Verletzungen der Obliegenheitspflicht gefährden den Versicherungsschutz
Jeder Hausbesitzer sollte im Endeffekt über eine Gebäudeversicherung verfügen, durch welche die Immobilie vor den gängigen Gefahren wie Feuer, Wasser, Sturm sowie auch Unwetterschäden effektiv geschützt werden. Sind diese Ursachen für einen Schaden verantwortlich, so trägt der Versicherungsgeber diese Schäden durch die Versicherung in den meisten Fällen zu 100 Prozent. Es gibt jedoch auch Fallsituationen, in denen der Versicherungsgeber diese Schäden nicht trägt. Als Grund hierfür wird dann zumeist eine sogenannte Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers ins Feld geführt. Viele Versicherungsnehmer werfen bei dem Abschluss des Versicherungsvertrages keinen allezu gründlichen Blick in den Vertrag, sondern unterschreiben ihn einfach in dem Glauben, dass dadurch die maximale Absicherung hergestellt wird. Aus dem Versicherungsvertrag ergeben sich jedoch auch Verhaltenspflichten für den Versicherungsnehmer, auf welche sich der Versicherungsgeber dann im Zweifel beruht und im schlimmsten Fall auch deshalb die Leistung verweigert.
Was bedeutet Obliegenheit?
Das Wort Obliegenheit leitet sich aus einer Redewendung heraus ab. Der Satz „diese Pflicht obliegt dem Versicherungsnehmer“ ist hierfür besonders gängig. Dies bedeutet, dass gewisse Verhaltensweisen oder auch die Herstellung gewisser Voraussetzung in der Pflicht des Versicherungsnehmers stehen, damit der Versicherungsvertrag seinerseits eingehalten und eine Leistungspflicht gegenüber dem Versicherungsgeber eingefordert werden kann. Die Obliegenheit stellt somit die Verantwortung bzw. Pflicht des Versicherungsnehmers dar und jeder Versicherungsnehmer sollte in dem Versicherungsvertrag einen sehr genauen Blick in die Obliegenheiten werfen, denn ein Verstoß kann durchaus gravierende Folgen nach sich ziehen.
Aus rechtlicher Sicht sind Obliegenheiten reine Gebote, die rechtlich nicht als verpflichtend gelten. Da sie jedoch ein fester Bestandteil des Versicherungsvertrages sind gelten sie als Vereinbarung zwischen dem Versicherungsgeber und dem Versicherungsnehmer, sodass die Nichteinhaltung Nachteile mit sich bringen kann!
Was geschieht bei einer Verletzung der Obliegenheitspflichten?
Die Folgen aus einem Obliegenheitsverstoß hängen stark damit zusammen, welche Art des Obliegenheitsverstosses vorliegt.
Unterschieden werden muss hierbei zwischen
- Fahrlässigkeit
- grober Fahrlässigkeit
- Vorsatz
Bei einer groben Fahrlässigkeit oder bei einem vorsätzlichen Obliegenheitsverstoß hat der Versicherungsgeber rechtlich gesehen einen guten Grund, den Versicherungsvertrag mit einer Frist von einem Monat zu kündigen. Die Frist startet mit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Obliegenheitsverstosses. Alternativ zu der Kündigung kann ein Versicherungsgeber auch eine Leistungskürzung im Schadensfall oder eine Vertragsanpassung mit Nachteil des Versicherungsnehmers vornehmen.
Diese Nachteile können
- Klauseln
- Prämienerhöhungen
darstellen, welche sich auf die Leistungen des Versicherungsgebers sowie die monatlichen bzw. jährlichen Versicherungsprämien, die der Versicherungsnehmer an den Versicherungsgeber zu zahlen hat, beziehen.
Der Versicherungsgeber hat die Pflicht, den Versicherungsnehmer über diese Änderungen fristgerecht schriftlich zu informieren. Ein Bestandteil dieser Information muss auch die Information sein, dass der Versicherungsnehmer aufgrund der Änderung ein Sonderkündigungsrecht von einem Monat hat.
Welche Obliegenheiten des Versicherungsnehmers gehören zum Standard
Obgleich die jeweiligen Obliegenheiten durchaus individuell zwischen dem Versicherungsgeber und dem Versicherungsnehmer vertraglich vereinbart werden gibt es dennoch gewisse Obliegenheiten, die in nahezu jedem Versicherungsvertrag als Standard aufgeführt werden.
Die gängigsten Pflichten sind
- Unverzügliche Meldepflicht des Versicherungsnehmers im Schadensfall
- Dokumentationspflicht des Versicherungsnehmers im Zuge der Meldepflicht bei einem Schadensfall
Das Recht der Einrede aufgrund von grober Fahrlässigkeit
Das VVG (Versicherungsvertragsgesetz) wurde letztmalig im Jahr 2008 grundlegend geändert. Ein fester Bestandteil dieser Änderung war die Erschwernis aus Sicht des Versicherungsgebers, eine vollständige Leistungskürzung aufgrund von grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers vorzunehmen. Dennoch sollte sich ein Versicherungsnehmer stets vor Augen führen, dass eine derartige 100 prozentige Leitungskürzung des Versicherungsgebers immer noch möglich ist. Dies ist jedoch für gewöhnlich nur bei grober Fahrlässigkeit in einem besonders schweren Ausmaß der Fall. Derartige Fälle können sich jedoch auch schon aus völlig alltäglichen Handlungen sowie auch Missgeschicken heraus ergeben. Durch die Vertragsklausel „Verzicht der Einrede aufgrund von grober Fahrlässigkeit“ wird dem Versicherungsgeber die Leistungsverweigerung bei grober Fahrlässigkeit genommen.
Die Folgen bei einer leichten Fahrlässigkeit
Sofern nur eine leichte Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers ursächlich für den Schaden war, gibt es für den Versicherungsgeber nicht das Recht, eine vollständige Leistungskürzung zu 100 Prozent vorzunehmen oder den Versicherungsvertrag zu kündigen.
Die Arten der Obliegenheitspflichten
Bei den Obliegenheitspflichten im Bereich der Gebäudeversicherung wird zunächst unterschieden zwischen den vertraglichen Obliegenheiten und den gesetzlichen. Der Hauptunterschied liegt dabei in der rechtlichen Grundlage der jeweiligen Obliegenheit. Die gesetzlichen Obliegenheiten haben ihre rechtliche Grundlage in dem VVG, allerdings hat der Versicherungsgeber keine Möglichkeit, diese Obliegenheiten einzuklagen. Die gesetzlichen Obliegenheiten haben somit keinen Rechtspflichtsstatus. Wenn der Versicherungsnehmer sie jedoch nicht einhält kann der Versicherungsgeber die Leistung sowohl zum Teil als auch vollständig verweigern.
Die vertraglichen Obliegenheiten haben ihre Grundlage in den AVB (Allgemeine Versicherungsbedingungen) und müssen gewisse Richtlinien erfüllen. Die wichtigste Richtlinie ist die Transparenz, sodass jeder Versicherungsnehmer frei ab vom Zweifel die Obliegenheit als solche auch erkennen kann.
Durch die vertraglichen Obliegenheiten dürfen dem Versicherungsnehmer keine als unangemessen anzusehenden Nachteile entstehen.
Die Kausalität bei der Leistungskürzung bzw. Leistungsverweigerung
Das VVG besagt, dass ein Versicherungsgeber nur im Fall einer Kausalität auch wirklich eine Leistungskürzung bzw. Leistungsverweigerung vornehmen darf. Dies bedeutet, dass ein Schaden, der in jedem Fall – unabhängig von dem Verhalten des Versicherungsnehmers – entstanden werden, durch den Versicherungsgeber entsprechend reguliert werden muss. Dies gilt auch dann, wenn das Verhalten des Versicherungsnehmers im vorliegenden Fall eine Obliegenheitsverletzung darstellt.
Die Kausalität bekommt nur dann Geltung, wenn der Versicherungsnehmer keine arglistige Täuschung gegenüber dem Versicherungsgeber vorgenommen hat. Die arglistige Täuschung ist eine bewusst durchgeführt Zuwiderhandlung gegen den Versicherungsvertrag bzw. eine bewusste Obliegenheitsverletzung.
Die Gebäudeversicherung ist enorm wichtig und zählt zu den Pflichtversicherungen für einen Immobilienbesitzer. Die Schäden, welche durch Wasser oder Feuer sowie auch Strom bei der Immobilie entstehen können, sind durchaus als existenzbedrohend anzusehen. Im Hinblick auf das Wasser ist jedoch anzumerken, dass sich dieser Bereich ausschließlich auf das Leitungswasser bezieht. Die Gebäudeversicherung deckt im Standard nicht die sogenannten Elementarschäden ab, welche durch die Elemente wie Sturm oder Wasser von naheliegenden Flüssen oder Seen bzw. Meeren entstehen. Diese Schäden müssen generell separat in einer Elementarversicherung zwischen dem Versicherungsgeber und dem Versicherungsnehmer vertraglich vereinbart werden.
Ob eine Versicherung letztlich den Schaden reguliert oder nicht hängt auch stark davon ab, wie der Versicherungsgeber die Schadensursache einschätzt. Nicht selten bezieht sich ein Versicherungsgeber dabei auf die Obliegenheitsverletzung, um die wirtschaftliche Leistung kürzen zu können. Dieser Umstand kommt daher, dass eine Versicherung heutzutage nicht nur ein reiner Versicherer, sondern vielmehr ein eigenständiges Unternehmen ist. Dieses Unternehmen hat selbstverständlich eigenständige Kosten wie Löhne für das Personal sowie die entsprechenden Immobilienstandorte zu tragen, sodass der Wirtschaftlichkeitsgedanke im Vordergrund steht. Auch setzen viele Versicherungen im Vorfeld darauf, dass sie mit dem Versicherungsnehmer nicht auf Augenhöhe stehen. Es wird der Eindruck vermittelt, dass die Versicherung groß und der Kunde klein ist. Dieser Umstand ist gesetzlich gesehen natürlich nicht korrekt und wenn Sie als Versicherungsnehmer Probleme mit Ihrem Versicherungsgeber haben, so sollten Sie auf gar keinen Fall klein bei geben. Die Versicherungsgesellschaften haben heutzutage schon standardmäßig eigene Rechtsabteilungen, die im Schadensfall mit erheblichem wirtschaftlichen Ausmaß auch die Kommunikation mit dem Versicherungsnehmer übernehmen. Aus diesem Grund heraus sollten Sie sich ebenfalls einen rechtsanwaltlichen Beistand suchen, welcher den vorliegenden Fall für Sie prüft.
Wir sind eine erfahrene Rechtsanwaltskanzlei und verfügen über Fachanwälte für Versicherungsrecht, welche Ihnen sehr gern mit ihrem juristischen Wissen und der vollständigen Kompetenz nebst dem nötigen Engagement als starker Partner zur Seite stehen. Wir prüfen für Sie Ihren aktuellen Fall und übernehmen die Kommunikation mit dem Versicherungsgeber, sodass Sie direkt auf Augenhöhe mit dem Versicherungsgeber stehen. Sehr gern führen wir für Sie die Angelegenheit sowohl außergerichtlich als auch auf dem Gerichtsweg für Sie zu einem guten Ende, sodass Sie wieder sorgenfrei in die Zukunft blicken können.