Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Fettschäden in der Mehrgefahrenversicherung: Rechte und Pflichten im Schadensfall
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Pflichten haben Versicherte beim Umgang mit Brandgefahren in der Küche?
- Ab wann gilt ein Verhalten als grob fahrlässig bei Küchenbränden?
- Wie berechnet sich die Höhe einer Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit?
- Welche Rechtsmittel haben Versicherte gegen eine Leistungskürzung?
- Was müssen Versicherte nach einem Küchenbrand der Versicherung melden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Göttingen
- Datum: 17.09.2015
- Aktenzeichen: 8 O 170/14
- Verfahrensart: Zivilverfahren über Versicherungsleistungen
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Die Eigentümerin des Gebäudes „G Haus“, die Ansprüche auf restliche Versicherungsleistungen nach einem Küchenbrand geltend macht. Sie argumentiert, dass ihr Verhalten nicht grob fahrlässig war, da der Vorfall überraschte und ein solches Ereignis in 20 Jahren nie zuvor eingetreten ist.
- Beklagte: Die Versicherungsgesellschaft, die eine Mehrgefahrenversicherung für das betroffene Gebäude bereitstellt. Sie hat den Schaden teilweise reguliert und behauptet, aufgrund grob fahrlässigen Verhaltens der Klägerin zur Leistungskürzung berechtigt zu sein.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin begehrt von der Beklagten restliche Versicherungsleistungen nach einem Brand in der Küche ihres Gebäudes, der aufgrund einer unbeaufsichtigten Pfanne mit heißem Fett entstanden war. Die Beklagte hat bereits einen Teil des Schadens bezahlt, verweigert aber die vollständige Begleichung, da sie der Klägerin Grobe Fahrlässigkeit vorwirft.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage ist, ob die Klägerin den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat und in welchem Umfang die Beklagte daher die Versicherungsleistung kürzen kann.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen, und die Klägerin hat keinen Anspruch auf die restlichen geforderten Versicherungsleistungen.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin grob fahrlässig gehandelt hat, indem sie den Topf mit heißem Fett unbeaufsichtigt ließ. Aufgrund der groben Fahrlässigkeit ist die Beklagte berechtigt, ihre Leistung um 40% zu kürzen, was die gezahlte Summe bereits übersteigt.
- Folgen: Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil verdeutlicht die strengen Anforderungen an das Verhalten von Versicherungsnehmern und die Korrektheit der Leistungskürzung durch die Versicherung bei grober Fahrlässigkeit.
Fettschäden in der Mehrgefahrenversicherung: Rechte und Pflichten im Schadensfall
Die Mehrgefahrenversicherung bietet einen umfassenden Schutz gegen verschiedene Risiken im Haushalt, darunter Feuer- und Leitungswasserschäden. Besonders häufig sind Küchenbrände, die meist durch das Erhitzen von Fett entstehen. Diese Art von Schaden kann nicht nur materiellen Verlust mit sich bringen, sondern auch komplexe Fragen zu Versicherungsansprüchen aufwerfen, insbesondere wenn es um die Leistungskürzung durch die Versicherung geht.
Der Schutz durch eine Brandschutzversicherung ist daher von zentraler Bedeutung, um im Schadensfall auf der sicheren Seite zu sein. Doch wie werden Schäden durch Fettbrände in der Praxis behandelt? Welche Rolle spielen die jeweiligen Brandursachen und wie können sich Angehörige der Mehrgefahrenversicherung nach einem Vorfall verhalten? Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, um diese Aspekte näher zu beleuchten.
Der Fall vor Gericht
Küchenbrand im Gasthaus kostet Betreiberin knapp 43.000 Euro
Bei einem Küchenbrand im Gasthaus „Z H“ musste die Betreiberin einen erheblichen Teil des Schadens selbst tragen. Das Landgericht Göttingen wies ihre Klage gegen die Versicherung ab, die den Brandschaden nur teilweise reguliert hatte. Die Versicherungsgesellschaft hatte ihre Leistung um 40 Prozent gekürzt, da sie der Gastwirtin grob fahrlässiges Verhalten vorwarf.
Unbeaufsichtigtes Frittierfett löste Feuer aus
Der folgenschwere Brand ereignete sich am 25. Februar 2012 gegen 23:30 Uhr. Die Gastwirtin wollte das Frittierfett wechseln und erhitzte dafür neues Fett in einem Topf auf dem Gasherd. Während des Erhitzungsvorgangs verließ sie die Küche für einen Toilettengang. In ihrer Abwesenheit geriet das Fett in Brand, das Feuer breitete sich bis zur Dunstabzugshaube und weiter bis zur Zwischendecke aus. Die Wirtin konnte den Brand in der Küche zwar mit einem Feuerlöscher eindämmen, die Schwelbrände in der Zwischendecke mussten jedoch von der Feuerwehr gelöscht werden.
Gericht sieht schweren Sorgfaltspflichtverstoß
Das Gericht bewertete das Verhalten der Gastwirtin als grob fahrlässig. Die Richter betonten die besonders hohe Brandgefahr beim Erhitzen von Fett, insbesondere auf offener Flamme eines Gasherdes. Das unbeaufsichtigte Erhitzen stelle bereits „per se eine sehr hohe, allgemein bekannte Gefahrenquelle dar, die man stets im Blick haben muss.“ Dabei sei es unerheblich, wie lange die Wirtin abwesend war. Schon eine kurze Abwesenheit von drei bis fünf Minuten erfülle den objektiven Sorgfaltspflichtverstoß.
Erfahrung schützt nicht vor Haftung

Die langjährige Erfahrung der Gastwirtin sprach nach Ansicht des Gerichts nicht gegen den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Im Gegenteil: Gerade als erfahrene Gastronomin hätte ihr die Brandgefahr durch unbeaufsichtigt erhitztes Fett bewusst sein müssen. Auch der vorgebrachte starke Harndrang entlastete die Wirtin nicht. Das Gericht sah keine Gründe, warum sie den Topf nicht hätte von der Flamme nehmen können, bevor sie die Küche verließ.
Versicherung darf Leistung kürzen
Der Gesamtschaden belief sich laut Klägerin auf 132.752,85 Euro. Die Versicherung hatte bereits 90.000 Euro gezahlt. Nach der Entscheidung des Landgerichts muss sie keine weiteren Zahlungen leisten. Das Gericht bestätigte die Kürzung der Versicherungsleistung um 40 Prozent als angemessen. Seit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes 2008 dürfen Versicherungen ihre Leistungen bei grober Fahrlässigkeit entsprechend der Schwere des Verschuldens kürzen. Eine vollständige Leistungsfreiheit kommt nur noch bei vorsätzlichem Handeln in Betracht.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Gericht definiert erstmals klar die Sorgfaltspflichten beim Umgang mit heißem Fett: Bereits kurzzeitiges Verlassen der Küche bei erhitztem Fett auf dem Herd stellt grobe Fahrlässigkeit dar, unabhängig von der Abwesenheitsdauer oder jahrelanger unfallfreier Praxis. Bei grober Fahrlässigkeit dürfen Versicherungen ihre Leistungen seit 2008 entsprechend der Schwere des Verschuldens kürzen, wobei die Kürzung in 10%-Schritten zu erfolgen hat. Eine vollständige Leistungsfreiheit kommt nur noch bei Vorsatz in Betracht.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie beim Kochen oder anderen gefährlichen Tätigkeiten einen Versicherungsschaden verursachen, müssen Sie mit erheblichen finanziellen Einbußen rechnen, selbst wenn Sie nur kurz unaufmerksam waren. Die Versicherung kann ihre Leistung um bis zu 40% kürzen, wenn Sie eine offensichtliche Gefahrenquelle wie heißes Fett unbeaufsichtigt lassen – auch für wenige Minuten. Langjährige Erfahrung oder dringende persönliche Bedürfnisse schützen Sie dabei nicht vor dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. In der Praxis bedeutet das: Schalten Sie gefährliche Wärmequellen immer aus, bevor Sie den Raum verlassen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Pflichten haben Versicherte beim Umgang mit Brandgefahren in der Küche?
Beim Umgang mit Brandgefahren in der Küche müssen Versicherte bestimmte Sorgfaltspflichten beachten, um ihren Versicherungsschutz nicht zu gefährden.
Grundlegende Sorgfaltspflichten
Beaufsichtigung während des Kochvorgangs ist eine zentrale Pflicht. Sie müssen eingeschaltete Herdplatten und erhitzte Fette oder Öle kontinuierlich im Blick behalten. Ein kurzzeitiges Verlassen der Küche kann bereits als Pflichtverletzung gewertet werden, insbesondere wenn Fette oder Öle erhitzt werden.
Umgang mit Fetten und Ölen
Bei der Zubereitung von Speisen mit heißen Fetten gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen. Erhitzte Fette dürfen niemals unbeaufsichtigt bleiben, da sie sich bei Überhitzung selbst entzünden können. Tiefgefrorene Lebensmittel müssen vorsichtig in heißes Fett gegeben werden, um gefährliche Fettexplosionen zu vermeiden.
Kontrolle von Wärmequellen
Nach dem Kochvorgang müssen Sie sorgfältig prüfen, ob alle Herdplatten vollständig ausgeschaltet sind. Das bloße Herunterstellen der Temperatur genügt nicht. Besondere Vorsicht ist beim Abdecken von Kochfeldern geboten – brennbare Materialien dürfen erst nach vollständigem Abkühlen auf die Herdplatten gelegt werden.
Brandschutzvorrichtungen
Die Installation und regelmäßige Wartung von Rauchmeldern und Feuerlöschern in der Küche gehört zu den grundlegenden Sicherheitsvorkehrungen. Diese Geräte müssen funktionsfähig und leicht zugänglich sein.
Verhalten im Brandfall
Bei einem Küchenbrand sind Sie zur Schadenminderung verpflichtet. Dies bedeutet, dass Sie – soweit ohne Eigengefährdung möglich – erste Löschversuche unternehmen müssen. Bei größeren Bränden oder der Gefahr einer Ausbreitung ist umgehend die Feuerwehr zu alarmieren.
Ab wann gilt ein Verhalten als grob fahrlässig bei Küchenbränden?
Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt. Bei Küchenbränden liegt ein solches Verhalten vor, wenn Sie bereits bei der Entstehung des Brandes die grundlegendsten Sicherheitsvorkehrungen missachten.
Typische Fälle grober Fahrlässigkeit
Ein außergewöhnlich sorgloses Verhalten liegt vor, wenn Sie brennbare Substanzen wie Öl oder Fett unbeaufsichtigt auf dem eingeschalteten Herd lassen. Auch das Verlassen der Küche während eines aktiven Kochvorgangs kann als grob fahrlässig eingestuft werden.
Abgrenzung zur einfachen Fahrlässigkeit
Ein kurzzeitiges Augenblicksversagen oder eine momentane Unaufmerksamkeit stellen noch keine grobe Fahrlässigkeit dar. Wenn Sie beispielsweise versehentlich den falschen Herdschalter betätigen und dies nicht sofort bemerken, kann dies als einfache Fahrlässigkeit gewertet werden.
Folgen für den Versicherungsschutz
Bei grober Fahrlässigkeit darf die Versicherung ihre Leistungen entsprechend der Schwere des Verschuldens kürzen. Die Kürzungen können dabei zwischen 25% und 100% des Schadens betragen. Entscheidend für die Höhe der Kürzung ist dabei der objektiv schwere und subjektiv nicht entschuldbare Verstoß gegen Sorgfaltspflichten.
Wie berechnet sich die Höhe einer Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit?
Die Höhe der Leistungskürzung richtet sich seit der VVG-Reform 2008 nach der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers. Das frühere „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ wurde durch ein abgestuftes Modell ersetzt.
Grundlagen der Kürzungsberechnung
Der Versicherer ist berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Dabei wird zwischen drei Abstufungen der groben Fahrlässigkeit unterschieden:
- leichte grobe Fahrlässigkeit (nahe der einfachen Fahrlässigkeit)
- mittlere grobe Fahrlässigkeit
- schwerste grobe Fahrlässigkeit (nahe am Vorsatz)
Typische Kürzungsquoten
Bei der Bemessung der Kürzungsquote haben sich in der Rechtsprechung bestimmte Richtwerte etabliert:
- 100% Kürzung: Bei schwerster grober Fahrlässigkeit, beispielsweise Fahren mit mehr als 2,19 Promille Blutalkohol
- 75% Kürzung: Bei Diebstahl nach Abstellen des Fahrzeugs mit steckendem Schlüssel
- 50% Kürzung: Bei Missachtung von Durchfahrtshöhen in Parkhäusern
- 30% Kürzung: Bei Beschädigung von Fahrrädern auf dem Autodach in einer Tiefgarage trotz Höhenwarnung
Besonderheiten der Kürzungsberechnung
Die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer. Eine vollständige Kürzung auf Null ist nur in Ausnahmefällen möglich und bedarf immer einer sorgfältigen Abwägung der Umstände des Einzelfalls.
Bei einfacher Fahrlässigkeit erfolgt keine Kürzung der Versicherungsleistung. Dagegen führt vorsätzliches Handeln zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers.
Welche Rechtsmittel haben Versicherte gegen eine Leistungskürzung?
Bei einer Leistungskürzung durch die Versicherung stehen Ihnen verschiedene Rechtsmittel zur Verfügung. Der erste Schritt ist die Einlegung eines schriftlichen Widerspruchs gegen die Kürzungsentscheidung der Versicherung.
Außergerichtliche Möglichkeiten
Der Versicherungs-Ombudsmann bietet eine kostenlose und unabhängige Schlichtungsstelle. Bei Streitwerten bis 10.000 Euro ist die Entscheidung des Ombudsmanns für die Versicherung bindend.
Ein Sachverständigenverfahren eignet sich besonders bei Streitigkeiten über die Schadenshöhe. Beide Parteien bestellen jeweils einen Sachverständigen, die gemeinsam einen Obmann wählen. Die Entscheidung des Obmanns ist für beide Seiten verbindlich.
Beweislast und Dokumentation
Die Beweislast für grobe Fahrlässigkeit liegt bei der Versicherung. Sie muss nachweisen, dass ein objektiv schwerer und subjektiv nicht entschuldbarer Verstoß gegen Sorgfaltspflichten vorliegt.
Gerichtlicher Weg
Wenn außergerichtliche Lösungen nicht zum Erfolg führen, können Sie Klage einreichen. Nach § 28 VVG muss die Versicherung bei grober Fahrlässigkeit ihre Kürzung entsprechend der Schwere des Verschuldens vornehmen. Die Versicherung darf die Leistung nicht willkürlich kürzen, sondern muss die Kürzung nachvollziehbar begründen.
Bei der Bewertung berücksichtigen Gerichte die Gesamtumstände des Einzelfalls. Selbst bei festgestellter grober Fahrlässigkeit besteht oft Anspruch auf einen Teil der Versicherungsleistung.
Was müssen Versicherte nach einem Küchenbrand der Versicherung melden?
Nach einem Küchenbrand müssen Sie den Schaden unverzüglich, spätestens am nächsten Werktag, Ihrer Versicherung melden. Bei der Schadensmeldung sind folgende Angaben erforderlich:
Grundlegende Informationen:
- Name, Anschrift und Versicherungsnummer
- Telefonnummer und E-Mail-Adresse für Rückfragen
- Genaue Beschreibung des Schadenhergangs und der Brandursache
- Zeitpunkt des Brandschadens
Dokumentation der Schäden
Eine detaillierte Dokumentation aller Brandschäden ist unerlässlich. Erstellen Sie eine präzise Auflistung aller beschädigten Gegenstände mit Angaben zu Art, Alter und Wert. Fertigen Sie umfangreiche Fotos und Videos der Schäden aus verschiedenen Perspektiven an.
Besonderheiten bei Küchenbränden
Bei Küchenbränden ist besondere Sorgfalt geboten, da die Versicherung bei grober Fahrlässigkeit die Leistung kürzen kann. Dies gilt insbesondere bei unbeaufsichtigtem Erhitzen von Fett oder Öl. Dokumentieren Sie daher genau die Umstände, die zum Brand geführt haben.
Schadensnachweis
Für die Regulierung benötigt die Versicherung:
- Kaufbelege der beschädigten Gegenstände
- Fotos vom Schadenort
- Eventuell vorhandene Zeugenaussagen
- Einsatzberichte der Feuerwehr
Wichtig: Machen Sie ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben. Falsche oder unvollständige Angaben können zum vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes führen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Grobe Fahrlässigkeit
Ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt. Der Handelnde lässt dabei die Sorgfalt außer Acht, die jedem verständigen Menschen in der konkreten Situation einleuchten müsste. Geregelt in verschiedenen Gesetzen, besonders relevant im Versicherungsrecht (§ 81 VVG). Ein typisches Beispiel ist das unbeaufsichtigte Erhitzen von Fett oder das Verlassen der Wohnung mit eingeschalteter Herdplatte. Unterscheidet sich von einfacher Fahrlässigkeit durch die besondere Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung.
Mehrgefahrenversicherung
Eine Versicherung, die mehrere unterschiedliche Schadenrisiken in einem Vertrag zusammenfasst. Sie deckt typischerweise Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel ab. Grundlage sind die §§ 88-99 VVG. Bei gewerblicher Nutzung wie in Gaststätten gelten oft besondere Sorgfaltspflichten. Die Versicherung kann bei Verletzung dieser Pflichten die Leistung kürzen, muss dies aber verhältnismäßig gestalten.
Sorgfaltspflicht
Rechtliche Verpflichtung, sich so zu verhalten, dass andere nicht geschädigt werden. Im gewerblichen Bereich gelten meist erhöhte Anforderungen. Basiert auf § 276 BGB. Bei Gastwirten umfasst dies besondere Vorsichtsmaßnahmen im Umgang mit Gefahrenquellen wie heißem Fett. Die Verletzung kann zu Schadensersatzpflichten oder Versicherungskürzungen führen.
Leistungskürzung
Die teilweise Verweigerung der Versicherungsleistung durch die Versicherung bei Obliegenheitsverletzungen des Versicherten. Seit der VVG-Reform 2008 (§ 28 VVG) muss die Kürzung der Schwere des Verschuldens angemessen sein. Bei grober Fahrlässigkeit sind Kürzungen zwischen 25-100% üblich, beispielsweise 40% bei unbeaufsichtigtem Erhitzen von Fett.
Schwelbrand
Eine besonders gefährliche Form des Brandes, bei der Materialien ohne offene Flamme bei niedrigen Temperaturen verbrennen. Oft in Zwischendecken oder Hohlräumen schwer zu erkennen und zu bekämpfen. Geregelt in Brandschutzvorschriften wie der Musterbauordnung. Besonders tückisch, da er lange unbemerkt bleiben und sich plötzlich zu einem Vollbrand entwickeln kann.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 1a AFB: In den Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung wird festgelegt, dass der Versicherungsnehmer im Falle von Zerstörungen oder Beschädigungen Anspruch auf den Ersatz des Versicherungswertes oder der Reparaturkosten hat. Diese Regelung regelt die Leistungsansprüche im Rahmen des Versicherungsvertrages und beschreibt die Pflicht des Versicherers, im Schadenfall eine angemessene Entschädigung zu leisten. Im vorliegenden Fall bezieht sich dieser Paragraph direkt auf den Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz für den durch den Brand entstandenen Schaden.
- § 81 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Dieser Paragraph behandelt die Folgen von Verletzungen von Obliegenheiten durch den Versicherungsnehmer. Insbesondere wird geregelt, dass der Versicherer seine Leistung im Fall einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Schadens kürzen kann. Die Beklagte stützt sich auf die Annahme grober Fahrlässigkeit des Klägers, was zu einer Kürzung der Versicherungsleistungen führen kann. Der Vorfall, bei dem die Klägerin das Fett unbeaufsichtigt gelassen hat, wird als grob fahrlässig angesehen und führt dazu, dass der Anspruch auf die restlichen Versicherungsleistungen möglicherweise nicht vollständig durchsetzbar ist.
- § 278 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Vorschrift regelt die Verantwortlichkeit des Schuldners für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen. Wenn eine Person ihren vertraglichen Pflichten nicht nachkommt, kann sie für das Verhalten von Personen haftbar gemacht werden, die sie zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen angeheuert hat. Im Fall der Klägerin ist es entscheidend, ob das Verhalten in der Küche als eigenes Verschulden betrachtet wird, da sie selbst für den Umgang mit dem Heizgerät verantwortlich ist und nicht für Fehler Dritter haftbar gemacht werden kann.
- § 823 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph beschäftigt sich mit der Schadensersatzpflicht bei unerlaubten Handlungen und legt fest, dass derjenige, der einem anderen widerrechtlich einen Schaden zufügt, diesen ersetzen muss. In diesem Fall könnte das grob fahrlässige Verhalten der Klägerin als eine Art unerlaubte Handlung angesehen werden, die zur Schädigung des eigenen Eigentums führte. Der wesentliche Zusammenhang besteht darin, dass die Klägerin für den durch ihre eigene Unachtsamkeit verursachten Schaden möglicherweise selbst verantwortlich ist, was ihre Ansprüche auf Entschädigung beeinflusst.
- Art. 2 Abs. 1 GG (Grundgesetz): Dieser Artikel schützt das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit, was unter Umständen auch die wirtschaftliche Existenz umfasst. Im Kontext des Versicherungsfalls könnte die Klägerin argumentieren, dass die Nichtzahlung der vollen Entschädigung ihre wirtschaftliche Integrität gefährdet. Dennoch muss hier abgewogen werden, inwiefern die grob fahrlässige Herbeiführung des Schadens den Anspruch auf diesen Schutz beeinflusst, da rechtswidriges Handeln in der Regel nicht durch Grundrechte gestützt werden kann.
Das vorliegende Urteil
LG Göttingen – Az.: 8 O 170/14 – Urteil vom 17.09.2015
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