriebs der Klägerin unterhält diese bei einem Versicherungskonsortium einen Konsortialvertrag in Gestalt einer offenen Mitversicherung. Führender Versicherer war und ist die Streithelferin zu 1 (im Folgenden: Führende) mit einem Anteil von 60%. Hinsichtlich des verbleibenden Anteils von 40% war zunächst die C-Versicherung als Mitversicherer beteiligt, ehe zum 1. Januar 2015 an ihrer Stelle die Beklagte das Risiko für diesen Anteil zeichnete.

Die Einbeziehung der Beklagten als Mitversicherer erfolgte unstreitig auf Veranlassung der Streithelferin zu 2, der von der Klägerin beauftragten Versicherungsmaklerin (im Folgenden: Maklerin), die Ende 2014 unmittelbar mit der Beklagten die Konditionen abstimmte, ihr diese mit einer E-Mail vom 30. Dezember 2014 aufgab und um Deckungsbestätigung für ihren Anteil ersuchte. Die Beklagte bestätigte unter dem 6. Januar 2015.

Hiernach wurde das Feuer-Risiko durch eine Feuer-Versicherung, eine EC-Versicherung, eine Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung sowie eine EC-Betriebsunterbrechungs-Versicherung unter Geltung der Bedingungen der Führenden eingedeckt. Wegen der Einzelheiten der (ursprünglichen) Vereinbarungen der Parteien zur Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung wird auf die Nachtragsversicherungsscheine vom 7. Januar 2015 nebst Deklarationsblättern (Anlagen B29a [Bl. 317 ff. der elektronischen Gerichtsakte II. Instanz – im Folgenden eGA-II und für die I. Instanz eGA-I -] und B41 [eGA-II 724 ff.]), ferner auf das Bedingungswerk der Führenden (eGA-I 85 ff.) verwiesen.

Die Vereinbarungen der Parteien zur Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung enthalten hinsichtlich des Verhältnisses der Mitversicherer keine sog. Führungsklausel. Lediglich die Vereinbarungen zur Feuer- und EC-Versicherung (Anlage K5, Anlagenband zur Klageschrift, Bl. LVI ff.) enthalten folgende Regelung:

„3.7 VERHALTENS- UND WISSENSZURECHNUNG; VERTRETUNG

3.7.1 Führung (SK 1801)

Der führende Versicherer ist bevollmächtigt, Anzeigen und Willenserklärungen des Versicherungsnehmers für alle beteiligten Versicherer entgegenzunehmen.

3.7.2 Prozessführung (SK 1802)

Soweit die vertraglichen Grundlagen für die beteiligten Versicherer die gleichen sind, ist folgendes vereinbart:

1. Der Versicherungsnehmer wird bei Streitfällen aus diesem Vertrag seine Ansprüche nur gegen den führenden Versicherer und nur wegen dessen Anteil gerichtlich geltend machen.

2. Die beteiligten Versicherer erkennen die gegen den führenden Versicherer rechtskräftig gewordene Entscheidung sowie die von diesem mit dem Versicherungsnehmer nach Rechtshängigkeit geschlossenen Vergleiche als auch für sich verbindlich an.

3. Falls der Anteil des führenden Versicherers die Berufungs- oder Revisionssumme nicht erreicht, ist der Versicherungsnehmer berechtigt und auf Verlangen des führenden oder eines mitbeteiligten Versicherers verpflichtet, die Klage auf einen zweiten, erforderlichenfalls auf weitere Versicherer auszudehnen, bis diese Summe erreicht ist. Wird diesem Verlangen nicht entsprochen, so gilt Nr. 2 nicht.“

Vereinbart war für die Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung zunächst eine Versicherungssumme von 12 Mio. EUR zzgl. 1 Mio. EUR. Diese wurde in den Folgejahren 2016 und 2017 jeweils nach unten angepasst, nachdem die Klägerin über die Maklerin der Führenden einen niedrigeren Versicherungswert mitgeteilt und um Reduzierung der Versicherungssumme gebeten hatte. Die Meldungen der Maklerin erfolgten jeweils auf der Grundlage von § 9 der Allgemeinen Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherungs-Bedingungen der Führenden (fortan: FBUB 2008). Diese Klausel zur Beitragsrückgewähr hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

„1. Meldung der Versicherungssumme

War der Versicherungswert für die abgelaufene Versicherungsperiode niedriger als die Versicherungssumme und meldet der Versicherungsnehmer dies dem Versicherer innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Versicherungsperiode, so wird, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist, der auf den Mehrbetrag der Versicherungssumme gezahlte Beitrag bis zu einem Drittel des Jahresbeitrags rückvergütet …“

Im Jahr 2016 war auf die Bitte der Maklerin eine Reduzierung der Versicherungssumme für die EC-Betriebsunterbrechungs-Versicherung auf 5 Mio. EUR und für die Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung auf 10 Mio. EUR erfolgt, nachdem die Maklerin sowohl der Führenden als auch der Beklagten mit einer E-Mail vom 4. Mai 2016 den Versicherungswert für das Jahr 2015 mit 4.097.090 EUR mitgeteilt und um entsprechende Herabsetzung gebeten hatte. Die Beklagte erklärte mit E-Mail vom 6. Mai 2016, sie habe die Reduzierung zur Kenntnis genommen und bestätige für ihren Anteil (eGA-II 129).

Im Jahr 2017 hatte die Maklerin der Führenden und der Beklagten den Versicherungswert für das abgelaufene Jahr 2016 mit 2.113.545 EUR mitgeteilt und um Reduzierung der Versicherungssumme auf 2 Mio. EUR für die EC-Betriebsunterbrechungs-Versicherung und auf 4 Mio. EUR für die Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung gebeten. In der E-Mail der Maklerin vom 26. Juni 2017 (Anlage K8, Anlagenband zur Klageschrift, Bl. CXVIII) heißt es wörtlich:

„Wir bitten höflichst um entsprechende Kenntnisnahme und Bestätigung für Ihren Anteil — vielen Dank!“

Die Beklagte antwortete mit E-Mail vom 26. Juni 2017 (Anlage K8, Anlagenband zur Klageschrift, Bl. CXVII):

„… wir nehmen Bezug auf Ihre Mail vom 26.06.2017 und bestätigen, dass wir die Summenreduzierung zur Kenntnis genommen haben. Bitte leiten Sie uns zu gegebener Zeit die entsprechenden Dokumente weiter.“

Eine Meldung der Unternehmensdaten für das Jahr 2017 erfolgte alsdann mit einerE-Mail der Maklerin an die Führende vom 3. Juli 2018 (Anlage K18, Anlagenband zur Klageschrift, Bl. CLXXXII). Sie teilte für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Versicherungswert von 6.471.917 EUR mit und erbat eine Erhöhung der Versicherungssumme „auf 12 Mio. EUR als Zweijahressumme, bzw. 6 Mio. Jahressumme“. Diese E-Mail übersandte die Maklerin mit der Bitte um Kenntnisnahme an die Beklagte. Eine Reaktion der Beklagten unterblieb zunächst.

Die Führende übersandte der Maklerin einen Nachtragsversicherungsschein Nr. 11 vom 25. Juli 2018 mit einem Deklarationsblatt, welches für die Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung eine Versicherungssumme von insgesamt 12 Mio. EUR zzgl. 1 Mio. EUR ausweist (Anlage K19, Anlagenband zur Klageschrift, Bl. CLXXXV), insgesamt mithin – wie zwischen den Parteien im Senatstermin am 27. August 2021 unstreitig war – die Versicherungssumme auf13 Mio. EUR festlegte. Dieser Nachtrag wurde der Beklagten unter dem 28. Juli 2018 zur Kenntnisnahme übersandt. In der Zwischenzeit war es in der Nacht vom 26. auf den 27. Juli 2018 auf dem Betriebsgelände der Klägerin zu einem Brand gekommen, der zu einer vollständigen Zerstörung der Betriebsgebäude mit der Folge der Einstellung des Betriebs führte.

Die Beklagte widersprach mit einem Schreiben vom 3. August 2018 (Anlage K23, Anlagenband zur Klageschrift, Bl. CXCVII) an die Führende dem Nachtrag Nr. 11 und teilte mit, dass sie weiterhin von einer Versicherungssumme von 4 Mio. EUR ausgehe. Ein gleichlautendes Schreiben erhielt die Maklerin.

Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 10. August 2018 auf, ihre Einstandspflicht nach Maßgabe des Nachtrags Nr. 11 zu erklären, was diese mit Schreiben vom 22. August 2018 ablehnte. Mit Schreiben vom 27. September 2018 erklärte sie die Kündigung der Verträge mit Wirkung zum 1. Januar 2019. Sie wies darauf hin, eine ausdrückliche Zustimmung zu einer Vertragsänderung nicht erklärt und der Änderung auch nicht konkludent zugestimmt zu haben. Eine Vollmacht zur Vertragsänderung habe sie der Führenden nicht erteilt. Zudem habe sie zu diesem Vertrag zu keiner Zeit direkten Kontakt zur Führenden gehabt. Vielmehr sei der Vertrag vollständig über die Maklerin vermittelt und verhandelt worden (Anlage K25, Anlagenband zur Klageschrift, Bl. CCV).

Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin erstinstanzlich die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr aus Anlass des Brandereignisses vom 26./27. Juli 2018 im Rahmen der Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung Versicherungsschutz nach Maßgabe einer vereinbarten Versicherungssumme von 13 Mio. EUR mit einer Quote von 40% zu gewähren. Ferner hat sie die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 13.166,90 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen begehrt.

Zwischen den Parteien ist insoweit unstreitig, dass die Führende mit ihrem Anteil von 60% auf der Grundlage des von ihr erteilten Nachtragsversicherungsscheins vom 25. Juli 2018 Deckung nach der dort festgelegten Versicherungssumme zu gewähren hat, während die Beklagte jedenfalls auf der Grundlage des Nachtragsversicherungsscheins vom 7. Juli 2017 (eGA-II 351 ff.) mit ihrem Anteil von 40% auf der Grundlage einer Versicherungssumme von 4 Mio. EUR zzgl. 400.000 EUR eintrittspflichtig ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, der Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts (eGA I-249 ff.) verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen, da bereits das Vorliegen eines Antrags auf Erhöhung der Versicherungssumme gegenüber der Beklagten zweifelhaft sei, es aber jedenfalls an einer Annahmeerklärung der Beklagten fehle und sie sich auch nicht die Erklärung der Führenden zurechnen lassen müsse.

An einer Annahmeerklärung der Beklagten fehle es deshalb, weil diese auf die E-Mail der Maklerin vom 3. Juli 2018 nicht geantwortet habe. Eine Annahmeerklärung sei auch nicht nach § 151 Satz 1 BGB entbehrlich gewesen. Die Klägerin habe eine hierfür erforderliche nach außen hervortretende eindeutige Bestätigung des Annahmewillens der Beklagten weder vorgetragen noch sei eine solche ersichtlich. Dem von der Führenden ausgestellten Nachtrag Nr. 11 komme insoweit keine eigenständige Bedeutung zu. Erklärungen der Führenden könnten für eine Verpflichtung der Beklagten nur dann relevant sein, wenn die Führende mit Vertretungsmacht der Beklagten gehandelt habe. Eine hierfür erforderliche Bevollmächtigung der Führenden ergebe sich nicht aus dem Versicherungsvertrag. Nicht ersichtlich sei, dass die Beklagte die Führende ausdrücklich bevollmächtigt habe und auch eine stillschweigende Bevollmächtigung liege nicht vor.

Insoweit fehle es bereits an der Voraussetzung, dass die Führende gegenüber der Klägerin den Anschein erweckt habe, sie würde mit Vollmacht auch für die Beklagte handeln. Zur Begründung eines solchen Anscheins könne sich die Klägerin nicht auf das Regulierungsverhalten der Führenden im Rahmen der Feuerversicherung stützen. Denn es handele sich bei den einzelnen Versicherungen um eigenständige Verträge und die Führende sei im Rahmen der Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung nicht regulierend für die Beklagte tätig geworden. Auch die Durchführung der vertraglichen Vereinbarungen zur Beitragsrückerstattung begründe keinen Anschein für eine Vollmacht. Denn die zugrunde liegende vertragliche Regelung in § 9 Abs. 1 FBUB 2008 sehe einen Automatismus vor, für dessen Umsetzung eine Erklärung der Beklagten nicht erforderlich gewesen sei. Auch aus dem Umstand, dass es sich um eine offene Mitversicherung handele, folge nichts anderes. Denn dem für das Verhältnis der Mitversicherer maßgeblichen Führungsvertrag lägen keine einheitlichen Aufträge und Vollmachten zugrunde. In den Versicherungsbedingungen der verschiedenen Versicherungen seien hinsichtlich der Führung unterschiedliche Regelungen getroffen worden, die hier maßgeblichen Bedingungen für die Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung enthielten keine entsprechenden Regelungen. Zu beachten sei dabei auch, dass die Beklagte erst nachträglich in das Konsortium eingetreten sei, und zwar auf Veranlassung der Maklerin, die „im Wesentlichen“ die Korrespondenz für die Klägerin mit den Versicherern geführt habe.

Eine wirksame Erhöhung der Versicherungssumme könne nicht aufgrund einer Rechtsscheinhaftung der Beklagten angenommen werden. Die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht seien nicht gegeben. Schließlich sei es der Beklagten auch nicht nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verwehrt, sich auf die nicht erfolgte Erhöhung der Versicherungssumme zu berufen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts sowie Rechtsfehler bei der Tatsachenfeststellung rügt und ihre erstinstanzliches Klagebegehren – unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens – weiterverfolgt.

Die Klägerin und ihre Streithelferin – die Maklerin – beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr aus Anlass des Brandereignisses vom 26./27. Juli 2018 auf dem Betriebsgelände der Klägerin am Standort A-Straße, B, im Rahmen der Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung (Ertragsausfall-Versicherung Nr. S ###) Versicherungsschutz nach Maßgabe einer vereinbarten Versicherungssumme von 13.000.000 EUR mit einer Quote von 40% zu gewähren;

2. die Beklagte zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 13.166,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Die Beklagte und ihre Streithelferin – die Führende – beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen – unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens – die angefochtene Entscheidung.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und ihrer Streithelfer in dieser Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen

Der Senat hat – nach zunächst erfolgten Hinweisen anderen Inhalts – mit Verfügung vom 23. September 2020 (eGA-II 1100 f.) vor dem Termin darauf hingewiesen, dass die Beweislast für Tatsachen, aus denen sich eine Vollmacht der Führenden ergibt, bei der Klägerin liegen dürfte. Im Senatstermin am 27. August 2021 hat der Senat die Geschäftsführerin der Klägerin persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D und E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27. August 2021 (eGA-II 1198 ff.) und den Berichterstattervermerk vom selben Tag (eGA-II 1187 ff.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat den Nachweis nicht erbracht, dass es im Jahre 2018 zu einer im Verhältnis zwischen ihr und der Beklagten wirksamen Erhöhung der Versicherungssumme in der Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung auf 13 Mio. EUR gekommen ist. Eine solche Vereinbarung ergibt sich nicht aus der Übersendung des Nachtragsversicherungsscheins Nr. 11 vom 25. Juli 2018 durch die Führende. Demgemäß steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu.

1.

Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass sich eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten über die Erhöhung der Versicherungssumme nicht feststellen lässt.

a)

Zunächst ist anzumerken, dass weder die Klausel zur Beitragsrückerstattung in § 9 Abs. 1 FBUB 2008 noch die Regelung zu Versicherungswert und -summe in § 5 Abs. 1, Abs. 3 FBUB 2008 einen Anspruch der Klägerin auf Erhöhung der Versicherungssumme unabhängig von einer Zustimmungserklärung der Beklagten begründen. Nach § 9 Abs. 1 FBUB 2008 wird dann, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Ablauf der Versicherungsperiode meldet, dass der Versicherungswert für die abgelaufene Versicherungsperiode niedriger war als die Versicherungssumme, der auf den Mehrbetrag der Versicherungssumme gezahlte Betrag bis zu einem Drittel des Jahresbeitrages rückvergütet. Eine automatische Anpassung der Versicherungssumme sieht die Klausel schon ihrem eindeutigen Wortlaut nach nicht vor, schon gar nicht für den vom Anwendungsbereich der Klausel nicht erfassten Fall einer Erhöhung der Versicherungssumme. Die Regelung in § 5 FBUB 2008 enthält demgegenüber nur allgemeine Bestimmungen zu Versicherungswert und -summe, denen sich erkennbar kein Anspruch auf Anpassung entnehmen lässt.

b)

Wie schon das Landgericht kann der Senat offen lassen, ob in der E-Mail der Maklerin vom 3. Juli 2018 ein wirksames Angebot der Klägerin auf Abänderung des Versicherungsvertrages im Sinne einer Erhöhung der Versicherungssumme liegt.

Allerdings spricht aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers der Mitteilung der Maklerin (§§ 133, 157 BGB) viel dafür, dass die Übersendung der Nachricht an die Führende auch an die Beklagte von dieser als Antrag auf Erhöhung der Versicherungssumme bezogen auch auf ihren Anteil verstanden werden musste und – im Übrigen – von ihr auch so verstanden worden ist. Zwar erfolgte die Übersendung der E-Mail an die Beklagte ihrem Wortlaut nach nur „mit der freundlichen Bitte um Kenntnisnahme“, die sich zudem ausdrücklich nur auf eine Abrechnung nach § 9 FBUB 2008 bezog. Jedoch sollte aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers die Mitteilung an die Führende, die einen Antrag bezüglich der gesamten Konsortialversicherung enthielt, von der Beklagten insgesamt zur Kenntnis genommen werden. Denn im Hinblick auf die zeitlich vorgelagerte Verständigung vom 1. Juni 2018 zwischen der Klägerin und der Beklagten über den Fortbestand der Mitversicherung musste die Beklagte davon ausgehen, dass sich der Inhalt der Nachricht – soweit er sich auf eine Erhöhung der Versicherungssumme bezog – nicht nur auf den Anteil der Führenden, sondern auch auf ihren Anteil erstrecken sollte. Genau so – nämlich als Antrag der Klägerin, der auch ihren Anteil betrifft – hat die Beklagte die E-Mail vom 3. Juli 2018 auch selbst verstanden. Sie hat in ihrem Ablehnungsschreiben vom 22. August 2018 (Anlage K25, Anlagenband zur Klageschrift, Bl. CV) nämlich selbst darauf hingewiesen, dass sie sich im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles aufgrund der Größenordnung und des generellen Brandrisikos des Betriebs der Klägerin noch in der Phase der Prüfung befunden habe und diese noch nicht abgeschlossen gewesen sei.

c)

Dass aber die Beklagte den – im Weiteren unterstellten – Antrag der Klägerin auch im Sinne der §§ 147 ff. BGB angenommen hat, kann nicht festgestellt werden.

aa)

Eine eigene Willenserklärung hat die Beklagte unstreitig – anders als im Rahmen vorangegangener Anpassung der Versicherungssumme am 6. Januar 2015 per E-Mail (eGA II-314) oder am 16. Mai 2018 nach vorhergehender E-Mail-Korrespondenz (Anlage K13, Anlagenband zur Klageschrift, Bl. CXLVII) mündlich (eGA-I 12, 68, 305) – nicht abgegeben.

Wie im Senatstermin am 27. August 2021 eingehend erörtert worden ist, folgt eine eigene Vertragserklärung der Beklagten auch nicht daraus, dass die Klägerin die höhere Prämie an die Beklagte gezahlt und diese den Beitrag nicht unmittelbar wieder an die Klägerin erstattet hat. Ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert kann diesem Umstand nicht entnommen werden.

bb)

Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt aber auch keine der Beklagten zuzurechnende, auf eine Annahme des Antrags namens der Beklagten gerichtete Willenserklärung in der Ausstellung des Nachtragsversicherungsscheins nebst Deklaration vom 25. Juli 2018 (eGA-I 226 ff.) durch die Führende und dessen Übersendung an die Maklerin.

Es kann unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen und der Handhabung durch die Führende und die Beklagte auf der einen Seite und die für die Klägerin tätige Maklerin auf der anderen Seite (dazu weiter sogleich) bereits nicht festgestellt werden, dass die Erklärung nach dem objektiven Empfängerhorizont der Beklagten, welcher die Kenntnisse der Maklerin zuzurechnen sind, den Erklärungsgehalt hatte, eine Willenserklärung auch in fremdem Namen für die Beklagte abzugeben. Ebensowenig kann im Übrigen festgestellt werden, dass die Führende mit einem entsprechenden Erklärungsbewusstsein gehandelt hätte. Vielmehr hat die Führende lediglich einen nach ihrem damaligen (falschen) Verständnis bereits abgeschlossenen Vertrag seinem Inhalt nach (unrichtig) dokumentiert.

Dies bedarf indes keiner Vertiefung. Denn es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Führende bei der Ausstellung und Übersendung des Nachtragsversicherungsscheins im Sinne der §§ 164 Abs. 1, 167 BGB die Vertretungsmacht hatte, die Versicherungssumme auch mit Wirkung für die Beklagte zu erhöhen. Eine solche Vertretungsmacht ergibt sich weder aus dem Umstand eines Mitversicherungsverhältnisses als solchem noch aus den Umständen des Einzelfalles. Auch eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht bestand nicht.

(1)

In welchem Umfang dem führenden Versicherer bei der offenen Mitversicherung Vertretungsmacht auch für die übrigen Mitversicherer zukommt, kann nicht einheitlich allein aufgrund des Instituts der Mitversicherung beantwortet werden. Bei der offenen Mitversicherung handelt es sich nicht um einen einheitlichen Versicherungsvertrag, sondern um eine Mehrzahl rechtlich selbstständiger Verträge zwischen dem Versicherungsnehmer und dem jeweiligen Mitversicherer. Danach ist jeder Mitversicherer Träger einer eigenen Versicherung mit eigener Einzelversicherungssumme, eigener Leistungsverpflichtung, eigenem Prämienanspruch und eigenen Versicherungsbedingungen (BFH, Urteil vom 24. April 2013 – XI R 7/11, DStRE 2013, 995 Rn. 26 mwN; s. auch Dreher/Hoffmann in MünchKomm-VVG, 2. Aufl. Versicherungskartellrecht Rn. 72 – sog. Einzelvertragstheorie).

In aller Regel bestimmen die an der Mitversicherung beteiligten Versicherer zwar – so auch hier – einen führenden Versicherer. Grundlage der vertraglichen Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten ist dabei regelmäßig eine Führungsabrede der Mitversicherer, deren Zweck in der Vereinfachung der Komplexität der Vertragsdurchführung besteht, die aus der Stellung der Mitversicherer als rechtlich selbstständige Vertragspartner des Versicherungsnehmers resultiert (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 – IV ZR 49/99, VersR 2002, 117 unter II 1 b aa; Dreher/Hoffmann aaO Rn. 74 mwN; Schaloske, VersR 2007, 606). Führungsverträge müssen dabei auch nicht ausdrücklich geschlossen werden. In Betracht kommen vielmehr stillschweigende Vereinbarungen und die Geltung von Handelsbräuchen (BFH, Urteil vom 24. April 2003 aaO Rn. 27 mwN).

Allein aus dem Umstand der Mitversicherung kann aber die Reichweite einer von der Beklagten der Führenden erteilten Vollmacht nicht bestimmt werden. Umstände, die eine stillschweigende Vereinbarung einer Vollmacht oder einen entsprechenden Handelsbrauch (vgl. insoweit zur Feuerversicherung auch Schaloske aaO) ergeben würden, hat die Klägerin nicht hinreichend konkret vorgetragen. Sie sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Eine ausdrückliche Führungsklausel in diesem Sinne enthalten die hier maßgeblichen Versicherungsverträge nicht und die Klägerin hat auch nicht den Nachweis erbracht, dass es zwischen der Beklagten und der Führenden eine Rahmenvereinbarung gab, nach der letztere den Nachtragsversicherungsschein nur dann ausfertigen und an die Maklerin weiterleiten durfte, wenn ihr eine ausdrückliche Zustimmung der Beklagten mit dem Inhalt des Versicherungsscheins vorlag und diese hinsichtlich des in Rede stehenden Nachtrags vom 25. Juli 2018 auch tatsächlich vorgelegen habe. Die Existenz einer Rahmenvereinbarung zwischen ihr und der Führenden, aus der sich eine weiter gehende Vollmacht der Führenden ergibt, hat die Beklagte bestritten.

Entgegen der von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 29. September 2021 vertretenen Auffassung ergeben sich aus einer die Beklagte in Ansehung des Innenverhältnisses der Mitversicherer treffenden sekundären Darlegungslast keine weiteren Anforderungen an ihren Vortrag. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substanziieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 36 mwN). Bestreitet – wie hier – die nicht darlegungsbelastete Partei die Existenz einer Vereinbarung, ist bereits nicht ersichtlich, wie ihr weiterer Vortrag zu einer derartigen negativen Tatsache möglich sein soll, was aber Voraussetzung für die Annahme einer sekundären Darlegungslast wäre (s. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 aaO Rn. 37 mwN).

(2)

Eine Vollmacht der Führenden bestand nicht.

Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Führende jedenfalls die „Dokumentationsbefugnis“ inne hatte und es ihr oblag, die das Versicherungsverhältnis betreffenden Vereinbarungen festzuhalten. Der Senat ist aber nach durchgeführter Beweisaufnahme von einer im Verhältnis der Mitversicherer geübten – und der Maklerin bekannten – Praxis überzeugt, dass die Führende Vertragsänderungen erst und nur dann dokumentierte, wenn die Maklerin ihrerseits die Zustimmung der Beklagten eingeholt und der Führenden durch „Aufgabe“ der Deckung mitgeteilt hatte. Jedenfalls durfte die Maklerin die Dokumentation durch die Führende erst veranlassen, wenn ihr ihrerseits die Zustimmung der Beklagten als Mitversicherer vorlag. Ohne eine solche Zustimmung durfte die Führende eine Vertragsänderung nicht durch einen Nachtrag dokumentieren.

Die für eine darüber hinausgehende Vertretungsmacht der Führenden darlegungs- und beweisbelastete Klägerin ist für ihre Behauptung einer solchen Vertretungsmacht beweisfällig geblieben. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus den Umständen der seit Begründung der offenen Mitversicherung zwischen der Führenden und der Beklagten mit der Maklerin vereinbarten und praktizierten Abwicklung des Vertrages.

Im Gegenteil hat der Zeuge D glaubhaft bekundet, dass während des Zeitraums der Beteiligung der Beklagten an der Mitversicherung er Änderungsbedarf sowohl der Führenden als auch der Beklagten mitgeteilt und auch eine Bestätigung beider Versicherer erwartet habe. Normalerweise sei die Beklagte – so der Zeuge – „mitgeschwommen“ und habe ihr „Okay“ gegeben. Wenngleich es sich aus der Sicht des Zeugen bei einer Veränderung der Versicherungssumme nicht um eine „maßgebliche“ Vereinbarung gehandelt haben soll und er daher davon ausgegangen sein will, dass mit der Übersendung der Police die Änderung verbindlich sei, hat er keine Gesichtspunkte bekundet, die aufgrund der bisherigen Handhabung und Abwicklung einen Rückschluss auf eine Vertretungsmacht der Führenden erlaubten, für die Beklagte ohne deren eigene Erklärung verbindliche Änderungen dokumentieren zu können, erst recht nicht im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Erhöhung der Versicherungssumme.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass sowohl der Zeuge D als auch die Zeugin E davon ausgegangen sein wollen, im Falle einer Meldung nach § 9 FBUB 2008 sei mehr als eine Kenntnisnahme des Mitversicherers nicht notwendig, da sich die Anpassung unmittelbar aus dem Vertrag ergebe. Unabhängig davon, dass diese Sichtweise – wie ausgeführt – in der maßgeblichen Klausel keine Grundlage findet, würde sich aus der Regelung jedenfalls keine Vollmacht für die Führende ergeben, Änderungen der Versicherungssumme auch ohne Zustimmung der Beklagten dokumentieren zu dürfen.

Auch den Bekundungen der Zeugin E lässt sich eine abweichende Handhabung der Vertragsparteien nicht entnehmen. Sie hat vielmehr ausdrücklich und glaubhaft bekundet, dass bei Änderungen in der Regel sowohl die Führende als auch die Beklagte gleichzeitig informiert worden seien und man – im Falle einer Summenerhöhung – stets eine Bestätigung auch der Beklagten eingeholt habe.

Eine einvernehmliche Handhabung, nach der es einer eigenen Erklärung der Beklagten nicht bedurft hätte, ergibt sich schließlich nicht aus den übrigen Umständen. Der praktizierte Ablauf im Rahmen der Anpassung der Versicherungssummen in den Vorjahren spricht vielmehr für das Erfordernis einer solchen Erklärung. Selbst Herabsetzungsbitten im Rahmen der Mitteilung nach § 9 FBUB 2008 waren in den Vorjahren stets der Führenden und zeitgleich der Beklagten mit der ausdrücklichen Bitte um Bestätigung für ihren Anteil zugesandt worden, und zwar mit der Bitte um Bestätigung gegenüber der Maklerin, nicht gegenüber ihrem Mitversicherer. Die Maklerin durfte daher nicht annehmen, dass die Beklagte – entgegen der bisherigen Handhabung – unmittelbar mit der Führenden in Kontakt tritt und ihr Einvernehmen mit einer Erhöhung der Versicherungssumme unmittelbar dieser gegenüber erklärt. Hierbei kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob die Führende jeweils von einer Zustimmung der Beklagten zu den mit den Nachträgen dokumentierten Vertragsänderungen wusste. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass selbst wenn die Maklerin die jeweilige Zustimmung der Beklagten nicht an die Führende weitergeleitet haben sollte, sie nach der bisherigen Handhabung wusste, dass die Führende bei der Ausstellung von Nachträgen nur dann innerhalb ihrer Befugnisse handelte, wenn sie von einer Zustimmung der Beklagten ausging und sich die Klägerin dieses überlegene Wissen der Maklerin gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss.

Es lagen daher für die Maklerin letztlich keine Gesichtspunkte vor, die aufgrund der früheren Abwicklung der Versicherung den Rückschluss auf eine Vollmacht der Führenden zur Ausfertigung des Versicherungsscheins mit Dokumentation auch zu Lasten der Beklagten erlaubten. Allein der Umstand, dass die Führende auch in der Vergangenheit Nachträge ausfertigte, die den Anteil der Beklagten auswiesen, zwingt zu einer solchen Annahme nicht.

Gegen eine solche Annahme spricht zudem, auch wenn es hierauf nicht mehr entscheidend ankommt, dass die Klägerin wie auch die Maklerin aufgrund der ständigen Nachfragen bezüglich des Brandschutzkonzepts, der deshalb verkürzten Kündigungsfristen und einer zunächst nur noch gewährten vorläufigen Deckung nicht damit rechnen konnten, dass die Beklagte ohne eine eigene Vertragserklärung eine Erweiterung der Deckung akzeptieren würde. Auch wenn die Beklagte in ihrer E-Mail vom 1. Juni 2018 uneingeschränkt bis zum Jahresende ihre Deckung mit einer Quote von 40% bestätigt hat, wusste die Maklerin, dass die Beklagte durchgehend Zweifel an der Zeichnungswürdigkeit des Risikos hatte. Wenngleich die Beklagte diese Zweifel bislang nicht zum Anlass genommen hatte, ihr Engagement im Konsortium zu beenden oder herabzusetzen, erscheint es fernliegend, dass die Maklerin berechtigt davon ausgehen durfte, die Beklagte würde sich ohne ausdrückliche Zustimmung – gleichsam „auf Zuruf“ – bereit erklären, eine (erhebliche) Erhöhung der Deckung um das Dreifache gegenüber dem status quo zu akzeptieren.

Auf die Frage, ob die Führende tatsächlich mindestens einmal einen Nachtrag ohne Zustimmung der Beklagten ausstellte, nämlich am 5. Februar 2018 die Verlegung der Hauptfälligkeit zur Feuer- und EC-Versicherung (eGA-II 359 ff.), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Intervention der Beklagten vom 16. März 2018 (eGA-I 191) betraf zwar nicht allgemein den Gesichtspunkt, die Führende dürfe nicht ohne vorherige Zustimmung der Beklagten Nachträge ausstellen, sondern erschöpfte sich in einer Klarstellung, dass für die Beklagte weiterhin nur (die vorläufige) Deckung bis zum 1. Juli 2018 gelte. Sie zeigt aber gerade auf, dass die Beklagte – auch aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers in der Rolle der Klägerin – im Einzelfall ihre Rechte selbst wahrnahm und Herrin ihrer eigenen Erklärungen bleiben wollte.

Anders als die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 29. September 2021 geltend macht, konnte die Maklerin, deren Wissen sich die Klägerin zurechnen lassen muss, mit Blick auf die bisherige Handhabung auch nicht die (zunächst) unterbliebene Reaktion der Beklagten auf die Bitte um Erhöhung der Versicherungssumme als beredtes Schweigen werten. Es mag noch zutreffen, dass im Handelsverkehr Schweigen nach Treu und Glauben im Einzelfall als Zustimmung gewertet werden kann. Voraussetzung ist aber stets, dass der Vertragspartner berechtigterweise dem Schweigen einen solchen Erklärungswert auch beimessen darf. Dies ist hier – wie ausgeführt – nicht der Fall. Der Hinweis auf die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens geht fehl, weil dieses sich stets auf eine (auch aus Sicht des Vertragspartners) getroffene Absprache bezieht, also das Ergebnis der vorausgegangenen Vertragsverhandlungen verbindlich festlegt (BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – VII ZR 186/09, BGHZ 188, 128 Rn. 22).

d)

Nach alledem hat das Landgericht auch zutreffend erkannt, dass sich die Klägerin zur Begründung einer weitergehenden Deckungspflicht der Beklagten nicht auf die Grundsätze der Duldungs- und/oder Anscheinsvollmacht berufen kann.

Von einer Anscheinsvollmacht oder Duldungsvollmacht kann vorliegend – aus den vorgenannten Gründen – nicht ausgegangen werden. Das Wissen der Maklerin ist der Klägerin gemäß § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen. In ihrer Person fehlt es zudem in jedem Fall an einer für die Anscheinsvollmacht erforderlichen Gutgläubigkeit bzw. dem bei der Duldungsvollmacht erforderlichen Umstand, dass der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben davon ausgehen durfte, dass der Vertreter Vollmacht hat (s. allgemein MünchKomm-BGB/Schubert, 8. Aufl. § 167 Rn. 106, 111 mwN).

2.

Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte, nachdem sie von der Bitte um Erhöhung der Versicherungssumme Kenntnis erhielt, bis zum Versicherungsfall nicht – etwa durch eine Prüfungsvorbehalt – reagierte, sie vielmehr erst gegenüber der Maklerin und der Führenden dem Nachtrag mit Schreiben vom 3. August 2018 (Anlage K23, Anlagenband zur Klageschrift, Bl. CXCVII) widersprach, als sie von der Nachtragspolicierung durch die Führende nach eigenem Vorbringen am 30. Juli 2018 Kenntnis erhielt.

Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Beklagte durch ihr Unterlassen eine sie treffende vertragliche Nebenpflicht verletzt hat.

Für einen daraus etwaig resultierenden Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB fehlt es aber – wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingehend erörtert – an Vortrag dazu, dass das Unterlassen zu einem Schaden geführt hat.

Die Klägerin behauptet zum einen nicht, dass die Beklagte bei ordnungsgemäßer, schnellerer Prüfung dem Erhöhungsantrag zugestimmt hätte. Dafür ist angesichts des Umstands, dass die Beklagte bereits in der Vergangenheit mehrfach Zweifel an der Zeichnungswürdigkeit des Risikos deutlich zum Ausdruck gebracht hat, auch sonst nichts ersichtlich.

Denkbar wäre zum anderen, dass die Klägerin bei einer unverzüglichen Zurückweisung der Erhöhung der Versicherungssumme durch die Beklagte noch eine anderweitige Eindeckung des Risikos hätte erlangen können. Das aber ist ebenfalls weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, vielmehr angesichts des zeitlichen Abstands zwischen der Übersendung der E-Mail vom 3. Juli 2018 und dem nur wenige Tage später erfolgten Eintritts des Versicherungsfalles nicht einmal wahrscheinlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Die Beurteilung der Frage, ob die Beklagte mit Blick auf die bisherige Handhabung im laufenden Vertragsverhältnis an die durch den Nachtragsversicherungsschein ihres Mitversicherers dokumentierten Änderungen gebunden ist, beruht auf den Umständen des – zudem besonders gelagerten – Einzelfalles.

 

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