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Krankheitskostenversicherung: Behandlung eines Schlafapnoe-Hyponoe-Syndroms

OLG Hamm, Az.: I-20 U 169/16, Beschluss vom 02.12.2016

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Zahlung in Höhe von 6.848,70 EUR aus seiner bei dem Beklagten genommenen Krankenkostenversicherung wegen der Anschaffungskosten eines Gerätes zur Behandlung eines Schlafapnoe-Hyponoe-Syndroms sowie Zahlung vorgerichtlicher Kosten.

Der Kläger stützt dies auf die ursprünglich zugrunde liegenden Allgemeine Versicherungsbedingungen (im Folgenden: AVB), die in Teil I den Musterbedingungen 1976 (MB/KK 1976) entsprechen und in Teil II Tarifbedingungen des Beklagten (TB/KK) enthalten, die jeweils einzelnen Vorschriften der MB/KK 1976 zugeordnet sind.

In § 1 Teil I AVB heißt es u. a.:

„(1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. Er gewährt im Versicherungsfall

a) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen,

b) […].

(2) […]

(3) Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich aus dem Versicherungsschein, späteren schriftlichen Vereinbarungen, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Musterbedingungen, Tarif mit Tarifbedingungen) sowie den gesetzlichen Vorschriften.“

§ 4 Teil I AVB lautet u. a.:

„(1) Art und Höhe der Versicherungsleistungen ergeben sich aus dem Tarif mit Tarifbedingungen.

(2) […]

(3) Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel müssen von den in Abs. 2 genannten Behandlern verordnet […] werden.“

Krankheitskostenversicherung: Behandlung eines Schlafapnoe-Hyponoe-Syndroms
Symbolfoto: cpoungpeth/Bigstock

Dazu führen die Tarifbedingungen in § 4 Teil II Nr. 2 lit. d zu § 4 Teil I Abs. 3 AVB aus:

„Soweit tariflich vorgesehen, werden die Kosten für medizinische Hilfsmittel erstattet; als solche gelten: Brillengläser, Kontaktlinsen, Hörgeräte, Arm- und Beinprothesen, Geh- und Stützapparate sowie in einfacher Ausführung Brillengestelle, Bruchbänder, Leibbinden, Gummistrümpfe und Einlagen. Leistungen für jedes Hilfsmittel werden nur einmal im Kalenderjahr gewährt.“

Weiter enthalten die TB/KK des Beklagten u. a. folgende Regelung in § 4 Teil II Nr. 2 lit. c zu § 4 Teil I Abs. 3 AVB:

„Als Heilmittel gelten: Medizinische Bäder, Massagen, Bestrahlungen, Inhalationen, elektrische und physikalische Heilbehandlung, Heilgymnastik. […]“

Und in § 5 Teil II Nr. 1 zu § 5 Teil I AVB heißt es:

„Nicht erstattungsfähig sind auch bei ärztlicher Verordnung: Kosten für die Beschaffung von Heilapparaten (Massagegeräte, Heizkissen, Bestrahlungslampen, Fieberthermometer u. ä.) […]“

Das Landgericht hat die Klage unter Verweis auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urt. v. 19.05.2004, IV ZR 29/03, VersR 2004, 1035) abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

II.

Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordern auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung. Eine mündliche Verhandlung ist schließlich auch sonst nicht geboten.

Das Berufungsvorbringen des Klägers führt nicht zum Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen, da die vorliegenden Bedingungen in den entscheidenden Punkten wörtlich den Bedingungen entsprechen, die der vom Landgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegen. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung nach eigener Prüfung für den vorliegenden Einzelfall an.

Aus § 1 Teil I Abs. 1 lit. a, Abs. 3, § 4 Abs. 1 Teil I AVB wird für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer hinreichend deutlich, dass nicht sämtliche Aufwendungen ersetzt werden, sondern nur solche, die im Tarif mit Tarifbedingungen vorgesehen sind (vgl. BGH, Urt. v. 19.05.2004, IV ZR 29/03, juris, Rn. 18, VersR 2004, 1035).

In den Tarifbedingungen unter § 4 Teil II Nr. 2 lit. d S. 1 Hs. 1 zu § 4 Teil I Abs. 3 AVB werden hierzu als der Art nach zu ersetzen „medizinische Hilfsmittel“ benannt.

Dieses Leistungsversprechen erfolgt aber nicht umfassend für sämtliche medizinischen Hilfsmittel. Denn noch im selben Satz in Hs. 2 wird das Leistungsversprechen eingrenzend und abschließend bestimmt.

Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer wird schon allein aufgrund des Wortlauts dieser Regelung in Hs. 2 („als solche gelten: […]“) klar, dass nunmehr eine abschließende Aufzählung von Hilfsmitteln folgt. Dies ergibt nicht nur aus der Verknüpfung des letzten Gegenstandes durch das Wort „und“ (vgl. BGH, Urt. v. 19.05.2004, IV ZR 29/03, juris, Rn. 20, VersR 2004, 1035), sondern zudem daraus, dass innerhalb der Regelung auch bezüglich der Höhe der Erstattungsfähigkeit differenziert wird. Denn ein Teil der Art nach zu ersetzenden Hilfsmittel wird nur „in einfacher Ausführung“ ersetzt, so dass entgegen dem Berufungsvorbringen auch eine betragsmäßige Beschränkung der Erstattung vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 19.05.2004, IV ZR 29/03, juris, Rn. 21, VersR 2004, 1035).

Die Regelung bestimmt Art und Höhe der Leistungspflicht für Hilfsmittel mithin erschöpfend (vgl. auch für den Fall der Formulierung „Hilfsmittel sind …“ OLG Köln, Urt. v. 12.06.2015, 20 U 220/14, juris Rn. 32-34, RuS 2016, 248; siehe auch OLG Schleswig, Urt. v. 24.11.2011, 16 U 43/11, juris, Rn. 22, SchlHA 2012, 183).

Eine weitere Beschränkung enthält die Regelung in Satz 2 und zwar mit dem Berufungsvorbringen in quantitativer Hinsicht. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger hingegen darauf, dass sich aus dem Wortlaut „jedes Hilfsmittels“ eine Leistungserweiterung dahin ergibt, jedes medizinische Hilfsmittel sei erstattungsfähig. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer versteht Satz 2 auch ohne ausdrücklichen Zusatz „der vorgenannten“ dahin, dass nur jedes nach Satz 1 der Art und Höhe nach erstattungsfähige Hilfsmittel nur einmal erstattet wird. Ansonsten wäre schon in Satz 1 Hs. 1 das Wort „jedes“ und/oder in Satz 1 Hs. 2 die Ergänzung „u. a.“, „z. B.“ oder „insbesondere“ eingefügt worden.

Insofern ist auch der Verweis des Klägers auf § 2 Abs. 1 Hs. 2 Nr. 1, Nr. 4 und Nr. 7 UrhG nicht behilflich. Denn tatsächlich besteht dort trotz der Zusammenfassung von geschützten Werken durch das Wort „und“ eine reine Beispielhaftigkeit. Dies ergibt sich jedoch nicht aus dem Wort „und“, sondern aus dem Wort „insbesondere“ in § 2 Abs. 1 Hs. 1 UrhG.

Auch systematisch erweist sich der enumerative Charakter der Regelung, da an anderer Stelle in § 5 Teil II Nr. 1 zu § 5 Teil I AVB („u. ä.“ – vgl. BGH, Urt. v. 19.05.2004, IV ZR 29/03, juris, Rn. 20, VersR 2004, 1035) oder auch § 1 Teil II Nr. 2 lit. a zu § 1 Teil I Abs. 2 AVB („z. B.“) die Beispielhaftigkeit im Gegensatz zur streitgegenständlichen Regelung deutlich hervorgehoben wird.

Ferner erschließt sich der Sinn und Zweck einer solchen abschließenden Aufzählung, auf diese Weise eine sonst nicht mehr überschaubare und steuerbare Ausuferung des Hilfsmittelersatzes auch im Interesse der Versicherungsnehmer zu verhindern, dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne weiteres (vgl. BGH, Urt. v. 19.05.2004, IV ZR 29/03, juris, Rn. 21, VersR 2004, 1035).

Nicht entscheidend ist es aus diesen Gründen, dass die Worte „als solche gelten“ anders als bei neueren Bedingungen nicht um das Wort „ausschließlich“ ergänzt werden. Entgegen dem Berufungsvorbringen entschied auch der Bundesgerichtshof gerade nicht (nur) über eine Klausel mit dem Zusatz „ausschließlich“ (vgl. BGH, Urt. v. 19.05.2004, IV ZR 29/03, juris, Rn. 17, VersR 2004, 1035).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 4 Teil I Abs. 3 AVB, da dieser nicht die Erstattungsfähigkeit nach „Art und Höhe“, sondern nur eine zusätzlich Bedingung für eine Erstattung, nämlich eine Verordnung, enthält (vgl. BGH, Urt. v. 19.05.2004, IV ZR 29/03, juris, Rn. 16, VersR 2004, 1035).

Angesichts der typischen Struktur der Normen zur Bestimmung des Leistungsversprechens des Beklagten, ihrer Transparenz und ihres Zwecks bei ausreichender Berücksichtigung der Interessen der Versicherungsnehmer verstoßen die Regelungen auch nicht gegen § 305c Abs. 1 oder § 307 BGB bzw. §§ 3, 9 AGBG (vgl. BGH, Urt. v. 19.05.2004, IV ZR 29/03, juris, Rn. 22-29, VersR 2004, 1035; OLG Köln, Urt. v. 12.06.2015, 20 U 220/14, juris Rn. 35-38, RuS 2016, 248).

III.

Auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) wird hingewiesen.

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