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Lebensversicherung – Abtretung von Rechten aus dem Versicherungsvertrag

LG Hamburg, Az.: 332 O 141/16, Urteil vom 15.02.2017

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 39.950,40 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Fortbestand einer Kapitalversicherung.

Die Parteien vereinbarten zum 1.12.1986 eine kapitalbildende Lebensversicherung mit der Versicherungsnummer … (Anlage B1). Als Vertragslaufzeit sind 30 Jahre vereinbart worden. Die kalkulierte Ablaufleistung belief sich auf 49.938,00 €, der vereinbarte Monatsbeitrag auf 247,92 € (Anlage K1).

Durch Kaufvertrag vom 14./21.7.2009 veräußerte der Kläger die Versicherung an eine zur S.-Unternehmensgruppe gehörende Gesellschaft in Firma S. Sachwert AG (im Folgenden: S.) mit dem gleichzeitig er zum 14.7.2009 alle Rechte und Ansprüche an die S. abtrat § 2 (1) und 3(1)). Außerdem stimmte er der Anzeige gegenüber der Gesellschaft durch den Käufer zu und bevollmächtigte diese auch ausdrücklich dazu (§ 3 (8)). Als Kaufpreis wurden 64.257,11 € vereinbart, der nachträglich auf 57.504,95 € abgeändert wurde (Anlage K3). Ein Teilbetrag von 34.502,95 € sollte nach Unterzeichnung des Nachtrags gezahlt werden und der verbleibende Betrag am 15.12.2017. Mit Schreiben vom 23.7.2009 zeigte S. diese Abtretung der Beklagten an, übersandte eine vom Kläger unterzeichnete Abtretungsanzeige (Anlage B2 und B3) und bat um Mitteilung des Rückkaufwerts. Mit Schreiben vom 27.8.2009 (Anlage B 4) erklärte S. gegenüber der Beklagten die Kündigung der Lebensversicherung und bat um Auszahlung des Guthabens. Ausweislich des Schreibens war diesem der Originalversicherungsschein beigefügt. Mit Schreiben 15.9.2009 (Anlage B5) rechnete die Beklagte die Versicherung ab.

Lebensversicherung - Abtretung von Rechten aus dem Versicherungsvertrag
Symbolfoto: Amaviael/Bigstock

Die Bafin sah in der Tätigkeit der S. ein verbotenes Bankgeschäft und ordnete mit Bescheid vom 26. 5. 2014 die Abwicklung des unerlaubt betriebenen Einlagengeschäfts an. Ferner ist gegen mehrere Verantwortliche der S. ein Strafverfahren eingeleitet worden. Diese werden beschuldigt einen Betrug zum Schaden und Nachteil der Versicherungskunden begangen zu haben. Über das Vermögen der S. ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Mit außergerichtlichem Schreiben vom 10.2.2016 (Anlage K 5) wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers an die Beklagte und forderte diese auf, den Fortbestand der Lebensversicherung zu bestätigen. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 23.3.2016 (Anlage B6).

Der Kläger ist der Ansicht, dass sowohl der Kaufvertrag als auch die Abtretung aufgrund eines Verstoßes gegen § 32 Abs. 1 KWG und § 3 RDG gemäß §§ 134, 139 BGB nichtig seien und daher der Versicherungsvertrag mit der Beklagten fortbestehe. Bei dem von der Gesellschaft betriebenen Versicherungsankauf handele es sich um ein Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, für das die S. nicht die erforderliche Erlaubnis besitze. Auch sei darin eine verbotene Rechtsdienstleistung zu sehen. Die Beklagte habe daher die Rechtsposition der S. nicht anerkennen dürfen. Ferner könne sich die Beklagte nicht auf den Schutz des § 409 Abs. 1 S. 1 BGB berufen. Der Vertrauensschutz des § 409 Abs. 1 S. 1 BGB greife nicht bei einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot. Auf die Kenntnis der Beklagten komme es insoweit nicht an.

Er bestreitet mit Nichtwissen, dass der Beklagten der Originalversicherungsschein vorgelegt und sie erst darauf ausgezahlt habe.

Die Beklagte könne sich nicht auf die Legitimationswirkung des Versicherungsscheines gemäß § 808 Abs. 1 BGB berufen, da sie positive Kenntnis von der mangelnden Verfügungsbefugnis der S. gehabt habe. Jedenfalls habe sie grob fahrlässige Unkenntnis gehabt. Die Beklagte habe es pflichtwidrig und gegen das Gebot von Treu und Glauben unterlassen, die Interessen des Versicherungsnehmers zu wahren. Sie hätte prüfen müssen, ob die Abtretung an S. überhaupt wirksam sei. Dies folge aus vertraglichen Sorgfalts- bzw. Treuepflichten der Beklagten. Eine Prüfungspflicht habe jedenfalls wegen konkreter Verdachtsmomente bestanden. Im Versicherungswesen sei bekannt gewesen, dass dubiose Ankäufer illegal Lebensversicherungen erwerben. Hierüber sei auch in den Medien berichtet worden und die Bafin habe entsprechend gewarnt. Auch die Begleitumstände, insbesondere die sofortige Kündigung der Verträge und das Einkassieren des Rückkaufswertes hätten bei der Beklagten den Verdacht erwecken müssen, dass ein verbotenes Einlagegeschäft vorliege.

Sie habe die sich aus dem Versicherungsvertrag ergebende Nebenpflicht, zu erkennen, dass S. den Vertrag nicht wirksam übernommen habe, verletzt. Außerdem habe die Beklagte ihre gemäß § 6 Abs. 4 VVG obliegende anlassbezogene Beratungspflicht verletzt, nachdem ihr durch die Abtretungsanzeige erkennbar gewesen sei, dass sich der Kläger von ihr habe lösen wollen. Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Wiederherstellung des Versicherungsverhältnisses. Sie müsse den Kläger daher auch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes so behandeln, als würde der Vertrag fortbestehen.

Er verlangt ferner Freihaltung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Der Kläger beantragt, nachdem er den Hilfsantrag, die Beklagte zu verurteilen, die Kapitalversicherung zwischen den Parteien mit allen zugunsten des Klägers damit verbundenen Ansprüchen wiederherzustellen, zurückgenommen hat,

1. festzustellen, dass die zwischen der Beklagten als Versicherer und dem Kläger als Versicherungsnehmer geschlossene Kapitalversicherung mit der Nummer … unverändert zwischen den Parteien mit allen zu Gunsten des Klägers damit verbundenen Ansprüchen fortbesteht und insbesondere nicht durch die Kündigung der S. Sachwert AG erloschen ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.832,01 freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis nicht mehr bestehe, da der Vertrag wirksam durch die S. gekündigt worden sei. Auf die Frage, ob die mit der S. getroffenen Vereinbarungen tatsächlich unwirksam seien, komme es nicht an, weil sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 409 BGB berufen könne. Nachdem ihr die Abtretung der Ansprüche noch dazu durch Vorlage des Originalversicherungsscheins angezeigt worden sei, habe sie die S. als zur Kündigung berechtigt ansehen dürfen und die Leistung mit erfüllender Wirkung erbringen können.

Die Abtretung verstoße auch nicht gegen ein gesetzliches Abtretungsverbot. Es sei bereits zweifelhaft, ob überhaupt ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 KWG und § 3 RDG vorliege. Jedenfalls handele es sich bei diesen Vorschriften nicht um gesetzliche Abtretungsverbote.

Die Beklagte trägt weiter vor, ihr sei das der Abtretung zu Grunde liegende Geschäft nicht bekannt gewesen. Insbesondere habe sie keine Kenntnis vom Inhalt des Kaufvertrages gehabt. Daher sei für sie auch nicht erkennbar gewesen, dass es sich bei dem Geschäft möglicherweise um ein nichtiges Geschäft gehandelt habe. Sie wisse auch nicht, ob der vom Kläger vorgelegte Musterkaufvertrag tatsächlich im konkreten Fall abgeschlossen worden sei.

Weiter könne sich die Beklagte auf § 808 Abs. 1 BGB berufen. Die S. habe ihr nicht nur die unterschriebene Abtretungserklärung vorgelegt, sondern auch den Originalversicherungsschein. Die Legitimationswirkung erstrecke sich auch auf das Kündigungsrecht zur Erlangung des Rückkaufwertes.

Die Beklagte habe auch keine Pflicht aus dem Versicherungsverhältnis verletzt. Die Beklagte habe keine Kenntnis von dem zugrunde liegenden Vertrag gehabt. Es habe auch keine Pflicht bestanden, den Kläger bezüglich vertraglicher Verhältnisse mit einem Dritten zu beraten.

Vorsorglich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

1.

Die Lebensversicherung wurde wirksam durch das Schreiben von S. vom 27.8.2009 gekündigt und der Rückkaufswert schuldbefreiend an S. ausgezahlt.

a.)

Es kann dahinstehen, ob die Abtretung vom 14./21.7.2009 an S. aufgrund eines Verstoßes gegen § 32 Abs. 1 KWG bzw. § 3 RDG gemäß §§ 134, 139 BGB nichtig ist. Jedenfalls muss der Kläger die Abtretung an S. und die Kündigung gemäß § 409 Abs. 1 BGB gegen sich gelten lassen.

Die Kammer schließt sich insoweit in vollem Umfang den folgenden Ausführungen der ZK 14 des Landgerichts Hamburg in ihrem Urteil vom 02.11.2016 (Az. 314 O 76/16) in einem gleichgelagerten Streitverfahren mit den Parteivertretern an und macht sich die dortigen aus der Sicht der Kammer überzeugenden Ausführungen zu Eigen:

„1.

Die Voraussetzungen des § 409 Abs. 1 BGB sind erfüllt. Die Vorschrift setzt voraus, dass der Gläubiger dem Schuldner die Abtretung anzeigt; nach S. 2 steht dieser Anzeige eine vom Gläubiger ausgestellte Urkunde über die Abtretung gleich, wenn der neue Gläubiger diese dem Schuldner vorlegt. Eine solche Urkunde liegt mit dem vom Kläger unterzeichneten Abtretungsformular vom […] vor. S. hat dieses Formular der Beklagten mit Schreiben vom […] zugesendet.

2.

Von der Rechtsfolge des § 409 Abs. 1 BGB wäre auch keine Ausnahme zu machen, wenn das Kausalgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot verstößt und die Nichtigkeit gemäß § 139 BGB auf das Verfügungsgeschäft erstreckt würde.

Dem Wortlaut nach gibt es keinerlei Ausnahmetatbestände. Die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen greifen bei der vorliegende Sachverhaltskonstellation nicht und sind auch nicht vom Sinn und Zweck der Norm her zu erweitern.

Die von der Rechtsprechung zu § 409 Abs. 1 BGB entwickelten Ausnahmefälle betreffen Fallkonstellationen, bei denen dem Gläubiger die Verfügungsbefugnis über die Forderung fehlt, zum Beispiel in der Insolvenz, oder bei gesetzlichen Abtretungsverboten – also Verboten, die sich ausschließlich auf das dingliche Rechtsgeschäft der Abtretung beziehen. Begründet wird dies damit, dass § 409 Abs. 1 BGB die Verfügungsberechtigung des Gläubigers voraussetze, denn nur dann sei es gerechtfertigt, den Gläubiger trotz unwirksamer Abtretung an seiner Erklärung festzuhalten (BGH, Beschluss v. 12.07.2012 IX ZR 210/11). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Schutz des § 409 Abs. 1 BGB selbst bei positiver Kenntnis des Schuldners von der Unwirksamkeit der Abtretung gilt. Lediglich im Falle gesetzlicher Abtretungsverbote kann davon eine Ausnahme gebildet werden, weil der Schuldner gesetzliche Abtretungsverbote selbst unmittelbar erkennen können muss (BAG, Urteil v. 06.02.1991 – 4 AZR 348/90; siehe auch Rohe, in: BeckOK-BGB, 39. Edition, Stand: 01.05.2016, § 409 Rn. 8; Roth/Kieninger, in: MüKo-BGB, 7. Aufl. 2016, § 409 Rn. 10). Die Möglichkeit des Schuldners, die Unwirksamkeit einer Abtretung abstrakt erkennen zu können, ist folglich das dominierende Prinzip bei der Begründung der Ausnahme. Daher wird z.B. bei einer Nichtigkeit der Abtretung gem. § 138 BGB keine Ausnahme von den Rechtsfolgen des § 409 Abs. 1 BGB gemacht. Der Schuldner kann in diesem Fall nämlich die zugrundeliegende Sittenwidrigkeit nicht ohne Weiteres erkennen (vgl. BAG, Urteil v. 06.02.1991 – 4 ZR 348/90).

Ein vergleichbarer Fall liegt hier vor. Ein grundsätzliches gesetzliches Abtretungsverbot besteht für Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen nicht. Vielmehr sind diese Ansprüche grundsätzlich vollen Umfangs abtretbar, der Versicherungsnehmer ist vollen Umfangs über die Ansprüche verfügungsbefugt. Ein Abtretungsverbot, das sich aus der Nichtigkeit eines Kausalgeschäfts ergibt und über § 139 BGB auf das Verfügungsgeschäft erstreckt wird, kann vor diesem Hintergrund keine Ausnahme von § 409 Abs. 1 BGB bilden. Es findet seine Wurzel nicht im Gesetz, sondern in dem zugrundeliegenden Kausalgeschäft. Der Schuldner kann die Nichtigkeit des Kausalgeschäfts nicht ohne Weiteres erkennen, was dem von § 409 Abs. 1 BGB bezweckten Schutz entgegenläuft. Ebenso wird dem Gläubiger die Verfügungsbefugnis nicht kraft Gesetz entzogen (ebenso LG München, Urteil vom 31.08.2016, 23 O 5454/16; LG Stuttgart, Urteil vom 7.9.2016, 16 O 117/16; LG Stuttgart, Urteil vom 7.9.2016, 18 O 136/16; LG Hannover, Urteil v. 19.9.2016, 2 O 151/16).

[…]

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Kausalgeschäfts kannte oder ihr diese grob fahrlässig unbekannt war. Insbesondere musste die Beklagte nicht die Wirksamkeit der angezeigten Abtretung überprüfen. Es ist von dem Kläger nicht vorgetragen, dass er den zugrundeliegenden Vertrag mit der S. an die Beklagte übersandt hat. Der konkrete Vertrag konnte daher der Beklagten nicht bekannt sein. Dass ein Versicherungsunternehmen ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte generell verpflichtet ist, die Wirksamkeit der vorgelegten Abtretung zu überprüfen, ergibt sich weder aus der Entscheidung des Landgerichts Hamburg noch aus dem Hinweis der Bafin. Eine solche Fürsorgepflicht kennt das Gesetz gerade nicht. Aus dem Sinn und Zweck der §§ 409, 808 BGB folgt vielmehr, dass grundsätzlich eine solche generelle Prüfungspflicht nicht besteht. Es bestand auch keine Beratungspflicht gem. § 6 Abs. 4 VVG. Der Versicherer ist insbesondere nicht verpflichtet, eine wirtschaftliche Entscheidung des Versicherungsnehmers zu hinterfragen, für die er selbst keinen Anlass gegeben hat. Auch ist der Versicherer nicht verpflichtet, den Versicherungsnehmer bezüglich eines Rechtsgeschäftes mit einem Dritten, das nicht das Versicherungsverhältnis betrifft, zu beraten. Konkrete Verdachtsmomente ergaben sich nach Auffassung des Gerichts auch nicht aus den Hinweisen in der Presse oder der Bafin. Lebensversicherungen sind grundsätzlich abtretbar und werden aus den verschiedensten Gründen verkauft und abgetreten. So gibt es auch eine Vielzahl von Fällen, in denen Lebensversicherungen nach Abtretung sofort fällig gestellt wurden auch ohne dass ein unzulässiges Einlagengeschäft vorlag. Dies zum Beispiel in Fällen, in denen der Rückkaufswert als Entgelt für entgeltliche Erwerbsgeschäfte benutzt wird. Zum anderen trägt der Kläger im Rahmen der Begründung für die Höhe der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten selbst vor, dass es sich um eine überdurchschnittlich komplexe und komplizierte Materie gehandelt habe, die besondere Kenntnisse des Kreditwesengesetzes und des Rechtsdienstleistungsgesetzes erfordert habe. Auch wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass eine eventuelle Unwirksamkeit des Grundgeschäftes hier keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Abtretung gehabt hätte (z.B. LG Wiesbaden, Urteil v. 15.09.2016, 9 O 76/16; LG München, Urteil vom 31.08.2016, 23 O 5454/16). Wieso die Beklagte daher ohne Kenntnis des zugrundeliegenden Geschäftes wegen eines überragenden Wissens grob fahrlässige Unkenntnis von einer etwaigen Unwirksamkeit der Abtretung Kenntnis gehabt haben soll, erschließt sich dem Gericht nicht.

Die Beklagte musste den Kläger auch nicht auf die ungünstigen Folgen bezüglich der vorzeitigen Kündigung der Lebensversicherung hinweisen. Diese Folgen dürften einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer bekannt sein und ergeben sich in der Regel aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Eines erneuten Hinweises bei der Kündigung bedurfte es insoweit nicht.

Die vorstehenden Ausführungen lassen sich ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen. S. hat der Beklagten auch hier die Abtretung mit Schreiben vom 23.7.2009 (Anlage B2) durch Übersendung der vom Kläger unterzeichneten Abtretungsanzeige (Anlage B3) angezeigt, womit sich der Kläger jedenfalls gem. § 409 Abs. 1 BGB so behandeln lassen muss, als wäre diese Abtretung an die S. wirksam gewesen, so dass diese die streitgegenständliche Versicherung wirksam kündigen und schuldbefreiend Zahlung an sich verlangen konnte.

Es kann daher auch dahinstehen, ob sich die Beklagte zusätzlich auf die Legitimationswirkung des § 808 Abs. 1 BGB berufen kann, weil ihr – wie vom Kläger allerdings bestritten – vor Auszahlung des Rückkaufwerts die Originalpolice vorgelegen hat.

b.)

Die Klage hat hinsichtlich der gestellten Hauptanträge auch unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten keinen Erfolg. Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch dahingehend, so gestellt zu werden, als ob der streitgegenständliche Versicherungsvertrag noch ungekündigt zwischen den Parteien fortbestehen würden. Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 6 Abs. 5 i. V. m. Abs. 4 VVG noch aus der allgemeinen Schadensersatznorm des § 280 Abs. 1 BGB, da der Beklagten insoweit keine (anlassbezogene Beratungs-) Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann.

Auch insofern kann zunächst in vollem Umfang auf die Ausführungen in dem oben wiedergegebenen Urteil der ZK 14 des Landgerichts Hamburg verwiesen werden.

Ergänzend hierzu hat die Kammer (in anderer Besetzung) in dem Urteil 332 O 128/16 folgendes ausgeführt, worauf ebenfalls Bezug genommen wird:

Die Klagepartei überspannt die bestehenden Beratungs- und Informationspflichten der beklagten Versicherung. Diese war insbesondere nicht verpflichtet, eine Prüfung der Wirksamkeit der Abtretungen vorzunehmen. Unabhängig davon besaß sie aber auch keine hinreichenden Informationen, um die Wirksamkeit der Abtretungen überprüfen zu können, da die Beklagte unstreitig keine Kenntnis über das zugrunde liegende Kausalgeschäft zwischen der Klagepartei und S. besaß. Ebenso wenig war die Beklagte aus dem Versicherungsverhältnis verpflichtet, mit der Klagepartei in Kontakt zu treten und von diesem Informationen anzufordern, um ggf. die Wirksamkeit der Abtretungen prüfen zu können. Auch zu derartigen Informationsbeschaffung ist die Beklagte angesichts der eigenen wirtschaftlichen Entscheidung der Klagepartei, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an Dritte zu verkaufen, nicht verpflichtet. Derartige Beratungspflichten folgen insbesondere auch nicht aus § 6 Abs. 4 VVG, da sich das Beratungsbedürfnis der Klagepartei nicht aus dem Versicherungsverhältnis selbst ergibt, sondern vielmehr aus der eigenverantwortlichen Weiterveräußerung dieser Ansprüche durch die Klagepartei.

Schließlich war die Beklagte auch nicht verpflichtet, die Klagepartei „darüber zu informieren, dass das Rechtsgeschäft mit S. zweifelhaft, d. h. dubios bzw. illegal gewesen ist, weil berechtigter Anlass besteht, dass es sich um ein verbotenes Einlagengeschäft mit der Folge (auf die die Beklagtenpartei ihren Kunden hätte ebenfalls hinweisen müssen), dass das Rechtsgeschäft insgesamt nichtig sein kann.“

Die Beklagte war auch zu einer derartigen Warnung über ein Rechtsgeschäft, welches allein aus dem Interessen -und Erkenntnisbereich der Klagepartei stammt, nicht verpflichtet. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch ein derartiger Hinweis eine intensive Prüfung der durch die Klagepartei vorgenommenen Rechtsgeschäfte (Kaufvertrag und Abtretung) und deren rechtliche Auswirkungen auf das Versicherungsverhältnis voraussetzen würde, zu der sie gerade nicht verpflichtet war. Zu einer derartigen Prüfung wäre die Beklagte aber verpflichtet gewesen vor einem entsprechenden Hinweis, um sich nicht ihrerseits gegenüber der Klagepartei schadensersatzpflichtig zu machen. Denn die Klagepartei selbst hätte mit dieser Information gar nichts anfangen können, sondern hätte sich mit entsprechendem Kostenrisiko anwaltlicher Hilfe bedienen müssen mit ungewissem Ausgang insbesondere im Hinblick auf die Wirksamkeit der vorgenommenen Abtretung auch bei Unwirksamkeit des Kausalgeschäfts. Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte gerade nicht leichtfertig Warnungen mit ungewissen Rechtsfolgen für die Klagepartei aussprechen dürfen.

2.

Mangels Erfolgs in der Hauptsache hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Freihaltung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Dies entspricht der kalkulierten voraussichtlichen Versicherungssumme abzüglich eines Feststellungsabschlags in Höhe von 20 %.

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