Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- LG Osnabrück: Aufrechnung von Beitragsschulden gegen Leistungen im Notlagentarif der PKV rechtens
- Ausgangslage des Rechtsstreits: Krankenhausbehandlung im Notlagentarif und die strittige Aufrechnung durch die Private Krankenversicherung
- Die Entscheidung des Amtsgerichts Bersenbrück und die Berufung zum Landgericht Osnabrück wegen der Aufrechnung im Notlagentarif
- Das Urteil des Landgerichts Osnabrück: Berufung zurückgewiesen – Aufrechnung mit Prämienschulden im Notlagentarif ist zulässig
- Die detaillierte Begründung des Landgerichts: Fehlendes Aufrechnungsverbot und die Rolle von § 35 VVG bei Beitragsrückständen
- Bedeutung des Urteils und Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof: Klärung bei Aufrechnung im Notlagentarif angestrebt
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet der Notlagentarif in der privaten Krankenversicherung (PKV) genau?
- Unter welchen Umständen kann eine private Krankenversicherung (PKV) einen Versicherten in den Notlagentarif versetzen?
- Was bedeutet „Aufrechnung“ im Zusammenhang mit der privaten Krankenversicherung (PKV)?
- Welche Leistungen sind im Notlagentarif der privaten Krankenversicherung (PKV) überhaupt enthalten?
- Welche Möglichkeiten habe ich als Versicherter, wenn ich mit Beitragszahlungen in Rückstand gerate und den Notlagentarif vermeiden möchte?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 4 C 473/17 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Osnabrück
- Datum: 28.02.2018
- Aktenzeichen: 9 S 375/17
- Verfahrensart: Berufung
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Versicherungsnehmer in der privaten Krankenversicherung, der gegen die Aufrechnung des Versicherers mit rückständigen Prämien klagte.
- Beklagte: Privates Krankenversicherungsunternehmen, das die Kosten einer Krankenhausbehandlung des Versicherten mit dessen offenen Prämien aufrechnete.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Versicherungsnehmer in einer privaten Krankenversicherung befand sich wegen Beitragsrückständen im Notlagentarif. Nach einer Krankenhausbehandlung rechnete der Versicherer die Behandlungskosten mit den offenen Prämien auf. Der Versicherungsnehmer hielt diese Aufrechnung im Notlagentarif für unzulässig.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob ein privater Krankenversicherer Behandlungsansprüche eines Versicherten im Notlagentarif mit dessen rückständigen Prämien aufrechnen darf. Der Versicherungsnehmer sah dies als unzulässig an, der Versicherer als erlaubt.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Osnabrück wies die Berufung des Klägers zurück. Es bestätigte, dass die Aufrechnung des Versicherers mit rückständigen Prämien gegen Behandlungskosten auch im Notlagentarif zulässig ist.
- Begründung: Das Gericht sah kein gesetzliches Verbot für eine solche Aufrechnung. Es verwies auf § 35 VVG, der die Aufrechnung grundsätzlich erlaube. Der Notlagentarif schütze zudem nicht vor der Begleichung alter Schulden, die gerade zu diesem Tarif führten.
- Folgen: Der Kläger erhielt die Behandlungskosten nicht ausgezahlt, da sie mit seinen Schulden verrechnet wurden. Aufgrund unterschiedlicher Ansichten bei anderen Gerichten wurde die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Der Fall vor Gericht
LG Osnabrück: Aufrechnung von Beitragsschulden gegen Leistungen im Notlagentarif der PKV rechtens
Das Landgericht Osnabrück hat in einem bedeutsamen Urteil vom 28. Februar 2018 (Az. 9 S 375/17) entschieden, dass eine private Krankenversicherung (PKV) berechtigt ist, offene Beitragsforderungen mit Leistungsansprüchen eines Versicherten zu verrechnen, selbst wenn sich dessen Vertrag im sogenannten Notlagentarif befindet.

Diese Entscheidung bestätigt ein vorangegangenes Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück und hat weitreichende Implikationen für Versicherte mit Zahlungsrückständen.
Ausgangslage des Rechtsstreits: Krankenhausbehandlung im Notlagentarif und die strittige Aufrechnung durch die Private Krankenversicherung
Der Fall betraf einen Mann, der bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist. Aufgrund von erheblichen Beitragsrückständen wurde sein Versicherungsvertrag gemäß § 193 Absatz 6 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) im sogenannten Notlagentarif geführt. Dieser spezielle Tarif sieht einen eingeschränkten Leistungsumfang vor und greift, wenn Versicherte ihre Prämien nicht mehr zahlen können.
Vom 15. bis zum 18. November 2016 musste sich der Versicherte einer stationären Krankenhausbehandlung unterziehen. Hierfür entstanden Kosten in Höhe von 1.897,04 Euro. Zusätzlich stellte das Krankenhaus eine Bearbeitungsgebühr von 5 Euro in Rechnung, sodass sich die Gesamtforderung auf 1.902,04 Euro belief. Als der Versicherte die Erstattung dieser Kosten bei seiner Krankenversicherung beantragte, erklärte diese die Aufrechnung. Das bedeutet, die Versicherung verrechnete die fälligen Behandlungskosten mit den beim Versicherten aufgelaufenen, noch offenen Prämienschulden in gleicher Höhe. Effektiv erhielt der Versicherte also keine Auszahlung für seine Krankenhausrechnung.
Der Versicherte war jedoch der Ansicht, dass eine solche Aufrechnung von Leistungsansprüchen mit Beitragsschulden unzulässig sei, solange der Vertrag im Notlagentarif geführt wird. Er argumentierte, dass der Sinn und Zweck des Notlagentarifs unterlaufen würde, wenn die ohnehin reduzierten Leistungen durch eine Verrechnung mit Altschulden faktisch entwertet würden. Mit dieser Begründung zog er vor das Amtsgericht Bersenbrück und verklagte die Krankenversicherung auf Zahlung der 1.902,04 Euro zuzüglich Zinsen. Darüber hinaus forderte er die Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten, die ihm im Vorfeld entstanden waren.
Die Entscheidung des Amtsgerichts Bersenbrück und die Berufung zum Landgericht Osnabrück wegen der Aufrechnung im Notlagentarif
Das Amtsgericht Bersenbrück wies die Klage des Versicherten mit Urteil vom 15. September 2017 (Az. 4 C 473/17) vollständig ab. Das Gericht sah die von der Krankenversicherung vorgenommene Aufrechnung als rechtlich zulässig an. Es vertrat die Auffassung, dass auch im Notlagentarif eine Verrechnung von Leistungsansprüchen mit bestehenden Beitragsschulden möglich sei.
Gegen dieses Urteil legte der Versicherte Berufung beim Landgericht Osnabrück ein. Er hielt an seiner Rechtsauffassung fest und kritisierte die Rechtsanwendung des Amtsgerichts als fehlerhaft. Er argumentierte weiterhin, dass eine Aufrechnung im Notlagentarif den gesetzgeberischen Zweck dieses Tarifs konterkariere und den Versicherten schutzlos stelle.
Das Urteil des Landgerichts Osnabrück: Berufung zurückgewiesen – Aufrechnung mit Prämienschulden im Notlagentarif ist zulässig
Das Landgericht Osnabrück wies die Berufung des Versicherten zurück und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz. Die Richter am Landgericht kamen zu dem Ergebnis, dass die von der beklagten Krankenversicherung erklärte Aufrechnung mit den rückständigen Prämien gegen den Leistungsanspruch des Versicherten aus der Krankenhausbehandlung auch im Notlagentarif wirksam ist. Folglich muss der Versicherte die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage und der uneinheitlichen Rechtsprechung anderer Obergerichte ließ das Landgericht Osnabrück die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu.
Die detaillierte Begründung des Landgerichts: Fehlendes Aufrechnungsverbot und die Rolle von § 35 VVG bei Beitragsrückständen
Das Landgericht Osnabrück stützte seine Entscheidung auf eine umfassende juristische Würdigung der Sach- und Rechtslage. Die zentralen Argumente der Richter waren:
Kein explizites gesetzliches Aufrechnungsverbot für den Notlagentarif in der Privaten Krankenversicherung
Zunächst stellten die Richter fest, dass es kein spezifisches gesetzliches Verbot gibt, welches der privaten Krankenversicherung die Aufrechnung von fälligen Prämienforderungen gegen Leistungsansprüche des Versicherten explizit untersagt, wenn sich der Vertrag im Notlagentarif befindet. Ein solches Verbot müsste im Gesetz klar formuliert sein, was hier nicht der Fall ist.
Die generelle Erlaubnis zur Aufrechnung nach § 35 VVG gilt auch im Kontext des Notlagentarifs
Das Gericht verwies maßgeblich auf § 35 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Diese Vorschrift gestattet es dem Versicherer ausdrücklich, fällige Prämienforderungen sowie andere Forderungen, die sich aus dem Versicherungsvertrag ergeben, gegenüber Ansprüchen des Versicherungsnehmers oder auch Dritter (wie beispielsweise eines Krankenhauses bei Direktabrechnung) aufzurechnen. Nach Auffassung des Landgerichts Osnabrück handelt es sich bei § 35 VVG um eine grundsätzliche Regelung der Aufrechenbarkeit. Von dieser generellen Erlaubnis könne nur dann abgewichen werden, wenn eine explizite gesetzliche Ausnahmeregelung existiert. Eine solche Ausnahme speziell für den Notlagentarif sei im Gesetz jedoch nicht vorgesehen.
Der wahre Zweck des Notlagentarifs: Schutz vor weiterer Überschuldung durch zukünftige Prämien, nicht Erlass alter Beitragsschulden
Ein weiterer wichtiger Punkt in der Urteilsbegründung war die Analyse des Regelungszwecks des Notlagentarifs gemäß § 193 Abs. 6 VVG. Das Gericht führte aus, dass dieser Tarif in erster Linie dem vorübergehenden Schutz des Versicherungsnehmers vor weiterer Überschuldung durch zukünftig anfallende Prämien diene. Der Notlagentarif soll also verhindern, dass sich der Schuldenberg des Versicherten durch neue, reguläre Prämien weiter auftürmt, während er bereits mit Zahlungen im Rückstand ist. Er bezwecke jedoch nicht eine Befreiung von der Zahlungspflicht für bereits angefallene Prämien – also genau jene Schulden, die überhaupt erst zur Führung des Vertrags im Notlagentarif geführt haben. Hätte der Gesetzgeber ein Aufrechnungsverbot für diese Konstellation gewollt, so das Gericht, hätte er dies angesichts der klaren Regelung des § 35 VVG ausdrücklich im Gesetz verankern müssen. Das Fehlen einer solchen Ausnahmebestimmung spreche dafür, dass die Aufrechnung weiterhin zulässig sein soll.
Kein faktischer Entzug des Versicherungsschutzes durch die Aufrechnung – § 206 VVG schützt Versicherte vor Kündigung
Das Gericht setzte sich auch intensiv mit dem Argument des Versicherten auseinander, die Zulässigkeit der Aufrechnung führe zu einem faktischen Entzug des effektiven Versicherungsschutzes. Wenn Leistungen zwar dem Grunde nach gewährt, aber sogleich mit Altschulden verrechnet werden, habe der Versicherte im Ergebnis nichts davon. Diesem Argument folgte das Gericht jedoch nicht. Es betonte, dass der Anspruch auf die medizinische Behandlung als solcher für den Versicherten weiterhin bestehe. Zudem sei die Kündigung einer Pflichtversicherung, wie es die private Krankenversicherung in Deutschland ist, durch den Versicherer nach § 206 VVG grundsätzlich unzulässig, auch bei Beitragsrückständen. Die Aufrechnung führe daher nicht zu einer tatsächlichen Beendigung des Versicherungsvertrages oder zu einem vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes, sondern betreffe lediglich die Modalitäten der Leistungsabwicklung im Verhältnis zu bestehenden Schulden.
Wichtige Unterscheidung: Säumige Zahler im Notlagentarif versus wirklich Hilfsbedürftige nach dem Sozialgesetzbuch (SGB)
Das Landgericht Osnabrück hob eine wichtige Differenzierung hervor: die zwischen säumigen, aber nicht zwingend hilfsbedürftigen Versicherungsnehmern und Personen, die tatsächlich hilfsbedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuchs (SGB II oder SGB XII) sind. Das Gericht verwies auf § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG. Diese Vorschrift sieht vor, dass das Ruhen des Tarifs (und damit das Eintreten des Notlagentarifs) endet oder gar nicht erst eintritt, wenn der Versicherte hilfsbedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuchs ist. Solche hilfsbedürftigen Personen fallen somit nicht in den Anwendungsbereich des Notlagentarifs, sondern erhalten Unterstützung durch die staatlichen Sozialsysteme (z.B. Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge durch das Jobcenter oder Sozialamt), wodurch ihre medizinische Grundversorgung sichergestellt sei.
Der Notlagentarif richte sich daher primär an säumige, aber nicht zwangsläufig mittellose Versicherungsnehmer. Er solle gerade nicht die medizinische Grundversorgung für jedermann sicherstellen, sondern sei ein Instrument im Umgang mit Vertragsstörungen durch Zahlungsverzug. In diesem Zusammenhang bezeichnete das Gericht die Bezeichnung „Notlagentarif“ als potenziell missverständlich, da sie eine umfassende soziale Absicherung suggerieren könnte, die der Tarif so nicht leiste (und verwies dabei auf eine ähnliche Einschätzung des OLG Jena, VersR 2016, 1242 ff.).
Abgrenzung zu abweichender Rechtsprechung und Anschluss an unterstützende Urteile anderer Oberlandesgerichte zur Aufrechnung im Notlagentarif
Das Landgericht Osnabrück setzte sich auch mit der bestehenden obergerichtlichen Rechtsprechung auseinander. Es erkannte an, dass das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Urteil vom 24. August 2016 (Az. 20 U 235/15) eine abweichende Auffassung vertreten hatte. Das OLG Hamm argumentierte, dass nicht jeder zahlungsunfähige Versicherungsnehmer automatisch hilfsbedürftig im Sinne des SGB sei. Im Einzelfall könne daher durch die Aufrechnung doch ein faktischer Entzug des Versicherungsschutzes drohen, was gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung sprechen könnte.
Die Kammer des Landgerichts Osnabrück schloss sich dieser Schlussfolgerung des OLG Hamm jedoch ausdrücklich nicht an. Stattdessen folgte das Gericht der aus seiner Sicht vorzugswürdigeren Rechtsansicht des erstinstanzlichen Amtsgerichts Bersenbrück sowie der Oberlandesgerichte Jena (VersR 2016, 1242 ff.) und Oldenburg (VersR 2017, 872 ff.). Diese Gerichte hatten ebenfalls geurteilt, dass die Aufrechnung mit rückständigen Beiträgen gegen Leistungsansprüche des Versicherten auch dann zulässig ist, wenn der Versicherungsvertrag im Notlagentarif geführt wird.
Bedeutung des Urteils und Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof: Klärung bei Aufrechnung im Notlagentarif angestrebt
Aufgrund der vorliegenden uneinheitlichen Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte zu dieser wichtigen Rechtsfrage, die zudem noch nicht höchstrichterlich durch den Bundesgerichtshof geklärt wurde, sah das Landgericht Osnabrück die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) als gegeben an. Eine Entscheidung des BGH ist nunmehr möglich und dient der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in dieser für viele Versicherte und Versicherungsunternehmen relevanten Frage der Aufrechnung von Beitragsschulden im Notlagentarif. Die Entscheidung des BGH wird mit Spannung erwartet, um endgültige Klarheit zu schaffen.
Die Kostenentscheidung des Landgerichts Osnabrück beruhte auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des LG Osnabrück etabliert, dass private Krankenversicherungen auch im Notlagentarif offene Beitragsschulden mit Leistungsansprüchen der Versicherten verrechnen dürfen. Diese Entscheidung ist bedeutsam für säumige Beitragszahler, da ihre Erstattungsansprüche mit bestehenden Schulden aufgerechnet werden können, wodurch sie faktisch keine Auszahlungen erhalten. Der Notlagentarif soll lediglich vor weiterer Verschuldung durch neue Prämien schützen, nicht jedoch von bereits bestehenden Zahlungsverpflichtungen befreien. Wirklich Hilfsbedürftige im Sinne des Sozialgesetzbuchs sind von dieser Problematik nicht betroffen, da sie staatliche Unterstützung erhalten können.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet der Notlagentarif in der privaten Krankenversicherung (PKV) genau?
Der Notlagentarif ist ein spezieller, gesetzlich vorgeschriebener Tarif in der privaten Krankenversicherung. Er wurde geschaffen, um Personen, die ihre Beiträge zur PKV nicht mehr bezahlen können, einen grundlegenden Versicherungsschutz zu erhalten und zu verhindern, dass sie komplett ohne Krankenversicherung dastehen. Er dient als eine Art letztes Auffangnetz für Versicherte mit Beitragsschulden.
Wenn Sie Ihre Beiträge zur privaten Krankenversicherung über einen bestimmten Zeitraum, in der Regel mindestens zwei Monatsbeiträge (inklusive Mahnkosten), nicht bezahlen, ist der Versicherer verpflichtet, Sie in diesen Notlagentarif umzustellen. Dieser Übergang geschieht automatisch, Sie müssen dafür keinen Antrag stellen.
Für Sie bedeutet die Umstellung in den Notlagentarif eine erhebliche Einschränkung der Leistungen. Der Versicherungsschutz beschränkt sich im Wesentlichen auf die Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzen. Auch medizinisch notwendige Behandlungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft sind abgedeckt. Umfangreichere medizinische Behandlungen, wie zum Beispiel geplante Operationen oder zahnärztliche Behandlungen, die nicht der Schmerzbehandlung dienen, sind im Notlagentarif nicht enthalten. Ziel ist es, medizinische Notfälle abzudecken, aber nicht die vollständige Versorgung wie in Ihrem ursprünglichen Tarif.
Obwohl die Leistungen stark reduziert sind, müssen Sie auch im Notlagentarif weiterhin Beiträge zahlen. Diese Beiträge sind in der Regel geringer als die Ihres vorherigen Tarifs. Ein Teil dieser Beiträge dient der Deckung der minimalen Leistungen, ein anderer Teil muss zur Tilgung Ihrer offenen Beitragsschulden verwendet werden.
Um aus dem Notlagentarif wieder herauszukommen und vollen Versicherungsschutz zu erhalten, müssen Sie alle Ihre Beitragsschulden vollständig begleichen. Sobald dies geschehen ist, haben Sie wieder Anspruch auf die Leistungen Ihres ursprünglichen Tarifs oder können in einen anderen Tarif wechseln, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.
Unter welchen Umständen kann eine private Krankenversicherung (PKV) einen Versicherten in den Notlagentarif versetzen?
Wenn Versicherte in der privaten Krankenversicherung ihre Beiträge nicht bezahlen, kann dies zur Versetzung in den sogenannten Notlagentarif führen. Dies geschieht nicht sofort, sondern erst, nachdem ein gewisser Beitragsrückstand entstanden ist und die Versicherung den Versicherten gemahnt hat.
Wann droht die Versetzung in den Notlagentarif?
Eine private Krankenversicherung kann Sie in den Notlagentarif versetzen, wenn Sie mit Ihren Beitragszahlungen mehrere Monate im Rückstand sind. Gesetzlich ist geregelt, dass die Versicherung dies tun kann, nachdem Sie mit Beiträgen für mindestens zwei Monate im Rückstand sind und eine Mahnung erhalten haben, die auf diese mögliche Folge hinweist.
Stellen Sie sich vor, Sie haben Ihre monatlichen Versicherungsbeiträge für eine Weile nicht überwiesen. Die Versicherung schickt Ihnen zunächst Mahnungen, um Sie zur Zahlung aufzufordern. Wenn Sie trotz dieser Mahnungen die offenen Beiträge nicht bezahlen, kann die Versicherung gesetzlich verpflichtet sein, Ihren Vertrag in den Notlagentarif umzustellen. Ziel dieser Regelung ist es, dass Sie auch bei Nichtzahlung von Beiträgen nicht völlig ohne Versicherungsschutz dastehen.
Was bedeutet der Notlagentarif für Versicherte?
Der Notlagentarif bietet nur einen sehr stark eingeschränkten Versicherungsschutz. Im Wesentlichen sind nur noch Behandlungen versichert, die zur Behebung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderlich sind sowie Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft. Alles andere, wie zum Beispiel geplante Operationen, Vorsorgeuntersuchungen oder Behandlungen beim Spezialisten für chronische Leiden, ist in der Regel nicht mehr abgedeckt. Die Kosten für solche Behandlungen müssen Sie dann selbst tragen.
Die Versetzung in den Notlagentarif ist also eine direkte Konsequenz aus nicht gezahlten Beiträgen nach vorheriger Mahnung. Sie dient dazu, einen minimalen Schutz im Notfall aufrechtzuerhalten, während gleichzeitig Druck aufgebaut wird, die offenen Zahlungen zu leisten. Um den vollen Versicherungsschutz Ihres ursprünglichen Tarifs wiederzuerlangen, müssen Sie die aufgelaufenen Beitragsrückstände vollständig begleichen. Unter bestimmten Umständen kann auch eine Ratenzahlung mit der Versicherung vereinbart werden.
Was bedeutet „Aufrechnung“ im Zusammenhang mit der privaten Krankenversicherung (PKV)?
Der Begriff „Aufrechnung“ ist ein juristischer Fachausdruck. Ganz einfach ausgedrückt bedeutet Aufrechnung, dass zwei Personen oder Parteien, die sich gegenseitig Geld schulden, ihre Schulden miteinander verrechnen können. Stellen Sie sich das wie das Ausgleichen zweier Waagschalen vor: Was der eine schuldet, kann mit dem verrechnet werden, was der andere schuldet. Übrig bleibt dann nur noch die Differenz, die von einer Partei an die andere gezahlt wird.
Wie funktioniert die Aufrechnung bei der PKV?
Im Zusammenhang mit Ihrer privaten Krankenversicherung bedeutet Aufrechnung Folgendes:
- Sie schulden der PKV Geld: Dies ist typischerweise Ihr monatlicher Versicherungsbeitrag (die Prämie). Wenn Sie mit der Zahlung Ihrer Beiträge in Verzug geraten sind, schulden Sie der Versicherung Geld.
- Die PKV schuldet Ihnen Geld: Dies ist der Fall, wenn Sie Arztrechnungen oder andere erstattungsfähige Kosten bei Ihrer PKV einreichen. Die PKV ist dann verpflichtet, Ihnen diese Kosten zu erstatten.
Wenn nun beide Situationen gleichzeitig vorliegen – also Sie der PKV Beiträge schulden und die PKV Ihnen Geld für erstattete Kosten schuldet – kann die PKV eine Aufrechnung vornehmen. Das bedeutet, die Versicherung kann ihren Anspruch auf die ausstehenden Beiträge mit ihrem Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten verrechnen.
Was bedeutet das praktisch für Sie?
Für Sie als Versicherter bedeutet die Aufrechnung in der Praxis, dass Sie nicht den vollen Betrag für die eingereichten Arztrechnungen von Ihrer PKV erhalten. Stattdessen wird der Betrag, den Sie an Beiträgen schulden, von der Erstattung abgezogen.
Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Arztrechnung über 800 Euro eingereicht, die Ihre PKV erstatten müsste. Gleichzeitig schulden Sie der PKV aber noch 300 Euro an offenen Beiträgen. Durch die Aufrechnung kann die PKV die 300 Euro direkt von den 800 Euro abziehen. Sie erhalten dann nicht 800 Euro, sondern nur noch 500 Euro von Ihrer PKV ausgezahlt. Die offenen 300 Euro Beiträge gelten durch diese Verrechnung als bezahlt.
Die Aufrechnung ist ein gesetzlich geregelter Mechanismus, der es Gläubigern (in diesem Fall der PKV für die Beiträge) ermöglicht, ihre Forderungen zu begleichen, indem sie diese mit eigenen Schulden gegenüber dem Schuldner (der PKV, die Ihnen die Behandlungskosten schuldet) verrechnen.
Welche Leistungen sind im Notlagentarif der privaten Krankenversicherung (PKV) überhaupt enthalten?
Der Notlagentarif in der privaten Krankenversicherung ist für Personen gedacht, die mit ihren Beitragszahlungen im Rückstand sind. Er stellt sicher, dass Sie in bestimmten Situationen medizinische Hilfe erhalten, auch wenn der volle Versicherungsschutz ruht.
Der Leistungsumfang in diesem Tarif ist gesetzlich auf das Notwendigste beschränkt. Er deckt in erster Linie die Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen ab. Das bedeutet, es werden Leistungen übernommen, die medizinisch notwendig sind, um einen plötzlich auftretenden Krankheitsfall zu behandeln oder starke Schmerzen zu lindern.
Dazu gehören auch medizinisch notwendige Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft. Für Kinder und Jugendliche sind zudem Leistungen versichert, die für ihre gesunde Entwicklung unerlässlich sind.
Was im Notlagentarif nicht enthalten ist, sind in der Regel alle anderen medizinischen Leistungen. Dazu zählen beispielsweise:
- Routinemäßige Vorsorgeuntersuchungen
- Geplante Behandlungen (elektive Eingriffe)
- Chronische Erkrankungen, sofern sie nicht akut lebensbedrohlich sind oder starke Schmerzen verursachen
- Zahnbehandlungen, die über die Linderung akuter Schmerzen hinausgehen
Vereinfacht gesagt: Der Notlagentarif bietet einen Schutz für unaufschiebbare Notfälle und akute medizinische Probleme, aber keinen umfassenden Versicherungsschutz für die allgemeine Gesundheitsversorgung. Er soll verhindern, dass Menschen in akuten medizinischen Krisen ohne jegliche Behandlung dastehen.
Welche Möglichkeiten habe ich als Versicherter, wenn ich mit Beitragszahlungen in Rückstand gerate und den Notlagentarif vermeiden möchte?
Wenn Sie mit den Beitragszahlungen Ihrer Krankenversicherung in Rückstand geraten, kann dies zu verschiedenen Konsequenzen führen. Eine davon kann die Einstufung in den sogenannten Notlagentarif sein, insbesondere in der privaten Krankenversicherung. Dieser Tarif bietet nur noch eine sehr eingeschränkte medizinische Versorgung, die auf akute Behandlungen und Schmerzbehandlung beschränkt ist. Viele Versicherte möchten diesen Zustand verständlicherweise vermeiden.
Es gibt allgemeine Wege, wie man versuchen kann, eine solche Situation zu regeln oder abzuwenden, bevor der Notlagentarif greift.
Frühzeitige Kontaktaufnahme mit der Versicherung
Eine der wichtigsten Maßnahmen ist, frühzeitig den Kontakt zur eigenen Krankenversicherung zu suchen, sobald absehbar ist, dass Zahlungsschwierigkeiten auftreten könnten. Warten Sie nicht, bis bereits hohe Rückstände aufgelaufen sind. Versicherungen haben oft interne Verfahren, um in solchen Fällen Unterstützung anzubieten.
In einem Gespräch mit der Versicherung können verschiedene Optionen erörtert werden:
- Ratenzahlung oder Stundung: Es kann unter Umständen möglich sein, eine Vereinbarung über eine Ratenzahlung der offenen Beträge zu treffen oder eine vorübergehende Stundung (Aussetzung der Zahlungspflicht) zu vereinbaren. Solche Vereinbarungen hängen von den internen Richtlinien der Versicherung und der individuellen Situation ab.
Prüfung interner Tarifoptionen
Innerhalb derselben Krankenversicherung besteht oft die Möglichkeit eines Tarifwechsels. Das Gesetz sieht grundsätzlich ein Recht vor, in einen anderen Tarif mit geringeren Beiträgen zu wechseln, der aber ähnliche Leistungen bietet.
- Ein Wechsel in einen Basistarif oder einen Standardtarif kann ebenfalls eine Option sein, da die Beiträge dieser Tarife oft niedriger sind. Allerdings bieten diese Tarife unter Umständen auch einen geringeren Leistungsumfang als Ihr bisheriger Tarif. Es ist wichtig, die Konditionen genau zu prüfen.
Prüfung staatlicher Unterstützung
Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch staatliche Hilfe in Anspruch genommen werden, die die Übernahme der Beiträge für die Krankenversicherung einschließt.
- Wenn Ihre wirtschaftliche Situation es zulässt, die Kriterien zu erfüllen, kann ein Antrag auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) gestellt werden, zum Beispiel beim zuständigen Jobcenter (Grundsicherung für Arbeitsuchende, SGB II) oder Sozialamt (Sozialhilfe, SGB XII). Wenn ein Anspruch auf solche Leistungen besteht, werden in der Regel auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung übernommen. Dies kann helfen, die laufenden Zahlungen sicherzustellen und bestehende Rückstände unter bestimmten Bedingungen abzubauen. Die Voraussetzungen hierfür sind gesetzlich geregelt und hängen von Einkommen, Vermögen und weiteren persönlichen Umständen ab.
Diese allgemeinen Optionen zeigen, dass proaktives Handeln und das Prüfen verschiedener Möglichkeiten sowohl bei der Versicherung als auch bei staatlichen Stellen in Betracht gezogen werden können, um eine drohende Einstufung in den Notlagentarif möglicherweise abzuwenden.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Notlagentarif
Der Notlagentarif ist ein gesetzlich geregelter Sondertarif in der privaten Krankenversicherung (PKV), der für Versicherte gilt, wenn sie mit Beitragszahlungen erheblich im Rückstand sind (§ 193 Abs. 6 VVG). Er bietet einen stark eingeschränkten Versicherungsschutz, der sich im Wesentlichen auf die Behandlung akuter Erkrankungen, Schmerzen sowie Schwangerschaft und Mutterschaft beschränkt. Der Tarif soll verhindern, dass Versicherte ohne jeglichen Schutz dastehen, jedoch müssen weiterhin Beiträge gezahlt werden, die sowohl die aktuellen Leistungen als auch die Tilgung offener Beitragsschulden abdecken. Beispiel: Wenn jemand seine Beiträge wochenlang nicht zahlt, kann die Versicherung ihn automatisch in den Notlagentarif umstellen, um ihn weiterhin minimal abzusichern.
Aufrechnung
Aufrechnung bedeutet, dass zwei gegensätzliche Geldforderungen zwischen den Parteien miteinander verrechnet werden können, so dass nur noch die Differenz zu zahlen ist (§ 389 BGB). Im PKV-Kontext kann die Versicherung offene Beitragsforderungen mit Leistungsansprüchen des Versicherten, z. B. Kostenerstattungen für Behandlungen, aufrechnen. Das heißt, die Versicherung zieht die offenen Beiträge von den zu erstattenden Behandlungskosten ab. Beispiel: Sie haben eine Arztrechnung über 1.000 Euro eingereicht, schulden der Versicherung aber noch 300 Euro Beitrag; dann bekommen Sie nur 700 Euro ausgezahlt, und die 300 Euro gelten als beglichen.
§ 193 Absatz 6 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
§ 193 Abs. 6 VVG regelt die sogenannte „Ruhensregelung“ für private Krankenversicherungsverträge mit Beitragsrückständen. Er erlaubt der PKV, den Vertrag in einen Notlagentarif mit eingeschränktem Leistungsumfang zu überführen, wenn der Versicherte seine Beiträge mindestens zwei Monate nicht bezahlt hat. Ziel ist es, den Versicherten vor Überschuldung durch weiterlaufende volle Prämien zu schützen, ohne den Versicherungsschutz vollständig entfallen zu lassen. Beispiel: Ein Versicherter, der seit über zwei Monaten nicht zahlt, wird automatisch in den Notlagentarif versetzt und erhält nur noch reduzierte Leistungen.
§ 35 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
§ 35 VVG erlaubt dem Versicherer, Forderungen aus dem Versicherungsvertrag, insbesondere fällige Prämien, gegenüber Leistungen aus dem Vertrag aufzurechnen. Diese gesetzliche Grundlage erlaubt der PKV, offene Beitragsschulden mit erstattungsfähigen Leistungsansprüchen des Versicherten zu verrechnen. Die Vorschrift gilt generell und ist nur durch ausdrückliche Ausnahmen im Gesetz eingeschränkt, von denen für den Notlagentarif keine bestehen. Beispiel: Wenn Sie Ihrer Versicherung eine Rechnung für eine Behandlung schicken und gleichzeitig offenstehende Beiträge haben, kann die Versicherung gemäß § 35 VVG diese Beträge gegeneinander verrechnen.
Hilfsbedürftigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuchs (SGB)
Hilfsbedürftigkeit nach dem SGB II oder SGB XII bezeichnet Personen, die aufgrund ihrer finanziellen Situation auf staatliche Sozialleistungen angewiesen sind, etwa zur Sicherstellung der Krankenversicherung. Nach § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG endet das Ruhen des Vertrages oder der Übergang in den Notlagentarif, wenn der Versicherte als hilfsbedürftig anerkannt ist und somit staatliche Unterstützung erhält. Diese Personen bekommen in der Regel vom Jobcenter oder Sozialamt die Beiträge zur Krankenversicherung erstattet, bleiben also von dem Notlagentarif-Konzept ausgeschlossen. Beispiel: Ein Empfänger von Arbeitslosengeld II, der vom Jobcenter Unterstützung für seine Krankenversicherung erhält, fällt nicht unter den Notlagentarif, sondern wird anders versorgt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 35 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Diese Vorschrift erlaubt es Versicherern, fällige Prämienforderungen mit Ansprüchen der Versicherten aufzurechnen, sofern kein ausdrückliches gesetzliches Verbot besteht. Sie regelt die grundsätzliche Aufrechenbarkeit von Forderungen aus dem Versicherungsvertrag. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht Osnabrück stützte seine Entscheidung maßgeblich darauf, dass § 35 VVG auch im Notlagentarif die Aufrechnung von Beitragsrückständen gegen Leistungsansprüche zulässt, da kein spezielles Aufrechnungsverbot existiert.
- § 193 Absatz 6 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Diese Vorschrift regelt den Notlagentarif für private Krankenversicherungen, der bei Beitragsrückständen den Leistungsumfang einschränkt und eine Überschuldung verhindern soll. Er adressiert nicht den Erlass bereits angefallener Beitragsforderungen, sondern schützt vor zukünftiger Überschuldung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sah den Notlagentarif als Mittel gegen weitere Prämienrückstände, das aber keinen Verzicht auf bereits entstandene Schulden bedeutet und somit die Aufrechnung von Altschulden zulässig bleibt.
- § 206 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Diese Norm untersagt grundsätzlich die Kündigung von Krankenversicherungs-Pflichtverträgen durch die Versicherung, auch bei Beitragsrückständen. Sie schützt somit den Versicherungsschutz vor abruptem Verlust. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht führte an, dass trotz Aufrechnung der Versicherte weiterhin Anspruch auf medizinische Leistungen hat und der Versicherungsvertrag nicht gekündigt werden darf; die Aufrechnung führt somit nicht zum Wegfall des Versicherungsschutzes.
- § 543 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO): Diese Regelung erlaubt die Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof bei grundsätzlichen rechtlichen Fragen und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Aufgrund der uneinheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung wurde die Revision zugelassen, um die offene Rechtsfrage der zulässigen Aufrechnung im Notlagentarif höchstrichterlich klären zu lassen.
- Sozialgesetzbuch II und XII (SGB II, SGB XII) in Verbindung mit § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG: Diese sozialrechtlichen Regelungen definieren Hilfsbedürftigkeit und sehen vor, dass Personen mit tatsächlicher Hilfsbedürftigkeit nicht dem Notlagentarif unterliegen, sondern staatliche Unterstützung erhalten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht differenzierte zwischen säumigen Zahlern im Notlagentarif und tatsächlich hilfsbedürftigen Versicherten, für die der Notlagentarif gerade nicht gilt; dies untermauert die Legitimität der Aufrechnung für nicht hilfsbedürftige Versicherte.
- § 97 Absatz 1 ZPO und §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO: Diese Vorschriften regeln die Kostenentscheidung im Prozess sowie die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht Osnabrück entschied, dass der Versicherte die Kosten des Berufungsverfahrens tragen muss und setzte vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils fest.
Das vorliegende Urteil
LG Osnabrück – Az.: 9 S 375/17 – Urteil vom 28.02.2018
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