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Krankheitskostenversicherung – Anspruch auf Übernahme zukünftiger Behandlungskosten

AG Neuss – Az.: 80 C 4036/09 – Urteil vom 06.04.2011

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, zukünftig in Anbetracht der bei der Klägerin festgestellten Diagnose Periarthrose humerus scapularis sämtliche ärztlicherseits erfolgende Verordnungen von Krankengymnastik als Behandlungskosten nach Tarif PN zur Versicherungsscheinnummer … als Doppelbehandlung ohne die Beschränkung auf 10 Behandlungen pro Quartal zu erstatten, die zurückgehen auf folgende bei der Klägerin ärztlicherseits ermittelten Diagnosen:

a. MRT-belegte Bandscheibenvorfälle bei C 5/ C 6, C 6 I C 7 mit deutlicher Irritation des Rückenmarkes, Bandscheibenvorfälle mit Einengung der Neuroforamina C7/Th 1, zusätzlich intraforaminale Bandscheibenvorfälle in Höhe von L4/5 linksseitig mit Affektion der Nervenwurzel L 4.

b. Das Zeichen nach Laségue linksseitig ist positiv, der PTS-Reflex ist linksseitig etwas abgeschwächt und es liegt eine geringe Hyposensibilität im Dermatombereich L 5 linksseitig vor.

c. Beckenübersicht:

Geschlossener Beckenring, Verschmälerung der ISG-Fugen beidseits. Beginnende bis mäßig fortgeschrittene Coxarthrosezeichen, rechts etwas ausgeprägter als links. Beckengeradstand.

d. HWS In 2 Ebenen:

Fortgeschrittene Bandscheibenverschmälerung Osteochondrosezeichen insbesondere in Segmenten C 5/6 und C4/5 sowie C7/Th1 bei insgesamt siebengliederiger Halswirbelsäule. Deutliche Steilstellung der Halswirbelsäule, intakte spinolaminäre Linie, keine Fraktur, keine Luxation.

e. BWS in 2 Ebenen:

Achsgerade zwölfgliederige Brustwirbelsäule mit deutlicher Verschmälerung der Bandscheibenetagen insbesondere im oberen Bereich von Th 1 bis Th 8.

Normale Höhe der Wirbelkörper bei insgesamt verringerter Kalkdichte der gesamten Brustwirbelsäule.

Vermehrte Brustkyphose in der Seitenaufnahme. Mäßige Osteochondroseanzeichen, keine Sinterungsfrakturen.

f. LWS in 2 Ebenen:

Fünfgliederige Lendenwirbelsäule, normale lordostische Formierung in der Seitaufnahme. Die Bandscheibenetagen L 3 I 4 und L 4/5 wirken deutlich verschmälert. Keine skoliotische Verbiegung, intakte Spino laminäre Linie. Insgesamt verringerter Kalksalzgehalt. Foraminale Enge L 3 / 4 und L 4 / 5, soweit beurteilbar, bei mäßigen Osteochondroseanzeichen im unteren LWS-Bereich.

g. Insgesamt festzustellende chronische Cervicobrachialgien und Lumboischialgien bei multisegmentalen Bandscheibenvorfällen ohne Ausbildung von Paresen, jedoch Reflexabschwächungen und Sensibilitätsminderungen, die eine schmerzhafte Funktionseinschränkung, insbesondere im Halswirbelsäulenbereich und Nackenbereich bedingen.

h. Bandscheibenschädigungen mit drohender Nervenschädigungsmöglichkeit bei Nähe zu den rückenmarksnahen Strukturen wie Rückenmark und Nervenwurzeln in mehreren Abschnitten.

Des Weiteren wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 489,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.11.2009 abzüglich gezahlter 359,50 EUR zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit.

Tatbestand

Zwischen den Parteien besteht ein Privatversicherungsvertrag. Mit der vorliegenden Klage machte die Klägerin die Erstattung von krankengymnastischen physiotherapeutischen und schmerztherapeutischen Behandlungen geltend.

Die Beklagte beschränkte die von dem behandelnden Arzt der Klägerin, Herrn Dr. … angeordneten Doppelbehandlungen auf Einfachbehandlungen und beschränkte im Übrigen die Behandlungen auf zehn Behandlungen im Quartal.

Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen an sie insgesamt 2.349,40 EUR zu zahlen. Nachdem die Beklagte diese Kosten sowie einen Teil Verfahrenskosten übernommen hatte, erklärten die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt.

Die Klägerin beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Feststellungsantrag sei unzulässig.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie ihrer Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 15. Januar 2010 Beweis erhoben.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr … vom 11. September 2010 ( Bl. 110 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass festgestellt wird, dass die Beklagte auch die zukünftigen Kosten der Behandlung übernimmt. Zwar hat die Beklagte grundsätzlich Recht, dass der Charakter der Krankheitskostenversicherung als Passivversicherung grundsätzlich einen Anspruch auf Feststellung ausschließt. Dieser Grundsatz gilt vorliegend aber nicht. Eine Veränderung der Abläufe im Körper der Beklagten, die die beschriebenen Behandlungserfordernisse überflüssig machen würden, liegen nicht vor. Nach dem Ergebnis des sachverständigen Gutachtens sind diese Maßnahmen auf jeden Fall dauerhaft durchzuführen, um die Kosten einer weiteren stationären Vorgehensweise bzw. Kurbehandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen zu vermeiden. Insoweit wird auf die klaren und eindeutigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. … in seinem Gutachten Bezug genommen. Bei der Klägerin handelt es sich um chronische Beschwerden, die sich allenfalls im Laufe der Zeit verschlechtern können, aber nach dem Gutachten des Sachverständigen nicht mehr verbessern werden. Zurzeit kommt die Klägerin mit einer Intensivierung der krankengymnastischen Übungsbehandlungen im Sinne von Doppelbehandlungen zweimal wöchentlich sowie zusätzlich durchgeführten intensiven Eigenübungen und dann bei Verstärkung der Behandlung mit zeitweiser intermittierender Akupunkturbehandlung und auch noch mal Injektionen von mittelstark wirksamen Analgetika gut zurecht. Diese Maßnahmen müssen aber fortlaufend durchgeführt werden, um das Krankheitsbild nicht weiter zu verschlechtern.

Insoweit ist eine Ausnahme des von der Beklagten angegebenen Grundsatzes vorliegend gegeben.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1, die restlichen gerichtlichen Kosten sind gemäß § 286 Abs. 1, 288 BGB gerechtfertigt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1, 91 a, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

Zahlungsantrag: 3.349,40 EUR

Feststellungsantrag: 3.510,00 EUR

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