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Kündigung Krankenversicherung wegen Eintritt in GKV

AG Hoyerswerda – Az.: 1 C 312/16 – Urteil vom 25.04.2017

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Hoyerswerda vom 10.01.2017, Az. 1 C 312/16, wird mit folgender Maßgabe aufrechterhalten:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 359,77 € nebst 1 % Säumniszuschlag seit Dezember 2015 sowie 10,00 € vorgerichtliche Mahnkosten und als weitere Nebenforderung 202,30 € Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.

2. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte hat vorab die durch die Säumnis im Termin vom 10.01.2017 entstandenen Kosten zu tragen. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 72 % und der Beklagte 28 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil und aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 1.798,85 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Beitragsansprüche aus einem privaten Krankenversicherungsvertrag geltend.

Der Beklagte hatte bei der Klägerin einen Krankenversicherungsvertrag geschlossen. Der monatliche Krankenversicherungsbeitrag betrug im streitgegenständlichen Beitragszeitraum 359,77 €. Die Versicherungsperiode lief jeweils vom 01.01. eines Jahres bis zum 01.01. eines Folgejahres. Bei Fälligkeit des Versicherungsbeitrages für die Zeit vom 01.12.2015 bis zum 31.12.2015 leistete der Beklagte den vereinbarten Beitrag in Höhe von 359,377 € nicht. Auch die weiteren Folgebeiträge wurden von dem Beklagten nicht bezahlt. Gegenstand der Klage sind die Versicherungsbeiträge für die Krankenversicherung vom 01.12.2015 bis zum 30.04.2016 in Höhe von 5 x 359,77 €, mithin insgesamt 1.798,85 €.

Wegen dieser Rückstände hatte die Klägerin den Beklagten zweimalig außergerichtlich selbst sowie einmal durch ihren Prozessbevollmächtigten gemahnt, wofür vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 10,00 € und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 202,30 € entstanden sind. Die vorgenannten Beträge sind – neben Säumniszuschlägen – Gegenstand der vorliegenden Klage.

Der Beklagte hatte die streitgegenständliche Krankenversicherung durch Schreiben vom 28.12.2015 (Anlage K 1 – Bl. 27 d. A.) gekündigt. Die Kündigung erfolgte ohne Angabe von Gründen. Seit dem 01.01.2016 war der Beklagte ins Angestelltenverhältnis gewechselt und damit krankenversicherungspflichtig. Dies teilte der Beklagte der Klägerin aber zunächst nicht mit, und zwar auch nicht, nachdem die Klägerin durch Schreiben vom 15.01.2016 (Anlage K 2 – Bl. 28 d. A.) die Kündigung zurückgewiesen und nach Kündigungsgründen gefragt hatte.

Erst im Laufe des vorliegenden Verfahrens mit der Klageerwiderung teilte der Beklagte der Klägerin unter Vorlage einer Versicherungsbestätigung vom 03.11.2016 (Anlage B 1 – Bl. 20 d. A.) seine seit 01.01.2016 bestehende gesetzliche Krankenversicherungspflicht mit und kündigte vorsorglich erneut.

Die Klägerin behauptet, sie sei aufgrund des Kündigungsschreibens vom 28.12.2015 davon ausgegangen, dass es sich um eine ordentliche Kündigung oder um eine Kündigung wegen Beitragsanpassung handele. Vor diesem Hintergrund sei die Kündigung durch das Schreiben vom 15.01.2016 zu Recht zurückgewiesen worden. Die Klägerin vertritt die Rechtsauffassung, ein Kündigungsrecht gemäß § 205 Abs. 2 VVG wegen Eintritts der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht sei ein Sonderkündigungsrecht, auf das sich der Beklagte zumindest hätte berufen müssen sodass die Kündigung vom 28.12.2015 den Versicherungsvertrag nicht wirksam beendet habe.

Im Termin vom 10.01.2017 hat die Klägerin gegen den säumigen Beklagten ein Versäumnisurteil in Höhe von 1.798,85 EUR nebst 1 % Säumniszuschlag pro angefangenen Monat jeweils aus 359,77 EUR seit Dezember 2015, Januar 2016, Februar 2016, März 2016 und April 2016, zzgl. 10,00 EUR Mahnkosten und 202,30 EUR Rechtsanwaltsgebühren erlangt (Bl. 34 f d. A.), welches dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten laut Empfangsbekenntnis am 25.01.2017 zugestellt worden ist. Dagegen hat der Beklagte am 31.01.2017 Einspruch eingelegt (Bl. 42 d. A.).

Die Klägerin beantragt zuletzt, den Einspruch des Beklagten zu verwerfen und das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Hoyerswerda vom 10.01.2017, Az.: 1 C 312/16, aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 03.01.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Rechtsauffassung, die Klägerin habe seit 01.01.2016 keinen Anspruch mehr auf Zahlung der zuvor vereinbarten Versicherungsbeiträge, da seine Kündigung vom 28.12.2015 den Versicherungsvertrag wirksam beendet habe. In diesem Zusammenhang vertritt der Beklagte die Rechtsauffassung, es komme allein auf das objektive Vorliegen der Versicherungspflicht an, sodass er im Kündigungsschreiben auch nicht habe angeben müssen, dass er gesetzlich krankenversicherungspflichtig wird. Eine Begründung der außerordentlichen Kündigung werde im Gesetz schlichtweg nicht gefordert. Unabhängig davon habe die Klägerin dem Kündigungsschreiben durchaus entnehmen können, dass die Kündigung auf den Eintritt in die Versicherungspflicht erfolgt, denn es sei ersichtlich ein Muster verwendet worden, das von gesetzlichen Krankenversicherungen vorgegeben werde. Außerdem lasse die Anmerkung: „Senden Sie diese Kündigung an Ihre aktuelle Krankenkasse“ die Herkunft des Musters erkennen, jedenfalls für einen Sachbearbeiter einer privaten Krankenversicherung. Die Forderung des Musterschreibens, die Kündigung an die „aktuelle Krankenkasse“ zu senden, habe nur von einer gesetzlichen Krankenkasse verwendet werden können, sodass für die Klägerin jedenfalls deutlich gewesen sei, dass der Beklagte künftig der Versicherungspflicht unterliege.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Antragsstellung unter Bezugnahme auf ein – in dieser Sache tatsächlich nicht existierendes – Versäumnisurteil vom 03.01.2017 beruht ersichtlich auf einem Schreib- bzw. Übertragungsfehler, denn zuvor nimmt der Beklagte im Einspruchsschriftsatz ausdrücklich auf das am 10.01.2017 verkündete Versäumnisurteil Bezug.

In der Sache hat der Einspruch teilweise Erfolg.

1.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten gemäß §§ 1, 193 VVG in Verbindung mit dem damals zwischen den Parteien bestehenden Krankenversicherungsvertrag (nur) ein Zahlungsanspruch des Folgebeitrages für Dezember 2015 in Höhe von 359,77 € zu.

a) Zwischen den Parteien bestand jedenfalls bis zum 31.12.2015 ein Krankenversicherungsvertrag. Den vereinbarten monatlichen Versicherungsbeitrag in Höhe von 359,77 € hat der Beklagte unstrittig für den Zeitraum vom 01.12.2015 bis zum 31.12.2015 nicht an die Klägerin gezahlt. Der Klägerin steht daher ein entsprechender Zahlungsanspruch zu, sodass der Beklagte unter teilweiser Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils entsprechend zu verurteilen war.

b) Dem gegenüber besteht ab dem 01.01.2016 kein entsprechender Zahlungsanspruch mehr, weil die Kündigung des Beklagten vom 28.12.2015 den Krankenversicherungsvertrag wirksam mit Wirkung ab dem 01.01.2016 beendet hat; § 205 Abs. 2 VVG.

Nach dieser Vorschrift kann ein Versicherungsnehmer u.a. dann, wenn er kraft Gesetzes krankenversicherungspflichtig wird, binnen 3 Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht seine Krankheitskostenversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen. Im vorliegenden Falle trat die Versicherungspflicht unstrittig mit Beginn des Jahres 2016 ein. Die Kündigung vom 28.12.2015 war damit grundsätzlich rechtzeitig. Auch liegt der genannte Kündigungsgrund – Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht – objektiv vor. Zu Recht wendet die Klägerin ein, dass der Beklagte weder ausdrücklich noch konkludent den Kündigungsgrund angegeben hat. Die fehlende Benennung des Kündigungsgrundes schließt die Wirksamkeit der Kündigung aber entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht aus. Im Einzelnen:

aa) Im vorliegenden Falle hat der Beklagte die Kündigung weder ausdrücklich noch sinngemäß als außerordentliche im Sinne von § 205 Abs. 2 VVG erklärt. Im Gegenteil spricht der Inhalt der Kündigung eher für eine ordentliche als für eine außerordentliche Kündigung. Zwar handelt es sich – worauf der Beklagte zu Recht hinweist – offensichtlich um ein Formular einer Krankenkasse. Dass sich auf diesem Formular der Aufdruck „Senden Sie diese Kündigung an Ihre aktuelle Krankenkasse“ findet, lässt allerdings nicht mit der erforderlichen Sicherheit die Schlussfolgerung zu, es trete für den Versicherungsnehmer nunmehr eine gesetzliche Krankenversicherungspflicht ein. Im Gegenteil spricht der Inhalt der Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ gerade gegen das Vorliegen einer so begründeten außerordentlichen Kündigung. Auch der Zusatz „Von Rückwerbungsversuchen bitte ich abzusehen.“ lässt für einen objektiven Dritten eher die Schlussfolgerung zu, der Kündigende habe nur die private Versicherung wechseln wollen.

Hinzu kommt im vorliegenden Falle, dass auf Grund des Schreibens vom 15.01.2016 für den Beklagten sogar erkennbar war, dass die Klägerin offensichtlich die Kündigung auch nicht so verstanden hat. Vielmehr hat die Klägerin in diesem Schreiben auf die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen Beitragsanpassung hingewiesen und – mangels einer solchen – die Kündigung zurückgewiesen sowie im Übrigen ausdrücklich nach Kündigungsgründen gefragt. Zu einer Mitteilung über des Kündigungsgrundes hat sich der Beklagte gleichwohl nicht veranlasst gesehen.

bb) Die Tatsache, dass der Beklagte der Klägerin den maßgeblichen Kündigungsgrund weder im Rahmen der Kündigungserklärung noch auf spätere Nachfrage mitgeteilt hat, sodass die Klägerin keine entsprechende Kenntnis hatte, führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Nach § 205 Abs. 2 Satz 2 VVG wird die Kündigung nämlich nur dann unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt der Versicherungspflicht nicht innerhalb von 2 Monaten nachweist, nachdem der Versicherer ihm hierzu in Textform aufgefordert hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Versäumung dieser Frist nicht zu vertreten. Die Tatsache, dass die Klägerin sich mangels Kenntnis des Kündigungsgrundes nicht veranlasst gesehen hat, den Beklagten entsprechend aufzufordern, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Insbesondere ist die Angabe des Kündigungsgrundes im Rahmen von § 205 Abs. 2 VVG keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Zunächst ist es nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht ausdrücklich vorgeschrieben, dass der Kündigungsgrund – Eintritt der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht – im Rahmen der Kündigungserklärung angegeben werden muss. Der Wortlaut des Gesetzes sieht die Angabe des Kündigungsgrundes nicht zwingend vor, im Gegensatz zum Beispiel zu verschiedenen Vorschriften im Mietvertragsrecht, vergl. §§ 573 Abs. 3 Satz 1, 569 Abs. 4 BGB. Der von dem Beklagten in Bezug genommene Verweis auf das Arbeitsrecht ist dem gegenüber nur teilweise zutreffend. Zwar fordert § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB die Angabe des Kündigungsgrundes bei der außerordentlichen Kündigung im Arbeitsrecht nur auf Verlangen. Allerdings muss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes die Kündigung – wie hier nicht – jedenfalls als außerordentliche erklärt werden (Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Auflage, § 626 Rd.-Nr. 19 m.w.N. sowie BAG, Urteil vom 13.01.1982, Az.: 7 AZR 757/79 m.w.N. – zitiert aus JURIS). Begründet wird dies allerdings damit, dass es allein bei dem Kündigenden liege, ob er von der ihm durch § 626 Abs. 1 BGB eingeräumten besonderen Rechtsmacht Gebrauch machen will, weil mit dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nach der Verkehrsauffassung in der Regel ein Unwerturteil verbunden sei. Dies ist mit der vorliegenden Situation nicht vergleichbar, denn bei der Kündigung einer privaten Krankenversicherung wegen Eintritts der gesetzlichen Versicherungspflicht fehlt es an einem solchen Unwerturteil.

Dass sich die Klägerin nicht veranlasst gesehen hat, einen entsprechenden Versicherungsnachweis nach § 205 Abs. 2 Satz 2 VVG zu fordern, ist unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen unter aa) nachvollziehbar. Es trifft aber nicht zu, dass die Klägerin ohne entsprechende Kenntnis dieses speziellen Kündigungsgrundes den Nachweis nicht fordern konnte. Vielmehr war es der Klägerin unbenommen – mangels Angabe von Kündigungsgründen und vorsorglich für den Fall, dass die Kündigung wegen des Eintritts der gesetzlichen Versicherungspflicht erfolgte – einen entsprechenden Nachweis zu fordern. So hat die Klägerin ja auch in ihrem Schreiben vom 15.01.2016 auf ein außerordentliches Kündigungsrecht wegen Beitragsanpassung hingewiesen, obwohl sich auch dieser Kündigungsgrund aus der Kündigungserklärung nicht ansatzweise ergab. Genauso hätte die Klägerin vorsorglich in diesem Schreiben auch auf ein außerordentliches Kündigungsrecht wegen Eintritts der gesetzlichen Versicherungspflicht hinweisen und für diesen Fall vorsorglich einen entsprechenden Nachweis fordern können, um Klarheit über den Kündigungsgrund zu erlangen. Auch ist in diesem Zusammenhang beachtlich, dass es für diese Aufforderung keine gesetzliche Frist gibt. Die entsprechende Aufforderung kann also auch nach späterer Erkenntniserlangung des Kündigungsgrundes – auch noch in einem sich gegebenenfalls anschließenden Prozess über die Zahlungsforderung – erfolgen, wenn später bzw. – wie hier – sogar wie hier erst im Prozess der Kündigungsgrund zutage tritt. Wenn – wie hier ebenfalls – der entsprechende Nachweis des Eintritts der gesetzlichen Versicherungspflicht erbracht wird – ist die Klägerin auch nicht rechtlos. Sie kann in einem solchen Falle bei Zutagetreten und Nachweis der Versicherungspflicht erst in dem Prozess zum Beispiel gemäß § 91a ZPO die Erledigung der Hauptsache erklären und auf diesem Wege eine Kostenentscheidung zu ihren Gunsten erwirken. Sie kann in einem solchen Falle durchaus auch die Klage ändern und zu einem Schadensersatzprozess übergehen.

Letztlich ist für die Frage der Auslegung auch noch der Sinn und Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen. Das Kündigungsrecht nach § 205 Abs. 2 VVG dient dazu, eine Doppelversicherung zu vermeiden, was angesichts der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung nur durch Beendigung des privaten Versicherungsvertrages möglich ist. Ein Aufrechterhalten letzteren Vertrages führt zu unnötigen Prämienverpflichtungen, die durch § 205 Abs. 2 VVG gerade vermieden werden sollen und die angesichts der Regelung des § 200 VVG keine Vorteile für den Versicherungsnehmer haben (Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Auflage, § 205 Rd.-Nr. 16). Dieser Sinn und Zweck des Gesetzes spricht im vorliegenden Falle für die Rechtsauffassung des Beklagten, dass das objektive Vorliegen des Kündigungsgrundes ausreicht. Dagegen spricht, dass die gesetzliche Regelung lediglich eine rückwirkende Beendigung von drei Monaten ermöglicht und es ansonsten trotzdem – kenntnis- und verschuldensunabhängig – zu einer Doppelversicherung kommen lässt. Allerdings handelt es sich im vorliegenden Falle gerade nicht um eine rückwirkende Kündigung, sondern der Beklagte hat sogar vor dem demnächst eintretenden Beginn der gesetzlichen Versicherungspflicht gekündigt. In diesem Falle hält das Gericht unter Berücksichtigung sämtlicher vorgenannter Umstände im Wege einer Gesamtabwägung dafür, dass die Nichtangabe des Kündigungsgrundes nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.

Nach alldem kann die Klägerin – auch mangels weiterer zu Gunsten der Klägerin eingreifender Anspruchsgrundlagen – nicht mit Erfolg auch die Folgebeiträge ab Januar 2016 gegenüber dem Beklagten geltend machen. Hinsichtlich der auf die Monate Januar bis einschließlich April 2016 bezogenen Folgebeiträge – 4 x 359,77 € = 1.439,08 € – war die Klage nach alldem unter Aufhebung des Versäumnisurteils abzuweisen.

2.

Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung eines Säumniszuschlages (anstelle von Verzugszinsen) ist bezüglich des ausweislich der Ausführungen unter 1. berechtigten Teils der Hauptforderung gemäß §§ 193 Abs. 6 VVG i. V. m. §§ 286 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 8 Abs. 1 AVB begründet.

3.

Die Klägerin hat darüber hinaus auch einen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz für vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 10,00 € und für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 202,30 € aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 249 BGB i. V. m. §§ 13 ff. RVG.

Wie unter 1. und 2. dargelegt, war der Beklagte gegenüber der Klägerin aus § 1 VVG i. V. m. dem damals bestehenden Krankenversicherungsvertrag zur Zahlung jedenfalls des Versicherungsbeitrages für Dezember 2015 verpflichtet. Dieser Pflicht war der Beklagte nicht nachgekommen und hierdurch – ohne Mahnung – in Verzug geraten. Die hieraus resultierenden Mahnkosten und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat der Beklagte der Klägerin daher als Verzugsschaden zu ersetzen. Soweit es den (höheren) Gegenstandswert der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten anbetrifft, liegt darüber hinaus auch eine Pflichtverletzung des Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB vor. Ausweislich der Ausführungen unter 1. hatte der Beklagte der Klägerin den Kündigungsgrund weder in der Kündigung selbst noch auf spätere Nachfrage mitgeteilt. Die Klägerin war danach erkennbar von einem Nichteingreifen der außerordentlichen Kündigung und hieraus resultierenden Fortbestandes des Krankenversicherungsvertrages über den 31.12.2015 hinaus ausgegangen. Die höheren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die daraus resultieren, dass die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten nicht nur mit der außergerichtlichen Geltendmachung des Beitrages für Dezember 2015 sondern darüber hinaus auch noch bis einschließlich April 2016 beauftragt hatte, fällt danach dem Beklagten zu Last, dem als Nebenpflicht aus dem Vertrag eine entsprechende Mitteilungspflicht oblag.

Die aufgrund dieser Pflichtverletzungen entstandenen Mahnkosten und Rechtsanwaltskosten stellen einen erstattungsfähigen Schaden der Klägerin im Sinne von § 249 BGB dar. Danach sind diejenigen Aufwendungen zu ersetzten, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Insbesondere die hier geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind dabei im Übrigen aus dem insgesamt berechtigten Gegenstandswert unter Ansatz einer der Sache nach auch unbeanstandet gebliebenen 1,0 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zu berechnen. Hinsichtlich der Höhe der eigenen Mahnkosten der Klägerin bestehen letztlich auch keine Bedenken; § 287 ZPO.

Nach alldem war das Versäumnisurteil hinsichtlich der als Nebenforderungen eingeklagten vorgerichtlichen Mahnkosten und Rechtsanwaltskosten vollumfänglich aufrechtzuerhalten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1, 344 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 709 Satz 1 und 3, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO nach den Betrag der eingeklagten Hauptforderung. Die Nebenforderungen bleiben gemäß § 43 Abs. 1 GKG für die Streitwertfestsetzung außer Betracht.

 

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