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Leistungsfreiheit Versicherer wegen arglistiger Täuschung

Fast 84.000 Euro standen auf dem Spiel, als ein Unternehmen eine Entscheidung rückgängig machen wollte. Der Grund: Ein eigener Mitarbeiter soll das Management arglistig getäuscht haben. Doch der Versuch, den entstandenen Schaden von einer Versicherung ersetzt zu bekommen, scheiterte nun vor dem Oberlandesgericht Frankfurt.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 U 178/16 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main
  • Datum: 09.04.2018
  • Aktenzeichen: 3 U 178/16
  • Verfahrensart: Beschluss im Berufungsverfahren

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Partei, die Zahlungsansprüche geltend gemacht und Berufung gegen die Klageabweisung in erster Instanz eingelegt hat.
  • Beklagte: Partei, gegen die Zahlungsansprüche geltend gemacht wurden (vermutlich ein Versicherer).

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Klägerin verlangte von der Beklagten die Zahlung mehrerer Beträge. Dem Klagebegehren lag offenbar zugrunde, dass ein Mitarbeiter der Klägerin wahrheitswidrige Angaben gemacht hatte und die Klägerin eine dadurch beeinflusste Handlung wegen arglistiger Täuschung anfechten wollte. Das Landgericht wies die Klage ab.
  • Kern des Rechtsstreits: Im Berufungsverfahren ging es zentral darum, ob die Klägerin Anspruch auf die geforderten Zahlungen hatte. Dies hing davon ab, ob sie eine möglicherweise unter Täuschung ihres Mitarbeiters getroffene Handlung wirksam wegen arglistiger Täuschung anfechten konnte, insbesondere ob sie die Täuschung ausreichend dargelegt und die gesetzliche Anfechtungsfrist eingehalten hatte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurück. Das Gericht sah keine Aussicht auf Erfolg der Berufung und keine Notwendigkeit für eine mündliche Verhandlung.
  • Begründung: Die Klägerin hatte die behauptete Täuschung durch ihren Mitarbeiter nicht ausreichend dargelegt und ihre sekundäre Darlegungslast verletzt. Das Gericht betonte die Pflicht des Arbeitnehmers zur Auskunft. Zudem stellte das Gericht klar, dass die gesetzliche Jahresfrist für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zwingendes Recht ist und nicht verlängert werden kann.
  • Folgen: Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das erstinstanzliche Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Der Fall vor Gericht


OLG Frankfurt: Unternehmen scheitert mit Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch eigenen Mitarbeiter – Zahlungsklage über rund 84.000 Euro abgewiesen

Ein Unternehmen, das sich von seinem eigenen Mitarbeiter arglistig getäuscht sah und deshalb eine für sich nachteilige Rechtshandlung oder Willenserklärung anfechten wollte, um Zahlungsansprüche gegen eine Versicherung geltend zu machen, ist vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main gescheitert.

Mitarbeiter unterschreibt Dokument im schlichten Büro, Fokus auf Hände und Papier
Mitarbeiter reicht Versicherungsdokument im Büro ein – Gefahr von Falschinformationen bei Unterschrift. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Gericht bestätigte mit Beschluss vom 09.04.2018 (Az.: 3 U 178/16) die vorinstanzliche Abweisung der Klage. Entscheidend waren hierfür die Nichterfüllung der Darlegungslast bezüglich der behaupteten Täuschung und die strenge Einhaltung der gesetzlichen Anfechtungsfrist gemäß § 124 BGB.

Ausgangssituation: Zahlungsforderung des Unternehmens nach mutmaßlicher Täuschung durch Angestellten

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Forderung eines Unternehmens gegen eine beklagte Partei, bei der es sich mutmaßlich um eine Versicherung handelte. Das Unternehmen verlangte Zahlungen in einer Gesamthöhe von 58.500 Euro zuzüglich Zinsen – aufgeteilt in einen Betrag von 43.878,44 Euro, geltend gemacht ab dem 28. März 2014, und weitere 14.621,56 Euro, geltend gemacht ab dem 7. Oktober 2014. Darüber hinaus forderte das Unternehmen die Zahlung von zusätzlichen 25.592,23 Euro, ebenfalls zuzüglich Zinsen, die sich aus mehreren Teilbeträgen zusammensetzten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig geworden sein sollen.

Grundlage dieser Zahlungsansprüche war die Annahme des Unternehmens, dass einer seiner Mitarbeiter, im Urteil als „A“ bezeichnet, im Zusammenhang mit dem strittigen Sachverhalt wahrheitswidrige Angaben gemacht hatte. Das Unternehmen ging davon aus, dass es aufgrund dieser falschen Angaben eine Willenserklärung abgegeben oder eine Rechtshandlung vorgenommen hatte, die für das Unternehmen nachteilig war. Dies könnte beispielsweise eine Vereinbarung, ein Verzicht oder eine bestimmte Schadensmeldung gewesen sein. Um sich von den Folgen dieser nachteiligen Handlung zu lösen und die Zahlungsansprüche gegenüber der beklagten Versicherung durchsetzen zu können, beabsichtigte das Unternehmen, die betreffende Willenserklärung oder Rechtshandlung wegen arglistiger Täuschung durch den eigenen Mitarbeiter anzufechten. Die Anfechtung ist ein Rechtsmittel, das es ermöglicht, ein Rechtsgeschäft unter bestimmten Voraussetzungen rückwirkend für ungültig erklären zu lassen, beispielsweise wenn es durch Täuschung oder Drohung zustande gekommen ist (§ 123 BGB).

Der Rechtsweg: Von der Klageabweisung am Landgericht zur Berufung vor dem OLG Frankfurt

Das Verfahren nahm seinen Anfang vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az. 3-10 O 45/15). Dieses Gericht hatte die Klage des Unternehmens mit Urteil vom 12. August 2016 vollständig abgewiesen. Gegen diese Entscheidung legte das Unternehmen Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein, um eine Überprüfung und Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu erreichen. Im Berufungsverfahren gab das OLG dem Unternehmen zunächst in einem Hinweisbeschluss vom 14. März 2018 seine vorläufige Einschätzung zur Sach- und Rechtslage bekannt. Auf diesen Hinweisbeschluss nahm das Unternehmen mit einem Schriftsatz vom 4. April 2018 Stellung, um seine Position weiter zu untermauern.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt: Berufung des Unternehmens als offensichtlich aussichtslos zurückgewiesen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main wies die Berufung des Unternehmens mit einstimmigem Beschluss vom 9. April 2018 zurück. Damit wurde das Urteil des Landgerichts Frankfurt, das die Klage abgewiesen hatte, rechtskräftig bestätigt. Das OLG war der Überzeugung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Eine mündliche Verhandlung hielt das Gericht daher nicht für erforderlich.

Weiterhin stellte das Gericht fest, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe. Auch sei eine Entscheidung durch Urteil nicht aus Gründen der Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig. Dies sind Kriterien, die eine Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof rechtfertigen könnten, die hier aber nicht gegeben waren.

Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden dem unterlegenen Unternehmen auferlegt, wie es § 97 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) vorsieht. Das angefochtene Urteil des Landgerichts wurde zudem für vorläufig vollstreckbar erklärt (§ 708 Nr. 10 S. 2 ZPO). Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde auf bis zu 95.000 Euro festgesetzt, was die wirtschaftliche Bedeutung des Falles unterstreicht.

Kernpunkt Darlegungslast: Fehlende Substantiierung der Täuschungsvorwürfe und die Pflicht zur Aufklärung im Arbeitsverhältnis

In seiner Begründung bezog sich das OLG vollumfänglich auf seine detaillierten Ausführungen im vorherigen Hinweisbeschluss vom 14. März 2018. Ergänzend ging der Senat auf die Stellungnahme des Unternehmens ein und bekräftigte seine Rechtsauffassung insbesondere in zwei Punkten.

Der erste zentrale Punkt betraf die Darlegungslast des Unternehmens bezüglich der behaupteten Täuschung durch den Mitarbeiter „A“. Das Gericht lehnte den Antrag des Unternehmens ab, seinen Mitarbeiter „A“ als Zeugen zu vernehmen. Zur Begründung führte das OLG aus, das Unternehmen sei seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Die sekundäre Darlegungslast trifft eine Partei dann, wenn die Gegenseite bestimmte Tatsachenbehauptungen ausreichend dargelegt hat und die darlegungspflichtige Partei näher am Geschehen dran ist und leichter an die entsprechenden Informationen gelangen kann. Hier hätte das Unternehmen hinreichend substantiiert darlegen müssen, warum sein Mitarbeiter „A“ die wahrheitswidrigen Angaben gemacht haben soll. Es reichte also nicht aus, nur zu behaupten, der Mitarbeiter habe gelogen; es mussten auch Umstände vorgetragen werden, die auf eine Arglist, also ein vorsätzliches und hinterlistiges Handeln, schließen lassen.

Das Gericht betonte, dass es dem Wesen der Darlegungslast entspreche, dass die erforderlichen Tatsachen von der darlegungspflichtigen Partei selbst vorgetragen werden müssen. Eine ausforschende Vernehmung von Zeugen, bei der erst durch die Befragung des Zeugen die notwendigen Fakten ermittelt werden sollen, sei unzulässig und könne die eigene Darlegungslast nicht ersetzen.

Der Auffassung des Unternehmens, es könne seinen Mitarbeiter nicht zur Offenbarung zwingen, widersprach der Senat entschieden. Vielmehr bestehe aus dem Arbeitsverhältnis eine vertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, Auskünfte zu erteilen. Diese Auskunftspflicht beziehe sich auf Umstände, die mit der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeit zusammenhängen und die der Arbeitnehmer unschwer geben kann. Das Gericht verwies hierzu auf entsprechende Kommentarliteratur (Erfurter Kommentar/Preis, BGB § 611a Rn. 736-737). Das Unternehmen habe im Prozess jedoch nicht einmal dargelegt, ob es seinen Mitarbeiter überhaupt um eine solche Auskunft gebeten hatte. Dies zeige, so das Gericht, ein Fehlen selbst einfachster Nachforschungsbemühungen auf Seiten des Unternehmens. Da das Unternehmen somit die tatsächlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung wegen Täuschung – insbesondere das Vorliegen der Täuschung durch den Mitarbeiter „A“ und dessen arglistigen Charakter – nicht ausreichend dargelegt hatte, kam eine Beweiserhebung durch die Vernehmung des Mitarbeiters nicht in Betracht.

Die strikte Anfechtungsfrist bei arglistiger Täuschung: § 124 BGB als zwingendes Recht mit Einjahresfrist ab Kenntnis

Der zweite entscheidende Punkt in der Begründung des OLG war die Anfechtungsfrist. Das Gericht stellte unmissverständlich klar, dass die Frist, innerhalb derer eine Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung angefochten werden kann, ausschließlich durch § 124 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt ist. Diese Frist beträgt ein Jahr. Sie beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte – hier das Unternehmen – von der Täuschung Kenntnis erlangt.

Das OLG betonte, dass diese gesetzliche Regelung des § 124 BGB zwingendes Recht sei (unter Verweis auf Palandt-Ellenberger, 77. Auflage, § 123, Rz. 1 m.N.). Das bedeutet, dass von dieser Vorschrift nicht durch vertragliche Vereinbarungen oder andere Umstände abgewichen werden kann. Die Anwendbarkeit dieser zwingenden Norm könne, so das Gericht, auch nicht durch einen Verweis auf eine (etwaige) Fürsorgepflicht der beklagten Versicherung abbedungen oder verlängert werden. Das Unternehmen konnte sich also nicht darauf berufen, dass die Versicherung möglicherweise eigene Pflichten verletzt habe und deshalb die Anfechtungsfrist nicht greife oder verlängert werden müsse.

Das Gericht erläuterte weiter, dass der Gesetzgeber sich bewusst dafür entschieden habe, dem arglistig Getäuschten – anders als dem Irrenden, der gemäß § 121 Absatz 1 BGB nur unverzüglich (also ohne schuldhaftes Zögern) anfechten kann – eine vergleichsweise lange Jahresfrist zuzugestehen. Diese längere Frist solle dem Getäuschten die Prüfung und Überlegung ermöglichen, ob er sein Anfechtungsrecht ausüben will. Eine hieraus resultierende vorübergehende Rechtsunsicherheit auf Seiten des Täuschenden oder des von der Täuschung profitierenden Vertragspartners müsse dieser hinnehmen. Denn diese Unsicherheit sei durch das eigene, von der Rechtsordnung missbilligte Verhalten des Täuschenden (oder zumindest durch die Täuschung als solche) veranlasst worden. Etwaige Aufwendungen oder Schäden, die dem Täuschenden oder dem Vertragspartner in dieser Zeit entstehen und die er bei früherer Kenntnis der Anfechtung hätte vermeiden können, seien ebenfalls Folge dieser missbilligten Handlung und könnten nicht dem Opfer der Täuschung angelastet werden.

Im Umkehrschluss bedeutete dies für den Fall des Unternehmens, dass es die gesetzliche Jahresfrist des § 124 Absatz 1 BGB strikt einzuhalten hatte, um eine wirksame Anfechtung zu erklären. Ob und wann das Unternehmen Kenntnis von der Täuschung erlangt und ob die Anfechtung innerhalb dieser Jahresfrist erklärt wurde, war nach den Ausführungen des Gerichts offenbar nicht ausreichend dargelegt oder die Frist war bereits verstrichen.

Fazit des Gerichts: Keine Aussicht auf Erfolg für die Zahlungsklage des Unternehmens mangels schlüssiger Darlegung

Da das Unternehmen nach Ansicht des OLG Frankfurt die erforderlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung seiner möglicherweise nachteiligen Willenserklärung oder Rechtshandlung nicht schlüssig dargelegt hatte – sei es wegen mangelnder Substantiierung der Täuschungshandlung und der Arglist des Mitarbeiters, sei es wegen der Nichteinhaltung der zwingenden Jahresfrist des § 124 BGB, oder beidem – hielt der Senat die Berufung für unbegründet und wies sie folgerichtig zurück. Die Zahlungsansprüche gegen die beklagte Versicherung konnten somit nicht durchgesetzt werden.


Die Schlüsselerkenntnisse

Die Entscheidung verdeutlicht, dass Unternehmen bei Anfechtungen wegen arglistiger Täuschung durch eigene Mitarbeiter erhebliche Darlegungspflichten haben und konkrete Beweise für die behauptete Täuschung vorlegen müssen. Ein Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, vom eigenen Angestellten keine Auskunft erhalten zu können, da Arbeitnehmer eine vertragliche Auskunftspflicht haben. Zudem unterstreicht das Urteil die unbedingte Einhaltung der einjährigen Anfechtungsfrist nach § 124 BGB bei arglistiger Täuschung, von der auch nicht durch Verweis auf Fürsorgepflichten des Vertragspartners abgewichen werden kann.

Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Arglistige Täuschung im Versicherungsrecht und welche Konsequenzen hat sie?

Was bedeutet arglistige Täuschung im Versicherungsrecht und welche Konsequenzen hat sie?

Im Versicherungsrecht spricht man von arglistiger Täuschung, wenn jemand beim Abschluss eines Versicherungsvertrages oder auch später bewusst unwahre Angaben macht oder wichtige Tatsachen verschweigt, um den Versicherer zu einem Vertragsabschluss oder zu bestimmten Vertragsbedingungen zu bewegen, die dieser sonst nicht oder nur anders akzeptiert hätte.

Stellen Sie sich vor, Sie beantragen eine Versicherung. Der Versicherer benötigt von Ihnen bestimmte Informationen, um Ihr Risiko einschätzen zu können und Ihnen ein passendes Angebot zu machen (z.B. zu Ihrem Gesundheitszustand bei einer Krankenversicherung, zu Vorschäden an einem Auto bei einer Kfz-Versicherung). Diese Informationspflicht, die Sie als Versicherungsnehmer haben, nennt man vorvertragliche Anzeigepflicht.

Was „Arglist“ konkret bedeutet

Arglist liegt vor, wenn Sie wissentlich und willentlich falsche Angaben machen oder wichtige Informationen zurückhalten.

  • Wissentlich heißt: Sie wissen, dass die Information falsch ist oder dass Sie etwas Wichtiges verschweigen.
  • Willentlich heißt: Sie tun dies mit der Absicht, den Versicherer zu täuschen, damit dieser einen Vertrag abschließt, den er bei Kenntnis der Wahrheit nicht abgeschlossen hätte, oder Ihnen günstigere Konditionen gewährt.

Es ist also mehr als nur ein Versehen oder eine Nachlässigkeit. Es geht darum, den Versicherer bewusst in die Irre zu führen.

Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?

Damit von arglistiger Täuschung die Rede sein kann, müssen typischerweise folgende Punkte erfüllt sein:

  1. Es gab eine Täuschungshandlung: Sie haben aktiv falsche Angaben gemacht oder relevante Fakten verschwiegen.
  2. Diese Täuschung war arglistig: Sie wussten, dass die Angaben falsch waren, und handelten in Täuschungsabsicht.
  3. Der Versicherer wurde durch die Täuschung zu einer Entscheidung verleitet, die er sonst nicht getroffen hätte (z.B. Annahme des Antrags).
  4. Die getäuschte Information war für die Entscheidung des Versicherers auch ursächlich (relevant).

Welche Konsequenzen hat arglistige Täuschung?

Die Konsequenzen arglistiger Täuschung im Versicherungsrecht sind schwerwiegend für den Versicherungsnehmer:

  • Anfechtung des Vertrags: Der Versicherer kann den Versicherungsvertrag anfechten. Das bedeutet, der Vertrag wird so behandelt, als wäre er von Anfang an unwirksam gewesen.
  • Leistungsfreiheit des Versicherers: Im schlimmsten Fall muss der Versicherer im Schadenfall nicht leisten. Dies gilt oft auch dann, wenn der Schaden gar nichts mit der Information zu tun hat, über die getäuscht wurde. Denn die arglistige Täuschung betrifft die Grundlage des Vertrags selbst.
  • Rückforderung von Leistungen: Hat der Versicherer bereits Leistungen aufgrund des Vertrags erbracht, kann er diese unter Umständen zurückfordern.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Arglistige Täuschung ist ein schwerwiegendes Fehlverhalten im Versicherungsrecht, bei dem bewusst falsche Informationen gegeben oder wichtige Fakten verschwiegen werden. Die Hauptkonsequenz für den Versicherungsnehmer ist, dass der Versicherer vom Vertrag zurücktreten kann und im Schadenfall keine Leistung erbringen muss. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, alle Fragen des Versicherers wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten.


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Welche Rolle spielt die Anfechtungsfrist gemäß § 124 BGB bei der Geltendmachung von arglistiger Täuschung?

Welche Rolle spielt die Anfechtungsfrist gemäß § 124 BGB bei der Geltendmachung von arglistiger Täuschung?

Wenn Sie eine rechtliche Erklärung abgegeben haben, zum Beispiel einen Vertrag unterschrieben, weil Sie von jemandem arglistig getäuscht wurden, gibt Ihnen das Gesetz die Möglichkeit, diese Erklärung nachträglich unwirksam zu machen. Diesen Vorgang nennt man Anfechtung.

Arglistige Täuschung bedeutet, dass jemand Sie bewusst und absichtlich über wichtige Tatsachen in die Irre geführt hat, um Sie zu Ihrer Erklärung zu bewegen.

Allerdings können Sie eine solche Erklärung nicht unbegrenzt lange anfechten. Hier kommt die Anfechtungsfrist ins Spiel. Sie ist eine zeitliche Begrenzung, innerhalb derer die Anfechtung erklärt werden muss. Diese Frist soll für Rechtssicherheit sorgen.

Die Fristen nach § 124 BGB

Für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sind die Fristen in § 124 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt.

  • Die Hauptfrist beträgt ein Jahr. Das bedeutet, Sie müssen die Anfechtung innerhalb eines Jahres erklären.
  • Wann beginnt diese Jahresfrist? Sie beginnt nicht, wenn Sie die Erklärung abgegeben haben, sondern erst dann, wenn Sie als die getäuschte Person die Täuschung entdeckt haben. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen etwas und bemerken erst Monate später durch Zufall, dass der Verkäufer Sie bewusst über eine wesentliche Eigenschaft getäuscht hat. Die Jahresfrist beginnt in dem Moment, in dem Sie diese Täuschung aufdecken.
  • Es gibt zusätzlich eine absolute Höchstgrenze: Die Anfechtung ist in jedem Fall ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe Ihrer Erklärung zehn Jahre vergangen sind. Diese Frist gilt unabhängig davon, wann Sie die Täuschung entdeckt haben.

Was passiert, wenn die Frist versäumt wird?

Die Anfechtungsfrist ist eine sogenannte Ausschlussfrist. Das bedeutet: Wenn Sie die Frist verpassen – also die Anfechtung nicht innerhalb des Jahres ab Kenntnis der Täuschung oder innerhalb der maximal zehn Jahre ab Abgabe der Erklärung erklären – verlieren Sie das Recht, die Erklärung wegen der Täuschung anzufechten.

Die ursprünglich abgegebene Erklärung, zum Beispiel Ihr Vertragsabschluss, bleibt dann gültig und wirksam, auch wenn sie ursprünglich auf der Täuschung beruhte. Eine spätere Anfechtung ist nicht mehr möglich. Die Frist spielt also eine entscheidende Rolle: Sie bestimmt, wie lange Sie Zeit haben, auf eine arglistige Täuschung rechtlich zu reagieren.


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Was bedeutet „Darlegungslast“ in Bezug auf den Nachweis einer Täuschung?

Was bedeutet „Darlegungslast“ in Bezug auf den Nachweis einer Täuschung?

Der Begriff „Darlegungslast“ beschreibt im deutschen Recht, dass eine Partei, die sich auf bestimmte Tatsachen beruft, um daraus Rechte abzuleiten, diese Tatsachen konkret und detailliert dem Gericht mitteilen muss. Es ist sozusagen die „Pflicht zum Sachvortrag“. Man muss seine Geschichte erzählen und dabei alle wichtigen Einzelheiten benennen.

Wenn Sie sich zum Beispiel auf eine Täuschung berufen, etwa um einen Vertrag anzufechten, dann müssen Sie als die Person, die getäuscht wurde und nun etwas erreichen möchte, die Fakten der Täuschung genau darlegen. Es reicht nicht, nur zu behaupten „Ich wurde getäuscht“. Sie müssen dem Gericht schildern, was genau passiert ist.

Was muss konkret dargelegt werden?

Um eine Täuschung darzulegen, müssen Sie unter anderem folgende Punkte konkret vortragen:

  • Die Täuschungshandlung: Was hat die andere Person gesagt oder getan, das Sie als falsch ansehen, oder welche wichtige Information wurde Ihnen verschwiegen? Nennen Sie den genauen Wortlaut, wenn möglich, oder beschreiben Sie die Handlung präzise.
  • Die Unwahrheit: Sie müssen darlegen, warum die Aussage falsch war oder warum die verschwiegene Information wesentlich war.
  • Der Vorsatz: Sie müssen Fakten vortragen, die darauf hindeuten, dass die andere Person wusste, dass ihre Aussage falsch war, oder dies zumindest in Kauf genommen hat, um Sie zu täuschen.
  • Die Kausalität (der Zusammenhang): Sie müssen darlegen, dass Sie wegen dieser konkreten Täuschung eine bestimmte Handlung vorgenommen haben (z.B. den Vertrag unterschrieben oder etwas gekauft haben).

Wie werden die Fakten bewiesen?

Die Darlegungslast ist die Pflicht, die Tatsachen zu schildern. Wenn die Gegenseite die von Ihnen vorgetragenen Fakten bestreitet, müssen Sie diese beweisen. Dafür gibt es im deutschen Recht verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel durch Zeugen, Dokumente (wie Verträge, E-Mails oder Fotos) oder Gutachten. Bei der Darlegung der Fakten gehört es auch dazu, dass Sie angeben, welche Beweise Sie für Ihre Behauptungen haben, damit das Gericht prüfen kann, ob Ihre Geschichte beweisbar ist.

Was passiert, wenn die Darlegung nicht ausreicht?

Wenn Sie Ihrer Darlegungslast nicht nachkommen, das heißt, Sie die notwendigen Fakten für die Täuschung nicht oder nicht ausreichend detailliert und konkret vortragen, dann kann das Gericht Ihre Klage oder Ihren Antrag abweisen. Das liegt daran, dass dem Gericht die notwendige Grundlage fehlt, um den Sachverhalt rechtlich auf eine Täuschung zu prüfen. Selbst wenn Sie tatsächlich getäuscht wurden, aber die Fakten nicht ordentlich vortragen, können Sie im Prozess nicht gewinnen.


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Kann sich ein Unternehmen auf arglistige Täuschung berufen, wenn die Täuschung durch einen eigenen Mitarbeiter begangen wurde?

Kann sich ein Unternehmen auf arglistige Täuschung berufen, wenn die Täuschung durch einen eigenen Mitarbeiter begangen wurde?

Grundsätzlich gilt im Recht der wichtige Gedanke, dass Handlungen und Wissen von Mitarbeitern, die diese im Rahmen ihrer Tätigkeit für das Unternehmen ausüben, oft dem Unternehmen zugerechnet werden. Das bedeutet, das Unternehmen wird so behandelt, als hätte es selbst gehandelt oder das Wissen gehabt, das der Mitarbeiter hatte.

Wenn also ein Mitarbeiter eine arglistige Täuschung begeht – das ist eine bewusste Irreführung eines anderen, um ihn zu einem bestimmten Handeln zu bewegen – und er dies im Zusammenhang mit seiner Arbeit für das Unternehmen tut, dann kann dieses Verhalten dem Unternehmen zugerechnet werden.

Dies hat zur Folge, dass das Unternehmen sich in der Regel nicht selbst auf diese Täuschung berufen kann. Wenn zum Beispiel der Mitarbeiter etwas Bestimmtes wusste oder absichtlich falsch dargestellt hat, gilt dieses Wissen oder diese Handlung rechtlich oft als Wissen oder Handlung des Unternehmens. Das Unternehmen kann dann nicht erfolgreich geltend machen, es sei unwissend getäuscht worden, wenn sein „verlängerter Arm“ – der Mitarbeiter – involviert war oder Bescheid wusste.

Stellen Sie sich vor, der Mitarbeiter ist wie ein Beauftragter des Unternehmens. Was der Beauftragte im Rahmen seiner Befugnisse erfährt oder tut, wird seinem Auftraggeber (dem Unternehmen) zugerechnet.

Die interne Organisation des Unternehmens ändert an dieser grundsätzlichen Zurechnung oft nichts. Selbst wenn es interne Regeln gab, die der Mitarbeiter missachtet hat, kann sein Wissen oder seine Handlung, sofern sie im Zusammenhang mit seiner Aufgabe stattfand, dem Unternehmen zugerechnet werden.

Für Sie bedeutet das: Wenn ein Mitarbeiter in einer Situation der Täuschung eine Rolle spielte, kann dieses Verhalten des Mitarbeiters die Position des Unternehmens erheblich beeinflussen und es möglicherweise daran hindern, sich auf die Täuschung zu berufen.


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Welche Möglichkeiten hat ein Versicherungsnehmer, wenn der Versicherer die Leistung unter Berufung auf arglistige Täuschung verweigert?

Welche Möglichkeiten hat ein Versicherungsnehmer, wenn der Versicherer die Leistung unter Berufung auf arglistige Täuschung verweigert?

Wenn ein Versicherer die Zahlung verweigert und sich dabei auf „arglistige Täuschung“ beruft, bedeutet das in der Regel, dass der Versicherer davon ausgeht, der Versicherungsnehmer hat bei Vertragsabschluss oder im Schadenfall absichtlich falsche oder unvollständige Angaben gemacht, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Für Sie als Versicherungsnehmer kann dies eine schwierige Situation sein, da die gewünschte Leistung aus der Versicherung nicht erbracht wird. Es gibt jedoch Schritte, die in solchen Fällen grundsätzlich offenstehen, um die Entscheidung des Versicherers zu überprüfen.

Die Entscheidung des Versicherers prüfen und Widerspruch einlegen

Zunächst ist es wichtig, das Schreiben des Versicherers genau zu lesen. Darin muss der Versicherer begründen, warum er von arglistiger Täuschung ausgeht und die Leistung verweigert. Sie sollten verstehen, welche konkreten Behauptungen der Versicherer aufstellt.

Wenn Sie mit der Entscheidung des Versicherers nicht einverstanden sind und davon überzeugt sind, dass keine arglistige Täuschung vorlag, können Sie Widerspruch gegen die Entscheidung einlegen. Dieser Widerspruch wird schriftlich an den Versicherer gerichtet. In diesem Schreiben können Sie Ihre Sicht der Dinge darlegen und die Behauptungen des Versicherers entkräften. Es ist hilfreich, wenn Sie Ihre Darstellung mit Unterlagen oder anderen Beweismitteln untermauern können, die zeigen, dass Ihre Angaben korrekt waren oder dass Sie nicht in betrügerischer Absicht gehandelt haben.

Ein solcher Widerspruch kann dazu führen, dass der Versicherer den Fall erneut prüft.

Mögliche weitere Schritte

Führt der Widerspruch beim Versicherer nicht zum Erfolg, gibt es weitere Möglichkeiten, die Entscheidung überprüfen zu lassen:

  • Anrufung des Versicherungsombudsmanns: Für viele Versicherungsarten gibt es eine neutrale Schlichtungsstelle, den Versicherungsombudsmann. Sie können den Fall dort zur außergerichtlichen Klärung einreichen. Das Verfahren beim Ombudsmann ist in der Regel kostenfrei.
  • Klage vor Gericht: Wenn auch die Schlichtung nicht erfolgreich ist oder Sie diesen Weg nicht gehen möchten, besteht die Möglichkeit, Klage gegen den Versicherer bei Gericht einzureichen. Das Gericht prüft dann den Sachverhalt und entscheidet, ob der Versicherer zur Leistung verpflichtet ist.

Fristen und Beweise

Bei solchen Auseinandersetzungen spielen Fristen eine wichtige Rolle. Für die Einlegung von Widersprüchen oder die Anrufung des Ombudsmanns können interne Fristen des Versicherers oder der Schlichtungsstelle gelten. Für eine Klage vor Gericht gibt es gesetzliche Fristen, insbesondere die Verjährungsfrist für den Versicherungsanspruch selbst. Es ist entscheidend, diese Fristen im Auge zu behalten, um keine Rechte zu verlieren.

Hinsichtlich der Beweismittel gilt bei der Behauptung der arglistigen Täuschung oft, dass der Versicherer die Beweislast trägt. Das bedeutet, der Versicherer muss nachweisen, dass tatsächlich eine arglistige Täuschung durch den Versicherungsnehmer vorlag. Sie als Versicherungsnehmer müssen also in erster Linie die Vorwürfe des Versicherers widerlegen und gegebenenfalls Beweise vorlegen, die Ihre Ehrlichkeit oder die Richtigkeit Ihrer Angaben belegen (z.B. Kopien von Antragsunterlagen, E-Mails, Zeugenaussagen etc.). Das Ziel ist es, die Behauptung des Versicherers, Sie hätten absichtlich getäuscht, zu entkräften.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Anfechtung

Die Anfechtung ist ein rechtliches Mittel, mit dem eine Partei eine bereits abgegebene Willenserklärung oder ein Rechtsgeschäft rückwirkend für ungültig erklären kann, wenn sie unter bestimmten Umständen zustande gekommen ist. Diese Gründe können etwa Irrtum, Drohung oder arglistige Täuschung sein (§§ 119 ff. BGB). Die Anfechtung führt dazu, dass das Geschäft von Anfang an als nichtig gilt, wodurch Nachteile und Verpflichtungen aus diesem Rechtsgeschäft entfallen. Im beschriebenen Fall wollte das Unternehmen eine Willenserklärung anfechten, weil es sich durch seinen eigenen Mitarbeiter getäuscht sah.

Beispiel: Sie kaufen ein gebrauchtes Auto, das Ihnen als unfallfrei verkauft wurde. Später stellen Sie fest, dass es erhebliche Unfallschäden hatte und der Verkäufer dies bewusst verschwiegen hat. Sie können die Kaufvertragserklärung anfechten, um vom Vertrag zurückzutreten.


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Arglistige Täuschung

Arglistige Täuschung liegt vor, wenn jemand bewusst falsche Angaben macht oder wichtige Tatsachen verschweigt, um einen anderen irrezuführen und zu einer für ihn nachteiligen oder ungünstigen Handlung zu veranlassen (§ 123 BGB). Entscheidend ist, dass der Täuschende vorsätzlich und absichtlich handelt, also weiß, dass seine Angaben falsch sind, und dies einsetzt, um das Vertrauen zu missbrauchen. Im Fall war die Behauptung, der Mitarbeiter habe arglistig falsche Angaben gemacht, ein zentraler Punkt. Diese Täuschung kann eine Anfechtung eines Vertrags oder einer Willenserklärung rechtfertigen.

Beispiel: Ein Verkäufer verschweigt absichtlich vorhandene Schäden an einem Produkt, um es zu einem höheren Preis verkaufen zu können.


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Darlegungslast

Die Darlegungslast bezeichnet die Verpflichtung einer Partei im Prozess, die für ihren Anspruch oder ihre Verteidigung erforderlichen Fakten so konkret und ausführlich vorzutragen, dass das Gericht den Sachverhalt nachvollziehen kann. Wer sich also auf eine arglistige Täuschung beruft, muss genau schildern, was die Täuschung war, wie diese stattgefunden hat, und warum sie arglistig war. Dabei reicht es nicht, nur pauschal Täuschung zu behaupten, sondern es sind konkrete Anhaltspunkte und Beweise erforderlich. Das Unternehmen hatte diese Darlegungspflicht im Verfahren nicht erfüllt.

Beispiel: Wenn Sie behaupten, dass ein Mitarbeiter wissentlich falsche Angaben gemacht hat, müssen Sie darlegen, was dieser genau gesagt oder verschwiegen hat und warum Sie dies als bewusste Täuschung verstehen.


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Anfechtungsfrist (§ 124 BGB)

Die Anfechtungsfrist ist die gesetzliche zeitliche Grenze, innerhalb der eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt werden muss. Gemäß § 124 Absatz 1 BGB beträgt diese Frist ein Jahr und beginnt erst, wenn der Getäuschte die Täuschung entdeckt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erkennen können. Nach Ablauf dieser Frist ist die Anfechtung ausgeschlossen, auch wenn die Täuschung tatsächlich vorlag. Dies dient der Rechtssicherheit und verhindert, dass ältere Rechtsgeschäfte unbegrenzt angefochten werden können. Im Fall konnte das Unternehmen die Frist nicht einhalten oder nicht nachweisen, wann es von der Täuschung Kenntnis erlangte.

Beispiel: Sie unterschreiben einen Vertrag aufgrund falscher Angaben und erfahren erst Monate später davon – ab diesem Zeitpunkt läuft die Jahresfrist für eine Anfechtung.


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Zurechnung von Wissen und Handeln eines Mitarbeiters zum Unternehmen

Im deutschen Recht wird das Wissen und Verhalten eines Mitarbeiters, das innerhalb seines Aufgabenbereichs geschieht, dem Unternehmen rechtlich zugerechnet. Das bedeutet, das Unternehmen kann sich in der Regel nicht auf eine Täuschung oder andere Verfehlungen seines Mitarbeiters berufen, wenn diese im Rahmen seiner Tätigkeit erfolgten, da diese Handlungen dem Unternehmen rechtlich zugeordnet werden. Im vorliegenden Fall war dies zentral, weil das Unternehmen nicht als „Opfer“ einer Täuschung durch den eigenen Mitarbeiter galt, sondern das Verhalten des Mitarbeiters dem Unternehmen zugerechnet wurde.

Beispiel: Wenn ein Vertriebsmitarbeiter in einem Unternehmen falsche Angaben gegenüber Geschäftspartnern macht, wird das Unternehmen dafür verantwortlich gemacht, nicht der einzelne Mitarbeiter allein.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 123 BGB (Anfechtung wegen Täuschung): Diese Norm regelt, dass eine Willenserklärung anfechtbar ist, wenn sie durch arglistige Täuschung zustande gekommen ist. Die Anfechtung führt zur Nichtigkeit der Willenserklärung, wenn die Täuschung nachdem der Anfechtende davon Kenntnis erlangt hat, innerhalb der Frist erklärt wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Unternehmen wollte seine nachteilige Willenserklärung wegen angeblicher Täuschung durch seinen eigenen Mitarbeiter anfechten, um daraus resultierende Zahlungsansprüche gegenüber der Versicherung durchzusetzen.
  • § 124 BGB (Anfechtungsfrist bei arglistiger Täuschung): Hier ist die besondere Anfechtungsfrist von einem Jahr geregelt, die mit Kenntnis der Täuschung zu laufen beginnt. Diese Frist ist zwingendes Recht und nicht abdingbar. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG stellte fest, dass die einjährige Anfechtungsfrist nicht eingehalten oder nicht nachgewiesen wurde, was die Anfechtung entwertet und zur Abweisung der Klage führte.
  • Darlegungslast im Zivilprozess (insbesondere sekundäre Darlegungslast): Die Partei, die eine arglistige Täuschung behauptet, muss diese Tatsachen substantiiert darlegen und beweisen. Eine bloße Behauptung reicht nicht aus; es müssen konkrete Indizien oder Umstände vorgetragen werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Unternehmen konnte weder die Täuschungshandlung noch die Arglist seines Mitarbeiters schlüssig darlegen, sodass das Gericht keine Grundlage für die Anfechtung sah.
  • Arbeitsrechtliche Nebenpflichten (§ 611a BGB analog): Arbeitnehmer haben im Arbeitsverhältnis eine Nebenpflicht zur Wahrheit und Auskunft gegenüber dem Arbeitgeber hinsichtlich relevanter Umstände. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG lehnte es ab, den Mitarbeiter als Zeugen zu vernehmen, da das Unternehmen seiner Pflicht, den Mitarbeiter um Auskunft zu bitten, nicht nachgekommen war und deshalb die Tatsachen fehlten.
  • § 97 ZPO (Kostenlast bei unterlegener Partei): Der Verlierer eines Zivilprozesses trägt grundsätzlich die Kosten des Rechtsstreits. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Klage und Berufung des Unternehmens erfolglos blieben, wurden diesem die Kosten des Verfahrens auferlegt.
  • § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO (Vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen): Gerichtliche Entscheidungen können vorläufig vollstreckbar erklärt werden, um die Durchsetzung von Ansprüchen trotz Rechtsmittel zu ermöglichen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das zur Zahlung verpflichtete Unternehmen musste trotz Berufung die Vollstreckung der Abweisung hinnehmen.

Das vorliegende Urteil


OLG Frankfurt – Az.: 3 U 178/16 – Beschluss vom 09.04.2018


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