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Leistungsfreiheit  Betriebshaftpflichtversicherung – Erfüllungsschäden bei Werkvertrag

OLG Köln – Az.: 9 U 32/01 – Urteil vom 30.10.2001

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.01.2001 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 24 O 402/00 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen dürfen auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank, Raiffeisenbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit der Klage die Feststellung, dass die Beklagte zur Gewährung von Versicherungsschutz aus einer Betriebshaftpflichtversicherung hinsichtlich von Schäden an den bei einem Bauvorhaben in C2 verlegten Granitplatten verpflichtet ist.

Zwischen den Parteien besteht eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von 1 Million DM, der die AHB (Fassung 10/85, Bl. 38 ff.) zugrunde liegen. Die Klägerin wurde im Sommer 1997 von der Firma C und Verwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG (C KG) mit der Verlegung von Granitplatten im Rahmen eines Bauvorhabens S B in C2 beauftragt. Zum Leistungsumfang gehörten auch die erforderlichen Vorarbeiten, insbesondere die Herstellung und Einbringung des entsprechenden Untergrundes, für den Natursteinsplitt ausgeschrieben war. Nach Durchführung der Arbeiten wurden gegenüber der Klägerin verschiedene Mängel gerügt, insbesondere eine fehlende Gebrauchsfähigkeit der Fahrflächen, eine Verschiebung der Platten, eine Pfützenbildung und Verfärbungen.

Nachdem bei einer Begehung vom 17.11.1997 verschiedene Mängel festgehalten worden waren (vgl. im einzelnen das „technische Abnahmeprotokoll“ vom 17.11.1997, Bl. 164 ff.), lehnte der Bauleiter W am 02.12.1997 die Abnahme ab. Dies bestätigte die Klägerin in einem Schreiben an die C KG, dass das Datum vom 28.11.1997 trägt, und wies u. a. darauf hin, die Abnahme sei mit der Begründung abgelehnt worden, die Plattenflächen seien wegen des Aufbaus und der dadurch bedingten instabilen Lage nicht nutzungsfähig (Bl. 236 ff.). Unter dem 16.12.1997 erstellte der Geschäftsführer der Klägerin einen Aktenvermerk, in dem er u. a. den Standpunkt von Herrn u2 der C KG referierte. Darin wird ausgeführt, Herr u2 sei mit dem derzeitigen Zustand der Plattenfläche nicht einverstanden. Der Schaden müsse beseitigt werden und zwar wahrscheinlich durch Neuverlegung. Für die Kosten müsse auch die Klägerin aufkommen (KG 6 U 9187/00, Anl. B 3.3). In einem weiteren Schreiben der Klägerin an die C KG vom 22.12.1997 wurde nochmals die fehlende Gebrauchsfähigkeit der Fahrflächen als Grund für die Abnahmeverweigerung genannt (Bl. 44 ff.).

Zwischen der Klägerin und der W GmbH & Co. KG (W KG) bestand ein Maklervertrag. Darin wurde der Makler mit der Vermittlung und Verwaltung von Versicherungsverträgen sowie darüber hinaus mit der Wahrnehmung der Interessen des Auftraggebers gegenüber den Versicherern beauftragt (Bl. 242). Von diesem Maklerbüro wurde Anfang November 1997 der Sachverständige P hinzugezogen, der mit dem Geschäftsführer der Klägerin am 16.12.1997 eine Begehung des Bauvorhabens abhielt. Unter dem 16.01.1998 führte der Sachverständige P in einem Kurzbericht u. a. aus, seine Beauftragung sei im Zusammenhang mit der Abwehr unberechtigter Schadensersatzforderungen erfolgt. Der Schaden sei erheblich und könne zwischen 400.000,00 DM und 700.000,00 DM liegen (Bl. 49).

Mit Schreiben vom 09.01.1998 wurde von der W KG der Versicherungsfall bei der Beklagten angemeldet (Bl. 42). Nach einem weiteren Kurzbericht des Sachverständigen P teilte die Beklagte mit Schreiben vom 24.02.1998 der W KG mit, es bestehe kein Versicherungsschutz (Bl. 52).

Am 10.02.1998 leitete die C KG ein selbständiges Beweisverfahren wegen der Mängel ein. In dem Sachverständigengutachten wurde u. a. festgestellt, dass ein Gefällemangel bestehe und anstelle der verlegten Platten die Verlegung von Pflaster oder ein Verbund mit Kreuzfugen erforderlich gewesen wäre. Die festgestellten Verfärbungen beruhen nach dem Gutachten darauf, dass die von der Klägerin als Bettungsmaterial verwandte Grauwacke eisenschüssige Bestandteile enthält, so dass es unter Einfluss von Wasser zu einer Ionenwanderung und letztlich zu den Verfärbungen kommt.

Die C KG erhob vor dem Landgericht Berlin (Aktenzeichen: 21 O 394/99) u. a. gegen die Klägerin des vorliegenden Verfahrens Klage auf Vornahme bestimmter Mängelbeseitigungsarbeiten. Während jenes Rechtsstreits meldete die Klägerin der Beklagten den Schaden nochmals mit Schreiben vom 01.02.2000 (Bl. 11 ff.). Nach der Überreichung weiterer angeforderter Unterlagen lehnte die Beklagte Versicherungsschutz mit Schreiben vom 22.03.2000, das bei der Klägerin am 28.03.2000 einging, abermals ab (Bl. 20). Durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 10.10.2000 wurde die Klägerin dazu verurteilt, die im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel, nämlich Plattenverschiebungen, Pressfugen und Kantenabplatzungen, Gefällemängel und Pfützenbildung sowie Verfärbungen auf der Grundlage bestimmter Planungsunterlagen zu beseitigen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil in der zu Informationszwecken beigezogenen Akte KG 6 U 9187/00 (= LG Berlin 21 O 394/99), dort Band 2, Bl. 129 ff., Bezug genommen. Die hiesige Klägerin hat das Urteil mit der Berufung angefochten, über die noch nicht entschieden ist.

Die Kosten der Neuverlegung der Platten beziffert die Klägerin auf ca. 700.000,00 DM. Außerdem befürchtet sie im Zuge der Neuverlegung entstehende weitere Schadensersatzansprüche oder Betriebsausfallansprüche der C KG  oder anderer Anlieger. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte schulde Versicherungsschutz, da die erforderliche Neuverlegung letztlich auf die Verfärbungen der Granitplatten zurückzuführen sei. Die Verlegung als solche sei in Ordnung gewesen, so dass es sich bei den Verfärbungen um Mangelfolgeschäden handele, für die der Versicherungsschutz nicht ausgeschlossen sei. Sie hat behauptet, sie habe den Architekten bzw. Bauherrn mehrfach darauf hingewiesen, dass die vorgesehenen Platten und die Verlegungsart für die befahrbaren Flächen nicht ordnungsgemäß seien.

Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Versicherungsschutz aus der Haftpflichtversicherung Nr. ###/### für das Versicherungsereignis betreffend das Bauvorhaben S B, C, Schäden an den dort verlegten Granitplatten (Haftpflichtschaden – Nr. XXX) zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Einrede der Verjährung mit der Begründung erhoben, gegenüber der Klägerin seien Ansprüche bereits im Jahre 1997 geltend gemacht worden, so dass die zweijährige Verjährungsfrist Ende 1999 abgelaufen sei. Auch unter Berücksichtigung von kurzzeitigen Hemmungszeiträumen sei die Verjährung bereits vor Klageerhebung eingetreten. Im übrigen ist die Beklagte der Ansicht, nach § 4 I  Nr. 6 Abs. 3 AHB und nach § 4 II Nr. 5 AHB bestehe kein Versicherungsschutz, da gegenüber der Klägerin ausschließlich Erfüllungsschäden bzw. Erfüllungssurrogate geltend gemacht würden.

Die Klage ist am 22.09.2000 beim Landgericht eingegangen und am 23.10.2000 zugestellt worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der geltend gemachte Haftungsanspruch falle im Wesentlichen, nämlich soweit es um die Mängelbeseitigung gehe, gemäß § 4 II Nr. 5 AHB nicht unter den Versicherungsschutz. Im übrigen seien die Ansprüche jedenfalls verjährt, da die Verjährungsfrist bereits mit dem Ende des Jahres 1997 begonnen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf das am 11.01.2001 verkündete Urteil (Bl. 174 ff.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17.01.2001 zugestellt worden ist, hat die Klägerin mit einem am 19.02.2001, einem Montag, eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach zweimaliger Fristverlängerung bis zum 03.05.2001 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie beruft sich insbesondere darauf, die von ihr durchgeführte Plattenverlegung sei letztlich nicht mangelhaft gewesen. Ihr sei lediglich der Vorwurf zu machen, entsprechend ihren angemeldeten Bedenken nicht auf anderen, erforderlichen Vorarbeiten und auf einer anderen Ausführungsart hinsichtlich des Planums und der verwendeten Platten bestanden zu haben. Demzufolge gehe es nicht um eine Schlechtleistung der Klägerin, sondern um einen typischen Mangelfolgeschaden, der durch § 4 AHB nicht ausgeschlossen sei. Die Verjährungseinrede greife deshalb nicht durch, weil seitens der C KG erstmals unter dem 10.02.1998 – das ist unstreitig – schriftlich Schäden geltend gemacht worden seien. Bei den vorausgegangenen Gesprächen und in der diesbezüglichen Korrespondenz sei es nicht um die nunmehr streitgegenständlichen Schäden gegangen. Ferner sei das Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 24.02.1998 vom Versicherungsmakler nicht an sie weitergeleitet worden. Der Zeuge u der W KG habe der Beklagten telefonisch mitgeteilt, dass von ihm eine Deckungsablehnung nicht veranlasst werde. Schließlich könne die Beklagte sich nach Treu und Glauben mangels Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG und wegen der erneuten sachlichen Prüfung im Jahr 2000 nicht auf die Verjährungseinrede berufen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Landgerichtsurteils nach ihren erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen,

hilfsweise ihr nachzulassen, etwaige Sicherheit durch Beibringung der Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank, Raiffeisenbank oder Sparkasse erbringen zu dürfen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen;

im Fall einer von ihr zu stellenden Sicherheitsleistung ihr zu gestatten, diese auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

Die Beklagte behauptet ergänzend, bei der Abnahmeverweigerung durch den Bauleiter W am 02.12.1997 habe dieser bereits eine Nachbesserung in Form der Neuverlegung der Platten und eine Haftung für Folgekosten geltend gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die beigezogene Akte KG 6 U 9187/00, die zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte zur Gewährung von Versicherungsschutz wegen der Schäden an den bei dem Bauvorhaben S B in C verlegten Granitplatten verpflichtet ist. Der von der Beklagten nach § 1 Nr. 1 AHB grundsätzlich geschuldete Versicherungsschutz umfasst diese Schäden gemäß § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB nicht. Darüber hinaus greift die Verjährungseinrede der Beklagten durch (§ 12 Abs. 1 VVG).

I. Versicherungsschutz ist für alle in Betracht kommenden Ansprüche bzw. Schäden im Zusammenhang mit der Verlegung der Granitplatten nach § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung ist die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllungsleistung tretende Ersatzleistung nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung.

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es für den Umfang des Versicherungsschutzes nicht darauf an, ob es sich werkvertraglich um einen Mangelfolgeschaden handelt. Die Frage, welche Schäden als Erfüllungsschaden vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, ist vielmehr unabhängig davon unter versicherungsrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen (BGH, VersR 1985, S. 1153). Nach gefestigter Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, umfasst beim Werkvertrag das Erfüllungsinteresse des Bestellers zunächst die Neuherstellung des Werks und die Beseitigung von Mängeln (BGH, VersR 1978, S. 219, 220; OLG Naumburg, VersR 1997, S. 179; Voit in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl. 1998, § 4 AHB Rn. 79). Darüber hinaus besteht auch für Schäden, die dem Besteller zur Behebung des Mangels zugefügt werden müssen, kein Versicherungsschutz (BGH, VersR 1991, S. 293; OLG Hamm, VersR 1992, S. 730, 731). Um ein ebenfalls vom Versicherungsschutz ausgeschlossenes Erfüllungssurrogat handelt es sich, wenn der Schadensersatz das unmittelbare Interesse des Gläubigers am eigentlichen Leistungsgegenstand befriedigen soll. Dazu gehört auch Nutzungsausfall des Gläubigers selbst oder Dritter (BGH, VersR 1985, S. 1153 f.; OLG Köln, VersR 1985, S. 933 f.; OLG Naumburg, a. a. O.). Das gilt insbesondere auch dann, wenn Gewinnentgang oder sonstige Schäden dadurch bedingt sind, dass eine Nutzung während der Zeit der erforderlichen Mängelbeseitigungsarbeiten nicht oder nur eingeschränkt möglich ist (OLG Stuttgart, VersR 2001, S. 187; OLG Frankfurt, VersR 1982, S. 790, 791).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin zunächst keinen Anspruch auf Versicherungsschutz, soweit es um Mängelbeseitigungsarbeiten geht. Die von der C KG begehrte Mängelbeseitigung, zu der die Klägerin durch das Urteil des Landgerichts Berlin vom 10.10.2000 verurteilt worden ist, stellt insgesamt keinen Haftpflichtversicherungsfall dar. Denn die Plattenverschiebungen, fehlerhaften Pressfugen und Kantenabplatzungen, die Gefällemängel und die Pfützenbildung sowie die Verfärbungen sind von der Klägerin deshalb zu beseitigen, weil dies für eine vertragsgerechte Erstellung ihres Werkes erforderlich ist. Es geht insoweit um das ursprüngliche Erfüllungsinteresse der C KG. Das gilt insbesondere auch für die Rostverfärbungen der Platten. Denn diese beruhen zumindest auch auf der Verwendung des von der Klägerin aufgebrachten Untergrundes, sind also durch die von der Klägerin geschuldete Erfüllungsleistung bedingt.

Der Einwand der Klägerin, letztlich sei ihr nur der Vorwurf zu machen, dass sie nicht darauf bestanden habe, dass zunächst bestimmte Vorarbeiten erledigt wurden und anderes Material bzw. andere Platten verwendet wurden, greift nicht. Wenn die Klägerin ihre Arbeiten trotz falscher Vorgaben und von ihr erkennbarer Planungsfehler dennoch ausgeführt hat und sich sodann Mängel zeigen,  liegt ebenfalls eine mangelhafte Herstellung vor. Kommt ein Unternehmer seiner Prüfungs- und Hinweispflicht gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B nicht nach, so ist seine Werkleistung mangelhaft und löst Gewährleistungsansprüche des Bauherrn aus (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl. 1999, Rn. 1519).

Dabei ist es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits unerheblich, ob die Klägerin ihrer Hinweispflicht nicht nachgekommen ist und ob sie tatsächlich mangelhaft gearbeitet hat. Dies ist allein im Haftpflichtprozess zu entscheiden (vgl. BGH, VersR 1992, S. 568, 569). Vorliegend kommt es nur darauf an, dass es bei den gegenüber der Klägerin geltend gemachten etwaigen Mängeln ihres Werkes allein um das ursprüngliche, nicht vom Versicherungsschutz umfasste Erfüllungsinteresse geht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Klägerin hinsichtlich der Mängelbeseitigung bestimmte Planvorgaben aus einer Sanierungsplanung B. sowie nach einer technischen Planungsgrundlage des Dipl.-Ing. M gemacht worden sind. Dabei handelt es sich nicht – wie die Klägerin meint – um einen anderen Leistungsgegenstand. Die neuen Planungsgrundlagen sollen dazu dienen, dass die Klägerin die von ihr von Anfang an geschuldete Werkleistung bei einer Neuherstellung nunmehr ordnungsgemäß erbringt. Auch unter diesem Gesichtspunkt handelt es sich demnach um das ursprüngliche Erfüllungsinteresse der C KG. Ob die Klägerin verpflichtet werden kann, nach den fraglichen Plänen vorzugehen, bedarf hier keiner Erörterung.

3. Nach den unter 1. dargestellten Grundsätzen sind auch etwaige weitere Schäden, die im Zuge der Mängelbeseitigung entstehen können, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Auch die möglichen zusätzlichen Schäden der C KG oder anderer Anlieger stellen ein Erfüllungssurrogat dar. Denn sie sind darauf zurückzuführen, dass aufgrund der erforderlichen Nachbesserung das von der Klägerin vertragsgemäß geschuldete Werk vorübergehend nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden kann. Sie beruhen also darauf, dass der bestimmungsgemäße Gebrauch der Sache in Folge der von der Klägerin geschuldeten Mängelbeseitigung zeitweilig nicht möglich ist.

Das gilt insbesondere auch, soweit es infolge der erforderlichen Neuverlegung zu vorübergehenden Betriebsschließungen der Anlieger kommen sollte. Denn diese sind nicht darauf zurückzuführen, dass die Klägerin auf diese Betriebe unmittelbar schädigend einwirkt oder eingewirkt hat. Vielmehr können Betriebsschließungen und darauf gestützte Ersatzansprüche nur dadurch bedingt sein, dass die Nutzung der Zuwege wegen der Mängelbeseitigung vorübergehend nicht möglich ist. Damit ist auch insoweit allein das Erfüllungsinteresse der C KG bzw. weiterer Dritter an der von der Klägerin vertraglich geschuldeten ordnungsgemäßen Herstellung der Zuwege betroffen. Es geht letztlich nur darum, den Geschädigten so zu stellen, als sei ihm gegenüber von Anfang an ordnungsgemäß erfüllt worden, nicht hingegen darum, sonstige Schäden, die an anderen Rechtsgütern des Geschädigten entstanden sind, zu ersetzen. Nur letztere wären durch § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB nicht ausgeschlossen.

4. Soweit sich die Klägerin im Termin vor dem Senat ergänzend darauf berufen hat, bei Fehlern eines Architekten seien entsprechende Gewährleistungsansprüche vom Versicherungsschutz umfasst, übersieht sie einen grundlegenden Unterschied zwischen der vom Architekten einerseits und vom Bauunternehmer andererseits geschuldeten Erfüllungsleistung. Der Architekt schuldet eine geistige Leistung und nicht das körperliche Bauwerk. Daher verfolgt der Bauherr mit Ansprüchen gegen den Architekten wegen Fehlern des Bauwerks nicht sein Erfüllungsinteresse (BGH, VersR 1978, S. 219, 220; Voit, a.a.O., Arch.-Haftpfl., Rn. 16). Beim Bauunternehmer und Bauhandwerker ist hingegen das körperliche Bauwerk selbst der Leistungsgegenstand, so dass die durch einen Mangel der Leistung am Bauwerk selbst hervorgerufenen Gewährleistungsansprüche einschließlich eines Schadensersatzes für Nutzungsausfall vom Versicherungsschutz ausgenommen sind, da sie lediglich die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung bzw. ein Erfüllungssurrogat darstellen.

II. Die Klage ist außerdem auch deshalb unbegründet, weil der Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche die Verjährungseinrede entgegensteht (§§ 12 VVG, 222 BGB).  Die zweijährige Verjährungsfrist war bei Einreichung der Klage am 22.09.2000 bereits vollendet, da die Frist mit dem Ende des Jahres 1997 begann und lediglich für etwa 3 1/2 Monate gehemmt war.

1. Für den Beginn der Verjährungsfrist kommt es nach § 12 Abs. 1 S. 2 VVG auf den Schluss des Jahres an, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Insoweit ist in der Haftpflichtversicherung maßgeblich, dass alle Leistungen des Versicherers wie die Prüfung der Haftpflichtfrage, die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Haftpflichtansprüche Ausstrahlungen ein und desselben einheitlichen Versicherungsanspruchs sind. Da die Abwehr- und Schutzverpflichtung des Haftpflichtversicherers beginnt, sobald gegen den Versicherten Haftpflichtansprüche wegen eines unter die Versicherung fallenden Ereignisse erhoben werden, kommt es im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 2 VVG auf diesen Zeitpunkt an (BGH, VersR 1971, S. 333; OLG Düsseldorf, r+s 1999, S. 274; Senat, r+s 1998, S. 323). Der Versicherungsnehmer kann in diesem Sinne die Leistung vom Versicherer verlangen, sobald er von einem Dritten ernsthaft und unmissverständlich – wenn auch nur andeutungsweise, vorsorglich oder unter Vorbehalt – in Anspruch genommen wird (Senat, a. a. O.; OLG Hamm, r+s 1991, S. 408).

Von einer derartigen ernsthaften Inanspruchnahme durch die C KG bereits im Jahr 1997 ist nach Auffassung des Senats aufgrund der vorhandenen Korrespondenz, insbesondere auch der eigenen Schreiben der Klägerin ausgehen. Zwar hat die C KG im Jahr 1997 Mängelbeseitigungs- oder Ersatzansprüche noch nicht schriftlich angemeldet. Im Zusammenhang mit der Abnahmeverweigerung wurde jedoch ausdrücklich gerügt, dass die Plattenflächen wegen des Aufbaus der dadurch instabilen Lage nicht nutzungsfähig seien bzw. die Fahrflächen nicht gebrauchsfähig seien. Dies ist der Klägerin ausweislich ihrer eigenen Schreiben vom 22.12.1997 und vom 28.11.1997  – das richtige Datum des letzten Schreibens ist offensichtlich der 05.12.1997, vgl. Anlage B 3.12 in KG 6 U 9187/00 – in dieser Form mitgeteilt worden. Ihr gegenüber waren demzufolge gravierende Mängel gerügt worden, die die gepflasterten Flächen insgesamt betrafen. Das ergibt sich unmittelbar auch aus dem Kurzbericht des Sachverständigen P, der wegen der Abwehr unberechtigter Schadensersatzforderungen in einer Größenordnung von 400.000,00 DM bis 700.000,00 DM bereits Anfang November 1997 von der Klägerin beauftragt worden war. Noch deutlicher folgt dies aus dem eigenen Aktenvermerk des Geschäftsführers der Klägerin vom 16.12.1997. Danach äußerte Herr u2 der C KG, er sei mit dem derzeitigen Zustand der Plattenflächen nicht einverstanden. Der Schaden müsse auf Kosten der Klägerin beseitigt werden und zwar wahrscheinlich durch Neuverlegung.

Unter diesen Umständen war der Klägerin bereits im Jahre 1997 im Wesentlichen bekannt, dass die C KG ihr gegenüber ernsthaft Ansprüche in bedeutendem Umfang geltend machte. Folgerichtig bat sie auch bereits anlässlich eines Besuches des Versicherungsmaklers vom 19.12.1997 um Unterrichtung der Beklagten. Nach den gesamten Unterlagen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass bis zum Ende des Jahres 1997 nur kleinere, gegenständlich beschränkte Mängel geltend gemacht worden wären. Vielmehr ist schon im Dezember 1997 das Verlangen nach einer kompletten Neuverlegung ernsthaft in Aussicht gestellt worden. Außerdem sind schon im Protokoll vom 17.11.1997 auch Rostverfärbungen gerügt worden. Insoweit spielt es keine Rolle, ob sich in der Folgezeit noch weitere Verfärbungen gezeigt haben. Denn eine umfassende Sanierung durch Neuverlegung war von der Klägerin ohnehin schon verlangt worden. Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob der im Rahmen einer Neuverlegung entstehende Schaden – etwa hinsichtlich eines Gewinnentgangs – schon im Einzelnen feststand und beziffert werden konnte. Der einheitliche Haftpflichtanspruch entstand nämlich – wie ausgeführt – bereits in dem Moment, in dem wegen der mangelhaften Ausführung des klägerischen Werkes ihr gegenüber ein Anspruch erhoben wurde. Dessen genaue Höhe musste für das Entstehen des haftungsrechtlichen Abwehranspruchs hingegen noch nicht absehbar sein.

2. Eine Hemmung der Verjährung lag nur für die Zeiträume vom 09.01.1998 bis 24.02.1998 und vom 01.02.2000 bis 28.03.2000 vor.

Nach § 12 Abs. 2 VVG ist die Verjährung nach Anmeldung eines Anspruchs beim Versicherer bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers gehemmt. Erforderlich ist eine eindeutige, abschließende Stellungnahme des Versicherers zu Grund und Umfang der Leistungspflicht (Römer/Langheid, VVG, § 12 Rn. 24). Das Schreiben der Beklagten vom 24.02.1998 an die W KG enthält eine derartige eindeutige Stellungnahme. Die Beklagte hat darin nämlich unmissverständlich klargestellt, dass für den geltend gemachten Schaden kein Versicherungsschutz bestehe. Offen war lediglich, in welcher Form dies der Versicherungsnehmerin selbst mitgeteilt werden sollte. Darauf kommt es jedoch nicht an. Insoweit reicht nach § 164 Abs. 3 BGB der Zugang bei der W KG aus, da diese von der Klägerin umfassend mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber der Beklagten beauftragt und damit auch zur Entgegennahme des Ablehnungsschreibens bevollmächtigt war.  Es kann demnach auch dahinstehen, ob das Ablehnungsschreiben an die Klägerin weitergeleitet oder sie darüber von der W KG überhaupt nicht informiert worden ist. Selbst wenn der Zeuge u der W KG der Beklagten telefonisch mitgeteilt haben sollte, dass von ihm gegenüber der Klägerin keine Deckungsablehnung veranlasst werde, ändert das an dem wirksamen Zugang der Ablehnungserklärung bei der W KG als Vertreterin der Klägerin nichts.

Die mit Ablauf des Jahres 1997 in Gang gesetzte zweijährige Verjährungsfrist war im Ergebnis auch unter Berücksichtigung der Hemmung von insgesamt etwa 3 1/2 Monaten bei Einreichung der Klageschrift am 22.09.2000 bereits vollendet.

3. Schließlich verstößt die Berufung auf die Verjährungseinrede nicht gegen Treu und Glauben. Die Beklagte hat durch die sachliche Auseinandersetzung mit den im Schreiben der Klägerin erneut geltend gemachten Ansprüchen keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, aufgrund dessen die Klägerin davon ausgehen durfte, die Beklagte werde sich nicht auf die Verjährungseinrede berufen. Dem steht schon entgegen, dass Anfang Februar 2000 die Verjährungsfrist unter Berücksichtigung des ersten Hemmungszeitraums noch gar nicht abgelaufen war und von der Beklagten die Verjährungseinrede somit zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht geltend gemacht werden konnte. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein treuwidriges Verhalten der Beklagten auch nicht daraus, dass sie die Klägerin nicht über die Folgen des Fristablaufs für die Klageerhebung gemäß § 12 Abs. 3 VVG belehrt hat.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 108 Abs. 1 ZPO.

Streitwert für die Berufung und Beschwer der Klägerin: 640.000,00 DM (80 % von 800.000,- DM).

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