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Krankentagegeldversicherung: Wegfall der Versicherungsfähigkeit bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses?

LG Berlin, Az.: 7 O 7/04

Urteil vom 29.07.2004

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Krankentagegeldleistungen im Zeitraum 13. Oktober 2000 bis 1. August 2001 (= insges. 293 Tage).

Krankentagegeldversicherung: Wegfall der Versicherungsfähigkeit bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses?
Symbolfoto: Zhee Shee/Bigstock

Zwischen den Parteien bestand gemäß Versicherungsschein vom 6. April 1998 zur Nr.: 00456059 NO 7749 u.a. eine Krankentagegeldversicherung nach den Tarifen TV 42/120 und TV 42/020 mit einem versicherten Krankentagegeld iHv. insges. 180,– DM ab dem 43. Tag. Dem Vertrag lagen die AVB Anlage RSG 3 zugrunde.

Der Beklagte war vom 16. April bis zum 22. August 1999 und ab dem 22. September 1999 bedingungsgemäß arbeitsunfähig.

Mit Schreiben vom 22. September 1999 kündigte sein damaliger Arbeitgeber dem Beklagten. In dem Schreiben heißt es u.a.:

„leider müssen wir Ihnen mitteilen, daß wird das Arbeitsverhältnis zwischen Ihnen und der Firma … OHG fristgemäß zum 12. Oktober 1999 aus innerbetrieblichen Gründen kündigen.“

Die Klägerin erbrachte an den Beklagten bis zum 1. August 2001 Krankentagegeldleistungen iHv. 180,– DM pro Tag.

Mit Schreiben vom 13. August 2001 teilte der Beklagte der Klägerin u.a. mit:

„die von Ihnen geforderte Bescheinigung kann ich nicht erbringen.

Nachdem es sich abzeichnete, dass ich auf Grund meines Gesundheitszustandes längere Zeit ausfallen würde, wurde mir zum 20.10.99 gekündigt – siehe Anlage.“

Mit Schreiben vom 17. August 2001 (Anlage RSG 6) wies die Klägerin den Beklagten auf den Wegfall der Versicherungsfähigkeit und einen Leistungsanspruch bis längstens zum 12. Oktober 2000 hin und bot ihm den Abschluss einer Anwartschaftsversicherung an. Zugleich forderte sie von ihm 56.145,60 DM zurück (Anlage RSG 4).

Unter dem 31. Oktober 2001 erinnerte sie den Beklagten an die Rückzahlung von 28.475,99 Euro (Anlage RSG 7) und unter dem 5. Dezember 2001 forderte sie ihn zur Zahlung von 28.109,84 Euro (Anlage RSG 8) auf.

Mit Ihrem Rückzahlungsanspruch iHv. insges. 26.965,53 Euro rechnete die Klägerin teilweise iHv. 963,09 Euro gegen Forderungen des Klägers gegen sie jeweils mit der ältesten Forderung bis zum Erlöschen auf; der Restbetrag iHv. 26.002,45 Euro ist Gegenstand der Klage.

Die Klägerin meint: Dem Beklagten habe wegen seiner Arbeitslosigkeit ab dem 13. Oktober 1999 nach § 15 a) AVB-KT iVm. Nr. 29 a) Abs. 1, 2 TB ein über den 12. Oktober 2000 hinausgehender Anspruch auf Krankentagegeldzahlungen nicht zugestanden, so dass er die Leistungen vom 13. Oktober 2000 bis zum 1. August 2001 rechtsgrundlos erhalten habe. Sie stützt sich insbesondere auf die Entscheidungen des OLG Oldenburg vom 30. Mai 1990 (z. B. VersR 1991, 291) und OLG Köln vom 26. Februar 1997 (z. B. VersR 1998, 1365).

Nachdem die Klägerin ursprünglich beantragt hat, den Beklagten zur Zahlung von 27.743,70 Euro zu verurteilen, beantragt sie nach teilweise Klagerücknahme iHv. 1.741,25 Euro nunmehr,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 26.002,45 Euro nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 18. Dezember 2001 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte beruft sich auf Entreicherung.

Er behauptet: Er habe von dem Geld gelebt und es vollständig ausgegeben; anderweitige Einsparungen habe er dadurch nicht gehabt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung von Krankentagegeldleistungen iHv. 26.002,45 Euro nicht nach § 11 S. 2 AVB-KT oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung von § 15 a) AVB-KT zu.

Denn die Versicherungsfähigkeit des Beklagten als Voraussetzung einer Beendigung der Leistungspflicht der Klägerin nach § 15 a) AVB-KT iVm. Nr. 2 Abs. 1, 29 a Abs. 1 TB ist nicht weggefallen. Nach Nr. 2 Abs. 1 S. 2 TB sind versicherungsfähig Personen, „die in einem ständigen festen Dienst- oder Arbeitsverhältnis gegen Entgelt stehen“. Mit der während der Arbeitsunfähigkeit des Beklagten erklärten Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 12. Oktober 1999 endete aber nicht zugleich die bedingungsgemäße Versicherungsfähigkeit des Beklagten. Denn der Verdienstausfall ist unabhängig davon, auf die darüber hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit des Beklagten zurückzuführen. Entscheidend für den Wegfall der Versicherungsfähigkeit ist, ob der VN auch bei einer Gesundung von einer neuen Tätigkeit Abstand genommen hätte oder seine Bemühungen um die Aufnahme einer solchen Tätigkeit gescheitert wären; erst von diesem Zeitpunkt an, ist von einem Wegfall der Versicherungsfähigkeit auszugehen (z. BGH VersR 2002, 881; VersR 1997, 1133). Dazu hat die Klägerin aber nichts vorgetragen. Zwar betreffen die vorgenannten Entscheidungen des BGH jeweils Fälle, in denen die Versicherungsfähigkeit an die selbständige bzw. unselbständige Erwerbstätigkeit geknüpft war. Doch kann hier nichts anderes gelten (so im Ergebnis auch Prölss/Martin-Prölss, 27. Aufl. 2004, § 15 MBKT, Rdnr. 11), da die unselbständige Erwerbstätigkeit zwangsläufig an ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis geknüpft ist, so dass die vorgenannten Entscheidungen des BGH ohne weiteres auf den vorliegenden Fall zu übertragen sind. Denn auch hier ist maßgebend, ob der Kläger allein durch seine Krankheit an der Wiederaufnahme eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gehindert war. Dies hat die Klägerin, die insoweit – als sie für den Wegfall der Versicherungsfähigkeit darlegungs- und beweisbelastet ist (Prölss/Martin-Prölss, aaO., § 15 MBKT, Rdnr. 16 mwN.) – die Darlegungs- und Beweislast trifft, nicht widerlegen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

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