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Krankentagegeldversicherung –  Versicherungsfähigkeit eines arbeitslosen Versicherungsnehmers

Die Krankentagegeldversicherung: Arbeitslose Versicherungsnehmer und ihre Versicherungsfähigkeit

In der komplexen Welt des Versicherungsrechts spielt die Krankentagegeldversicherung eine wichtige Rolle. Sie bietet finanzielle Unterstützung in Zeiten, in denen der Versicherungsnehmer aufgrund von Krankheit vorübergehend arbeitsunfähig ist. Doch wie sieht es aus, wenn der Versicherungsnehmer arbeitslos ist? Dies war das zentrale Problem in einem Fall, der vor dem Kammergericht Berlin verhandelt wurde. Das Gericht musste klären, unter welchen Umständen ein arbeitsloser Versicherungsnehmer seinen Anspruch auf Krankentagegeld verliert.

Direkt zum Urteil Az: 6 U 1012/20 springen.

Hintergrund des Falls: Arbeitslosigkeit und Krankentagegeld

Im Kern des Falls stand ein arbeitsloser Kläger, der gegen eine Entscheidung seines Krankentagegeldversicherers Berufung eingelegt hatte. Der Versicherer hatte die Leistungen eingestellt, nachdem er davon ausgegangen war, dass der Versicherungsnehmer keine Absicht mehr hatte, eine neue Arbeitsstelle anzunehmen oder dass seine Bemühungen um eine neue Anstellung erfolglos bleiben würden. Der Versicherungsnehmer bestritt dies und focht die Entscheidung vor Gericht an.

Entscheidung des Kammergerichts Berlin: Zurückweisung der Berufung

Das Kammergericht Berlin wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte damit das vorangegangene Urteil des Landgerichts Berlin. Die Richter stützten ihre Entscheidung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), die besagt, dass ein arbeitsloser Versicherungsnehmer seinen Anspruch auf Krankentagegeld verliert, sobald feststeht, dass er keine neue Beschäftigung mehr aufnehmen will oder seine Arbeitssuche trotz ernsthafter Bemühungen erfolglos bleibt.

Die Begründung des Gerichts: Zweck der Krankentagegeldversicherung

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass es dem Zweck der Krankentagegeldversicherung widerspricht, den Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit aufrechtzuerhalten, wenn der Versicherungsnehmer keine neue Anstellung mehr anstrebt oder seine Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz als gescheitert angesehen werden müssen.

Auswirkungen des Urteils: Klarheit für Versicherungsnehmer und Versicherer

Dieses Urteil hat wichtige Auswirkungen für arbeitslose Versicherungsnehmer und Versicherer gleichermaßen. Es schafft Klarheit darüber, unter welchen Bedingungen ein arbeitsloser Versicherungsnehmer seinen Anspruch auf Krankentagegeld verliert. Zugleich erinnert es daran, dass Versicherungsleistungen immer an bestimmte Bedingungen geknüpft sind, die erfüllt sein müssen, um einen Anspruch auf Leistungen geltend machen zu können.


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 6 U 1012/20 – Beschluss vom 02.11.2021

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 18.03.2020, Aktenzeichen 23 O 78/19, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Berlin ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.248,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 18.03.2020, Aktenzeichen 23 O 78/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Der Berufung kommt aus den Gründen des Hinweisbeschlusses vom 14. September 2021, an denen der Senat auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Klägers mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 8. Oktober 2021 uneingeschränkt weiter festhält, keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zu.

Der Hinweisbeschluss berücksichtigt die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27.2.2008 zu IV ZR 219/06), wonach eine ergänzende Vertragsauslegung ergibt, dass die Versicherungsfähigkeit des arbeitslosen Versicherungsnehmers in der Krankentagegeldversicherung zu dem Zeitpunkt entfällt, für den feststeht, dass der Versicherungsnehmer eine neue Tätigkeit als Arbeitnehmer nicht mehr aufnehmen will oder aufgrund objektiver Umstände festgestellt werden kann, dass die Arbeitssuche trotz ernsthafter Bemühungen ohne Erfolg bleiben wird. Der BGH begründet dies damit, dass es dem Zweck einer Krankentagegeldversicherung widerspreche, den Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit für einen Versicherungsnehmer weiter aufrecht zu erhalten, der ein neues Arbeitsverhältnis nicht mehr eingehen will oder dessen –ernsthafte– Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz als gescheitert angesehen werden müssen, weil in einem solchen Fall jede Anknüpfung an einen künftig durch Arbeitsunfähigkeit eintretenden Verdienstausfall fehle (BGH a.a.O. Rdz. 28/29).

Zwar obliegt es nach allgemeinen Grundsätzen der Beklagten, den Wegfall der Versicherungsfähigkeit des Versicherungsnehmers in diesem Sinne zu beweisen (Brand in Bruck/Möller, VVG, neunte Auflage 2020 § 15 MB/KT 2009 Rdnr. 27 m.w.N.). Ob sich der Versicherungsnehmer um eine neue Arbeitsstelle bemüht und in welchem Umfang er dies tut, ist für den Versicherer jedoch in aller Regel nicht ohne weiteres zu ermitteln. Demgemäß trifft den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast dergestalt, dass es zunächst ihm obliegt, darzulegen, was er seit Beginn der Arbeitslosigkeit im Einzelnen unternommen hat, um eine neue Arbeitsstelle zu finden, bevor dann der Versicherer den Wegfall der Versicherungsfähigkeit darzulegen und ggf. zu beweisen hat.

Dieser sekundären Darlegungslast hat der Kläger vorliegend nicht genügt. Auch im Rahmen seiner Stellungnahme zum Hinweisbeschluss des Senats behauptet er weiterhin lediglich pauschal eine über den 7. Juni 2018 hinaus fortbestehende Willigkeit, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Dies allein genügt jedoch nicht. Denn der Kläger war bereits seit dem 01.01.2015 arbeitslos und hatte es ab Beendigung seiner Erkrankung im Mai 2016 bis zum 07. Juni 2018 über etwas mehr als zwei Jahre auch mit Hilfe der Arbeitsagentur nicht geschafft, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Dass und wie er sich in dieser Zeit ernsthaft um eine neue Arbeitsstelle bemüht hat, kann seinem Vortrag nicht entnommen werden, zumal er selbst vorträgt, dass er sich weder auf konkrete Arbeitsplatzangebote beworben noch Initiativbewerbungen abgeschickt hatte. Ob der Kläger, was die Beklagte bestreitet, die vorgetragenen drei Termine bei der Arbeitsagentur tatsächlich wahrgenommen hat, ist vor diesem Hintergrund nicht entscheidungserheblich. Denn die Wahrnehmung von Beratungs(pflicht)terminen stellt allein kein ernsthaftes Bemühen um einen neuen Arbeitsplatz im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dar, zumal diese ersichtlich keinen Bezug zu einem konkreten Arbeitsplatzangebot hatten.

Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass unabhängig davon bereits auf der Grundlage des Klägervortrags festgestellt werden kann, dass die Arbeitsplatzsuche im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls für die Zeit ab dem 07. Juni 2018 als gescheitert angesehen werden muss, weil ernsthafte Bemühungen in Form von konkreten Bewerbungen oder Initiativbewerbungen ohnehin keinen Erfolg versprochen hätten. Der Kläger trägt selbst vor (Schriftsatz vom 07. Mai 2019), dass ihm von dem jeweils zuständigen Vermittler bei der Arbeitsagentur immer wieder mitgeteilt worden sei, dass er aufgrund seiner Qualifikation, der Höhe seines letzten Bruttomonatsentgelts sowie seiner erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen sehr schwer bis hin zu gar nicht vermittelbar sei. Zudem sei ein nicht unbeachtlicher Punkt im Rahmen etwaiger Bewerbungen auch immer wieder das Alter des Klägers – er war im Juni 2018 bereits knapp 62 Jahre alt – gewesen. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht im Termin am 19. Februar 2020 hat der Kläger dies dahingehend ergänzt, dass die wechselnden Mitarbeiter in den Terminen bei der Arbeitsagentur, an der Zahl wohl fünf, immer wieder gesagt hätten, dass aufgrund seiner Qualifikation, seines Alters und seines Verdienstes eine Weitervermittlung keine Aussicht auf Erfolg haben bzw. sehr schwierig sein werde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

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