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Lebensversicherung – Auszahlung Todesfallleistung auf Bankkonto eines Dritten

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 84/18 – Urteil vom 26.06.2019

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. September 2018 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 205/17 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits – einschließlich der durch die Nebenintervention veranlassten Kosten – fallen dem Kläger zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 129.419,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner am 2. September 2017 zum Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage hat der Kläger gegenüber der Beklagten die Auszahlung der Todesfallleistung aus einer Risikolebensversicherung seiner am 20. Februar 2016 verstorbenen Ehefrau geltend gemacht. Diese unterhielt unter der Versicherungsschein-Nummer … eine sog. „Hinterbliebenen-Absicherung“ nach Tarif CR.63 (F) auf der Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für die Risikoversicherung (ABR, BI. 47 ff. GA), Versicherungsbeginn war der 1. Dezember 2009, vereinbarter Versicherungsablauf der 1. Dezember 2019. Die Versicherungssumme betrug 100.000,- Euro mit der Möglichkeit einer dynamischen Anpassung; zum Todeszeitpunkt belief sich die Todesfallleistung auf 129.409,00 Euro, außerdem bestand ein Beitragsguthaben in Höhe von 10,64 Euro. Als alleiniger Bezugsberechtigter im Todesfall war der „Ehepartner der versicherten Person“ benannt (Anlage K1).

Die Versicherungsnehmerin, die seit Oktober 2014 von dem Kläger getrennt lebte und kurz vor ihrem Tode beim Amtsgericht Weilheim einen Scheidungsantrag eingereicht hatte (Az.: 2 F 121/16, Bl. 101 GA), wurde gemäß Testament vom 17. Februar 2016 zu gleichen Teilen von ihren vier – damals z.T. minderjährigen – Kindern beerbt. Mit E-Mail vom 13. März 2016 informierte der älteste Sohn des Klägers, M. L., geb. am … (im Folgenden auch: Streithelfer), die Beklagte unter Angabe der Versicherungsnummer über den Tod der Versicherungsnehmerin und bat die Beklagte um Übermittlung der Details zur Versicherung sowie gegebenenfalls um Auflösung des Vertrages (Anlage K4). Mit Schreiben vom 19. März 2016 wandte sich der von der Versicherungsnehmerin eingesetzte Testamentsvollstrecker, Rechtsanwalt Dr. Sch., an die Beklagte, teilte dieser mit, dass nach den ihm vorliegenden Informationen eine Lebensversicherung Nr. … der Erblasserin existiere und erklärte den Widerruf eines etwaigen Bezugsrechts zugunsten des Klägers sowie vorsorglich auch des Auftrages, diesem den Eintritt des Versicherungsfalles und die Zuwendung der Auszahlungssumme mitzuteilen (Bl. 248 f. GA). Mit Schreiben vom 7. April 2016 teilte die Beklagte dem Testamentsvollstrecker mit, dass sie sich bereits mit Schreiben vom 19. März 2016 mit dem Bezugsberechtigten in Verbindung gesetzt habe, das widerrufliche Bezugsrecht mit Eintritt des Versicherungsfalles zum Vollrecht erstarkt sei und dass sie den Widerruf nicht anerkennen könne (Anlage K5).

Das von der Beklagten am 19. März 2016 an den Kläger unter der Anschrift der Eheleute in W. übersandte Formular, mit dem dieser u.a. um „Auskünfte des/der Bezugsberechtigten“ gebeten wurde (Anlage K6), wurde der Beklagten am 7. April 2016 ausgefüllt und unterschrieben zurückgesandt; danach sollte die Versicherungsleistung auf ein Konto mit der IBAN „… … …“ ausgezahlt werden, als Kontoinhaber war „Fam. L.“ mit der Anschrift „… pp.“ angegeben, als „Beziehung Kontoinhaber zum Versicherungsnehmer“ erfolgte die Angabe „Erbengemeinschaft: Waisen + Witwer“. Weiter wurde erklärt, „dass ich den Versicherungsschein nicht erhalten habe oder nicht mehr besitze“. In einem unter der Anschrift „… pp.“ an den Kläger gerichteten Schreiben bat die Beklagte diesen u.a. um Nachreichung einer Kopie des Personalausweises sowie weiterer Unterlagen der Krankenkasse der Verstorbenen (Anlage K7). Der Beklagten gingen daraufhin eine Farbkopie des Reisepasses des Klägers (Bl. 53 GA) sowie weitere Unterlagen zu. Nach Erhalt eines weiteren, auf den Namen des Klägers lautenden und augenscheinlich von ihm unterzeichneten Schreibens vom 5. Juli 2016, in welchem die Beklagte unter Fristsetzung auf den 8. Juli 2016 zur Auszahlung der Versicherungssumme aufgefordert wurde (Anlage K8), überwies diese die Versicherungsleistung auf die darin erneut mitgeteilte Bankverbindung IBAN „… … …“, bei der es sich mutmaßlich um ein Konto des Streithelfers handelte.

Erstmals im Januar 2017 wandte sich der Kläger selbst – zunächst telefonisch – an die Beklagte. Mit Schreiben vom 17. Januar 2017 bat er diese um Bestätigung seines Bezugsrechts sowie um Übersendung des Auszahlungsbelegs und seines unter der Anschrift „… pp.“ bei der Beklagten eingegangenen Schreibens. Das Schreiben schloss mit der Bitte, „erstmals keine weiteren Schritte“ zu unternehmen, er werde sich nach Erhalt der Unterlagen wieder melden (Bl. 54 ff. GA). Mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Februar 2017 ließ der Kläger die Beklagte sodann unter Fristsetzung auf den 8. März 2017 zur Auszahlung der Versicherungssumme auffordern, nachdem die Beklagte „offensichtlich … fälschlicherweise und unberechtigt an den Sohn … die Versicherungsleistung überwiesen“ habe (Anlage K9). Ebenfalls am 23. Februar 2017 ließ er seinen Sohn zunächst auffordern, den erhaltenen Betrag zu erstatten. Im Juli/August 2017 ließ er ihn unter Hinweis auf eine entsprechende Vereinbarung – nach eigenem Bekunden erfolglos – zur Zahlung der Versicherungsleistung an sich auffordern (Bl. 107 GA). Mit Schreiben vom 13. September 2017 an die Staatsanwaltschaft München I erstattete die Beklagte Strafanzeige gegen den Sohn des Klägers wegen vollendeten Betruges; das Ermittlungsverfahren ist dort unter dem Aktenzeichen 242 Js 192003/17 anhängig. Unter dem 20. Dezember 2017 legte der Testamentsvollstrecker, Rechtsanwalt Dr. Sch., eine „Einverständniserklärung“ vor, in der er, Bezug nehmend auf den vorliegenden Rechtsstreit und eine dem zugrunde liegende Vereinbarung mit dem Kläger, namens der Erben unwiderruflich sein Einverständnis damit erklärte, dass die Beklagte die geschuldete Versicherungsleistung in voller Höhe allein an den Kläger auszahle (Bl. 109 GA).

Der Kläger, der nach seinen Angaben unter der Vertragsanschrift in W. in der Zeit vom 30. September 2014 bis zum 1. April 2016 mit Nebenwohnsitz und ab 1. April 2016 erneut mit Hauptwohnsitz gemeldet (Bl. 99 GA) und regelmäßig vor Ort war (Bl. 84 GA), hat zur Begründung seiner auf Auszahlung der Todesfallleistung nebst gesetzlicher Zinsen seit 9. März 2017 und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage die Auffassung vertreten, die Beklagte sei durch die Überweisung auf das ihr schriftlich mitgeteilte Bankkonto nicht von ihrer Leistungspflicht befreit worden. Das Auskunftsformular (Anlage K6) sei nicht von ihm, sondern von seinem Sohn ausgefüllt und unterschrieben worden, um die Beklagte zur Auszahlung der Versicherungssumme auf ein mutmaßlich allein von ihm geführtes Konto zu bewegen. Auch das unter dem Namen des Klägers verfasste Aufforderungsschreiben vom 5. Juli 2016 stamme nicht von ihm. Sein Sohn habe über eine Kopie seines Reisepasses verfügt, die er diesem allein zum Zwecke der Eröffnung eines Bankkontos bei der DAB-Bank zur Verwaltung des im hälftigen Eigentum des Klägers und der Erbengemeinschaft stehenden Hausanwesens ausgehändigt habe (Bl. 8, 86 GA). Demgegenüber habe die Beklagte schuldhaft nicht alle Erhebungen angestellt, die unter den gegebenen Umständen zur Ermittlung des wahren Leistungsempfängers notwendig gewesen wären und sich dessen Identität nicht ausreichend vergewissert. Anlass zu weiterer Nachforschung habe schon deshalb bestanden, weil sein Sohn die Beklagte angewiesen habe, den Versicherungsbetrag auf ein Konto der „Erbengemeinschaft“ zu zahlen, die Beklagte jedoch gewusst habe, dass alleiniger Bezugsberechtigter der Kläger gewesen sei. Auch hätte der Beklagten auffallen müssen, dass die angegebene Anschrift, bei der es sich um die Meldeanschrift seines Sohnes gehandelt habe (Bl. 104 GA), von der Anschrift der Versicherungsnehmerin abwich, Ehepartner in der Regel jedoch unter einer gemeinsamen Anschrift lebten. Auch die unterlassene Vorlage des Versicherungsscheins, den ihm die Erblasserin bereits zu Lebzeiten überlassen habe, hätte die Beklagte zur Vorsicht veranlassen müssen. Sein Sohn habe die Versicherungsleistung bis heute nicht aufforderungsgemäß an die Erbengemeinschaft weitergereicht. Der Kläger selbst habe sich nicht früher an die Beklagte gewandt, weil er zunächst davon ausgegangen sei, dass ihm – entsprechend seiner Enterbung – auch das Bezugsrecht nicht mehr zustehe, und erst im Januar 2017 von einer Bekannten erfahren, dass dieses unabhängig von der Erbfolge zu sehen sei (Bl. 85 GA). Auf einen Widerruf des Bezugsrechts durch den Testamentsvollstrecker könne sich die Beklagte nicht berufen, nachdem sie diesen zunächst selbst nicht anerkannt habe. Auch sei der Kläger vom Testamentsvollstrecker zur Einziehung der Versicherungsleistung ermächtigt worden und habe sich im Gegenzug dazu verpflichtet, einen Teil der Zahlung zugunsten des Nachlasses an den Testamentsvollstrecker auszukehren, wohingegen der andere Teil unter Anrechnung auf den Pflichtteil des Klägers bei diesem verbleiben solle (Bl. 144 GA).

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten Sie hat in Abrede gestellt, dass die Vorkorrespondenz nicht vom Kläger stamme. Die zeitlichen Abläufe ließen daran zweifeln, dass der Sohn ohne Kenntnis und ohne Wissen des Klägers gehandelt habe. Durch die Überlassung einer Ausweiskopie an diesen habe der Kläger einen Rechtsschein gesetzt, den er sich zurechnen lassen müsse. Auffällig sei auch, dass sich der Kläger trotz angeblicher Kenntnis von seiner Bezugsberechtigung nicht früher bei der Beklagten gemeldet habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger mit seinem Sohn „gemeinsame Sache“ mache, um die Versicherungssumme zweimal zu kassieren. Dafür spreche auch die zwischenzeitliche Einverständniserklärung des Testamentsvollstreckers und die – nicht bekannt gegebene – weitere „Vereinbarung“ mit dem Kläger. Auch sei das neuerliche Begehren des Klägers zumindest treuwidrig, weil er die Versicherungsleistung im Innenverhältnis gegenüber der Erbengemeinschaft ohnehin nicht behalten dürfe, nachdem der Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebotes durch den Testamentsvollstrecker am 19. März 2016 widerrufen worden sei und die Erbengemeinschaft, insoweit vertreten durch den Sohn des Klägers, die Versicherungsleistung bereits erhalten habe. Im Hinblick auf das laufende Ermittlungsverfahren hat die Beklagte beantragt, den vorliegenden Rechtsstreit gemäß § 149 ZPO bis zu dessen Abschluss auszusetzen (Bl. 40 GA).

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht Saarbrücken die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Nebenforderung zur Zahlung von 129.419,64 Euro nebst gesetzlicher Zinsen seit 8. August 2018 verurteilt. Der Kläger sei nach dem Versicherungsvertrag bezugsberechtigt gewesen, und dieser Anspruch sei durch die erfolgte Zahlung auf das angegebene Bankkonto nicht erfüllt worden. Von der Beklagten aufgezeigte Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken des Klägers und seines Sohnes habe der Kläger plausibel entkräftet. Auch könne die Beklagte aus dem Valutaverhältnis keine Einwendungen gegen den Anspruch geltend machen, nachdem eine wirksame Schenkung zu Lebzeiten nicht widerlegt sei.

Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens ihren Klageabweisungsantrag weiter. Entgegen der Auffassung des Landgerichts müsse sich der Kläger die Zahlung auf das mit Schreiben vom 5. Juli 2016 angegebene Konto unter Rechtsscheinsgesichtspunkten zurechnen lassen. Darüber hinaus indizierten die Umstände, insbesondere die Überlassung der Ausweiskopie ohne nachvollziehbare Begründung und die nicht plausibel erläuterte verspätete Anspruchsanmeldung gegenüber der Beklagten, ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Kläger und seinem Sohn. Auch fehle es an einem wirksamen Valutaverhältnis, nachdem von einer Schenkung zu Lebzeiten nicht ausgegangen werden könne und der Sohn des Klägers die Versicherungsleistung als Vertreter der Erbengemeinschaft in Empfang genommen habe. Vorsorglich hat die Beklagte auch ihren Antrag, den Rechtsstreit nach § 149 ZPO bis zum Abschluss des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens auszusetzen, bekräftigt (Bl. 242 GA). Mit Schriftsatz vom 18. April 2019 hat sie die Einlassung des Sohnes des Klägers aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vorgelegt, in der dieser unter Vorlage entsprechender „WhatsApp“-Korrespondenz ausführt, dass sein Vorgehen gegenüber der Beklagten, insbesondere die Korrespondenz und die erwirkte Auszahlung der Versicherungsleistung auf das mitgeteilte Bankkonto mit dem Kläger abgesprochen gewesen sei (Bl. 314 ff. GA).

Die Beklagte beantragt (Bl. 233 GA), unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt (Bl. 273 GA), die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. In Kenntnis der zweitinstanzlich vorgelegten Einlassung seines Sohnes räumt er nunmehr ein, davon gewusst zu haben, dass sein Sohn mit der Beklagten korrespondierte, und ihn dabei auch unterstützt zu haben. Er habe seinen Sohn aber nicht „bevollmächtigt, die Verhandlungen mit der Beklagten über die Auszahlung der Versicherungssumme zu führen“, weil er seinerzeit davon ausgegangen sei, dass das Bezugsrecht nicht ihm sondern den Erben zustehe. Doch habe er ein „erhebliches Interesse“ daran gehabt, „dass die Versicherungsleistung zur Auszahlung kam“ (Bl. 363 GA). Für ihn sei „letztlich unerheblich“ gewesen, dass die Versicherungsleistung an die seiner damaligen Ansicht nach bezugsberechtigte Erbengemeinschaft ausgezahlt werden würde“; entscheidend sei im Ergebnis gewesen, „dass die Versicherungsleistung letztlich überhaupt zur Verfügung stehen würde“ (Bl. 364 GA).

Der Streithelfer hat keinen Antrag gestellt. Er verweist darauf, dass die Auszahlung der Versicherungssumme auf das der Beklagten benannte Konto mit Wissen und Wollen des Klägers erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 8. August 2018 (Bl. 147 ff. GA) und des Senats vom 23. Mai 2019 (Bl. 401 ff. GA) verwiesen. Der Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft München I – 242 Js 192003/17 – beigezogen, die ihm mit Stand Mai 2018 zugänglich gemacht worden sind.

II.

Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Landgericht hat der auf – erneute – Auszahlung der Todesfallleistung gerichteten Klage zu Unrecht stattgegeben, weil die Beklagte diesen Anspruch durch die unstreitige Überweisung des geschuldeten Betrages auf das ihr u.a. mit Schreiben vom 5. Juli 2016 mitgeteilte Bankkonto erfüllt hat und die Forderung des Klägers dadurch erloschen ist (§ 362 Abs. 1 BGB).

1.

Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass dem Kläger in seiner Eigenschaft als Bezugsberechtigter gegen die Beklagte ein vertraglicher Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistungen zustand, dessen Höhe sich nach dem übereinstimmenden Parteivortrag im maßgeblichen Zeitpunkt auf 129.419,64 Euro belief und der nach dem Tode der Versicherungsnehmerin nicht mehr durch den – mit Schreiben des Testamentsvollstreckers vom 19. März 2016 erklärten – Widerruf der Erben beseitigt werden konnte. Denn für das Bezugsrecht aus einer Lebensversicherung kommt es allein auf das Deckungsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer und die dort vereinbarten Bedingungen an (BGH, Urteil vom 30. November 1994 – IV ZR 290/93, BGHZ 128, 125; BGH, Beschluss vom 14. November 2012 – IV ZR 219/12, VersR 2013, 302; Urteil vom 27. Juni 2018 – IV ZR 222/16, VersR 2018, 985). Durch die Einsetzung eines Bezugsberechtigten wird der Lebensversicherungsvertrag zum echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB). Die Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung verschafft dem Begünstigten im Versicherungsfall eine im Deckungsverhältnis jedenfalls insoweit unentziehbare Rechtsstellung, als die Erben des Versicherungsnehmers – hier: der verstorbenen Ehefrau des Klägers – diese Bezugsberechtigung nicht mehr ändern oder widerrufen können (§ 159 Abs. 2 BGB; BGH, Beschluss vom 10. April 2013 – IV ZR 38/12, VersR 2013, 1029; Schneider, in: Prölss/Martin, VVG 30. Aufl., 159 Rn. 17). Ob der Bezugsberechtigte die ihm dergestalt zugewandte Versicherungsleistung im Verhältnis zum Versicherungsnehmer oder zu dessen Erben endgültig behalten darf, beantwortet demgegenüber grundsätzlich allein das Valutaverhältnis zwischen diesen Personen (BGH, a.a.O.; Beschluss vom 14. November 2012 – IV ZR 219/12, VersR 2013, 302; Urteil vom 21. Mai 2008 – IV ZR 238/06, VersR 2008, VersR 2008, 1054) und ist hier nicht entscheidend.

2.

Diesen, dem Kläger aufgrund seines Bezugsrechts mit dem Tode der Versicherungsnehmerin unmittelbar angefallenen Anspruch auf die Versicherungsleistung hat die Beklagte hier durch die weisungsgemäße Auszahlung des geschuldeten Betrages auf das ihr u.a. mit Schreiben vom 5. Juli 2016 mitgeteilte Bankkonto – IBAN: … … … – mit befreiender Wirkung erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Das würde selbstredend für den Fall gelten, dass die Aufforderung vom Kläger selbst stammte, trifft aber auch für den – hier nach Darlegung des Klägers gegeben – Fall zu, dass das Schreiben vom Sohn des Klägers, dem Streithelfer, lediglich unter dem Namen des Klägers verfasst wurde, weil feststeht, dass dies mit Zustimmung des Klägers geschah.

a)

Wie das Landgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, tritt die Erfüllung des Leistungsanspruchs gemäß § 362 Abs. 1 BGB ein, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Auch in der auftragsgemäßen Überweisung des geschuldeten Betrages auf ein ihm mitgeteiltes Bankkonto liegt eine Leistung des Schuldners an den Gläubiger, weil die kontoführende Empfängerbank insoweit nur als Zahlstelle des Gläubigers tätig wird; die Überweisung des geschuldeten Geldbetrages auf das Bankkonto bringt die Schuld zum Erlöschen, wenn dies mit dem Einverständnis des jeweiligen Gläubigers geschieht und der Gläubiger durch die Gutschrift auf dem Konto eine gesicherte Verfügungsmacht über das „Buchgeld“ erlangt hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1994 – XI ZR 173/94, BGHZ 128, 135; Senat, Beschluss vom 12. Oktober 1987 – 5 W 157/87, OLGZ 1988, 45). Unstreitig wurde die Beklagte hier mit einem auf den Namen des Klägers lautenden, scheinbar auch von ihm unterzeichneten Schreiben vom 5. Juli 2016 dazu aufgefordert, die Versicherungsleistung auf das vorbezeichnete Bankkonto zu überweisen. Hätte der Kläger dieses Schreiben selbst verfasst, müsste er sich an der darin enthaltenen Erklärung festhalten und die Zahlung auf das mitgeteilte Konto gegen sich gelten lassen. Nichts anderes gilt aber auch, wenn man – mit dem Kläger – davon ausgeht, dass das vorbezeichnete Schreiben von 5. Juli 2016 nicht von ihm selbst, sondern von seinem Sohn verfasst wurde, der dabei lediglich unter dem Namen des Klägers tätig wurde. Denn einer Leistung an den Gläubiger ist diejenige an einen gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertreter des Gläubigers gleichzusetzen (BGH, Urteil vom 29. Oktober 1971 – V ZR 65/70, WM 1971, 1500; Senat, Beschluss vom 12. Oktober 1987 – 5 W 157/87, OLGZ 1988, 45; Staudinger/Olzen (2016) BGB § 362, Rn. 37; Schreiber, in: Soergel, BGB 13. Aufl., § 362 Rn. 13; Grüneberg, in: Palandt, BGB 77. Aufl., § 362 Rn 4). Deshalb wird durch die Überweisung auf ein Bankkonto, dessen Nummer dem Schuldner von einem Bevollmächtigten des Gläubigers (auch: Anscheinsvertreter) angegeben worden ist, die Schuld auch dann getilgt, wenn es sich bei dem Konto um ein solches des Bevollmächtigten handelte (BGH, Urteil vom 29. Oktober 1971 – V ZR 65/70, WM 1971, 1500; Schreiber, in: Soergel, a.a.O., § 362 Rn. 13).

b)

Um einen solchen Fall handelt es sich hier, wenn man – mit dem Kläger – annimmt, dass das Aufforderungsschreiben vom 5. Juli 2016 in Wahrheit von dessen Sohn, dem Streithelfer, verfasst wurde. Dessen Erklärung, die Versicherungsleistung solle auf das in dem Schreiben genannte Bankkonto überwiesen werden, ist dem Kläger unter den gegebenen Umständen als Handeln unter fremden Namen entsprechend den §§ 164 ff. BGB zuzurechnen mit der Folge, dass die Rechtsfolgen der Stellvertretung eingreifen und die so erwirkte Überweisung zur Tilgung der Schuld geführt hat:

aa)

Nach den gesetzlichen Regeln über die Stellvertretung (§ 164 Abs. 1 BGB) wirkt eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht ausdrücklich oder konkludent im Namen des Vertretenen abgibt, unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Dieselben Grundsätze sind entsprechend anzuwenden, wenn durch die Nutzung eines fremden Namens beim Geschäftspartner der Anschein erweckt wird, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden, und dabei eine falsche Vorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen wird (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 – VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346). Ein Handeln unter fremdem Namen liegt insbesondere vor, wenn der Handelnde die Vertragsurkunde mit dem Namen einer bestimmten existierenden anderen Person unterzeichnet und dadurch den Anschein erweckt, die Urkunde stamme von einem anderen (BGH, Urteil vom 3. März 1966 – II ZR 18/64, BGHZ 45, 193; Ellenberger, in : Palandt, a.a.O., § 164 Rn. 11). Eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die unter solchen Voraussetzungen unter dem Namen eines anderen abgegeben worden ist, verpflichtet den Namensträger, wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgt (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB analog) oder vom Namensinhaber nachträglich genehmigt worden ist (§ 177 Abs. 1 BGB analog), oder wenn die Grundsätze über die Anscheins- oder die Duldungsvollmacht eingreifen (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 – VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346, m.w.N.).

bb)

Im Streitfall konnte die Beklagte die schriftlich geäußerte Bitte, die Versicherungsleistung auf das angegebene Bankkonto zu überweisen, nach den Umständen nur als eigene Erklärung des Klägers ansehen. Das Schreiben vom 5. Juli 2016 lautete auf den Namen des Klägers, und es trug eine Unterschrift, die derjenigen auf der der Beklagten schon zuvor überlassenen Kopie des Reisepasses des Klägers stark ähnelte und von der die Beklagte deshalb annehmen durfte, sie stamme vom Kläger. Dass die Beklagte im Vorfeld zunächst erkennbar von dem Sohn des Klägers kontaktiert und mit von ihm vervollständigtem Auskunftsformular zur Auszahlung auf das vorgenannte Konto der „Familie L.“ aufgefordert worden war, steht dem nicht entgegen. Denn die Beklagte hatte sich auf dieses Anliegen eines aus ihrer Sicht außenstehenden Dritten nicht eingelassen; sie hatte daraufhin auch nicht weiter mit dem Sohn des Klägers kommuniziert, sondern dessen Mitteilung, die Versicherungsnehmerin sei verstorben, zum Anlass genommen, mit dem Kläger in Kontakt zu treten und das Anzeigeformular an die ihr bekannte – nach wie vor gültige – Anschrift zu übersenden. Dadurch hat die Beklagte erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass sie allein mit dem ihr gegenüber als bezugsberechtigt benannten Ehemann ihrer verstorbenen Versicherungsnehmerin korrespondieren wollte. Dementsprechend hatte sie sich, nachdem die mitgeteilte Bankverbindung augenscheinlich auf eine Erbengemeinschaft lautete, erneut an den Kläger gewandt und mit Schreiben vom 12. April 2016 um die Vorlage einer Kopie seines Personalausweises gebeten. Nachdem ihr in der Folgezeit wunschgemäß eine Kopie des Reisepasses des Klägers übermittelt wurde, was nach ihrer im Berufungsrechtzug unwidersprochen gebliebenen Darstellung ebenfalls schon unter dem Briefkopf des Klägers geschah (Bl. 240 GA), und auch die spätere Zahlungsaufforderung vom 5. Juli 2016, auf die sie letztlich geleistet hat, augenscheinlich vom Kläger selbst stammte, musste dies bei ihr eine falsche Vorstellung über die Identität des Handelnden hervorrufen, die, soweit in Wahrheit der Sohn des Klägers gehandelt hat, zur entsprechenden Anwendung der Regeln über die Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) führt.

cc)

Dieses Verhalten seines Sohnes muss sich der Kläger analog § 167 BGB zurechnen lassen. Der Senat ist bei sorgsamer und umfassender Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles mit der erforderlichen Gewissheit davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass der Streithelfer mit dem Willen des Klägers gegenüber der Beklagten tätig geworden ist und von diesem zum Handeln unter fremden Namen zumindest stillschweigend bevollmächtigt war.

(1)

Die Erteilung einer Vollmacht (§ 167 BGB) erfolgt durch einseitiges Rechtsgeschäft, zu dessen Wirksamkeit es keiner Annahmeerklärung des Bevollmächtigten bedarf. Sie kann formlos erfolgen und sich auch stillschweigend aus den Umständen ergeben, was durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln ist (Ellenberger, in: Palandt, a.a.O., § 167 Rn. 1; Staudinger/Schilken (2014) BGB § 167, Rn. 10, 13; vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2014 – V ZR 194/13, NJW 2015, 1510). Soweit die Erteilung der Vollmacht durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden erfolgt (sog. Innenvollmacht im Sinne des § 167 Abs. 1 Alt. 1 BGB), richtet sich deren Umfang danach, wie der Bevollmächtigte als Empfänger der Erklärung diese bei objektiver Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 – III ZR 173/09, VersR 2010, 814); ein tatsächlicher abweichender Wille des Erklärenden ist nur maßgeblich, wenn dieser dem Bevollmächtigten bekannt war („falsa demonstratio non nocet“; vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1998 – V ZR 216/97, NJW 1999, 486). Bei der Auslegung sind auch die begleitenden Umstände, insbesondere der Zweck der Vollmacht und das zugrunde liegende Rechtsgeschäft zu berücksichtigen. Auf die Verständnismöglichkeiten des Geschäftsgegners kommt es nicht an; insoweit gibt es keinen Vertrauensschutz zu seinen Gunsten. Hierbei enthält die Übertragung von Aufgaben, deren ordnungsgemäße Erfüllung eine bestimmte Vollmacht erfordert, regelmäßig stillschweigend zugleich eine entsprechende Bevollmächtigung (BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 – III ZR 173/09, VersR 2010, 814; Ellenberger, in: Palandt, a.a.O., § 167 Rn. 1).

(2)

Im Streitfall lag nach den Umständen eine konkludente Bevollmächtigung des Streithelfers durch den Kläger zur Geltendmachung der Versicherungsleistung vor.

(a)

Der Kläger wusste – wie er zweitinstanzlich eingeräumt hat – von der beabsichtigten Einziehung der Versicherungsleistung durch seinen Sohn, und er ließ ihn hierbei bewusst gewähren. Das Tätigwerden des Streithelfers gegenüber der Beklagten setzte, was die Beklagte durch ihre Bitte um Überlassung von Legitimationsurkunden erkennbar zum Ausdruck gebracht hatte und was dadurch sowohl dem Kläger als auch dem Streithelfer bekannt war, eine entsprechende Rechtsmacht des Handelnden voraus. Dementsprechend konnte der Streithelfer das Verhalten seines Vaters, ihn gewähren zu lassen, nur dahin verstehen, dass dieser sein Auftreten gegenüber der Beklagten zum Zwecke der Erlangung der Todesfallleistung billigte und damit einverstanden war (§§ 133, 157 BGB).

(b)

Dass der Kläger um das Auftreten seines Sohnes gegenüber der Beklagten wusste und dieses bewusst und willentlich geschehen ließ, kann hier – entgegen den zuletzt vom Kläger geäußerten Bedenken – nicht zweifelhaft sein:

(aa)

Der Kläger hat im Berufungsrechtszug ausdrücklich eingeräumt, dass er sich mit seinem Sohn regelmäßig über die Einforderung und das Ausbleiben der Versicherungsleistung ausgetauscht hat. Dies war unumgänglich geworden, nachdem die Beklagte ihn mit der Einlassung des Streithelfers aus dem Ermittlungsverfahren konfrontiert hatte und ein weiteres Abstreiten schlicht nicht mehr möglich war. Wie der Streithelfer – vom Kläger unbestritten – ausführt, ist die Geltendmachung und Einziehung der streitgegenständlichen Forderung gegenüber der Beklagten zugunsten des mit Schreiben vom 5. Juli 2016 benannten Bankkontos im Einvernehmen mit dem Kläger erfolgt. Aus der vorgelegten „WhatsApp“-Korrespondenz, deren inhaltliche Richtigkeit der Kläger ebenfalls nicht bestreitet, wird zudem ersichtlich, dass Vater und Sohn nach dem Tode der Versicherungsnehmerin in regem Kontakt standen, sich wiederholt über ihr Vorgehen gegenüber der Beklagten austauschten, wobei insbesondere der Kläger mehrfach nachfragte, ob die Versicherungsleistung endlich ausgezahlt worden sei und sogar anbot, sich selbst einzuschalten. In seiner Stellungnahme vom 14. Mai 2019 hat der Kläger eingeräumt, dass er vom Handeln seines Sohnes Kenntnis hatte und ihn gewähren ließ, und dass er selbst auch „erhebliches Interesse“ daran hatte, „dass die Versicherungsleistung zur Auszahlung kam“ (Bl. 363 f. GA). Wenngleich auch schon die zuvor bekannten Umstände dezidiert darauf hindeuteten, bestehen bei all dem nunmehr an dem Einverständnis des Klägers mit der Geltendmachung der Versicherungsleistung gegenüber der Beklagten durch seinen Sohn keine Zweifel mehr.

(bb)

Vergeblich streitet der Kläger bei dieser Sachlage ab, er habe seinen Sohn willentlich „bevollmächtigt…, die Verhandlungen mit der Bekl. über die Auszahlung der Versicherungssumme zu führen“. Ohnehin beurteilt sich die Frage, ob und in welchem Umfang eine (konkludente) Vollmacht erteilt wurde, nach dem objektiven Empfängerhorizont, so dass ein etwaiger anderslautender innerer Wille des Klägers, der – wie hier – nicht erkennbar zum Ausdruck gekommen ist, für die Auslegung unbeachtlich bleiben muss. Entsprechendes gilt für die Behauptung des Klägers, dass ihm die rechtliche Tragweite seines Verhaltens nicht bewusst gewesen sei, weil er davon ausgegangen sei, dass ihm selbst an der Versicherungsleistung kein Bezugsrecht zustehe. Denn trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins (Rechtsbindungswillens, Geschäftswillens) liegt eine Willenserklärung auch schon dann vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGH, Urteil vom 7. Juni 1984 – IX ZR 66/83, BGHZ 91, 324; Urteil vom 29. April 2003 – XI ZR 201/02, WM 2004, 21; speziell zur Vollmachtserteilung etwa: OLG Frankfurt, WM 2006, 2207; OLG Bamberg, WM 2007, 1211). Sollte dem Kläger die rechtliche Tragweite seines Verhaltens nicht bewusst gewesen sein – was, wie noch auszuführen sein wird, nach den Umständen aber ohnehin auszuschließen ist –, so hätte er bei pflichtgemäßer Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt jedenfalls erkennen können und müssen, dass sein Verhalten gegenüber seinem Sohn die stillschweigende Erteilung einer Befugnis zur Einziehung der Versicherungsleistung beinhaltete. Daran, dass dieser das Verhalten des Klägers auch tatsächlich so verstanden hat, bestehen schon deshalb keine Zweifel, weil, wie dieser um die Notwendigkeit einer entsprechenden Befugnis wusste, darüber mit dem Kläger korrespondiert hat und in Absprache mit diesem unter Verwendung der ihm überlassenen Unterlagen von dieser Befugnis auch gegenüber der Beklagten Gebrauch gemacht hat.

(cc)

Dessen unbeschadet, ist der Senat angesichts der Umstände vollumfänglich davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass der Kläger seinen Sohn bei der an die Beklagte gerichteten Aufforderung zur Auszahlung der Versicherungsleistung auf das mitgeteilte Bankkonto im Wissen um sein Bezugsrecht gewähren ließ.

(aaa)

Für ein solches bewusstes und gewolltes Zusammenwirken sprechen schon die Vorgänge unmittelbar nach dem Tode der Versicherungsnehmerin. Obgleich die Unterlagen zur Versicherung dem Kläger nach dessen Angaben bereits zu Lebzeiten überlassen worden sein sollen und er folglich Kenntnis von der Existenz des Vertrages und den Vertragsdaten hatte, war es zunächst nur sein Sohn, der sich am 13. März 2016 unter Angabe der Versicherungsschein-Nummer an die Beklagte wandte, um Auskünfte zur Versicherung zu erbitten und die Auflösung des Vertrages zu fordern. Dabei legte dieser zwar seine Identität und sein Geburtsdatum offen, machte aber keine weiteren Angaben zu seiner Person, insbesondere zu einer abweichenden Postanschrift mit der Folge, dass die nachfolgende Korrespondenz der Beklagten zunächst weiterhin an die ihr bekannte Anschrift der Versicherungsnehmerin in W. gerichtet war. Allein der Kläger war unter dieser Anschrift bis zum 1. April 2016 mit Zweitwohnsitz und sodann ab 1. April 2016 erneut mit Hauptwohnsitz gemeldet; nach eigenen Angaben hielt er sich dort regelmäßig auf, während sein Sohn im ca. 60 km entfernten M. gemeldet war (Quelle: Google Maps). Bei dieser Sachlage erscheint es nicht nachvollziehbar, wie der Sohn des Klägers ohne dessen Hilfe und Einverständnis zunächst an wesentliche Vertragsdaten, insbesondere die Versicherungsschein-Nummer, gelangen und sich sodann sozusagen hinter dem Rücken des Klägers auch des postalisch an dessen Anschrift übersandten Auskunftsformulars bemächtigen konnte, zumal er mit dessen Eintreffen nicht rechnen musste. Soweit der Kläger hierzu vorträgt, sein Sohn habe noch über einen Hausschlüssel verfügt, wäre es doch einem erheblichen Zufall geschuldet, dass er sich ausgerechnet bei Eintreffen dieses Schreibens im Hause befunden, dessen Bedeutung erkannt und es deshalb ohne Rücksprache mit dem Kläger an sich genommen hätte, bevor es von dem Kläger aufgefunden wurde, der sich nach eigenen Angaben zum damaligen Zeitpunkt wieder regelmäßig dort aufhielt, so dass an ihn adressierte Schreiben ihn unter gewöhnlichen Umständen unschwer erreichen mussten. Viel näher liegt es, dass der Kläger aufgrund des Schreibens über die Sach- und Rechtslage im Bilde war und gleichwohl seinem Sohn die Führung der Verhandlungen mit der Beklagten überließ, über deren Verlauf er sich in der Folge ausweislich der vorgelegten WhatsApp-Kommunikation regelmäßig informieren ließ.

(bbb)

Dafür, dass die Einziehung der Versicherungssumme auf einer bewussten und gewollten Absprache mit dem Kläger beruhte, spricht weiter, dass dieser die – von ihm eingeräumte – Überlassung einer Kopie seines Reisepasses, mit deren Hilfe die Auszahlung der Versicherungsleistung erwirkt wurde, bis zuletzt nicht nachvollziehbar erläutert hat. Die Beklagte hatte die Kopie eines Ausweisdokuments unter Hinweis auf das Bezugsrecht des Klägers angefordert. Soweit der Kläger behauptet hat, die spätere Überlassung der Kopie an seinen Sohn sei ausschließlich zur Eröffnung eines gemeinsamen Bankkontos bei der DAB-Bank erfolgt, das der Verwaltung des im gemeinsamen Eigentum des Klägers und der Erbengemeinschaft stehenden Hausanwesens habe dienen sollen, hat die Beklagte zu Recht auf die mangelnde Plausibilität dieser Erklärung hingewiesen. Da die Erbengemeinschaft zum Teil aus minderjährigen Kindern bestand und durch einen Testamentsvollstrecker vertreten wurde, dem die Verwaltung des Nachlasses oblag, bestand für ein solches Vorgehen keine rechtliche Grundlage. Dass die diesbezüglichen Erläuterungen des Klägers unglaubhaft sind, zeigt sich auch darin, dass das Konto – worauf die Beklagte im Berufungsrechtzug unwidersprochen hingewiesen hat – offenbar zu ganz anderen Zwecken verwendet wurde, als vom Kläger zunächst vorgetragen; so war u.a. am 25. Juli 2016, nach Auszahlung der Versicherungsleistung, ein Zahlungseingang in Höhe von 20.000,- Euro zu verzeichnen, der von dem Auszahlungskonto herrührte (Bl. 311 GA). Der Kläger hat auch keine belastbaren Unterlagen vorgelegt, die eine Verwendung der Reisepasskopie des Klägers zu diesem vorgeblichen Zweck belegen würden. Gegen eine Überlassung nur zu dieser Verwendung spricht im Übrigen der – durch WhatsApp-Korrespondenz belegte und vom Kläger in der Sache nicht bestrittene – Hinweis des Streithelfers, der Kläger sei damals schon Kunde der Bank gewesen, so dass eine neuerliche Identifizierung nicht mehr notwendig gewesen sei (Bl. 386, 388 GA). Bei dieser Sachlage stehen die Glaubwürdigkeit des Klägers und die Glaubhaftigkeit seiner anderslautenden Angaben in Zweifel. Der Senat glaubt deshalb insbesondere nicht, dass Anlass für die Aushändigung einer Kopie des Reisepasses an den Sohn des Klägers die angebliche Kontoeröffnung gewesen ist. Als einzige Rechtfertigung dieses Vorganges, der zeitlich auch unmittelbar nach Erhalt der Aufforderung der Beklagten zur Vorlage der Ausweiskopie erfolgte, verbleibt vielmehr das – nahe liegende – Ansinnen des Klägers, es seinem Sohn absprachegemäß zu ermöglichen, die Versicherungsleistung mit Hilfe der erbetenen Ausweiskopie des Bezugsberechtigten unter seinem Namen bei der Beklagten einzuziehen.

(ccc)

Allein die vollständige Kenntnis von den Umständen, unter denen die Geltendmachung seines Bezugsrechtes durch den Streithelfer erfolgt ist, vermag auch nur schlüssig zu erklären, weshalb der Kläger selbst vor der Auszahlung zu keiner Zeit selbst gegenüber der Beklagten in Erscheinung getreten ist. Hätte der Kläger hieran Zweifel gehabt, wäre eine solche Kontaktaufnahme nahe liegend und auch zu erwarten gewesen. Denn der Kläger verfügte nach eigenem Bekunden über den Versicherungsschein, aus dem sich sein Bezugsrecht für ihn – als durchschnittlichen Versicherungsnehmer – offenkundig und ohne jede Einschränkung ergab. Auch behauptet er, dieses Dokument sei ihm zu Lebzeiten überlassen worden, weshalb davon auszugehen ist, dass er um die darin liegende Zuwendung des Bezugsrechtes wusste. Hiervon ausgehend, wäre es jedoch äußerst ungewöhnlich und letztlich nicht nachvollziehbar gewesen, wenn der Kläger nach dem Tode seiner Ehefrau über einen Zeitraum von annähernd einem Jahr keinerlei Anstalten gemacht hätte, sich des Schicksals der nach Urkundenlage ihm gebührenden Versicherungsleistung zu vergewissern. Dass der Kläger sich auch angesichts der Höhe des in Rede stehenden Betrages mit der bloßen Erkenntnis zufrieden gegeben haben könnte, ihm stehe hiervon nichts zu, weil er enterbt sei, ist – auch angesichts der Gesamtumstände – nicht glaubhaft. Ebenso wenig ist es plausibel, dass der Kläger in Kenntnis des Vertrages und trotz Gelegenheit, sich rechtlich beraten zu lassen – er war im Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten – erst ein knappes Jahr später mit einer Bekannten aus nicht näher dargelegtem Anlass über den Sachverhalt gesprochen und dabei von seinem Bezugsrecht erfahren haben will, wie er jetzt zur Erläuterung vorträgt. Vielmehr hätte es selbst unter der Prämisse, dass der Kläger Zweifel an seiner Anspruchsberechtigung gehabt haben sollte, auch angesichts der Tatsache, dass dann zumindest die von ihm gesetzlichen vertretenen Kinder profitiert hätten, in jeder Hinsicht der Lebenserfahrung entsprochen, sich zeitnah Gewissheit über die Anspruchsberechtigung zu verschaffen. Das Unterlassen jedweder Rückfrage bei der Beklagten ist unter diesen Umständen nachvollziehbar nur dadurch zu erklären, dass der Kläger anderweitig über die erforderliche Kenntnis verfügte, nämlich davon ausging, sein Sohn werde entsprechend der mittlerweile dokumentiert vorliegenden bilateralen Absprachen die Einziehung des Betrages für ihn besorgen.

(ddd)

Letztlich wird die Überzeugung des Senats von einer zwischen Vater und Sohn verabredeten Einziehung der Versicherungsleistung auch dadurch gefestigt, dass der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit wechselnd und unaufrichtig vorgetragen hat. Erstinstanzlich hat er sich vollkommen ahnungslos gegeben und auf diese Weise ohne größeren Widerstand ein vorläufig vollstreckbares Urteil gegen die Beklagte erwirkt, obschon er wusste, dass die Auszahlung der Versicherungsleistung entsprechend der Absprache mit seinem Sohn auf das von diesem benannte Konto erfolgt war. Erst nachdem die Einlassung des Streithelfers aus dem Ermittlungsverfahren einschließlich der vorgelegten Auszüge aus der WhatsApp-Kommunikation bekannt geworden war, hat er auf einmal eingeräumt, mit einer Auszahlung der Versicherungsleistung einverstanden gewesen zu sein, und sich darauf zurückgezogen, es habe ihm hierbei am Erklärungsbewusstsein gemangelt. Ein solches prozessuales Verhalten ist nicht nur hochgradig fragwürdig; es nimmt dem Kläger auch jede Glaubwürdigkeit hinsichtlich seiner Behauptung, er habe damals seinen Sohn gewähren lassen in dem Glauben, nicht (mehr) bezugsberechtigt zu sein. Berücksichtigt man dagegen alle vorgenannten Umstände, so verbleibt bei Lichte betrachtet keine andere nachvollziehbare Erklärung als diejenige, dass der Kläger die Einziehung der Versicherungsleistung, von der er wusste, dass sie ihm gebührte, wissentlich und willentlich seinem Sohn überließ, der insoweit als bevollmächtigter Vertreter unter fremden Namen tätig wurde.

(eee)

Dahinstehen kann deshalb, ob – wofür allerdings ebenfalls vieles spricht – der Kläger auch seitens des Testamentsvollstreckers, Rechtsanwalt Dr. Sch., zeitnah über sein Bezugsrecht in Kenntnis gesetzt worden ist. Grundsätzlich wäre es lebensnah, dass der Testamentsvollstrecker, dem mit Schreiben der Beklagten vom 7. April 2016 (Anlage K5) mitgeteilt worden war, dass diese den Kläger als bezugsberechtigt ansah, dem Kläger hiervon zumindest in dessen Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter seiner erbberechtigten minderjährigen Kinder berichtet hätte. Auch dass der Kläger seinen Anspruch im Einvernehmen mit dem Testamentsvollstrecker verfolgt und hierzu eine Verrechnungsvereinbarung getroffen hat, seinen – gemäß § 2327 BGB unter Einbeziehung des Bezugsrechts zu errechnenden – Pflichtteilsanspruch mit berücksichtigt, könnte dafür sprechen. Allerdings kommt es hierauf nicht mehr entscheidend an, denn dass der Kläger über eine solche Kenntnis verfügte, steht schon angesichts der vorstehend im Einzelnen dargelegten weiteren Umstände zur Überzeugung des Senats fest (§ 286 ZPO). Deshalb bedurfte keiner Aufklärung mehr, ob – wie der Streithelfer behauptet hat – anlässlich eines Treffens mit dem Testamentsvollstrecker im April/Mai 2016 ausdrücklich über das Schicksal des Bezugsrechts gesprochen wurde, oder ob – wie der Kläger zuletzt vortrug – dies nicht und auch sonst zu keiner Zeit geschehen sein soll.

(c)

Dass die dem Streithelfer erteilte Vollmacht unwirksam, insbesondere durch Anfechtung rückwirkend vernichtet worden wäre (§ 142 Abs. 1 BGB), kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Von der – auch nur im Falle eines beachtlichen Irrtums denkbaren – Möglichkeit, die Vollmacht durch unverzügliche Erklärung gegenüber dem Bevollmächtigten anzufechten (§§ 119, 121, 143 BGB; Ellenberger, in: Palandt, a.a.O., § 167 Rn. 3), hat der Kläger, der selbst nach seinen eigenen Angaben spätestens im Januar 2017 über die volle Tatsachenkenntnis verfügte, weil er bei seinem Anruf durch die Beklagte über sämtliche Geschehnisse informiert wurde (vgl. auch das Schreiben des Klägers vom 17. Januar 2017, Bl. 54 GA), keinen, jedenfalls keinen rechtzeitigen Gebrauch gemacht. Ohnehin wäre hierfür auch kein Anfechtungsgrund ersichtlich; denn die Behauptung, er habe sich damals nicht für bezugsberechtigt gehalten und deshalb seinem Sohn die Einziehung der Versicherungsleistung ermöglicht, an der er selbst Interesse gehabt habe, stellt lediglich einen nach Maßgabe der §§ 119 ff. BGB unbeachtlichen Irrtum über den Beweggrund dar, der nicht zugleich einen solchen in der Erklärung hervorgerufen hat (vgl. RG, Urteil vom 3. März 1924 – IV 386/23, RGZ 108, 105, 108). Außerdem ist sie nach Auffassung des Senats durch die Umstände widerlegt; auf die obigen Ausführungen wird ergänzend Bezug genommen.

dd)

Hat der Streithelfer mithin bei seiner Aufforderung an die Beklagte, die Versicherungsleistung auf das mit Schreiben vom 5. Juli 2016 mitgeteilte Konto zu überweisen, unter dem Namen des Klägers und mit ausreichender Vertretungsmacht gehandelt, so kommt der von der Beklagten zugunsten dieses Kontos erbrachten Überweisung Erfüllungswirkung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB zu. Dies hat zur Folge, dass die Leistungspflicht der Beklagten durch die Zahlung erloschen und eine erneute Geltendmachung des Anspruchs durch den Kläger ausgeschlossen ist. Auf die von der Beklagten hilfsweise aufgeworfene, vom Landgericht eingehend erörterte – weitere – Frage, inwieweit ausnahmsweise Einwendungen aus dem Valutaverhältnis einem Anspruch des Klägers aus dem Bezugsrecht einredeweise entgegengehalten werden können (vgl. Senat, Urteil vom 17. Mai 2017 – 5 U 35/16, VersR 2018, 149), kam es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.

3.

Die Beklagte, die den Anspruch des Klägers auf die Todesfallleistung mithin ordnungsgemäß durch Zahlung auf das ihr mit Schreiben vom 5. Juli 2016 mitgeteilte Bankkonto erfüllt hat, schuldet dem Kläger auch keine erneute Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2018 – IV ZR 222/16, VersR 2018, 985).

a)

Gemäß § 280 Abs. 1 BGB kann bei Verletzung einer Pflicht aus dem Schuldverhältnis der Gläubiger von dem Schuldner Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen, es sei denn, der Schuldner hat die Pflichtverletzung nicht zu. Durch die Auszahlung der Versicherungsleistung auf das mitgeteilte Bankkonto hat die Beklagte jedoch keine Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt. Aufgrund des Bezugsrechts war sie verpflichtet, nach Eintritt des Versicherungsfalles die Todesfallleistung an den Kläger auszuzahlen; genau dies hat sie vorliegend aber auch getan. Soweit sie entsprechend der ihr unter dem Namen des Klägers erteilten Weisung gehandelt und die Versicherungsleistung auf das mit Schreiben vom 5. Juli 2016 mitgeteilte Bankkonto überwiesen hat, war dies nicht pflichtwidrig, weil der Kläger sich dieses Verhalten seines Sohnes zurechnen lassen muss.

b)

Ebenfalls vergeblich wirft der Kläger der Beklagten vor, sie habe sich bei der Auszahlung der Versicherungsleistung unsorgfältig verhalten, insbesondere hätte sie diese nicht wie geschehen ohne weitere Nachweise vornehmen dürfen. Es mag zwar sein, dass die Beklagte die Berechtigung des an sie herangetretenen Anspruchsstellers vor der Auszahlung noch sorgfältiger hätte überprüfen können, um Leistungen an Unberechtigte zu vermeiden. Eine darin möglicherweise liegende Verletzung von Sorgfaltspflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) hätte aber in Bezug auf den Kläger keinen kausalen Schaden verursacht, weil der Kläger die hier unter seinem Namen erwirkte Auszahlung auf das mitgeteilte Konto, die insbesondere im Rahmen der von ihm konkludent erteilten Vollmacht erfolgt ist, als Erfüllung gelten lassen muss (§ 362 Abs. 1 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1971 – V ZR 65/70, WM 1971, 1500; Senat, Beschluss vom 12. Oktober 1987 – 5 W 157/87, OLGZ 1988, 45). Ihm ist deshalb dadurch, dass die Beklagte keine weitergehenden Ermittlungen angestellt hat, bevor sie eine rechtmäßige, ihm gegenüber wirksame Auszahlung vornahm, kein zurechenbarer Schaden entstanden.

4.

Eine – von der Beklagten zunächst beantragte – Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 149 Abs. 1 ZPO bis zur Erledigung des Strafverfahrens gegen den Streithelfer kam bei dieser Sachlage nicht mehr in Betracht. Voraussetzung hierfür wäre ein aus Sicht des Gerichts bestehender Verdacht einer strafbaren Handlung irgendeines Prozessbeteiligten oder auch eines Dritten, sofern dieser Verdacht geeignet ist, im Fall seiner Begründetheit Einfluss auf die Sachverhaltsfeststellung im ausgesetzten Verfahren auszuüben (Greger in: Zöller, ZPO 32. Aufl., § 149 Rn. 3). Erforderlich ist, dass streitige Umstände, auf die es im Zivilverfahren ankommt, im Strafverfahren leichter oder einfacher geklärt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 – VI ZB 58/08, VersR 2010, 687; Fritsche, in: MünchKommZPO 5. Aufl., § 149 Rn. 5). Was in dem für eine Aussetzung relevanten Strafverfahren zu klären ist, muss also auf den Inhalt der zivilgerichtlichen Entscheidung einwirken können (Senat, Beschluss vom 21. Juni 2010 – 5 W 155/10-57, juris; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO 16. Aufl., § 149 Rn. 3). Eine Aussetzung hätte daher nur erfolgen können und ggf. müssen, wenn noch ausstehende Erkenntnisse des Strafverfahrens für den Zivilprozess hätten nutzbar gemacht werden können und dieser zu erwartende Erkenntnisgewinn gegenüber dem Interesse an der zügigen Durchführung des Zivilprozesses überwogen hätte (vgl. OLG Jena, OLG-NL 2006, 146; Wöstmann, in: Saenger, ZPO 8. Aufl., § 149 Rn. 3). Damit war hier jedoch nicht mehr zu rechnen. Entscheidend für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch war zuletzt allein, dass – was hier feststeht – die von dem Streithelfer unter fremden Namen erwirkte Zahlung der Beklagten auf das mitgeteilte Bankkonto mit ausreichender Vertretungsmacht geschah. Zusätzliche Erkenntnisse, die auf die Entscheidung von Einfluss sein könnten, sind aus dem – seit nunmehr knapp zwei Jahren anhängigen – Ermittlungsverfahren nicht mehr zu erwarten. Ganz im Gegenteil widerspräche es dem Beschleunigungsgebot, die nach dem feststehenden Sachverhalt nunmehr mögliche Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits vom weiteren Schicksal eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Streithelfer abhängig zu machen.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

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