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Krankentagegeldversicherung – Erlöschen aufgrund Berufsunfähigkeit

Ein Anästhesist aus Nürnberg verliert seinen Berufsunfähigkeits-Prozess gegen seine Versicherung – wegen schwerer Depression und Opioidabhängigkeit kann er seinen Dienst auf der Palliativstation nicht mehr ausüben. Das Gericht urteilte, dass die Versicherung die Krankentagegeldzahlung rechtmäßig eingestellt hat, da der Arzt auf nicht absehbare Zeit berufsunfähig ist. Besonders tragisch: Der Arzt verpasste die Frist für eine Anschlussversicherung und steht nun ohne finanzielle Absicherung da.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Nürnberg-Fürth
  • Datum: 26.05.2023
  • Aktenzeichen: 8 O 3742/21
  • Verfahrensart: Klageverfahren im Zusammenhang mit einer Krankentagegeldversicherung
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein ehemaliger Anästhesist, der behauptet, weiterhin arbeitsunfähig zu sein und keine Berufsunfähigkeit vorläge. Er fordert die Fortsetzung der Krankentagegeldzahlungen und die Feststellung, dass die Versicherung weiterbesteht.
  • Beklagte: Versicherungsunternehmen, das die Krankentagegeldversicherung des Klägers führt. Es beruft sich auf eingetretene Berufsunfähigkeit und das Ende des Versicherungsverhältnisses. Es lehnt auch den Abschluss einer Anwartschaftsversicherung ab, da eine fristgerechte Willenserklärung des Klägers nicht vorlag.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger hatte eine Krankentagegeldversicherung, die bei Berufsunfähigkeit endet. Nach ärztlicher Feststellung der Berufsunfähigkeit wollte der Kläger die Versicherung fortsetzen und fordert Krankentagegeldzahlungen für den Juni 2021. Zudem wollte er nachträglich eine Anwartschaftsversicherung etablieren.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob das Versicherungsverhältnis aufgrund von Berufsunfähigkeit wie von der Beklagten festgestellt beendet ist und ob ein Annahmeverzug bezüglich einer Anwartschaftsversicherung vorliegt.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wird vollständig abgewiesen und der Kläger trägt die Kosten.
  • Begründung: Das Gericht bestätigte das Ende des Versicherungsverhältnisses zum 31.05.2021 aufgrund der festgestellten Berufsunfähigkeit. Der Sachverständige stellte eine mehr als 50-prozentige Erwerbsunfähigkeit fest. Der Kläger hatte innerhalb der gesetzten Frist keinen formwirksamen Antrag für eine Anwartschaftsversicherung gestellt.
  • Folgen: Der Kläger erhält keine weiteren Zahlungen aus der Krankentagegeldversicherung. Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Einhaltung von Fristen für den Versicherungsnehmer zur Fortführung in einer Anwartschaftsversicherung. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar bei Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Krankentagegeldversicherung: Wichtige Urteile zur Absicherung bei Berufsunfähigkeit

Die Krankentagegeldversicherung spielt eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Absicherung von Personen, die durch eine Erkrankung vorübergehend oder langfristig arbeitsunfähig sind. Insbesondere für Selbstständige ist eine solche Absicherung von großer Bedeutung, da sie im Krankheitsfall keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung haben. Bei Berufsunfähigkeit oder einer eingeschränkten Erwerbsfähigkeit können die versicherten Leistungen entscheidend sein, um finanzielle Engpässe zu vermeiden und den Lebensstandard zu sichern.

Ein zentraler Aspekt dieser Versicherungen ist die Bedingung für die Auszahlung von Krankentagegeld. Bei Eintritt von Berufsunfähigkeit kann es jedoch zu einer Erlöschung dieser Leistungen kommen, was in individuellen Fällen erhebliche Auswirkungen auf die Betroffenen haben kann. Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der diese Thematik vertieft und die rechtlichen Rahmenbedingungen aufzeigt.

Der Fall vor Gericht


Krankentagegeldversicherung endet bei Berufsunfähigkeit eines Anästhesisten

Arzt in der Palliativstation
(Symbolfoto: Flux gen.)

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat entschieden, dass die Krankentagegeldversicherung eines als Anästhesist in der Palliativmedizin tätigen Arztes wegen eingetretener Berufsunfähigkeit rechtmäßig beendet wurde. Der betroffene Arzt war seit August 2019 arbeitsunfähig und litt unter einer schweren depressiven Episode sowie einer Opioidabhängigkeit.

Berufsunfähigkeit auf Palliativstation nachgewiesen

Nach einem medizinischen Gutachten lag beim Kläger eine Anpassungsstörung im Übergang zu einer Double Depression vor, die in Kombination mit einer persistierenden Opioidabhängigkeit und einer ängstlich vermeidenden, dependenten Persönlichkeitsstörung zu einer Berufsunfähigkeit von 80 Prozent führte. Der Sachverständige stellte klar, dass diese Beeinträchtigungen insbesondere die Bereiche Ausdauer, Konzentration und Entscheidungsfähigkeit betrafen.

Maßgeblich ist die konkrete berufliche Tätigkeit

Das Gericht betonte, dass bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit in ihrer konkreten Ausprägung maßgeblich sei. Im vorliegenden Fall war nicht pauschal auf die Tätigkeit als Facharzt für Anästhesie abzustellen, sondern auf die spezifischen Anforderungen der Tätigkeit als Anästhesist auf der Palliativstation, wo nach Angaben des Klägers die Betreuung der Patienten im Vordergrund stand.

Frist für Anwartschaftsversicherung verstrichen

Die Versicherung hatte dem Arzt die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von zwei Monaten eine Anwartschaftsversicherung zu beantragen. Diese Frist wurde bis zum 18. Februar 2021 verlängert. Das Gericht sah diese Fristsetzung als rechtmäßig an, da sie dem beidseitigen Interesse an der Schaffung klarer rechtlicher Verhältnisse diene. Da der Kläger innerhalb dieser Frist keinen formwirksamen Antrag stellte, besteht kein Anspruch auf eine Anwartschaftsversicherung.

Nicht absehbare Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit

Das Gericht stellte fest, dass eine Erwerbsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit vorliegt, wenn nach aller Erfahrung trotz Einsatzes aller medizinischer Mittel mit einer Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit nicht zu rechnen ist. Der Sachverständige bestätigte, dass das chronifizierte Befundbild des Klägers nicht nur vorübergehend sei und eine Änderung des Zustandsbildes nicht absehbar ist. Auch eine zwischenzeitlich eingetretene Verbesserung des Gesundheitszustandes änderte nichts an dieser Einschätzung.


Die Schlüsselerkenntnisse


„Das Urteil stellt klar, dass bei der Beurteilung von Berufsunfähigkeit die konkrete berufliche Tätigkeit und nicht das allgemeine Berufsbild maßgeblich ist. Entscheidend ist der tatsächlich ausgeübte Beruf mit all seinen spezifischen Anforderungen. Für die Feststellung der Berufsunfähigkeit muss die Erwerbsunfähigkeit von mehr als 50% auf nicht absehbare Zeit bestehen – also wenn trotz aller medizinischen Maßnahmen keine Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit absehbar ist. Das Gericht bestätigt auch, dass eine Zwei-Monats-Frist für die Beantragung einer Anwartschaftsversicherung rechtens ist, selbst wenn diese vor dem Ende des Versicherungsvertrags ausläuft.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine Krankentagegeldversicherung haben und krank werden, muss Ihre konkrete Arbeitssituation betrachtet werden – also nicht nur Ihr Beruf allgemein, sondern Ihre spezifische Tätigkeit mit allen Besonderheiten. Achten Sie besonders auf Fristen: Wenn die Versicherung Ihnen eine Anwartschaftsversicherung anbietet, müssen Sie innerhalb der gesetzten Frist (meist zwei Monate) schriftlich reagieren, auch wenn Ihr Versicherungsvertrag noch länger läuft. Eine mündliche Zusage am Telefon reicht nicht aus. Die Anwartschaft sichert Ihnen die Option, später ohne neue Gesundheitsprüfung wieder in den vollen Versicherungsschutz zurückzukehren.


Benötigen Sie Hilfe?

Die individuelle Bewertung Ihrer beruflichen Situation und die korrekte Einhaltung kritischer Fristen sind entscheidend für die Sicherung Ihrer Ansprüche bei Berufsunfähigkeit. Unsere jahrelange Erfahrung zeigt, dass besonders die Details Ihrer persönlichen Arbeitssituation den Ausschlag für eine erfolgreiche Durchsetzung Ihrer Rechte geben können. Lassen Sie uns gemeinsam Ihre spezifische Situation analysieren und die bestmögliche Strategie für Ihren Fall entwickeln. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann erlischt eine Krankentagegeldversicherung bei Berufsunfähigkeit?

Eine Krankentagegeldversicherung erlischt grundsätzlich mit dem Eintritt der Berufsunfähigkeit. Eine Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn Sie nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50% erwerbsunfähig sind.

Zeitlicher Ablauf des Erlöschens

Der Versicherungsvertrag endet spätestens drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch eine Arbeitsunfähigkeit besteht. In manchen Versicherungsverträgen kann diese Frist auch bis zu sechs Monate betragen.

Besonderheiten bei laufender Arbeitsunfähigkeit

Wenn Sie zum Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit bereits arbeitsunfähig sind, endet der Versicherungsschutz nicht sofort. Die Versicherung muss ihre tariflichen Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit noch bis zum vereinbarten Zeitpunkt erbringen.

Rückwirkende Feststellung

Bei einer rückwirkenden Feststellung der Berufsunfähigkeit können Sie zur Rückzahlung bereits erhaltener Krankentagegeldleistungen verpflichtet werden. Dies gilt auch dann, wenn die Berufsunfähigkeit erst später gerichtlich festgestellt wird.

Anwartschaftsversicherung

Nach dem Erlöschen der Krankentagegeldversicherung haben Sie die Möglichkeit, eine Anwartschaftsversicherung zu beantragen. Der Antrag muss in der Regel innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit gestellt werden. Diese Option sichert Ihnen die Möglichkeit zu, bei Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit erneut in die Krankentagegeldversicherung einzusteigen.

Abgrenzung zur Arbeitsunfähigkeit

Eine wichtige Unterscheidung besteht zwischen Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn Sie Ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend nicht ausüben können. Berufsunfähigkeit hingegen bedeutet, dass Sie Ihren Beruf auf nicht absehbare Zeit nicht mehr ausüben können.


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Welche Fristen muss ich bei der Umwandlung in eine Anwartschaftsversicherung beachten?

Bei der Umwandlung einer Krankentagegeldversicherung in eine Anwartschaftsversicherung gilt eine Antragsfrist von zwei Monaten. Diese Frist beginnt grundsätzlich mit dem vom Versicherer mitgeteilten Zeitpunkt der Berufsunfähigkeit.

Fristbeginn und Ablauf

Die Zwei-Monats-Frist startet, sobald der Versicherer Sie über die Berufsunfähigkeit informiert hat. Wenn Sie beispielsweise am 1. März die Mitteilung über Ihre Berufsunfähigkeit erhalten, müssen Sie den Antrag auf Anwartschaftsversicherung bis spätestens 1. Mai stellen.

Formvorschriften

Der Antrag auf Umwandlung muss in Textform erfolgen. Ein einfaches Telefonat oder mündliche Absprache reicht nicht aus. Sie müssen Ihren Wunsch auf Umwandlung schriftlich oder in anderer dokumentierter Form (z.B. E-Mail) mitteilen.

Rechtliche Bedeutung der Frist

Die Zwei-Monats-Frist ist rechtlich bindend und dient der Schaffung klarer Verhältnisse für beide Vertragsparteien. Sie können den Antrag auf Anwartschaftsversicherung auch dann stellen, wenn Sie mit der Feststellung der Berufsunfähigkeit nicht einverstanden sind. In diesem Fall können Sie den Antrag unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung stellen.

Konsequenzen bei Fristversäumnis

Wenn Sie die Antragsfrist versäumen, verlieren Sie die Möglichkeit, Ihre Krankentagegeldversicherung in eine Anwartschaftsversicherung umzuwandeln. Dies bedeutet, dass Sie bei einem späteren Wegfall der Berufsunfähigkeit keinen automatischen Anspruch auf Wiederaufnahme Ihres ursprünglichen Versicherungsschutzes haben.


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Was bedeutet nicht absehbare Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit?

Eine nicht absehbare Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn zum Zeitpunkt der medizinischen Beurteilung zwei zentrale Kriterien erfüllt sind: Entweder kann aus ärztlicher Sicht überhaupt nicht gesagt werden, ob der Versicherte jemals wieder eine Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% erlangen wird, oder es ist zwar eine Besserung zu erwarten, aber der Zeitpunkt dafür lässt sich auch nicht annähernd bestimmen.

Medizinische Beurteilung

Der Zustand muss nach medizinischem Befund so gravierend sein, dass trotz Einsatzes aller medizinischen Mittel mit einer Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit entweder überhaupt nicht zu rechnen ist oder die Heilungschancen so gering sind, dass eine Prognose unmöglich ist.

Zeitliche Dimension

Die zeitliche Komponente spielt eine entscheidende Rolle. Ein vorübergehender Zustand reicht nicht aus. Die Beeinträchtigung muss für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten bestehen und auf unbestimmte Zeit andauern.

Auswirkungen auf den Versicherungsschutz

Wenn eine nicht absehbare Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit festgestellt wird, hat dies weitreichende Folgen für bestehende Versicherungsverhältnisse. Bei einer Krankentagegeldversicherung endet der Versicherungsschutz automatisch, sobald Berufsunfähigkeit eintritt. Allerdings werden im bereits eingetretenen Versicherungsfall noch bis zu drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit Leistungen erbracht.

Bewertungskriterien

Die Beurteilung erfolgt anhand der konkreten beruflichen Tätigkeit in ihrer tatsächlichen Ausprägung. Dabei wird geprüft, ob die versicherte Person mehr als 50% ihrer bisherigen Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann. Die Einschätzung basiert auf medizinischen Befunden und berücksichtigt die spezifischen Anforderungen des zuletzt ausgeübten Berufs.


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Welche Rolle spielt die konkrete berufliche Tätigkeit bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit?

Bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der zuletzt ausgeübte Beruf in seiner konkreten Ausgestaltung maßgebend. Die Beurteilung erfolgt dabei nicht nur anhand der inhaltlichen Tätigkeiten, sondern auch unter Berücksichtigung der zeitlichen Komponente.

Zeitliche Dimension der Tätigkeit

Die tatsächliche Arbeitsbelastung spielt eine entscheidende Rolle. Dabei ist nicht die durchschnittliche Anzahl der Arbeitsstunden in einer fiktiven 5-Tage-Woche relevant, sondern die tatsächlich an einzelnen Wochentagen geleistete Anzahl von Arbeitsstunden. Diese detaillierte Betrachtung ermöglicht eine präzise Einschätzung der individuellen Belastung.

Qualifikation und Lebensstellung

Eine Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn Sie zu mehr als 50% nicht in der Lage sind, Ihren zuletzt ausgeübten Beruf nachzugehen. Üben Sie nach Eintritt dieses Zustands eine andere Tätigkeit aus, wird geprüft, ob diese Ihrer Ausbildung, Erfahrung und bisherigen Lebensstellung entspricht.

Soziale Wertschätzung und Einkommensniveau

Die soziale Wertschätzung der neuen Tätigkeit wird mit der früheren verglichen. Eine Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die neue Tätigkeit hinsichtlich des Einkommens oder der sozialen Wertschätzung spürbar unter der Lebensstellung im ursprünglichen Beruf liegt.

Medizinische Beurteilung

Die Beurteilung der Berufsunfähigkeit erfordert eine einzelfallbezogene Prognose. Dabei wird geprüft, ob nach aller medizinischen Erfahrung mit einer Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit zu rechnen ist oder die Heilungschancen so schlecht sind, dass die künftige Erwerbsfähigkeit ungewiss bleibt.


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Welche Rechte habe ich bei Streit über das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit?

Beweislast und Gutachten

Bei Streitigkeiten über das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit trägt der Versicherungsnehmer grundsätzlich die Beweislast für seine Berufsunfähigkeit. Ein fachärztliches Gutachten ist dabei die zentrale Voraussetzung für die Feststellung der Berufsunfähigkeit. Dieses Gutachten muss nachweisen, dass zwischen der gesundheitlichen Beeinträchtigung und der Berufsunfähigkeit ein direkter Zusammenhang besteht.

Rechte bei Leistungsablehnung

Wenn die Versicherung die Leistung ablehnt, können Sie zunächst Einsicht in die Entscheidungsgründe verlangen. Die Versicherung muss ihre Entscheidung nachvollziehbar darlegen und begründen. Bei einer späteren Leistungseinstellung muss die Versicherung die Veränderung in Textform darlegen.

Bedeutung der Gutachten

Die von Versicherungen beauftragten Gutachterinstitute stehen häufig in wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Versicherungsbranche. Sie haben das Recht, ein eigenes Privatgutachten einzuholen. Bei der Begutachtung wird geprüft, ob die angegebenen Beschwerden realistisch und stimmig sind und wie sich diese auf den genauen Berufsalltag auswirken.

Bindungswirkung von Anerkenntnissen

Ein wichtiges Recht ergibt sich aus der Bindungswirkung von Anerkenntnissen. Hat die Versicherung die Berufsunfähigkeit einmal anerkannt, kann sie sich bei unverändertem Fortbestand der Umstände nicht mehr von ihrer Erklärung lösen. Dies gilt insbesondere für die Beurteilung der maßgeblichen Tätigkeit, hinsichtlich derer die Berufsunfähigkeit bejaht wurde.

Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit in ihrer konkreten Ausprägung maßgeblich. Die Versicherung kann dabei nicht verlangen, dass Sie durch Umorganisation die Voraussetzungen für die Wiederausübung Ihres Berufs schaffen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Krankentagegeldversicherung

Eine Versicherung, die bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit den Verdienstausfall absichert. Sie zahlt ein vereinbartes Tagegeld, solange die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Besonders wichtig für Selbständige, da diese keine gesetzliche Lohnfortzahlung erhalten. Die Leistung endet üblicherweise bei Eintritt einer dauerhaften Berufsunfähigkeit. Geregelt im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) § 192-194.

Beispiel: Ein selbständiger Anwalt wird krank und kann 3 Monate nicht arbeiten. Die Krankentagegeldversicherung zahlt in dieser Zeit den vereinbarten Tagessatz als Einkommensersatz.


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Berufsunfähigkeit

Ein Zustand, bei dem jemand aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seinen bisherigen Beruf auszuüben. Die Beurteilung erfolgt anhand der konkreten Anforderungen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit. Relevant sind körperliche und psychische Einschränkungen. Geregelt im Sozialgesetzbuch VI § 43.

Beispiel: Ein Chirurg kann wegen eines schweren Tremors keine Operationen mehr durchführen und gilt damit als berufsunfähig für seine spezifische Tätigkeit.


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Anwartschaftsversicherung

Eine Versicherungsform, die bestehende Versicherungsansprüche während einer Unterbrechung aufrechterhält. Sie sichert das Recht, später ohne neue Gesundheitsprüfung wieder in den vollen Versicherungsschutz einzusteigen. Wichtig bei vorübergehender Berufsunfähigkeit oder Auslandsaufenthalten. Basiert auf § 204 VVG.

Beispiel: Ein Arzt wird vorübergehend berufsunfähig und schließt eine Anwartschaftsversicherung ab, um bei späterer Genesung wieder in die normale Krankentagegeldversicherung zurückkehren zu können.


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Chronifiziertes Befundbild

Ein dauerhafter, sich verfestigender Krankheitszustand, bei dem trotz Behandlung keine wesentliche Besserung mehr zu erwarten ist. Der Begriff bezeichnet einen lang andauernden oder bleibenden Gesundheitszustand. Relevant für die Beurteilung von Versicherungsansprüchen und weiteren Behandlungsaussichten.

Beispiel: Eine über Jahre bestehende Depression, die trotz verschiedener Therapieversuche keine nachhaltige Besserung zeigt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT (Allgemeine Bedingungen für die Krankentagegeldversicherung): Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für den Eintritt der Berufsunfähigkeit und die damit verbundenen Konsequenzen für das Versicherungsverhältnis. Demnach endet die Versicherung, wenn die versicherte Person auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Im vorliegenden Fall stellte die Beklagte fest, dass der Kläger berufsunfähig ist und kündigte das Versicherungsverhältnis dementsprechend.
  • § 15 Abs. 1 lit. f MB/KT (Allgemeine Bedingungen für die Krankentagegeldversicherung): Hier wird das Recht des Versicherungsnehmers auf die Umwandlung der Krankenversicherung in eine Anwartschaftsversicherung geregelt, wenn die Versicherung wegen Berufsunfähigkeit endet. Der Antrag muss innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit gestellt werden. Der Kläger hatte die Frist nicht eingehalten, was zur Verweigerung der Anwartschaftsversicherung seitens der Beklagten führte.
  • § 22 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Das VVG regelt die Hauptpflichten aus dem Versicherungsvertrag, einschließlich der Informationspflichten des Versicherungsunternehmens. Es verpflichtet die Versicherungsgeber, ihre Versicherungsnehmer über relevante Fristen und Rechte klar und verständlich zu informieren. Im Fall wurde diese Verpflichtung durch die Beklagte in den Schreiben zur Anwartschaftsversicherung thematisiert, aber letztendlich nicht ausreichend erfüllt, was zur Verwirrung beim Kläger führte.
  • § 154 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Vorschrift bezieht sich auf die Auslegung von Erklärungen und Verträgen. Sie beinhaltet die Grundsätze zur Auslegung nicht eindeutiger Vertragsklauseln. Sollte es Unklarheiten bei den Bedingungen zur Anwartschaftsversicherung gegeben haben, könnte dies eine Rolle im Konflikt zwischen dem Kläger und der Beklagten spielen, insbesondere wenn der Kläger die Bedingungen nicht richtig verstanden hat.
  • Art. 25 der EU-Richtlinie 2002/83/EG (Lebensversicherung): Diese Richtlinie zielt darauf ab, die Verfahren für die Informationsweitergabe zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern zu harmonisieren. Sie legt fest, dass Versicherungsnehmer über ihre Rechte und Pflichten umfassend informiert werden müssen. Im konkreten Fall könnte die unzureichende Kommunikation durch die Beklagte als Verstoß gegen diese einschlägigen Vorgaben interpretiert werden, was die rechtlichen Möglichkeiten des Klägers beeinflusst.

Weitere Beiträge zum Thema

  • Krankentagegeld – Rückzahlungspflicht bei Bezug privater Berufsunfähigkeitsrente
    Das Landgericht Offenburg entschied, dass Leistungen aus einer Krankentagegeldversicherung zurückzuzahlen sind, wenn die versicherte Person eine private Berufsunfähigkeitsrente erhält. Im vorliegenden Fall wurde der Versicherungsnehmer zur Rückzahlung von 23.092,76 € nebst Zinsen verurteilt. → → Rückforderung von Krankentagegeld bei Berufsunfähigkeit
  • Rückforderung von Krankentagegeld bei Berufsunfähigkeit
    Die Krankentagegeldversicherung dient als Übergangsversicherung zwischen Arbeitsunfähigkeit und vollständiger Berufsunfähigkeit. Zahlt der Versicherer Krankentagegeld und wird später eine Berufsunfähigkeit festgestellt, kann er die bereits gezahlten Leistungen zurückfordern. → → Rückforderungen bei Krankentagegeld
  • Krankentagegeldversicherung – Beweislast für Berufsunfähigkeit
    Das Oberlandesgericht Koblenz urteilte, dass der Versicherungsnehmer die Beweislast für das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit trägt. Im konkreten Fall wurde die Versicherung zur Zahlung von 59.566,45 € nebst Zinsen verurteilt. → → Beweislastregelungen für Berufsunfähigkeit
  • Übergang von Anwartschaftsversicherung auf Krankentagegeldversicherung bei Wegfall der Berufsunfähigkeit
    Das Landgericht Saarbrücken entschied, dass beim Wegfall der Berufsunfähigkeit die Krankentagegeldversicherung wieder aufleben kann, sofern der Versicherungsnehmer seiner Nachweispflicht nachkommt. → → Regeln zur Wiederherstellung der Krankentagegeldversicherung
  • Krankentagegeldversicherung – Nachweis der Berufsunfähigkeit
    Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main stellte klar, dass der Versicherer die Beendigung des Vertrags wegen Berufsunfähigkeit nur dann erklären kann, wenn ein medizinischer Befund vorliegt, der eine Erwerbsunfähigkeit von mehr als 50% auf nicht absehbare Zeit bestätigt. → → Nachweispflichten bei Berufsunfähigkeitsansprüchen

Das vorliegende Urteil

LG Nürnberg-Fürth – Az.: 8 O 3742/21 – Endurteil vom 26.05.2023


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