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Krankentagegeldversicherung – bei Bezug von Altersruhegeld erlischt Versicherungsfähigkeit

Wer Altersrente bezieht und trotzdem beruflich aktiv bleibt, kann seinen Schutz verlieren – das zeigt ein aktueller Fall. Ein Mann stritt mit seiner privaten Versicherung um den Fortbestand seiner Krankentagegeldpolice nach Rentenbeginn. Das Oberlandesgericht Dresden urteilte nun deutlich: Mit der Rente endet die Versicherung, selbst bei Weiterarbeit. Zugleich bestätigte das Gericht umstrrittene Beitragserhöhungen für rechtens.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 4 U 2394/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Dresden
  • Datum: 30.07.2024
  • Aktenzeichen: 4 U 2394/22
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Private Krankenversicherung

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Versicherter, der den Fortbestand seiner Krankentagegeldversicherung, die Unwirksamkeit von Beitragserhöhungen sowie die Berücksichtigung eines Beitragsstabilisierungsbeitrags geltend machte.
  • Beklagte: Private Krankenversicherung, die die Wirksamkeit der Vertragsbeendigung, die Rechtmäßigkeit der Beitragsanpassungen und die Erfüllung ihrer Pflicht zur Beitragsstabilisierung verteidigte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger war bei der beklagten privaten Krankenversicherung versichert. Nach dem Bezug von Altersrente und Erreichen des 65. Lebensjahres teilte die Beklagte das Ende der Krankentagegeldversicherung mit, wogegen sich der Kläger wandte. Streitpunkte waren zudem die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen und die Berücksichtigung eines Beitragsstabilisierungsbeitrags.
  • Kern des Rechtsstreits: Der Kern des Rechtsstreits lag in der Frage, ob die Krankentagegeldversicherung des Klägers aufgrund von Altersrente und Alter wirksam beendet wurde. Zudem wurde die Rechtmäßigkeit von zwei Beitragserhöhungen und die Erfüllung der Pflicht zur Beitragsstabilisierung durch die Versicherung gerichtlich überprüft.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Oberlandesgericht Dresden hob das erstinstanzliche Urteil, das dem Kläger überwiegend stattgab, auf. Die Klage wurde in allen Punkten abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass die Krankentagegeldversicherung wirksam mit dem Bezug von Altersrente endete, da die Versicherungsbedingungen Vertragsbestandteil wurden. Die beiden angegriffenen Beitragsanpassungen waren formell und materiell rechtmäßig. Es gab auch keinen Anspruch auf einen gesonderten Abzug für die Beitragsstabilisierung, da die Pflicht als erfüllt angesehen wurde.
  • Folgen: Die Klage wurde vollständig abgewiesen, wodurch der Kläger weder Anspruch auf Fortbestand der Versicherung noch auf Krankentagegeld oder Rückzahlung von Beiträgen hat. Er muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Der Fall vor Gericht


OLG Dresden: Private Krankentagegeldversicherung endet bei Rentenbezug trotz Weiterarbeit – Beitragserhöhungen bestätigt

Ein langjähriger Versicherungsnehmer stritt mit seiner privaten Krankenversicherung über die Beendigung seiner Krankentagegeldversicherung und die Rechtmäßigkeit von Beitragserhöhungen.

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Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden entschied nun in zweiter Instanz (Az: 4 U 2394/22, Urteil vom 30.07.2024) zugunsten des Versicherers und wies die Klage des Mannes vollständig ab. Das Gericht bestätigte, dass die Krankentagegeldversicherung wirksam mit dem Bezug von Altersrente endete, auch wenn der Versicherte noch beruflich tätig war. Zudem wurden die beanstandeten Beitragsanpassungen als rechtmäßig eingestuft.

Ausgangslage: Langjähriger Versicherungsvertrag und Streitpunkte um KTG und Beiträge

Der im September 1955 geborene Mann unterhielt seit dem 1. August 1995 verschiedene Verträge bei der beklagten privaten Krankenversicherung, darunter eine Kranken- und eine Krankentagegeldversicherung (Tarife BSS und TG 43 S/150). Grundlage waren sein Antrag von Februar 1995 und ein Angebot des Versicherers vom Mai 1995. Mit dem Versicherungsschein vom Juni 1995 wies der Versicherer auf ein 14-tägiges Widerspruchsrecht hin und listete die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (MB/KT 94, MB/PPV) sowie Tarifbedingungen als Anlagen auf. Ob diese Bedingungen dem Versicherungsnehmer damals tatsächlich zugingen, war später ein Streitpunkt. Zum 1. Januar 2008 wechselte der Mann in einen anderen Tarif.

Ende 2020 und Ende 2021 erhielt der Versicherungsnehmer Schreiben über Beitragsänderungen zum jeweils folgenden Jahresbeginn. Im April 2021 teilte ihm die Versicherung außerdem mit, dass seine Versicherungsfähigkeit in der Krankentagegeldversicherung mit dem Bezug seiner Altersrente ab dem 1. Juli 2021 entfallen würde. Der Mann widersprach dieser Mitteilung. Er argumentierte, er sei trotz des Rentenbezugs weiterhin berufstätig, wenn auch mit einer geringen Rente, und die Versicherung müsse daher fortbestehen.

Kernkonflikt: Fortbestand der Krankentagegeldversicherung und Wirksamkeit von Beitragserhöhungen

Der Versicherungsnehmer zog vor Gericht. Er war der Ansicht, seine Krankentagegeldversicherung bestehe unverändert fort. Er argumentierte, es sei keine wirksame Befristung vereinbart worden, und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Versicherers, insbesondere die Klauseln zur Beendigung, seien nie wirksam Teil seines Vertrages geworden.

Darüber hinaus hielt er die Beitragsanpassungen zum 1. Januar 2021 und 1. Januar 2022 für unwirksam. Er bezweifelte, dass die gesetzlich oder vertraglich vorgeschriebenen Schwellenwerte für Leistungsausgaben (seiner Meinung nach 10%) überschritten worden seien. Er vermutete, die Tarife seien von Anfang an zu niedrig kalkuliert gewesen und warf dem hinzugezogenen mathematischen Treuhänder mangelnde Unabhängigkeit oder unzureichende Informationen vor. Die sachliche und rechnerische Richtigkeit der vom Versicherer vorgelegten Kalkulationsgrundlagen bestritt er ebenfalls.

Ein weiterer Punkt seiner Klage war die Forderung nach Feststellung, dass der Versicherer verpflichtet sei, einen sogenannten Beitragsstabilisierungsbeitrag für das Rentenalter gemäß § 146 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) zu berechnen und von seiner Beitragspflicht abzuziehen. Er behauptete, dies sei nicht geschehen. Schließlich forderte er die Zahlung von Krankentagegeld für eine attestierte Arbeitsunfähigkeit vom 22. November 2021 bis zum 21. Januar 2022 in Höhe von rund 3.400 Euro.

Die private Krankenversicherung wies die Vorwürfe zurück. Sie argumentierte, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere die MB/KT 94, seien wirksam Vertragsbestandteil geworden, auch durch das damals geltende sogenannte Policenmodell nach § 5a Versicherungsvertragsgesetz alter Fassung (VVG a.F.). Gemäß diesen Bedingungen ende die Krankentagegeldversicherung mit dem Bezug der Altersrente. Die Beitragsanpassung zum 1. Januar 2021 sei sowohl formell als auch materiell korrekt erfolgt, die Zustimmung des Treuhänders liege vor. Die Beitragsänderung zum 1. Januar 2022 sei hingegen keine erneute Beitragsanpassung im Sinne des § 203 VVG, sondern lediglich der planmäßige Wegfall einer zeitlich befristeten Beitragsbegrenzung (Limitierungsmaßnahme), über den der Versicherungsnehmer transparent informiert worden sei. Hinsichtlich der Beitragsstabilisierung nach § 146 VAG habe man die Pflichten erfüllt, was ein Vergleich der Beiträge des Mannes mit denen für Neukunden seines Alters belege.

Das Landgericht Dresden gab in erster Instanz überwiegend dem Versicherungsnehmer Recht. Gegen dieses Urteil legten beide Seiten Berufung beim Oberlandesgericht Dresden ein.

Entscheidung des OLG Dresden: Klage vollständig abgewiesen, Versicherung im Recht

Das Oberlandesgericht Dresden (4. Zivilsenat) änderte das erstinstanzliche Urteil grundlegend ab. Es hob das Urteil des Landgerichts auf und wies die Klage des Versicherungsnehmers in vollem Umfang ab. Die Berufung des Versicherungsnehmers wurde zurückgewiesen, während die Berufung der Versicherung erfolgreich war. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits muss der Versicherungsnehmer tragen. Eine Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.

Begründung 1: Krankentagegeldversicherung endete wirksam mit Rentenbezug

Das OLG Dresden sah keinen Anspruch auf Fortbestand der Krankentagegeldversicherung oder auf Zahlung von Krankentagegeld. Die Versicherung endete nach Auffassung des Gerichts automatisch zum 1. Juli 2021. Maßgeblich hierfür sei § 15c der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT 94). Diese Klausel sehe eine Beendigung vor, wenn der Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet hat und Altersrente bezieht.

Die MB/KT 94 wurden nach Ansicht des Gerichts wirksam Vertragsbestandteil. Dabei sei es unerheblich, ob der Versicherungsnehmer die Bedingungen 1995 tatsächlich physisch erhalten habe. Der Vertragsschluss erfolgte damals nach dem Policenmodell gemäß § 5a VVG a.F. Nach dieser Regelung erlischt das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie (§ 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F.). Entscheidend sei, so das OLG unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 17.06.2015 – IV ZR 170/14), dass mit Erlöschen des Widerspruchsrechts die maßgeblichen Versicherungsbedingungen auch dann Vertragsbestandteil werden, wenn sie dem Versicherungsnehmer zuvor nicht übergeben wurden. Für den Versicherungsnehmer sei aus dem Anschreiben von 1995 klar ersichtlich gewesen, dass die Versicherung den Vertrag nur unter Einbeziehung der als Anlagen genannten Bedingungen abschließen wollte.

Die Voraussetzungen für die Beendigung nach § 15c MB/KT 94 lagen vor: Der Mann hatte das 65. Lebensjahr vor dem 1. Juli 2021 vollendet und bezog ab diesem Zeitpunkt Altersrente.

Ein Anspruch auf Fortführung des Vertrages oder Abschluss einer neuen Krankentagegeldversicherung nach § 196 VVG bestehe ebenfalls nicht. Zwar räumt § 196 VVG grundsätzlich ein Recht auf einen Neuabschluss ein, wenn die Versicherung allein wegen Vollendung des 65. Lebensjahres endet. Dieses Recht greife jedoch nicht, wenn die Versicherung aus anderen Gründen endet, wie hier wegen des Bezugs von Altersruhegeld. Der Bezug von Ruhegehalt stelle einen Wegfall der Versicherungsfähigkeit dar und sei ein von der Altersgrenze unabhängiger Beendigungsgrund. Das OLG verwies hierzu auf frühere Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte und eine eigene frühere Entscheidung. § 196 VVG beziehe sich nur auf den rein altersbedingten Endigungsgrund, nicht auf den durch den Rentenbezug bedingten.

Da die Krankentagegeldversicherung somit zum 1. Juli 2021 wirksam beendet war, konnte der Mann weder Krankentagegeld für die spätere Arbeitsunfähigkeit beanspruchen noch die Feststellung des Fortbestands der Versicherung verlangen.

Begründung 2: Keine Pflichtverletzung bei der Beitragsstabilisierung nach § 146 VAG

Auch den Vorwurf, die Versicherung habe ihre Pflicht zur Berücksichtigung eines Beitragsstabilisierungsbeitrags nach § 146 VAG verletzt, wies das Gericht zurück. Der Versicherungsnehmer habe dies nicht ausreichend dargelegt.

Der Umstand, dass in den Mitteilungen über die Beitragsänderungen kein gesonderter Abzugsposten hierfür ausgewiesen war, genüge nicht. Die Versicherung sei nicht verpflichtet, die Kalkulationsgrundlagen der Beitragsstabilisierung offenzulegen oder die Höhe der verwendeten Mittel gesondert mitzuteilen. Eine solche Pflicht ergebe sich nicht aus § 146 VAG. Auch Beitragserhöhungen nach Vollendung des 65. Lebensjahres seien für sich genommen kein Beweis für eine Pflichtverletzung.

Die Versicherung hatte hingegen eine Vergleichsberechnung vorgelegt (Anlage B6). Diese zeigte, dass der tatsächliche Beitrag des Mannes erheblich unter dem Beitrag lag, den ein Neukunde in seinem Alter am 1. Januar 2021 hätte zahlen müssen (rund 1.167 €). Dies begründe, so das Gericht, eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beitragsstabilisierungsmittel tatsächlich wie vorgesehen verwendet wurden. Dieser Vermutung sei der Versicherungsnehmer nicht mit konkreten Fakten entgegengetreten.

Begründung 3: Beitragsänderung zum 01.01.2022 war keine unzulässige Anpassung

Die Erhöhung des Beitrags im Tarif PNW zum 1. Januar 2022 war nach Ansicht des OLG Dresden keine Beitragsanpassung im Sinne des § 203 VVG, die erneut die Zustimmung eines Treuhänders und die Einhaltung bestimmter formeller Anforderungen erfordert hätte.

Vielmehr handelte es sich um die Folge des Wegfalls einer zeitlich befristeten Limitierungsmaßnahme, die nur für das Jahr 2021 galt. Die eigentlich notwendige Beitragserhöhung war bereits zum 1. Januar 2021 fällig gewesen, wurde aber für dieses eine Jahr durch den Einsatz von Mitteln des Versicherers abgemildert (limitiert). Aus den Informationsschreiben der Versicherung vom November 2020 und November 2021 sei für den Versicherungsnehmer klar erkennbar gewesen, dass es sich zum 1. Januar 2022 nicht um eine neue Erhöhung handelte, sondern um das Wirksamwerden des vollen, bereits 2021 kalkulierten Anpassungsbetrags nach Auslaufen der einjährigen Begrenzung.

Begründung 4: Beitragsanpassung zum 01.01.2021 war formell und materiell rechtmäßig

Schließlich prüfte das Gericht die Rechtmäßigkeit der Beitragsanpassung zum 1. Januar 2021 und befand sie sowohl formell als auch materiell für wirksam.

Formelle Rechtmäßigkeit: Die Mitteilung der Versicherung vom November 2020 habe den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt. Sie erklärte den Mechanismus der Schwellenwertüberschreitung (Veränderung von Kosten oder Lebenserwartung, hier 5% bei Leistungsausgaben) und nannte als auslösenden Faktor die gestiegenen Versicherungsleistungen sowie den konkreten Prozentsatz der Veränderung für die betroffenen Tarife. Dies entspreche der Rechtsprechung des BGH, wonach die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren Veränderung die Anpassung auslöst, ausreicht. Die genaue Höhe der Veränderung oder die Berechnungsgrundlage des Schwellenwerts müsse nicht mitgeteilt werden. Der Zweck, dem Versicherten zu verdeutlichen, dass die Erhöhung nicht willkürlich erfolgt, sei erfüllt.

Materielle Rechtmäßigkeit:

  • Schwellenwert: Entgegen der Ansicht des Mannes sei nicht der gesetzliche Schwellenwert von 10% maßgeblich. Die Versicherungsbedingungen (§ 8b MB/KK 94 i.V.m. den Tarifbedingungen) sähen wirksam einen Schwellenwert von 5% vor, was der BGH bereits bestätigt habe (Urteil vom 22.06.2022 – IV ZR 253/20).
  • Treuhänder: Die Unabhängigkeit des Treuhänders sei laut BGH (Urteil vom 19.12.2018 – IV ZR 255/17) von den Zivilgerichten in einem Prozess über die Prämienanpassung nicht gesondert zu überprüfen. Auch der pauschale Einwand, dem Treuhänder hätten unvollständige Unterlagen vorgelegen, sei unbeachtlich. Die gerichtliche Prüfung beschränke sich auf die Unterlagen, die dem Treuhänder tatsächlich zur Prüfung vorgelegt wurden. Die Zustimmungserklärungen des Treuhänders lagen vor.
  • Kalkulation: Die Versicherung habe ihre Darlegungslast zur materiellen Richtigkeit durch Vorlage der Kalkulationsgrundlagen und der Korrespondenz mit dem Treuhänder erfüllt. Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger habe in seinem Gutachten und einer ergänzenden Stellungnahme die Neukalkulation der Prämien als korrekt bestätigt. Aus versicherungsmathematischer Sicht seien keine Fehler bei den auslösenden Faktoren oder der Kalkulation festzustellen gewesen. Die Höhe der Anpassung stehe im Einklang mit aktuariellen Grundsätzen, und auch die Anrechnung der Altersrückstellung sei korrekt erfolgt.
  • Einwände des Versicherungsnehmers: Die Argumente des Mannes, dass allgemeine Gesundheitskosten weniger gestiegen seien oder die Beiträge von Anfang an zu niedrig kalkuliert waren (was er aus der Gesamterhöhung über 27 Jahre und der Regelmäßigkeit der Anpassungen ableitete), wurden als nicht stichhaltig oder irrelevant zurückgewiesen. Maßgeblich seien die spezifischen Leistungsausgaben der Versicherung. Eine hohe Gesamterhöhung über einen langen Zeitraum oder regelmäßige Anpassungen seien angesichts von Inflation und medizinischem Fortschritt kein Beweis für eine fehlerhafte Anfangskalkulation.
  • Limitierungsmaßnahmen: Auch die vom Versicherer eingesetzten Limitierungsmaßnahmen (z.B. Einsatz von Mitteln aus der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zur Abmilderung der Erhöhung) seien Teil der Prämienberechnung und vom Gericht zu überprüfen. Da der Sachverständige die Nachkalkulation insgesamt nicht beanstandet hatte, sah das Gericht auch hier keine unzulässige Beeinträchtigung der Interessen des Versicherungsnehmers.

Zusammenfassend kam das OLG Dresden zu dem Schluss, dass keiner der vom Versicherungsnehmer geltend gemachten Ansprüche bestand. Die Krankentagegeldversicherung war wirksam beendet worden, und die angegriffenen Beitragsänderungen waren rechtmäßig.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil des OLG Dresden zeigt, dass eine private Krankentagegeldversicherung automatisch endet, wenn der Versicherte Altersrente bezieht, auch wenn er weiterhin berufstätig ist – dies gilt als eigener Beendigungsgrund unabhängig vom Alter. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen werden nach dem früheren Policenmodell auch dann wirksamer Vertragsbestandteil, wenn sie dem Versicherten nicht nachweislich übergeben wurden. Für Versicherte bedeutet dies, dass sie beim Übergang in den Rentenbezug unbedingt ihre Versicherungssituation prüfen sollten, da ein paralleles Weiterarbeiten allein den Versicherungsschutz nicht erhält.

Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Warum kann der Bezug von Altersrente die Krankentagegeldversicherung beenden?

Die Krankentagegeldversicherung hat in erster Linie den Zweck, Ihr Arbeitseinkommen zu ersetzen, wenn Sie wegen Krankheit nicht arbeiten können und dadurch einen Verdienstausfall erleiden. Stellen Sie sich vor, Sie sind angestellt oder selbstständig und erhalten im Krankheitsfall nach einer bestimmten Zeit kein Gehalt oder keinen Gewinn mehr – genau diesen finanziellen Verlust soll das Krankentagegeld ausgleichen.

Wenn Sie jedoch in Altersrente gehen, beenden Sie in der Regel Ihr aktives Arbeitsleben. Sie beziehen fortan Ihre Rente anstelle eines Arbeitslohns oder Geschäftsgewinns. Ab diesem Zeitpunkt haben Sie kein Arbeitseinkommen mehr, das im Krankheitsfall wegfallen könnte.

Da die Krankentagegeldversicherung an die Absicherung eben dieses Arbeitseinkommens geknüpft ist, ändert sich mit dem Beginn des Rentenbezugs die Grundlage der Versicherung. Für die Versicherung besteht dann oft kein „Risiko“ mehr in dem Sinne, dass sie einen Verdienstausfall durch Arbeitsunfähigkeit ausgleichen müsste, weil ja kein Verdienst aus Arbeit mehr erzielt wird, der ausfallen könnte.

Der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand wird von vielen Versicherungsverträgen als ein Zeitpunkt betrachtet, an dem die ursprüngliche Notwendigkeit und der Zweck der Krankentagegeldversicherung entfallen.

Die genauen Bedingungen und der Zeitpunkt, wann die Krankentagegeldversicherung endet (oft mit dem Beginn der Altersrente), sind in Ihrem individuellen Versicherungsvertrag und den dazugehörigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) festgelegt. Es ist wichtig, diese Dokumente zu prüfen, da sie die vertragliche Grundlage für die Beendigung der Versicherung bilden.


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Welche Rolle spielen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) beim Fortbestand einer Krankentagegeldversicherung?

Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen, kurz AVB, sind ein sehr wichtiger Teil Ihres Versicherungsvertrages. Sie sind gewissermaßen das Kleingedruckte, aber rechtlich bindend. Stellen Sie sich die AVB wie die Spielregeln vor, die sowohl für Sie als Versicherungsnehmer als auch für das Versicherungsunternehmen gelten. Sie legen fest, welche Rechte und Pflichten jede Seite hat.

Für Ihre Krankentagegeldversicherung bedeuten die AVB konkret:

  • Sie bestimmen zum Beispiel, wann genau ein Anspruch auf Krankentagegeld besteht und wie lange gezahlt wird.
  • Wichtig ist auch, dass die AVB regeln, unter welchen Umständen der Versicherungsvertrag enden kann. Dazu können auch Klauseln gehören, die sich auf das Erreichen eines bestimmten Alters oder den Eintritt in den Ruhestand beziehen. Solche Regelungen sind nicht im Gesetz festgelegt, sondern werden im Vertrag durch die AVB bestimmt.

Damit die AVB wirksam werden und für Ihren Vertrag gelten, müssen sie korrekt in den Vertrag einbezogen werden. Das geschieht in der Regel dadurch, dass Ihnen die AVB beim Abschluss der Versicherung ausgehändigt oder zusammen mit dem Versicherungsschein zugesandt werden. Der Versicherungsschein verweist dann meist ausdrücklich auf die beigefügten AVB als Vertragsbestandteil. Wenn Sie also einen Krankentagegeldvertrag abschließen oder haben, ist es entscheidend, die zugehörigen AVB zu kennen und zu verstehen. Sie sind die Grundlage für den gesamten Vertrag und regeln dessen Fortbestand.


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Was bedeutet das „Policenmodell“ nach § 5a VVG a.F. und wie wirkt es sich auf die Einbeziehung der AVB aus?

Das sogenannte Policenmodell war eine besondere Regelung im deutschen Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in seiner alten Fassung (a.F.), die für viele vor 2008 abgeschlossene Versicherungsverträge relevant ist. Es beeinflusste maßgeblich, ob die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) – das Kleingedruckte mit den genauen Regeln des Vertrags – wirksam in den Vertrag einbezogen wurden.

Wie funktionierte das Policenmodell?

Normalerweise werden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) in einem Vertrag nur wirksam, wenn der Kunde vor oder bei Vertragsabschluss ausdrücklich auf sie hingewiesen wird und die Möglichkeit hat, ihren Inhalt zur Kenntnis zu nehmen. Das Policenmodell nach dem alten § 5a VVG war hier eine Ausnahme für Versicherungen.

Nach dieser alten Regel reichte es unter bestimmten Umständen aus, wenn der Versicherer dem Kunden die Vertragspolice (die Urkunde über den Versicherungsvertrag) zusandte und darin darauf hinwies, dass die AVB Bestandteil des Vertrags seien und dieser nach ihrem Inhalt bestehe. Die AVB mussten also nicht zwingend schon bei der Antragstellung übergeben worden sein. Es genügte, dass der Versicherer dem Kunden die Police zusandte und in der Police oder im Antrag auf die Geltung der AVB verwies und erklärte, dass sie mit der Police versandt werden oder versandt worden seien.

Welche Voraussetzungen gab es?

Damit die AVB nach dem Policenmodell wirksam in den Vertrag einbezogen waren, mussten vor allem formelle Voraussetzungen erfüllt sein, die im alten § 5a VVG standen:

  • Der Versicherungsantrag musste den Kunden auf die Geltung der AVB hinweisen und erklären, dass diese ihm mit der Police zugesandt werden.
  • Die Versicherungspolice selbst musste einen Hinweis auf die AVB enthalten und bestätigen, dass der Vertrag nach deren Inhalt geschlossen wurde.

Es war nicht unbedingt nötig, dass die AVB der Police tatsächlich physisch beigelegt waren, solange der Versicherer den Zugang der Police mit dem entsprechenden Hinweis beweisen konnte. Dies war der entscheidende Unterschied zur allgemeinen Regelung im AGB-Recht und machte die Einbeziehung der AVB für Versicherer einfacher.

Wer musste was beweisen?

Die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des Policenmodells erfüllt waren (insbesondere die Zusendung der Police mit dem notwendigen Hinweis und Verweis), lag beim Versicherer. Er musste also im Streitfall nachweisen, dass er die Police in der vorgeschriebenen Form an den Kunden geschickt hatte.

Warum ist das heute noch wichtig?

Das Policenmodell nach dem alten § 5a VVG wurde 2008 abgeschafft. Für neuere Verträge gelten strengere Regeln zur Einbeziehung von AGB. Das Policenmodell ist jedoch immer noch bedeutsam für die Beurteilung von Versicherungsverträgen, die vor der Gesetzesänderung (also vor 2008) abgeschlossen wurden. Wenn Sie einen solchen älteren Vertrag haben, kann die Frage, ob die AVB damals nach dem Policenmodell wirksam Vertragsbestandteil geworden sind, für Ihre Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag entscheidend sein.


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Können Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung angefochten werden?

Ja, Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) können unter bestimmten Voraussetzungen unwirksam sein. Sie sind nicht automatisch rechtmäßig, nur weil der Versicherer sie ankündigt. Für eine wirksame Beitragserhöhung muss der Versicherer strenge gesetzliche Regeln einhalten.

Warum ändern sich die Beiträge?

Die Beiträge in der PKV werden nicht einfach willkürlich angepasst. Die gesetzliche Grundlage sieht vor, dass Beiträge erhöht werden dürfen, wenn sich die Ausgaben für Gesundheitsleistungen oder die Sterblichkeit (Morbidiät) in einer Tarifgemeinschaft ändern. Man spricht hier von einem „Auslöser“ oder „Schwellenwert“ für eine Beitragsanpassung. Wenn die tatsächlichen Kosten oder die Lebenserwartung von den ursprünglichen Kalkulationen abweichen, kann eine Anpassung nötig werden, um die dauerhafte Finanzierbarkeit des Tarifs sicherzustellen.

Welche Anforderungen muss der Versicherer erfüllen?

Eine Beitragserhöhung wird nur wirksam, wenn der Versicherer sowohl formelle als auch materielle Vorgaben beachtet.

  • Formelle Anforderungen: Die Mitteilung über die Beitragserhöhung muss klar und verständlich sein. Sie muss die konkrete Erhöhung benennen und die Gründe dafür darlegen. Es muss deutlich werden, welche Faktoren zur Anpassung geführt haben und in welchem Umfang sich die Beitragslast ändert.
  • Materielle Anforderungen: Die Erhöhung muss auf einer korrekten Berechnung basieren, die sich an den gesetzlich zulässigen Auslösern orientiert. Ein entscheidender Punkt ist die Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders. Dieser Treuhänder prüft, ob die vom Versicherer geplante Anpassung den gesetzlichen und versicherungsmathematischen Regeln entspricht und ob die Berechnung korrekt ist. Erst nach seiner Zustimmung darf der Versicherer die Anpassung vornehmen und mitteilen.

Wenn diese formalen oder materiellen Anforderungen nicht erfüllt sind, ist die Beitragserhöhung unwirksam.

Was bedeutet eine unwirksame Beitragserhöhung?

Ist eine Beitragserhöhung unwirksam, hat sie keine rechtliche Wirkung. Das bedeutet, der Versicherungsnehmer ist nicht verpflichtet, den erhöhten Beitrag zu zahlen. Stattdessen gilt weiterhin der alte Beitrag.

Wenn Sie bereits erhöhte Beiträge unter einer unwirksamen Anpassung gezahlt haben, haben Sie grundsätzlich einen Anspruch darauf, die zu viel gezahlten Beträge zurückzufordern.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Wirksamkeit einer Beitragserhöhung von der Einhaltung dieser spezifischen Regeln durch den Versicherer abhängt. Eine fehlende Begründung, eine unklare Mitteilung oder das Fehlen der Zustimmung des Treuhänders können eine Erhöhung rechtlich unwirksam machen.


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Was ist ein Beitragsstabilisierungsbeitrag für das Rentenalter und unter welchen Voraussetzungen kann er beansprucht werden?

Ein Beitragsstabilisierungsbeitrag ist ein spezieller Teil Ihres Beitrags zur privaten Krankenversicherung (PKV). Stellen Sie sich vor, ein kleiner Teil Ihres monatlichen Beitrags wird nicht sofort für aktuelle Leistungen verwendet, sondern gesondert angespart. Dieser angesparte Betrag bildet eine Art „Rücklage“, die später dazu dienen soll, die steigenden Kosten für Gesundheitsleistungen im Alter abzufedern.

Das Ziel ist es, die Beiträge im Rentenalter stabiler zu halten und größere Sprünge bei den Kosten zu vermeiden, die typischerweise auftreten, wenn man älter wird und tendenziell mehr medizinische Leistungen benötigt.

Die Möglichkeit, einen solchen Beitragsanteil anzusparen, basiert auf gesetzlichen Regelungen. Eine wichtige Grundlage dafür findet sich im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), speziell in § 146 VAG. Dieser Paragraph erlaubt den Versicherungsunternehmen, neben den üblichen Alterungsrückstellungen, die jeder PKV-Versicherte bildet, zusätzliche Mittel anzusparen. Diese zusätzlichen Mittel sind genau für den Zweck der Beitragsstabilisierung im Alter vorgesehen.

Ob Sie persönlich von einem solchen Beitragsstabilisierungsbeitrag profitieren, hängt von Ihrem individuellen Versicherungsvertrag ab. Die Voraussetzungen, unter denen ein solcher Beitrag erhoben und später zur Beitragssenkung oder -stabilisierung im Alter verwendet wird, sind im jeweiligen Versicherungstarif geregelt. Nicht jeder PKV-Tarif sieht die Bildung eines solchen speziellen Beitragsanteils vor.

Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet das:

  • Es muss ein Tarif vereinbart sein, der die Ansparung eines Beitragsstabilisierungsbeitrags vorsieht.
  • Das angesparte Kapital aus diesem Beitrag wird vom Versicherungsunternehmen verwaltet.
  • Dieses Kapital kann dann im Alter dazu eingesetzt werden, Ihren Beitrag niedriger zu halten, als er ohne diesen Mechanismus wäre.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Sie diesen Beitrag nicht aktiv „beanspruchen“ müssen wie eine Leistung. Vielmehr berechnet und verwendet das Versicherungsunternehmen diesen Beitragsanteil gemäß den vertraglichen Vereinbarungen in Ihrem Tarif und den gesetzlichen Vorgaben (§ 146 VAG), um Ihre Beiträge im Rentenalter zu stabilisieren. Die Wirkung zeigt sich darin, dass Ihre künftigen Beiträge im Alter durch die Verwendung der angesparten Mittel aus diesem Beitrag geringer ausfallen, als sie ohne diese Rücklage wären. Es handelt sich also um eine langfristige Entlastung.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB)

Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sind ein wesentlicher Bestandteil des Versicherungsvertrags und regeln die Rechte und Pflichten von Versicherer und Versicherungsnehmer. Sie legen fest, unter welchen Umständen der Versicherungsschutz besteht, wie lange er gilt und wann der Vertrag endet. Die AVB sind insbesondere wichtig, um zu verstehen, ob und wie eine Krankentagegeldversicherung endet, zum Beispiel bei Bezug von Altersrente. Sie müssen wirksam in den Vertrag einbezogen werden, damit sie gelten – etwa durch Aushändigung oder ausdrücklichen Verweis im Versicherungsschein.

Beispiel: Wenn in den AVB steht, dass die Krankentagegeldversicherung mit Rentenbeginn endet, ist diese Regelung für den Vertrag bindend, sofern die AVB wirksam Teil des Vertrags sind.


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Policenmodell nach § 5a Versicherungsvertragsgesetz alte Fassung (VVG a.F.)

Das Policenmodell war eine Regelung für ältere Versicherungsverträge (vor 2008), die den Einbezug der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) erleichtert hat. Dabei reicht es aus, wenn der Versicherer dem Kunden eine sogenannte Police (Urkunde über den Versicherungsvertrag) zusendet, die darauf hinweist, dass die AVB Vertragsinhalt sind – eine vorherige persönliche Aushändigung der AVB ist nicht zwingend erforderlich. Dadurch werden die AVB auch dann Vertragsbestandteil, wenn der Kunde sie nicht unmittelbar bei Antragstellung erhalten hat. Die Beweislast für die richtige Anwendung liegt beim Versicherer.

Beispiel: Ein Kunde schließt 1995 eine Krankentagegeldversicherung ab und bekommt erst später die Police, die auf die AVB verweist. Nach dem Policenmodell sind die AVB trotzdem gültig Vertragsbestandteil.


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Schwellenwert für Beitragsanpassung (§ 203 VVG, Tarifbedingungen)

Der Schwellenwert ist der festgelegte Grenzwert, ab dem eine Beitragserhöhung in der privaten Krankenversicherung zulässig ist. Er bemisst sich an der prozentualen Veränderung der versicherungstechnischen Größen wie Kosten für Leistungen oder Sterblichkeit. In den Tarifbedingungen kann ein Schwellenwert von beispielsweise 5 % vorgesehen sein, der vom BGH als wirksam anerkannt wurde. Erst wenn der Schwellenwert überschritten wird, darf die Versicherung die Beiträge erhöhen – dabei müssen die Gründe klar mitgeteilt werden und die Berechnung muss nachvollziehbar sein.

Beispiel: Wenn die Leistungsausgaben in einem Tarif um 6 % gegenüber der letzten Kalkulation steigen und der Schwellenwert 5 % beträgt, kann der Versicherer den Beitrag erhöhen.


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Beitragsstabilisierungsbeitrag gemäß § 146 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)

Der Beitragsstabilisierungsbeitrag ist ein spezieller Teil der Beiträge in der privaten Krankenversicherung, der angespart wird, um die Beiträge im Rentenalter stabil oder niedriger zu halten. Nach § 146 VAG dürfen Versicherer solche Mittel zusätzlich zu den regulären Rückstellungen bilden. Das angesparte Geld wird im Alter verwendet, um Beitragsschwankungen abzufedern und plötzliche hohe Erhöhungen zu vermeiden. Anspruch auf einen Abzug oder gesonderte Offenlegung dieses Beitrags haben Versicherte nur, wenn dies vertraglich vereinbart ist; gesetzliche Offenlegungspflichten bestehen nicht.

Beispiel: Ein Versicherter zahlt monatlich einen kleinen Zusatzbeitrag, der angespart wird, damit seine Krankenversicherungsbeiträge nach Rentenbeginn nicht sprunghaft steigen.


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Befristete Limitierungsmaßnahme (Beitragsbegrenzung)

Eine befristete Limitierungsmaßnahme ist eine vertragliche oder tarifliche Regelung, bei der eine Beitragserhöhung für eine bestimmte Zeit eingeschränkt oder abgefangen wird, um eine abrupte Erhöhung zu mildern. Nach Ablauf dieser Befristung entfällt die Begrenzung, und es wird der volle kalkulierte Beitrag fällig. Diese Maßnahme ist keine neue Beitragsanpassung im Sinne des § 203 VVG, sondern die planmäßige Freigabe eines bereits vorher festgelegten Beitragsniveaus, über das der Versicherte vorab informiert werden muss.

Beispiel: Die Versicherung erhöht den Beitrag zum 1. Januar 2021 nur teilweise und begrenzt ihn für ein Jahr, um die Erhöhung abzufedern. Zum 1. Januar 2022 entfällt diese Begrenzung, und der volle Beitrag wird verlangt – ohne dass dies eine neue Erhöhung darstellt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 5a Versicherungsvertragsgesetz a.F. (VVG a.F.): Dieses Gesetz regelte das sogenannte Policenmodell, nach dem die Versicherungsbedingungen auch dann Vertragsbestandteil werden, wenn der Versicherungsnehmer sie nicht ausdrücklich erhalten hat, sobald das Widerspruchsrecht erloschen ist. Das Widerspruchsrecht endet ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie, wodurch der Vertrag mit den Bedingungen wirksam zustande kommt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG stellte fest, dass die MB/KT 94 wirksamer Vertragsbestandteil waren, obwohl der Versicherungsnehmer diese möglicherweise nie explizit erhalten hatte, da sein Widerspruchsrecht längst erloschen war.
  • § 15c Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT 94): Diese Vertragsklausel bestimmt, dass die Krankentagegeldversicherung endet, wenn der Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet hat und Altersrente bezieht. Ein Rentenbezug begründet damit einen eigenständigen Beendigungsgrund unabhängig von der Altersgrenze. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Versicherungsvertrag endete wirksam zum 1. Juli 2021, weil der Mann das 65. Lebensjahr vollendet hatte und Altersrente bezog, unabhängig von seiner weiterhin ausgeübten Tätigkeit.
  • § 196 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Diese Vorschrift gewährt dem Versicherungsnehmer bei altersbedingter Beendigung der Krankentagegeldversicherung einen Anspruch auf Neuabschluss einer Versicherung. Der Schutz greift jedoch nur bei Beendigungen, die allein wegen Erreichens der Altersgrenze erfolgen, und nicht bei Beendigungen aufgrund des Bezugs von Altersrente. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG stellte fest, dass der Anspruch auf Neuabschluss nicht greift, da die Versicherung wegen des Rentenbezugs und nicht wegen des Alters endete.
  • § 203 VVG in Verbindung mit § 8b MB/KK 94: Diese Regelungen betreffen die Voraussetzungen und das Verfahren für Beitragsanpassungen bei privaten Krankenversicherungen. Insbesondere ist eine formelle Mitteilung und meist die Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders erforderlich, wobei Schwellenwerte für Kostenänderungen als Anpassungsgrundlage dienen. | Bedeutung im vorliegenden Fall:** Das OLG erklärte die Beitragsanpassung zum 1. Januar 2021 als formell und materiell rechtmäßig und bewertete die Anpassung zum 1. Januar 2022 nicht als neue Anpassung, sondern als Wirksamwerden eines bereits kalkulierten Beitrags nach einer Limitierungsmaßnahme.
  • § 146 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG): Diese Vorschrift verlangt von Versicherern, Beitragsstabilisierungsmittel zur Vermeidung übermäßiger Beitragserhöhungen insbesondere im Rentenalter zu berücksichtigen. Dabei besteht keine Pflicht zur Offenlegung der genauen Kalkulationsgrundlagen gegenüber dem Versicherungsnehmer. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sah keine Pflichtverletzung bei der Beitragsstabilisierung, da der Versicherer ausreichende Vergleichsberechnungen vorgelegt hatte und keine konkreten Gegenbeweise seitens des Versicherungsnehmers vorlagen.
  • Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), insbesondere IV ZR 170/14, IV ZR 253/20 und IV ZR 255/17: Der BGH hat klargestellt, dass Bedingungen nach Ablauf des Widerspruchsrechts Vertragsbestandteil sind, dass wirksame Schwellenwerte bei Beitragsanpassungen auch unter 10% liegen können und dass die Unabhängigkeit des Treuhänders nicht im Zivilverfahren im Detail überprüft wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG bezog sich vielfach auf diese Urteile zur Bestätigung der Wirksamkeit der Vertragsbedingungen, der Schwellenwerte für Beitragsanpassungen und der Unabhängigkeit des Treuhänders, um die Klage abzuweisen.

Das vorliegende Urteil


LG Dresden – Az: 4 U 2394/22 – Urteil vom 30.07.2024


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