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Krankenversicherung – Vertragsanfechtung – Falschangaben zu Gesundheitsfragen

OLG Düsseldorf – Az.: I-4 U 191/15 – Urteil vom 10.03.2017

Die Berufung des Klägers gegen das am 25.09.2015 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal – Einzelrichterin – (5 O 72/15) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, ebenso das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen des Bestehens einer privaten Krankenversicherung geltend. Der als selbständiger Handwerker tätige Kläger war seit 2007 bei der G. Versicherung krankenversichert, und zwar im Tarif MediStart 1, der keine Chefarztbehandlung und keine Unterbringung im Einzelzimmer im Krankenhaus vorsah. Der Kläger bezahlte einen Monatsbeitrag in Höhe von rund 405 €.

Seit 2010 leidet der Kläger unter anderen an Herzproblemen. Im August 2010 bzw. Dezember 2010 teilte der Hausarzt des Klägers folgende Diagnosen mit:

  • Bluthochdruck,
  • Herzschwäche,
  • hoher Blutzucker,
  • Prostatavergrößerung,
  • Stoffwechselprobleme,
  • Leberprobleme,
  • Diabetes.

Nach Mitteilung dieser Diagnosen und vor Sommer 2011 sprach der Kläger einen als Versicherungsmakler tätigen Bekannten an, ob ein günstigerer alternativer Krankenversicherungsschutz vermittelt werden könne. Der Bekannte teilte darauf mit, dass dies aufgrund der Herzbeschwerden des Klägers nicht bzw. kaum möglich sei.

Im Sommer 2011 kam es zu einem Kontakt zwischen dem Kläger und dem Streitverkündeten wegen der Vermittlung eines Krankenversicherungsvertrages, wobei der Inhalt der Gespräche zwischen den Parteien streitig ist. Jedenfalls nahm der Streitverkündete am 04.07.2011 einen an die Beklagte gerichteten Antrag auf Krankenversicherung auf. In diesem Antrag sind sämtliche Gesundheitsfragen – bis auf die Frage nach einer Fehlsichtigkeit bzw. einer Sehhilfe – verneint. Im unmittelbaren Umfeld zu den Gesundheitsfragen findet sich keine Belehrung im Sinne des § 19 Abs. 5 VVG. Wegen des genauen Inhalts des Antrags wird auf die Anlage K1 im Anlagenband Kläger bzw. Bl. 53 ff. GA verwiesen. Der Streitverkündete reichte den Antrag über die S. GmbH & Co. KG bei der Beklagten ein und kündigte im Namen des Klägers den Versicherungsvertrag bei der G.. Die Beklagte nahm den Antrag des Klägers an; wegen des Inhalts des Krankenversicherungsvertrages, der unter anderem auch eine Chefarztbehandlung und eine Einzelzimmerunterbringung vorsah, wird auf den Versicherungsschein vom 01.08.2011 nebst den zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen verwiesen (Anlage K9 Anlagenband Kläger).

Auch der weitere Geschehensablauf ist zwischen den Parteien teilweise streitig. Jedenfalls teilte die Beklagte mit Schreiben vom 08.07.2011 dem Kläger mit, dass sein Antrag angenommen werde (Anlage K2 im Anlagenband Kläger), und übersandte mit Schreiben vom 23.08.2011 eine Ablichtung des Versicherungsantrags an den Kläger (Anlage K3 im Anlagenband Kläger). Im Anschluss daran telefonierte der Kläger mit dem Zeugen S. und fragte ihn, warum im Versicherungsantrag nicht zutreffende Informationen über seinen Gesundheitszustand stünden. Der Zeuge S. erklärte, sich darum kümmern zu wollen. Am 29.08.2011 erschien entweder der Streitverkündete – so die Behauptung des Klägers – oder der Zeuge S. – so die Behauptung der Beklagten – beim Kläger und ließ den Kläger eine an die Beklagte gerichtete Widerrufs- / Kündigungserklärung und eine an die G. Versicherung gerichtete Widerrufserklärung hinsichtlich der Kündigung des Krankenversicherungsvertrages unterzeichnen (Anlage K4 und Anlage K5 im Anlagenband Kläger). Die G. Versicherung akzeptierte den Widerruf der Kündigungserklärung nicht, worauf hin die Beklagte mit Schreiben vom 25.10.2011 mitteilte, dass sie mangels Erklärung der G. von einer Fortsetzung des Versicherungsvertrages ausgehe (Anlage K6 im Anlagenband Kläger). Im September/Oktober 2011 fragte der Kläger bei dem Zeugen S. nach, ob der Versicherungsschutz geklärt sei; der Zeuge S. sagte erneut zu, sich darum kümmern zu wollen.

Mit Schreiben vom 14.12.2011 versandte die Beklagte die Versicherungskarte an den Kläger (Bl. 140 GA). Mit Schreiben vom 02.01.2012 übersandte die Beklagte einen Versicherungsschein vom gleichen Datum, der einen Gesamt-Monatsbeitrag i.H.v. 416,49 € auswies (Anlage K8 im Anlagenband Kläger). Der Kläger reichte in der Folgezeit Rechnungen und Verordnungen in Höhe von insgesamt 4167,37 € bei der Beklagten ein, die von der Beklagten auch erstattet wurden.

Im Sommer 2014 bat die Beklagte um Selbstauskünfte hinsichtlich der Diagnosen Herzinsuffizienz und Belastungs-Dyspnoe (Bl. 59 GA) sowie Hepatopathie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus (Bl. 60 GA), die der Kläger unter dem 11.07.2014 ausfüllte. Mit Schreiben vom 25.07.2014 teilte der Hausarzt des Klägers, Dr. P., der Beklagten die im August/Dezember 2010 dem Kläger mitgeteilten Diagnosen mit (Bl. 61 GA). Mit Schreiben vom 05.08.2014 erklärte die Beklagte daraufhin die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bzw. den Rücktritt vom Krankenversicherungsvertrag und forderte die Zahlung i.H.v. 4167,37 € zurück (Anlage K10 im Anlagenband Kläger). Weitere Rechnungen in Höhe von rund 29.000 € reichte der Kläger bei der Beklagten ein, erhielt auf diese jedoch keine Leistungen von der Beklagten.

Der Kläger hat behauptet, die G. Versicherung hätte ihm ohne Gesundheitsprüfung eine Chefarztbehandlung und eine Einzelzimmerunterbringung gegen einen geringen Prämienaufschlag angeboten. Hinsichtlich des Abschlusses des Krankenversicherungsvertrages bei der Beklagten hat der Kläger behauptet, der Streitverkündete habe ihn im Sommer 2011 unaufgefordert zwecks Vermittlung eines Krankenversicherungsschutzes angesprochen. Nach einem ersten Gespräch, bei dem er mitgeteilt habe, dass ihm eine Einzelzimmerunterbringung und Chefarztbehandlung wichtig sei, und bei dem auch sein Sohn anwesend gewesen sei, habe der Streitverkündete ihm per Telefax mehrere Angebote – zumindest von der A. Versicherung und der Beklagten – geschickt. Am 04.07.2011 habe der Streitverkündete bei einem Gespräch in seinem, des Klägers, Büro, bei dem auch sein Sohn und seine Ehefrau anwesend gewesen seien, erläutert, dass er, der Streitverkündete, einen günstigeren Versicherungsschutz als bei der G. Versicherung vermitteln könne. Auch nach Hinweis auf den wegen seiner Herzbeschwerden fehlgeschlagenen vorangegangenen Versuch, über einen Bekannten einen anderen Versicherungsschutz erhalten, sei der Streitverkündete dabei geblieben, dass das geregelt werden könne. Er, der Kläger, habe von seinen Gesundheitsproblemen zutreffend berichtet; der Streitverkündete habe nach den Herzbeschwerden und den verordneten Medikamenten gefragt, die von seiner, des Klägers, Ehefrau auf einem von ihr übergebenen Zettel aufgeschrieben worden seien. Der Streitverkündete habe ihm dann Unterlagen zur Unterschrift vorgelegt, was er auch ohne weiteres Lesen getan habe; insbesondere habe er die unzutreffenden Gesundheitsangaben im Antrag nicht bemerkt. Er, der Kläger, sei davon ausgegangen, dass alles seine Ordnung habe. Die Gesundheitsfragen im Antrag vom 04.07.2011 seien nicht im Einzelnen vom Streitverkündeten durchgegangen worden; ferner habe er, der Kläger, auch keine Kopie oder einen Durchschlag des Versicherungsantrags vom Streitverkündeten erhalten. Erst nach der Zusendung der Antragskopie durch die Beklagte habe er im Nachhinein gemerkt, dass der Versicherungsantrag falsche Angaben zu seiner Gesundheit enthielt.

Hinsichtlich des weiteren Ablaufs hat der Kläger behauptet, er habe nach dem Schreiben der Beklagten vom 08.07.2011 zunächst keinen Versicherungsschein von der Beklagten erhalten. Er habe dann bei der S. GmbH & Co. KG in K. als der Betreuungsstelle der Beklagten nachgefragt, wobei der Zeuge S. dabei gesagt habe, dass es Unklarheiten wegen im Antrag nicht angegebener Krankheiten des Klägers gebe. Er, der Kläger, habe daraufhin bei der Beklagten in N. angerufen und von diesem Hinweis des Zeugen S. berichtet, worauf hin ihm dann mit dem Schreiben vom 23.08.2011 eine Ablichtung des Antragsformulars übersandt wurde. Ferner habe er, der Kläger, nach der Nachfrage im September/Oktober 2011 beim Zeugen S. am 21.10.2010 eine E-Mail des Streitverkündeten mit einer von der Beklagten stammenden „Zusatzerklärung HK – Herz, Kreislauf, Bluthochdruck“ erhalten, die er ausgefüllt und mit Angaben des behandelnden Arztes per Telefax am 05.12.2011 an den Streitverkündeten geschickt habe und zusätzlich am 13.12.2011 persönlich dem Zeugen S. bei einem Gespräch übergeben habe (Anlage K7 im Anlagenband Kläger). Zu diesem persönlichen Gespräch habe der Zeuge S. den Kläger in seinem Büro besucht und dabei mitgeteilt, dass der Streitverkündete unzuverlässig und von ihm rausgeschmissen worden sei; er, der Zeuge S., werde sich nun um die Angelegenheit kümmern. Die Zusatzerklärung sei auch der Beklagten übermittelt worden.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er müsse sich das Verhalten des Streitverkündeten nicht zurechnen lassen; dieser stehe vielmehr im Lager der Beklagten, was auch für den Zeugen S. zutreffe. Dazu hat der Kläger behauptet, dass der S. in die Vertriebsstruktur der Beklagten eingebunden sei, dieser von der Beklagten in den Schreiben vom 02.01.2012 (Anlage K8 im Anlagenband Kläger), 25.10.2011 (Anlage K6 im Anlagenband Kläger) und 14.12.2011 (Bl. 140 GA) als Betreuungsstelle der Beklagten bezeichnet sei, von der Beklagten Beratungstechnologie zur Verfügung gestellt bekommen habe und mit der Beklagten – unstreitig – eine Provisionsvereinbarung (Bl. 275 f. GA) geschlossen habe. Weil der Beklagten das Wissen des Zeugen S. zuzurechnen sei, habe sie auch bereits im August 2011 Kenntnis davon gehabt, dass seine, des Klägers, Gesundheitsangaben im Versicherungsantrag unzutreffend waren. Demgegenüber sei ihm gar nicht bewusst gewesen, falsche Angaben gegenüber der Beklagten zu machen.

Die Beklagte hat die Möglichkeit einer Tarifergänzung bei der Gothaer Versicherung aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes des Klägers bestritten. Ferner hat sie den Inhalt der Gespräche des Klägers mit dem Streitverkündeten mit Nichtwissen bestritten und insbesondere bestritten, dass der Kläger nicht gewusst habe, falsche Angaben im Versicherungsantrag zu machen. Jedenfalls haben entweder der Kläger oder der Streitverkündete oder beide gemeinsam arglistig gehandelt, da beide gewusst hätten, dass ein Antrag aufgrund der Vorerkrankungen des Klägers von der Beklagten nicht angenommen würde. Der Vertrag wäre auch tatsächlich nach ihren Risikoprüfungsgrundsätzen bei zutreffenden Gesundheitsangaben abgelehnt worden. Sie habe nach der Annahme des Versicherungsantrags bereits im August 2011 den Versicherungsschein vom 01.08.2011 an den Kläger versandt. Im Übrigen hat die Beklagte die Ansicht vertreten, der Kläger müsse sich ein Verschulden des Streitverkündeten bzw. des Zeugen S. zurechnen lassen, da diese als Makler für ihn und nicht für sie tätig geworden seien. Soweit in den vom Kläger aufgeführten Schreiben von einer „Betreuungsstelle“ die Rede sei, sei damit die Betreuungsstelle des Klägers gemeint, auf deren Nennung Makler bestehen.

Wegen der weiteren (umfangreichen) Einzelheiten des beiderseitigen erstinstanzlichen Vortrags und der von den Parteien vor dem Landgericht gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts und die in den Entscheidungsgründen enthaltenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 28.07.2015 (Bl. 220 f. GA) durch Vernehmung des Zeugen S.; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll am 04.09.2015 (Bl. 257 ff. GA) verwiesen. Sodann hat es mit Urteil vom 24.09.2015 (Bl. 298 ff. GA) die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe den Versicherungsvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung aufgrund der falschen Angaben zu den Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag angefochten. Der Streitverkündete habe den Antrag über die S. GmbH & Co. KG bei der Beklagten eingereicht, diese stand der Beklagten indes als Vertreter des Klägers gegenüber und in seinem Lager. Aus der Aussage des S. ergebe sich, dass er bzw. die S. GmbH & Co. KG als Maklerin gehandelt hätten. Es lägen keine besonderen Umstände vor, die eine Zurechnung zur Beklagten rechtfertigen würden: Die Verwendung der Antragsformulare der Beklagten sei unerheblich, wie auch der Vermerk der Betreuungsstelle auf den Schreiben der Beklagten unerheblich sei. Der Makler sei kein Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB; vielmehr habe sich der Kläger eine Täuschung gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen zu lassen. Entweder habe der Streitverkündete arglistig gehandelt oder der Kläger. Mangels Wissenszurechnung sei auch die Anfechtungsfrist gewahrt.

Mit seiner gegen das landgerichtliche Urteil gerichteten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Er macht ergänzend geltend, dass das Landgericht ihn hätte anhören und die von ihm benannten Zeugen hätte vernehmen müssen; so habe das Landgericht eine abstrakte Beweiswürdigung ohne Beweisaufnahme vorgenommen.

Der Kläger beantragt unter „Aufhebung“ des Urteils des Landgerichts Wuppertal vom 24.09.2015,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 29.013,77 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Krankenversicherungsvertrag Nr. KV … gemäß Versicherungsschein vom 01.08.2011 nicht durch Rücktritt und/oder Anfechtungserklärung der Beklagten vom 05.8.2015 erloschen ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, sowie hilfsweise widerklagend, den Kläger zu verurteilen, an sie 12.655,13 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 02.02.2017.

Der Kläger beantragt, die Hilfswiderklage abzuweisen.

Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht mit der Hilfswiderklage für den Fall, dass der Versicherungsvertrag fortbestehen sollte, gegebenenfalls rückständige Versicherungsbeiträge bis Februar 2017 geltend.

II.

Die Berufung ist nicht begründet.

1.

Die Beklagte hat den Versicherungsvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten.

a)

Unstreitig enthält der Versicherungsantrag vom 04.07.2011 grob falsche Angaben. So wurden jedenfalls die Gesundheitsfragen 4.1, 4.2, 4.3 und 4.9 unzutreffend mit nein beantwortet.

Ferner liegt auf der Hand, dass die Beklagte durch die falschen Angaben auch in der Abgabe ihrer auf das Zustandekommen des Versicherungsvertrages gerichteten Willenserklärung bestimmt und über gefahrerhebliche Umstände getäuscht wurde. Dabei ist unerheblich, dass der Kläger bestritten hat, dass der Versicherungsvertrag nach den Risikoprüfungsgrundsätzen der Beklagten nicht zustande gekommen wäre, da es dem in der Vergangenheit mit einer Vielzahl von Versicherungsfällen befassten Senat bekannt ist, dass die unstreitigen gesundheitlichen Probleme des Klägers, die erst kurz vor dem Vertragsabschluss in erheblichem Maße diagnostiziert worden sind, jedenfalls zu einem aufgrund des erhöhten Risikos erhöhten Versicherungsbeitrag geführt hätten.

b)

Dahinstehen kann hier, ob die Falschangaben bereits auf unzutreffende Angaben des Klägers gegenüber dem Streitverkündeten oder auf einen eigenen Entschluss des Streitverkündeten zurückzuführen sind. Der Senat kann unterstellen, dass der Kläger den Streitverkündeten zutreffend über seine Krankengeschichte informiert hat, da dann die Falschangaben vom Streitverkündeten herrühren, dessen Handeln dem Kläger zuzurechnen ist.

Will der Versicherer den ihm nach § 123 BGB obliegenden Nachweis führen, der Versicherungsnehmer habe bei Anbahnung des Versicherungsvertrages arglistig falsche Angaben gemacht, so trifft, wenn objektiv falsche Angaben vorliegen, den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast (BGH, Urteil vom 7. November 2007 – IV ZR 103/06 – VersR 2008, 242 Tz. 1 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH genügen jedoch falsche Angaben in einem Versicherungsantrag allein nicht, um den Schluss auf eine arglistige Täuschung zu rechtfertigen. Die Annahme von Arglist setzt in subjektiver Hinsicht vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 – IV ZR 331/05 – VersR 2007, 785 unter II 1 a m.w.N.). Eine arglistige Täuschung des Versicherers allein durch einen Makler – der nicht Dritter i.S. von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB ist – ist dem Versicherungsnehmer aber gemäß § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen (BGH, Beschluss vom 12. März 2008 – IV ZR 330/06 –, Rn. 8, juris; BGH, Urteil vom 12. März 2014 – IV ZR 306/13 –, BGHZ 200, 286-293, Rn. 22; OLG Köln, Urteil vom 02. März 2012 – 20 U 209/11 –, Rn. 39, juris).

c)

Der Streitverkündete hat den Versicherungsvertrag als Makler und nicht als Versicherungsagent der Beklagten vermittelt und ist auch nicht als Dritte im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB anzusehen.

aa)

Die Zurechnung der Kenntnis eines Versicherungsvermittlers als Agenten setzt voraus, dass dieser bei der Antragsentgegennahme in Ausübung der Stellvertretung für den Versicherer tätig geworden ist (BGH, Urteil vom 22. September 1999 – IV ZR 15/99 – VersR 1999, 1481 unter 2 b); er muss vom Versicherer zur Entgegennahme von Erklärungen bevollmächtigt, zumindest aber von ihm im Sinne von § 43 Nr. 1 VVG a.F. betraut sein (BGHZ 102, 194, 197 f.). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Agent dem Versicherer als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Versicherungsinteressenten gegenübertritt, demgemäß im Lager des Antragstellers und nicht des Versicherers steht (BGH, Urteil vom 19. September 2001 – IV ZR 235/00 –, Rn. 10, juris). Übernimmt ein Vermittler demgegenüber mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermittler – unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Vertragspartner – in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten (BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 – IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rn. 51; BGH, Urteil vom 14. November 2000 – XI ZR 336/99, VersR 2001, 188 unter II 2; BGH, Urteil vom 12. März 2014 – IV ZR 306/13 –, BGHZ 200, 286-293, Rn. 22). Denn der Versicherungsmakler ist auf Grund des mit dem Versicherungsnehmer zumindest konkludent abgeschlossenen Maklervertrages als Sachverwalter für ihn tätig. Dabei obliegen dem Versicherungsmakler umfangreiche Hinweis- und Beratungspflichten gegenüber seinem Kunden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 05.11.2003, 5 U 205/02, r+s 2004, 95, m.w.N.). Grundsätzlich steht der Versicherungsmakler im Lager des Versicherungsnehmers. Anzeigepflichtverletzungen des Maklers muss sich der Versicherungsnehmer demnach selbst anrechnen lassen.

So war es hier: Dass der Streitverkündete von der Beklagten bevollmächtigt oder zur Entgegennahme von Erklärungen betraut worden war, hat die Beklagte jedenfalls konkludent bestritten und ist vom Kläger nicht behauptet worden; dies ergibt sich auch nicht aus dem Sachvortrag der Parteien. Der Streitverkündete hat zwar nicht den Versicherungsantrag vom 04.07.2011 in Vertretung für den Kläger erklärt, sondern lediglich diese eigene Willenserklärung des Klägers – allerdings auch mit eigener Unterschrift versehen – als Bote weitergegeben. Indes wurde der Streitverkündete vom Kläger bevollmächtigt, die Krankenversicherung bei der G. Versicherung zu kündigen. Ferner nahm der Streitverkündete ausschließlich Interessen des Klägers war: Er erfragte zunächst in einem Gespräch die Bedürfnisse und Wünsche des Klägers und unterbreitete dem Kläger sodann mindestens zwei unterschiedliche Vorschläge für Krankenversicherungen bei zwei unterschiedlichen Versicherern. Er suchte damit für den Kläger bei konkurrierenden Versicherern nach für den Kläger passenden Angeboten. Er bereitete nach dem Vortrag des Klägers die beiden Schreiben vom 29.08.2011 (Anlagen K4 und K5 im Anlagenband Kläger) vor und gab sie ihm zur Unterschrift, damit die Kündigung des alten Versicherungsvertrages und der Neuabschluss der Versicherung bei der Beklagten rückgängig gemacht würde. Der Streitverkündete wurde damit in der Sphäre des Klägers tätig.

bb)

Eine andere Beurteilung kann dann gerechtfertigt sein, wenn der Versicherungsmakler – ggf. im Einzelfall – als Dritter im Sinne von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehen ist, was zur Folge hätte, dass eine Anfechtung nur dann erfolgreich wäre, wenn der Versicherungsnehmer bzw. hier der Kläger die Täuschung des Versicherungsmaklers kannte oder kennen musste, was hier zumindest derzeit nicht festgestellt werden kann.

(1)

Der Begriff des „Dritten“ wird grundsätzlich eng ausgelegt (st. Rspr. seit BGHZ 20, 36 = NJW 1956, 705; Überblick bei MüKo-BGB/Armbrüster, BGB, 7. Aufl. 2015, § 123 Rn. 64). Von einem „Dritten“ kann schon dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die Person im „Lager“ des Erklärungsgegners steht, am Zustandekommen des Geschäfts mitwirkt (vgl. Flume, Das Rechtsgeschäft, § 29, 3 = S. 544; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 123 Rn. 13) und/oder das Verhalten nach Billigkeitsgesichtspunkten unter Berücksichtigung der Interessenlage zuzurechnen ist (BGH NJW 1996, 1051; 1990, 1661; 1978, 2144). Dritte i.S.d. § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB können danach nur diejenigen sein, die unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt dem Kreis des Erklärungsempfängers (d.h. Empfänger der Anfechtungserklärung) zuzurechnen sind. Im Zweifel nicht Dritter ist entsprechend dem Rechtsgedanken des § 278 BGB auch der Verhandlungsgehilfe, der ohne Abschlussvollmacht bei den Verhandlungen mitwirkt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 123, Rn. 13 m.w.N.). Insbesondere ist ein am Zustandekommen des Vertrages Beteiligter dann nicht Dritter, wenn sein Verhalten dem des Anfechtungsgegners gleichzusetzen ist oder er wegen seiner engen Beziehung zum Erklärungsempfänger als dessen Vertrauensperson erscheint. Selbst wenn der Täuschende nicht Vertreter oder Vertrauensperson des Erklärungsempfängers ist oder zu sein scheint, muss nach Billigkeitsgesichtspunkten unter Berücksichtigung der Interessenlage beurteilt werden, ob aufgrund besonderer Umstände seine Eigenschaft als Dritter zu verneinen ist (vgl. BGH NJW 1978, 2144).

(2)

Werden diese Maßstäbe an das Handeln und Auftreten des Streitverkündeten oder der S. GmbH & Co. KG angelegt, sind diese nicht als Dritter i.S.d. § 123 Abs. 2 Satz BGB anzusehen.

Für die Beklagte war nicht ersichtlich, dass der Streitverkündete oder die S. GmbH & Co. KG ihr gegenüber eine eigene Erklärung abgegeben hätten. Sie ging davon aus, dass lediglich die Erklärung des Klägers weitergegeben werde und der Streitverkündete oder die S. GmbH & Co. KG insoweit als Bote tätig geworden sind. Denn der Kläger hat den Versicherungsantrag selbst unterschrieben, der Streitverkündete ist allein in der Rubrik „Vermittler“ eingetragen. Sämtliche Angaben und Erklärungen im Versicherungsantrag erschienen damit für die Beklagte als eigene Erklärung des Klägers, da für die Beklagte auch sonst nicht erkennbar war, dass ihr der Streitverkündete und nicht der Kläger eigene (unzutreffende) Angaben machte.

Deshalb kann dahin stehen, ob ein Versicherungsmakler gegebenenfalls dann als „Dritter“ angesehen werden kann, wenn er für den Versicherer erkennbar selbst eine Erklärung abgibt, etwa selbst den Abschluss der Versicherung für den Versicherungsnehmer beantragt oder selbst Erklärungen im Schadensfall abgibt, wie etwa nicht selten in Fällen der Industrieversicherungen.

(3)

Wenn auch für die Beklagte nicht als Erklärender erkennbar, so hat der Streitverkündete nach dem Vortrag des Klägers die zur irrigen Vorstellung der Beklagten führende Erklärung des Versicherungsnehmers initiiert und die Beklagte arglistig getäuscht, indem er mittelbar die Gesundheitsfragen unzutreffend beantwortet hat, und dies, wie noch später auszuführen ist, auch arglistig.

Getäuscht hat der Streitverkündete zunächst den Kläger dahingehend, dass er bei diesem nach seinem eigenen Vortrag den Irrtum hervorrief, die Gesundheitsfragen bei der Antragsstellung zutreffend beantwortet zu haben. Der Streitverkündete bewirkte durch seine Täuschung gegenüber dem Kläger, dass dieser – nach seinem eigenen Vortrag – gutgläubig eine unzutreffende Erklärung gegenüber der Beklagten abgab. Dadurch hat er die Beklagte mittelbar durch den gutgläubig unterschreibenden Kläger als instrumentalisiertem Werkzeug – wenn auch für die Beklagte so nicht erkennbar – getäuscht. In einem Strafverfahren etwa wegen Provisionsbetrugs wäre der Streitverkündete denn auch (mittelbarer) Täter im Sinne des § 25 Abs. 1 2. Alt. StGB.

(4)

Der Beklagten war auch klar, dass der Streitverkündete bei den Erklärungen des Klägers geholfen hat; sie wusste auch, dass der Streitverkündete im Lager des Klägers stand. Denn der Streitverkündete war im Versicherungsantrag ausdrücklich als Vermittler bezeichnet und damit ersichtlich nicht nur „Tippgeber“.

(5)

Die vom Kläger zur Unterstützung seiner Auffassung herangezogene Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 16.06.2010 (5 U 272/08, BeckRS 2012, 25491) betrifft, soweit dies anhand des veröffentlichen Urteils erkennbar ist, einen nicht mit dem hier zu entscheidenden Fall vergleichbaren Sachverhalt. Maßgeblich für die dortige Entscheidung war, dass der Versicherungsmakler nicht dem anfechtenden Versicherer erkennbar als Verhandlungsgehilfe des Versicherungsnehmers aufgetreten war. Im hier zu entscheidenden Fall war aber die Eigenschaft des Streitverkündeten als Verhandlungsgehilfe des Klägers für die Beklagte eben gerade offensichtlich, da der Streitverkündete nur so seinen Verpflichtungen aus dem jedenfalls konkludent vereinbarten Maklervertrag gerecht werden konnte.

cc)

Es liegen hier auch keine anderen besonderen Umstände vor, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit eine Zurechnung des Wissens des Maklers zum Versicherer und nicht zum Versicherungsnehmer rechtfertigen können.

(1)

Unerheblich ist der Umstand, dass dem Streitverkündeten Antragsformulare der Beklagten zur Verfügung standen. Diese Tatsache ist kein ausreichender indizieller Umstand für die Annahme, der Streitverkündete habe wie ein Agent der Beklagten deren Interessen vertreten und „im Lager“ der Beklagten gestanden.

Auch ein vom Versicherungsinteressenten beauftragter Makler hat häufig, wenn nicht in der Regel, Antragsformulare zur Verfügung, wobei es nicht darauf ankommt, ob er diese angefordert oder unaufgefordert zugesandt bekommen hat. Die Verwendung eines Antragsformulars eines Versicherers gehört zur Tätigkeit eines jeden Agenten wie auch eines Maklers. Sie dient der organisatorischen Abwicklung beim Zustandekommen des Versicherungsvertrages in jedem Falle, ohne dass daraus geschlossen werden könnte, der Vermittler des Vertrages stehe auf der einen oder anderen Seite. Voraussetzung einer Zurechnung von Wissen, das der Vermittler bei dem Zustandekommen des Vertrages vom Versicherungsinteressenten erhält, ist, wie bereits ausgeführt, dass er vom Versicherer zur Entgegennahme von Erklärungen bevollmächtigt, zumindest vom Versicherer damit betraut ist im Sinne des § 43 Nr. 1 VVG a.F. (heute §§ 59 Abs. 2, 63 Abs. 1 VVG). Diese Voraussetzung ergibt sich nicht schon aus der Tatsache, dass der Vermittler Antragsformulare des Versicherers zur Verfügung hat und von ihnen bei der Vermittlung des Vertrages Gebrauch macht (BGH, Urteil vom 22. September 1999 – IV ZR 15/99 –, Rn. 13, juris). Ohnehin ist die Verwendung von Antragsformularen des jeweiligen Versicherers die einzige Möglichkeit um unzweifelhaft sicher zu stellen, dass die im Rahmen der Antragsaufnahme gestellten Gesundheitsfragen auch als Fragen des Versicherers im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG anzusehen sind. Schon aufgrund dessen ist es für Versicherer naheliegend, auch bloße Makler mit ihren eigenen Antragsformularen zu versehen.

(2)

Auch lässt der Hinweis auf „Ihre Betreuungsstelle“ in den Schreiben der Beklagten vom 02.01.2012 (Anlage K8 im Anlagenband Kläger), 25.10.2011 (Anlage K6 im Anlagenband Kläger) und 14.12.2011 (Bl. 140 GA) nicht den Schluss zu, die Beklagte habe den Streitverkündeten mit der Entgegennahme von Antragserklärungen betraut.

Ein solcher Vermerk ist auch dann im Interesse des Versicherungsnehmers wie auch des Vermittlers zweckmäßig, wenn dieser keine agentenähnliche Stellung innehat, sondern Makler ist. Die von einem Makler einmal hergestellte Geschäftsverbindung soll durch einen solchen Vermerk als weiterbestehend gekennzeichnet werden. Der Versicherungsnehmer soll wissen, an wen er sich bei Fragen zu diesem Vertrag oder bei anderen, Versicherungen allgemein betreffenden Fragen wenden kann (BGH, Urteil vom 22. September 1999 – IV ZR 15/99 –, Rn. 14, juris; BGH, Beschluss vom 07. November 2007 – IV ZR 103/06 –, Rn. 8, juris; a.A. OGH, VersR 2016, 485-488).

(3)

Auch eine darüber hinausgehende „Einbindung in die Vertriebsstruktur“ vermag eine Zurechnung des Handelns des Streitverkündeten oder der S. GmbH & Co. KG nicht zu begründen.

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass der Streitverkündete bzw. die S. GmbH & Co. KG in Vertragsanbahnung und Vertragsabschluss durch die Übermittlung des Versicherungsantrags eingebunden gewesen sei, unterscheidet sich dies nicht durch das übliche Verfahren bei Versicherungsmaklern. Auch die – von der Beklagten trotz des Hinweises in der Courtagevereinbarung auf eine Vereinbarung über die N Beratungstechnologie (Bl. 275 GA) bestrittene – Zurverfügungstellung von Beratungstechnologie, insbesondere Software, ist letztlich unerheblich und im Ergebnis nicht anders zu sehen als die Überlassung von Antragsformularen.

(4)

Unerheblich ist ferner, dass der Streitverkündete – über die S. GmbH & Co. KG, also noch nicht einmal unmittelbar – eine Provision der Beklagten erhalten hat. Das allein begründet noch nicht die Stellung als Versicherungsagent (vgl. BGHZ 94, 356, 359). Ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Vermittlers an Vertragsabschlüssen mit einem bestimmten Versicherer genügt nicht um anzunehmen, dass der Vermittler vom Versicherer mit dem Abschluss von Verträgen betraut sein muss (BGH, Beschluss vom 07. November 2007 – IV ZR 103/06 –, Rn. 8, juris). Vielmehr ist entscheidend, dass bei Anbahnung und Abschluss des Versicherungsverhältnisses eine klare Rollenverteilung bestand (BGH, Urteil vom 19. September 2001 – IV ZR 235/00 –, Rn. 11, juris). Hier war der Beklagten bekannt, dass der Versicherungsvertrag von einem Makler vermittelt wurde. Dies ergibt sich insbesondere auch daraus, dass der Versicherungsantrag über die S. GmbH & Co. KG bei der Beklagten eingereicht worden war und diese ausweislich der Courtagezusage der Beklagten vom 06.11.2007 (Bl. 275 f. GA) ausdrücklich als Handelsmakler gemäß §§ 93 ff. HGB tätig werden sollte.

(5)

Unerheblich ist, dass die Initiative zum Vertragsabschluss vom Streitverkündeten ausgegangen ist. Es ist dem seit vielen Jahren mit Versicherungssachen befassten Senat bekannt, dass auch Versicherungsmakler auf potentielle Kunden zugehen, um Geschäfte abzuschließen.

(6)

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des OLG München vom 22.10.2010 (VersR 2011, 1254). Das OLG München hat einen Versicherungsvermittler als Mehrfachagenten angesehen und dies unter anderem damit begründet, dass zwischen dem Versicherungsvermittler und dem Versicherer eine Courtagevereinbarung bestand, eine Vermittlernummer vergeben wurde, unter der künftig Neugeschäfte eingereicht werden sollten sowie ein eigenes Vermittlerkonto bestand (OLG München, Urteil vom 22. Oktober 2010 – 25 U 5827/07 –, Rn. 20, juris). Dies mag auch hier der Fall sein. Indes hat sich das OLG München hauptsächlich auf zwei Schreiben vom 07.08.2003 und 15.11.2004 bezogen, deren konkreter Inhalt nicht ersichtlich ist. Ohnehin hat auch das OLG München entscheidend darauf abgestellt, dass Mehrfachagenten verpflichtet sind, für die mit ihnen vertraglich verbundenen Versicherer tätig zu werden – eine solche Verpflichtung ist hier aber nicht ersichtlich. Eine solche Verpflichtung ergibt sich namentlich nicht hinsichtlich der S. GmbH & Co KG, wie aus der Courtagevereinbarung vom 06.11.2007 (Bl. 275 f. GA) erkennbar ist, aus der sich eine Verpflichtung der S. GmbH & Co. KG, für die Beklagte tätig zu werden, gerade nicht ergibt. Dass eine solche Verpflichtung des Streitverkündeten bestand, ist angesichts des Umstands, dass der Streitverkündete den Versicherungsantrag des Klägers über die S. GmbH & Co. KG aufgrund der von dieser mit der Beklagten vereinbarten Konditionen bei der Beklagten einreichte, nicht anzunehmen und von dem Kläger auch nicht vorgetragen.

(7)

Im Ergebnis folgt etwas anderes auch nicht aus Nr. 6 des Merkblattes zur Datenvereinbarung (S. 63 der Anlage K9 im Anlagenband Kläger), obwohl in der Klausel steht:

„In Ihren Versicherungsangelegenheiten sowie im Rahmen des sonstigen Dienstleistungsangebotes unserer Unternehmensgruppe bzw. unseres Kooperationspartners werden Sie durch einen unserer Vermittler betreut, der Sie mit Ihrer Einwilligung auch in sonstigen Finanzdienstleistungen berät.“

Die Verwendung des Possessivpronomens mag darauf hindeuten, dass der Vermittler als Agent für die Beklagte tätig werden soll. Indes ist nicht ersichtlich, dass sich diese Klausel auch tatsächlich auf den Streitverkündeten bzw. die S. GmbH & Co. KG beziehen soll – auch wenn dies im Zusammenhang mit der Bezeichnung als Betreuungsstelle in den von dem Kläger genannten Schreiben nahe liegen mag. Letztlich spricht der systematische Zusammenhang dieser Klausel gegen eine Agententätigkeit des Vermittlers: Es geht nämlich lediglich darum, dass dem Vermittler – sei es Agent, sei es Makler – Daten des Versicherungsnehmers zur Verfügung gestellt werden dürfen. Keineswegs geht es der Sache nach darum, dass der Vermittler zur Entgegennahme von Erklärungen bevollmächtigt bzw. betraut wird. Vielmehr findet sich eine entsprechende Maklerklausel in den Versicherungsbedingungen gerade nicht.

dd)

Im Ergebnis nicht entscheidend ist der Umstand, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung unstreitig über einen ungefährdeten Versicherungsschutz verfügte, auch wenn dieser vom Leistungsumfang her geringwertig war und der Kläger, wie er selber vorträgt, ein gesteigertes Interesse an einer Aufwertung des Versicherungsschutzes hatte. Zwar ist es ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen einer Arglist beim Kläger, wenn dieser bereits abgesichert war und – zugunsten des Klägers unterstellt – die Initiative zum Vertragsabschluss jedenfalls nicht ausschließlich von ihm ausging, sondern von dem den Kläger im Wege der Kaltakquise ansprechenden Streitverkündeten (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2008 – IV ZR 270/06 –, Rn. 11, juris). Ein Motiv für den Kläger, diesen bereits bestehenden Versicherungsschutz auf der Grundlage einer Täuschung der Beklagten aufzugeben, mag schwer vorstellbar sein (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 16. Juni 2010 – 5 U 272/08 – 35, 5 U 272/08 –, Rn. 73, juris) – auch wenn der Kläger aufgrund seines Versuchs, über einen Bekannten einen alternativen Versicherungsschutz zu erlangen, der aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands fehlgeschlagen war, hinsichtlich der Gesundheitsangaben sensibilisiert war, was auch seine ausdrückliche Nachfrage an den Streitverkündeten zeigt. Indes geht es hier nicht um ein originär arglistiges Verhalten des Klägers, sondern um ein dem Kläger zuzurechnendes arglistiges Verhalten seines Versicherungsmaklers (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 28. November 2014 – 6 U 98/14 –, Rn. 12, juris).

c)

Der Streitverkündete hat auch arglistig gehandelt. Dies ergibt sich aus dem eigenen Sachvortrag des Klägers; eine Vernehmung des – nicht erreichbaren – Streitverkündeten als Zeugen bedarf es nicht, da der Senat sämtliche vom Kläger behaupteten Umstände als zutreffend unterstellt.

Der Senat kann feststellen, dass der Streitverkündete mit dem Verschweigen der Erkrankungen und Behandlungen des Klägers willentlich und wissentlich auf die Vertragsabschlussbereitschaft der Beklagten einwirken wollte und sich dabei bewusst war, dass die Beklagte möglicherweise den Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen würde, wenn er die Wahrheit in dem Versicherungsantrag eintragen würde (vgl. BGH, Urt. v. 20.11.1990 – IV ZR 113/89, NJW-RR 1991, 411 (412); Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urt. v. 05.12.2001 – 5 U 568/01 – 39 -, VersR 2003, 890 (891); OLG Karlsruhe, NJW-RR 2005, 463; KG, NJW-RR 2005, 1614 (1615); KG, NJW-RR 2005, 1616 (1617)). Ein solches Bewusstsein und ein solcher Wille kann in aller Regel nur durch Indizien nachgewiesen werden. Je nach den Umständen des Einzelfalls können sie sich aus Art, Umfang und Bedeutung der falschen Angaben, aus der Persönlichkeit und dem Bildungsstand des Versicherungsnehmers und den näheren Umständen der Antragstellung ergeben. Indizien für arglistiges Handeln können insbesondere darin liegen, dass der Antragsteller schwerwiegende, jahrelang andauernde Störungen nicht angegeben hat, dass er Störungen verschwiegen hat, die noch relativ kurz vor Antragstellung bestanden haben, oder dass er zwar weniger schwere und länger zurückliegende Erkrankungen, nicht aber zeitnähere und schwerer wiegende mitgeteilt hat (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 16. Juni 2010 – 5 U 272/08 – 35, 5 U 272/08 –, Rn. 71, juris, m.w.N.).

Hier hat der Streitverkündete massive gesundheitliche Probleme des Klägers verschwiegen, die dem Kläger erst vor relativ kurzer Zeit mitgeteilt worden waren und die akut mit der Gabe von Medikamenten behandelt wurden. Dabei liegt es für einen Versicherungsvermittler auf der Hand, dass diese Probleme – Bluthochdruck, Herzschwäche, Diabetes mellitus, Prostatavergrößerung, Leberprobleme – für die Risikoprüfung eines Versicherers von erheblicher Bedeutung sind. Dies war dem Streitverkündeten bekannt, der nicht unerfahren war, wie die von ihm vorbereiteten Erklärungen vom 29.08.2010 (Anlagen K4 und K5 im Anlagenband Kläger) zeigen. Es liegt auf der Hand, dass der Streitverkündete falsche Angaben hinsichtlich des Gesundheitszustands des Klägers aufgenommen hat, um Einfluss auf die Entscheidung der Beklagten über die Antragsannahme zu nehmen; alles andere wäre lebensfremd.

d)

Die Anfechtungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 BGB ist eingehalten.

Die Beklagte hat dargelegt, dass sie erstmals mit der Selbstauskunft des Klägers vom 11.07.2014 bzw. der ärztlichen Stellungnahme vom 25.07.2014 (Bl. 61 GA) Kenntnis von den unzutreffenden Gesundheitsangaben im Versicherungsantrag erhalten habe, so dass die Anfechtungsfrist auch erst dann gemäß § 124 Abs. 2 Satz 1 BGB zu laufen begann.

Eine vorherige Kenntnis der Beklagten ist vom Kläger demgegenüber nicht aufgezeigt worden. Insbesondere ergibt sich eine solche nicht aus der vom Kläger ausgefüllten Zusatzerklärung „HK-Herz-Kreislauf-Bluthochdruck“, da der Kläger diese Erklärung weder von der Beklagten erhalten hat, noch an diese zurückgesandt hat. Vielmehr ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag, dass der Kläger diese Erklärung vom Streitverkündeten erhalten und an diesen übersendet sowie später dem Zeugen S. gegeben haben will. Eine vorherige Kenntnis des Streitverkündeten bzw. der S. Gmbh & Co. KG ist der Beklagten indes nicht zuzurechnen, da der Streitverkündete eben nicht Versicherungsagent der Beklagten, sondern Versicherungsmakler des Klägers war. Ferner ist unstreitig zwischen den Parteien auch keine Maklerklausel vereinbart worden, nach der Erklärungen gegenüber der Beklagten für diese wirksam auch gegenüber dem Makler – sei es der Streitverkündete, oder sei es die S. GmbH & Co. KG – abgegeben werden können. Eine solche Bevollmächtigung ist auch sonst im Verhältnis zwischen der Beklagten und der S. GmbH & Co. KG bzw. dem Streitverkündeten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

e)

Aufgrund der von der Beklagten erklärten Anfechtung ist der Versicherungsvertrag von Anfang an nichtig, § 142 Abs. 1 BGB. Dem steht auch nicht die Versicherungspflicht des Klägers entgegen: gemäß § 194 Abs. 1 VVG ist die Anwendung von § 22 VVG gerade nicht ausgeschlossen.

2.

Aufgrund der Anfechtung des Versicherungsvertrages hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die bei der Beklagten beantragten Leistungen.

3.

Auf die Wirksamkeit der Schweigepflichtentbindung kommt es hier nicht an, da die jeweiligen Umstände zwischen den Parteien unstreitig sind.

4.

Über die Hilfswiderklage ist damit nicht zu entscheiden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

IV.

Der Streitwert wird auf 32.512,29 Euro (29.013,77 Euro für den Antrag zu 1) zzgl. 42 x 416,49 Euro x 20 Prozent für den Antrag zu 2), vgl. BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2016 – IV ZR 477/15 –, Rn. 12 ff., juris; BGH, Beschluss vom 06. Oktober 2011 – IV ZR 183/10 –, Rn. 2, juris) festgesetzt. Die Hilfswiderklage wirkt mangels Eintritts der innerprozessualen Bedingung nicht streitwerterhöhend.

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