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Krankenhaustagegeldversicherung – Leistungsverweigerung fehlende schriftliche Leistungszusage

AG Bad Segeberg – Az.: 17 C 240/11 – Urteil vom 23.08.2012

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf 736,20 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Zahlung aus einer Krankenhaustagegeldversicherung.

Zwischen den Parteien besteht ein privater Krankenhaustagegeldversicherungsvertrag zu der Nr. …. Versicherte Person ist der Sohn der Klägerin, Herr …. Nach dem Vertrag ist ein Krankenhaustagegeld in Höhe von täglich 40,90 € bei dem Beklagten versichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung des Beklagten zugrunde. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

„…

§ 1

Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes

Teil I (MB/KK)

(1) …

(2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. …

§ 4

Umfang der Leistungspflicht

Teil I (MB/KK)

(1) …

(4) Bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung hat die versicherte Person freie Wahl unter den öffentlichen und privaten Krankenhäusern, die unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und Krankengeschichten führen.

(5) Für medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung in Krankenanstalten, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlung durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen, im Übrigen aber die Voraussetzungen von Abs. 4 erfüllen, werden die tariflichen Leistungen nur dann gewährt, wenn der Versicherer diese vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat. …

§ 5

Einschränkung der Leistungspflicht

Teil I (MB/KK)

(1) Keine Leistungspflicht besteht

a) …

d) für Kur- und Sanatoriumsbehandlung sowie für Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger, wenn der Tarif nichts anderes vorsieht;

…“.

Wegen der weitern Einzelheiten über den Inhalt der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung des Beklagten wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage K 2, Bl. 6-13 d.A.).

Bei dem Sohn der Klägerin musste eine Herzoperation durchgeführt werden. Zu diesem Zweck wollte sich der Sohn der Klägerin in die … Kliniken begeben. Am 14.03.2011 wandte sich die Klägerin telefonisch an den Beklagten und bat um eine schriftliche Leistungszusage. Der genaue Inhalt des zwischen der Klägerin und einer Mitarbeiterin des Beklagten, der Zeugin …, geführten Telefonats ist zwischen den Parteien streitig. Zu diesem Zeitpunkt war ein weiterer Rechtsstreit zwischen den Parteien vor dem Amtsgericht Bad Segeberg (Az.: …) anhängig, in welchem die Parteien über die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung aus der streitgegenständlichen Krankenhaustagegeldversicherung für einen vorangegangenen Zeitraum sowie über die Notwendigkeit einer vorherigen schriftlichen Leistungszusage durch den Beklagten stritten.

Mit Schreiben vom 15.03.2011 erteilte der Beklagte der Klägerin eine Kostenzusage. Das Schreiben vom 15.03.2011 lautet auszugsweise wie folgt:

„…

Ihr Krankenversicherungsvertrag

Stationäre Behandlung in den … Kliniken ab dem 15.03.2011 für Ihren Sohn …

Kardiologische Akutdiagnostik

Sehr geehrte Frau …,

Sie beantragen Tarifleistungen für die o. g. stationäre Behandlung in einer „gemischten Krankenanstalt“, siehe unten. Für die geplante stationäre Behandlung können wir Ihnen hiermit die erforderliche Kostenzusage für die gesamte Dauer der geplanten medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung geben. …

Bitte beachten Sie folgende wichtige Hinweise:

Bei einer „gemischten Krankenanstalt“ handelt es sich um eine Klinik, in der neben Krankenhausbehandlungen auch Kur- und Sanatoriumsbehandlungen durchgeführt oder Rekonvaleszenten aufgenommen werden. Bedingungsgemäß haben Sie nur dann Anspruch auf Tarifleistungen, wenn Sie vor Behandlungsbeginn unsere schriftliche Leistungszusage erhalten. Beginnen Sie die Behandlung ohne unsere vorherige schriftliche Leistungszusage, entfällt Ihr Anspruch auf Versicherungsleistungen.

…“

Wegen der weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Schreibens des Beklagten vom 15.03.2011 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 3, Bl. 14 d.A.).

Der Sohn der Klägerin befand sich vom 15.03.2011 bis zum 01.04.2011 auf der Station „Herzchirurgie KP“ und sodann bis zum 19.04.2011 auf der Station „Kardiologie AHB“ der … Kliniken.

Am 27.04.2011 reichte die Klägerin bei dem Beklagten zwei Bescheinigungen über die vorgenannten Aufenthalte ein. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt der Bescheinigungen wird auf die zur Akte gereichten Kopien Bezug genommen (Anlagenkonvolut B 2, Bl. 48, 49 d.A.).

Der Beklagte rechnete in der Folgezeit Krankenhaustagegeld für den Zeitraum 15.03.2011 bis 01.04.2011 ab und zahlte dieses an die Klägerin. Für den Zeitraum vom 02.04.2011 bis 19.04.2011 lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 11.05.2011 eine Zahlung von Krankenhaustagegeld ab.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung eines weiteren Krankenhaustagegeldes für den Zeitraum vom 02.04.2011 bis 19.04.2011 in Höhe von insgesamt 736,30 € (18 x 40,90 €). Ferner begehrt sie die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts bis zu 800,00 € sowie einer 1,3-Geschäftsgebühr in Höhe von 84,50 € zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 16,90 € sowie Umsatzsteuer in Höhe von 19,27 €, insgesamt also 120,67 €.

Sie behauptet, in dem Telefonat am 14.03.2011 sei sie nicht darauf hingewiesen worden, dass eine Leistungszusage nur für die Akutbehandlung erfolgen könne und sich diese auch nur hierauf bezöge. Sie meint, aus der schriftlich von dem Beklagten mit Schreiben vom 15.03.2011 erteilten Leistungszusage ergebe sich eine solche für die gesamte Dauer des stationären Aufenthaltes und damit auch für den streitgegenständlichen Zeitraum. Sie behauptet, dass die stationäre Heilbehandlung für den gesamten Zeitraum, also auch vom 02.04.2011 bis 19.04.2011, medizinisch notwendig gewesen sei, die Maßnahmen hätten insbesondere nicht ambulant erbracht werden können (Beweis: Zeugnis der behandelnden Kardiologen; Sachverständigengutachten). Sie meint, dass die Regelung in § 4 Abs. 5 MB/KK als überraschende Klausel i.S. des § 305c Abs. 1 BGB unwirksam sei.

Sie beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 736,20 € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2011 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 120,67 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Zeugin … habe der Klägerin mitgeteilt, dass eine Leistungszusage nur erfolgen könne, wenn es sich um eine Akutbehandlung handele und die Leistungszusage auch nur für eine solche gelte. Weiter habe die Zeugin … der Klägerin mitgeteilt, dass dann, wenn die Klägerin für etwaige weitere Behandlungen Kosten geltend machen wolle, sie erneut eine vorherige schriftliche Leistungszusage einholen müsse. Die Klägerin habe daraufhin den Umstand einer Akutbehandlung bejaht (Beweis: Zeugnis der Frau …). Er behauptet, bei den von dem Sohn der Klägerin aufgesuchten … Kliniken würden auch Kuren durchgeführt und/oder Rekonvaleszenten aufgenommen, weshalb es sich um eine „gemischte Krankenanstalt“ handele (Beweis: Sachverständigengutachten). Dies ergebe sich auch aus der Selbstdarstellung der … Kliniken. Weiter behauptet er, bei der Behandlung des Sohnes der Klägerin in dem Zeitraum vom 02.04.2011 bis 19.04.2011 habe es sich um eine Kur- und Sanatoriumsbehandlung oder Rehabilitationsmaßnahme i.S. des § 5 Abs. 1 lit. d MB/KK gehandelt, nämlich um eine Anschlussheilbehandlung, für die der Kostenträger der gesetzlichen Rehabilitationsträger, die Deutsche Rentenversicherung, gewesen sei (Beweis: Sachverständigengutachten).

Das Gericht hat die Klägerin persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 09.08.2012 Bezug genommen (Bl. 129 d.A.).

Entscheidungsgründe

I.

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht gemäß § 215 Abs. 1 VVG örtlich zuständig (s. hierzu im Einzelnen AG Bad Segeberg, Urt. v. 29.12.2011 – 17 C 294/10, NJW-RR 2012, 608 f.).

2. Die Klage bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus dem unstreitig zwischen den Parteien zustande gekommenen Krankenhaustagegeldversicherungsvertrag kein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 736,20 € für den stationären Aufenthalt des Herrn … den Zeitraum vom 02.04.2011 bis 19.04.2011 betreffend zu. Zugunsten der Klägerin kann dabei – ohne dass es einer Beweiserhebung hierzu bedarf – unterstellt werden, dass es sich bei dem Aufenthalt des Herrn … in dem streitgegenständlichen Zeitraum um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung i.S. des § 1 Abs. 2 MB/KK gehandelt hat. Denn einem etwaigen Leistungsanspruch der Klägerin steht § 4 Abs. 5 MB/KK entgegen.

a. Bei den … Kliniken handelt es sich um eine Krankenanstalt, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchführt. Allerdings ist der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass es sich bei den … Kliniken um eine „gemischte Krankenanstalt“ handelt, also auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchgeführt oder Rekonvaleszenten aufgenommen werden (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 02.03.2006 – 12 U 244/05, VersR 2006, 1203, juris Rn. 13). Jedenfalls zu der Durchführung von Kuren und Sanatoriumsaufenthalten hat der Beklagte jedoch unter Bezugnahme auf den Internetauftritt der … Kliniken substantiiert dazu vorgetragen, dass es sich um eine „gemischte Krankenanstalt“ handelt (vgl. zur Abgrenzung zwischen stationären Heilbehandlungen von Kur- oder Sanatoriumsbehandlungen BGH, Urt. v. 05.07.1995 – IV ZR 320/94, NJW 1995, 3057, juris Rn. 9-11; OLG Karlsruhe, Urt. v. 02.03.2006 – 12 U 244/05, VersR 2006, 1203, juris Rn. 14; KG, Urt. v. 11.03.2003 – 6 U 171/01, RuS 2004, 244, juris Rn. 37; LG Duisburg, Urt. v. 02.10.2008 – 12 S 51/08, juris Rn. 6). Dem ist die Klägerin auch auf den dahingehenden gerichtlichen Hinweis vom 15.02.2012 nicht mehr hinreichend entgegengetreten. Bei dieser Sachlage ist der Sachvortrag der Beklagten ohne weitere Beweisaufnahme der Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 20.01.2012 – 20 U 148/11, juris; OLG Karlsruhe, Urt. v. 02.03.2006 – 12 U 244/05, VersR 2006, 1203, juris Rn. 17; OLG Koblenz, Beschl. v. 21.06.2007 – 10 U 1143/06, VersR 2008, 108 f.; LG Duisburg, Urt. v. 02.10.2008 – 12 S 51/08, juris Rn. 7 f.; LG Kiel, Urt. v. 15.05.2012 – 10 S 53/10, S. 3 f.; vgl. zur Bedeutung der Selbstdarstellung der Klinik auch KG, Urt. v. 11.03.2003 – 6 U 171/01, RuS 2004, 244, juris Rn. 36 f.). Im Übrigen ist dem Gericht – worauf es ebenfalls mit Schreiben vom 15.02.2012 hingewiesen hat – aus zahlreichen Betreuungsverfahren gerade in dem betreffenden Leistungszeitraum bekannt, dass in den … Kliniken auch Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden. Auch im Hinblick hierauf ist die Klägerin dem substantiierten Vorbringen der Beklagten nicht hinreichend entgegengetreten. Vielmehr hat die Klägerin ihrem Schriftsatz vom 31.05.2012 selbst zugrunde gelegt, dass es sich bei den … Kliniken um eine „gemischte Krankenanstalt“ handelt.

b. Gemäß § 4 Abs. 5 MB/KK besteht ein Leistungsanspruch des Versicherungsnehmers für einen Aufenthalt in einer „gemischten Krankenanstalt“ nur, wenn der Versicherer diese vor Beginn schriftlich zugesagt hat. Hieran fehlt es vorliegend. Aus dem Schreiben des Beklagten vom 15.03.2011 ergibt sich nach Auffassung des Gerichts, dass sich die Leistungszusage lediglich auf die „Kardiologische Akutdiagnostik“ bezieht. Dieser Begriff ist in dem Betreff des Schreibens genannt. In dem weiteren Text wird auf diese Behandlung Bezug genommen („… für die o. g. stationäre Behandlung …“). Auch im Weiteren wird in dem Schreiben auf die „geplante stationäre Behandlung“ Bezug genommen. Soweit es in dem Schreiben heißt, dass „die erforderliche Kostenzusage für die gesamte Dauer“ gegeben werde, bezieht sich auch dieser Teil des Schreibens auf die im Betreff genannte Akutdiagnostik, wie sich bereits aus dem Zusatz „der geplanten … Heilbehandlung“ ergibt. Vor diesem Hintergrund musste und durfte die Klägerin die Leistungszusage nur so verstehen, dass sich diese ausschließlich auf die kardiologische Akutdiagnostik bezogen hat.

Der Klägerin ist zuzugeben, dass für einen medizinischen Laien schwer zu beurteilen sein mag, welche Maßnahmen noch zur „kardiologischen Akutdiagnostik“ gehören. Gleichwohl hätte die Klägerin im Hinblick auf den Inhalt der Leistungszusage bei Zweifel die behandelnden Ärzte hierzu befragen müssen. Jedenfalls durch die Verlegung ihres Sohnes auf die Station „Kardiologie AHB“ hätten der Klägerin Zweifel dazu kommen müssen, ob diese Behandlung noch von der auf die „Akutdiagnostik“ bezogene Leistungszusage umfasst ist und dementsprechend vor der Verlegung eine erneute Leistungszusage einholen müssen.

Vorliegend kann demnach dahinstehen, welchen Inhalt das zwischen der Klägerin und der Mitarbeiterin des Beklagten, der Zeugin …, geführte Telefonat hatte, ebenso ist unerheblich, welchen Inhalt der unter dem Aktenzeichen … bei dem hiesigen Gericht geführte Rechtsstreit hatte. Selbst wenn man einmal zugunsten der Klägerin unterstellt, die Zeugin … hätte ihr nicht mitgeteilt, dass eine Leistungszusage nur erfolgen könne, wenn es sich um eine Akutbehandlung handele und die Leistungszusage auch nur für eine solche gelte sowie für etwaige weitere Behandlungen erneut eine vorherige schriftliche Leistungszusage eingeholt werden müsse, ergibt sich der maßgebliche Umfang der Leistungszusage aus dem Schreiben des Beklagten vom 15.03.2011. Dass die Zeugin … der Klägerin telefonisch eine umfassende bzw. weitergehende Leistungszusage erteilt hat, hat die Klägerin selbst nicht behauptet, jedenfalls wäre eine solche Zusage mangels Schriftlichkeit unbeachtlich. Wie sich aus § 4 Abs. 5 MB/KK unzweideutig ergibt, muss die Leistungszusage schriftlich erfolgen, weshalb der Versicherungsnehmer auf etwaig zuvor mündlich erteilte Auskünfte nicht vertrauen darf. Maßgeblich ist vielmehr der Inhalt der schriftlichen Leistungszusage. In diesem ist die Klägerin im Übrigen auch nochmals ausdrücklich von dem Beklagten darauf hingewiesen worden, dass es einer schriftlichen Leistungszusage vor Behandlungsbeginn bedarf.

Soweit die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung angegeben hat, sie könne nicht nachvollziehen, weshalb der Beklagte die Kosten nicht übernommen habe, wohingegen der Beklagte in jüngster Zeit Kosten für dieselbe Krankenanstalt übernommen habe, kann dahinstehen, welche Sachverhalte diesen Kostenzusagen zugrunde lagen. Auch nach dem Gesagten wäre eine Übernahme der streitgegenständlichen Kosten durch den Beklagten möglicherweise in Betracht gekommen, wenn die Klägerin hierfür zuvor eine Leistungszusage eingeholt und auch erhalten hätte. Vorliegend scheidet ein Leistungsanspruch allein deshalb aus, weil die Klägerin eine nochmalige Leistungszusage vor der Behandlung nicht eingeholt hat.

c. Aus dem Gesagten folgt, dass sich ein Leistungsanspruch der Klägerin nur ergeben könnte, wenn auch die Behandlung ihres Sohnes auf der Station „Kardiologie AHB“ Teil der „Kardiologischen Akutdiagnostik“ gewesen ist. Dass dies nicht der Fall gewesen ist, ist zwischen den Parteien allerdings unstreitig geblieben. Gegenteiliges hat die Klägerin jedenfalls auch auf den gerichtlichen Hinweis vom 15.02.2012 hin nicht vorgetragen.

d. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Regelung in § 4 Abs. 5 MB/KK nicht unwirksam. Insbesondere verstößt sie weder gegen § 307 BGB, noch handelt es sich um eine überraschende Klausel i.S. des § 305c Abs. 2 BGB.

Sinn und Zweck des § 4 Abs. 5 MB/KK ist, wie sich auch dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließt, im Einzelfall schwierige Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, die sich daraus ergeben, dass die Kosten für Kur- und Sanatoriumsbehandlungen, wenn nicht besondere Zusatztarife vereinbart sind, in der privaten Krankheitskostenversicherung nicht ersatzfähig sind. Der Versicherer darf daher den Kostenersatz für die stationäre Behandlung in solchen Krankenhäusern, die zwar die medizinischen und organisatorischen Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 MB/KK erfüllen, zusätzlich aber auch Kuren anbieten oder Rekonvaleszenten aufnehmen, von einer vorherigen Zusage abhängig machen. Die hiermit einhergehende Begrenzung der Leistungspflicht des Versicherers benachteiligt den Versicherungsnehmer weder unangemessen, noch stellt sie sich als überraschend dar (vgl. BGH, Urt. v. 16.02.1983 – IVa ZR 20/81, VersR 1983, 576 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.06.2001 – 7 U 22/01, VersR 2002, 601 f., juris Rn. 4; OLG Hamm, Urt. v. 08.01.1999 – 29 U 137/98, NJW-RR 1999, 972; OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.07.2006 – 5 U 53/06, NJW-RR 2006, 1623 ff.; KG, Urt. v. 11.03.2003 – 6 U 171/01, RuS 2004, 244, juris Rn. 44; LG Kiel, Urt. v. 15.05.2012 – 10 S 53/10, S. 2 f.).

Soweit wegen der Entwicklungen in der Medizin, insbesondere der Anwendung von Therapieformen, die ausschließlich als integrierter Bestandteil einer stationären Heilbehandlung stattfinden, die Transparenz der Regelung bezweifelt wird (so OLG Karlsruhe, Urt. v. 02.03.2006 – 12 U 244/05, VersR 2006, 1203, juris Rn. 15), ist zum einen dem Gericht nicht bekannt und von der Klägerin auch auf den Hinweis des Gerichts vom 15.02.2012 nicht vorgetragen worden, ob solche Therapierformen als integrierter Bestandteil einer stationären Heilbehandlung in der medizinischen Praxis (in einem nennenswerten Umfang) Anwendung finden. Zum anderen würden etwaige Abgrenzungsschwierigkeiten in diesem Zusammenhang nicht zur Unwirksamkeit der Klausel führen. Allerdings ist bei der Prüfung der Wirksamkeit der Klausel unerheblich, ob solche Abgrenzungsschwierigkeiten vorliegend tatsächlich gegeben sind, weil bei der Prüfung der Wirksamkeit gemäß § 307 BGB eine abstrakte Prüfung vorzunehmen ist. Dass sich Krankenhausbehandlung und Kur- oder Sanatoriumsbehandlungen nicht gegenseitigen ausschließen, sondern vielmehr in Teilbereichen überschneiden und es daher zu Abgrenzungsproblemen kommen kann, die unter Umständen erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens behoben werden können, ist jedoch keine neue Erkenntnis (s. hierzu bereits BGH, Urt. v. 05.07.1995 – IV ZR 320/94, NJW 1995, 3057, juris Rn. 9). Auch für einen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse ist unter Zugrundelegung des Wortlautes der Norm erkennbar, dass es für die Abgrenzung letztlich auf die Ausgestaltung der Behandlung einschließlich des äußeren Rahmens ankommt. Von einer Kur- oder Rehabilitationsmaßnahme kann auch nach dem Wortlaut der Bestimmung nur ausgegangen werden, wenn die Patienten nach Abschluss einer Krankenhausbehandlung weitgehend genesen sind. Das ist bei Heilbehandlungen gerade nicht der Fall. Auch wenn hier Therapieformen Anwendung finden, die für Kur- und Rehabilitationsmaßnahmen typisch sind, bilden diese im Rahmen einer Heilbehandlung für den Versicherungsnehmer erkennbar nicht den Schwerpunkt. Selbst dann, wenn es in diesem Bereich neuere Entwicklungen geben sollte, würden diese daher nicht zur Intransparenz der Klausel führen.

Soweit in der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Teil die Auffassung vertreten wird, dass die Klausel einschränkend dahingehend auszulegen sei, dass eine vorherige Zustimmung nicht erforderlich ist, wenn nach der Art der Erkrankung oder Behandlung Abgrenzungsschwierigkeiten nicht drohen oder das behandelte Leiden nur in einer derartigen Anstalt behandelt werden kann (vgl. KG, Urt. v. 11.03.2003 – 6 U 171/01, RuS 2004, 244, juris Rn. 45), kann dahinstehen, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Denn die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat auch auf den Hinweis des Gerichts vom 15.02.2012 nicht dargetan, dass es sich vorliegend um eine solche Erkrankung handelt.

Die Klausel ist auch nicht deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie unabhängig von einem Verschulden des Versicherungsnehmers einen Leistungsanspruch ausschließt, wenn vor der Behandlung keine schriftliche Leistungszusage eingeholt worden ist. Im Hinblick auf § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG wäre eine solche Klausel nur dann unwirksam, wenn es sich bei der Einholung der Leistungszusage um eine Obliegenheit handeln würde (s. hierzu BGH, Urt. v. 12.10.2011 – IV ZR 199/10, BGHZ 191, 159 = NJW 2012, 217 ff.). Zutreffend wird jedoch allgemein davon ausgegangen, dass es sich bei § 4 Abs. 5 MB/KK gerade nicht um eine (verhüllte) Obliegenheit handelt (BGH, Urt. v. 16.02.1983 – IVa ZR 20/81, VersR 1983, 576 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.06.2001 – 7 U 22/01, VersR 2002, 601 f., juris Rn. 3; OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.07.2006 – 5 U 53/06, NJW-RR 2006, 1623 ff.; KG, Urt. v. 11.03.2003 – 6 U 171/01, RuS 2004, 244, juris Rn. 44; LG Saarbrücken, Urt. v. 21.12.2005 – 12 O 334/04, juris Rn. 17).

Die weitergehenden Ausführungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 31.05.2012 stellen die Wirksamkeit des § 4 Abs. 5 MB/KK ebenfalls nicht in Frage. Selbst wenn man einmal unterstellt, dass sich die „Krankenhauswirklichkeit“ wie von der Klägerin beschrieben geändert hat, ist die vertragliche Regelung eindeutig und aufgrund der oben dargelegten Gründe weder überraschend noch unangemessen benachteiligend. Auch dann, wenn der Versicherungsnehmer „allgemeine Krankenhausleistungen“ nachfragt, kann es zu den beschriebenen Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, weil der Versicherer stets nachprüfen müsste, ob jeweils ausschließlich „allgemeine Krankenhausleistungen“ in Anspruch genommen wurden oder eben auch solche Leistungen, für die kein Versicherungsschutz besteht. Dass sich unter Zugrundelegung des klägerischen Vorbringens der praktische Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 MB/KK erweitert hat, besagt nicht, dass unter Zugrundelegung von Sinn und Zweck der Regelung diese als überraschend angesehen werden kann. Ob für bestimmte Erkrankungen eine einschränkende Auslegung der Klausel erforderlich und möglich ist, muss vorliegend – wie bereits dargelegt – nicht entschieden werden.

e. Der Beklagte ist vorliegend auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, sich auf den Ausschluss der Leistung zu berufen. Selbst wenn man auch insoweit zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die stationäre Behandlung in dem streitgegenständlichen Zeitraum medizinisch notwendig gewesen ist und der Beklagte auf einen rechtzeitigen weiteren Antrag die Kostenübernahme erklärt hätte, stellt sich die Leistungsverweigerung des Beklagten nicht als treuwidrig dar. Sinn und Zweck des Erfordernisses der vorherigen Zustimmung ist zu vermeiden, dass im Einzelfall eine nachträgliche und deshalb schwierige Überprüfung dieser Frage durch den Versicherer erforderlich wird. Aus diesem Grund ist einem Versicherungsnehmer, der sich ohne schriftliche Zustimmung des Versicherers zur Behandlung in eine gemischte Anstalt begibt, der Nachweis abgeschnitten, dass er keine Kur- oder Rehabilitationsmaßnahme, sondern eine medizinisch notwendige Heilbehandlung in Anspruch genommen hat (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.06.2001 – 7 U 22/01, VersR 2002, 601 f., juris Rn. 4; LG Kiel, Urt. v. 15.05.2012 – 10 S 53/10, S. 4).

f. Nach dem Gesagten kann dahinstehen, ob – wofür der Beklagte beweisbelastet ist – die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 lit. d) MB/KK vorliegen, es sich bei der streitgegenständlichen Behandlung also um eine Kur-, Sanatoriumsbehandlung oder eine Rehabilitationsmaßnahme gehandelt hat. Entsprechend war das Gericht nicht gehalten, dem dahingehenden Beweisangebot der Beklagten nachzugehen (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.06.2001 – 7 U 22/01, VersR 2002, 601 f., juris Rn. 4).

g. Da der Klägerin gegen den Beklagten der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zusteht, ist die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten Nebenforderungen (Zinsen und Rechtsanwaltskosten) unbegründet und daher abzuweisen.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

 

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