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Krankenhaustagegeldversicherung – Einstufung einer Einrichtung als „gemischte Anstalt“

OLG Koblenz – Az.: 10 U 1470/10 – Beschluss vom 07.04.2011

Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Klägerin wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 23. Mai 2011.

Gründe

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Das landgerichtliche Urteil entspricht der Rechtslage und enthält keine Fehler. Die getroffenen Feststellungen sind vollständig und rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Krankenhaustagegeldversicherung - Einstufung einer Einrichtung als "gemischte Anstalt"
Symbolfoto: Von Gorodenkoff/Shutterstock.com

Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Kosten der stationären Heilbehandlung in der Klinik A. und auf Zahlung von Krankenhaustagegeld nicht zu, da es sich bei der Klinik um eine gemischte Anstalt im Sinne des § 4 Abs. 5 MB/KK 94 handelt und der Beklagte die für eine Erstattung erforderliche schriftliche Zusage vor Beginn der Behandlung nicht erteilt hat. Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Auch das Vorbringen in der Berufungsbegründung gibt zu einer anderen Würdigung keine Veranlassung.

Der Beklagte hat sich mit seinem Schreiben vom 17. Oktober 2007 nicht dahingehend selbst gebunden, dass eine Zusage erfolge, wenn die Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig sei. Vielmehr hat der Beklagte in seinem Ablehnungsschreiben zunächst darauf hingewiesen, dass er für eine medizinisch notwendige stationäre Krankenhausbehandlung in Krankenanstalten, die auch Sanatoriumsbehandlungen durchführen, nur leiste, wenn dies vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt worden sei. Die erforderliche vorherige schriftliche Zusage werde gegeben, wenn nach Überzeugung des Beklagten eine Behandlung nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses möglich sei. Sodann weist der Beklagte darauf hin, dass nach den ihm bisher vorliegenden Unterlagen die beabsichtigte Behandlung den Charakter eine Kur- bzw. Sanatoriumsbehandlung habe. Daher werde die vorherige schriftliche Zusage für eine medizinisch notwendige stationäre Krankenhausbehandlung nicht erteilt.

Die Berufung rügt ohne Erfolg, das Landgericht habe die Klinik A. rechtsfehlerhaft als gemischte Anstalt im Sinne des § 4 Nr. 5 MB/KK 94 eingestuft. Das Landgericht habe seine Beurteilung lediglich aufgrund des Internetauftritts der Klinik vorgenommen und dabei die Beweisangebote der Klägerin (Vorlage von Gutachten und Einholung eines Sachverständigengutachtens) übergangen. Auch der Internetauftritt der Klinik rechtfertige jedoch keine Einstufung der Klinik A. als gemischte Anstalt, da alle im Internet beschriebenen Behandlungsmaßnahmen den typischen Behandlungen der psychiatrischen-psychotherapeutischen Krankenhäuser entsprächen. Sie würden auch von Unikliniken desselben Bereichs angeboten. Ein einzuholendes Gutachten hätte den Status der Klinik als reines Krankenhaus belegt.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausführlich dargelegt, warum es die Frage, ob die Klinik A. als gemischte Anstalt im Sinne des § 4 Nr. 5 MB/KK 94 einzustufen ist, aufgrund eigener Würdigung der vorgetragenen Tatsachen und der vorgelegten Unterlagen entscheiden kann. Das Landgericht hat insoweit sich an der Rechtsprechung, unter anderem des erkennenden Senats, orientiert und hierbei keine fehlerhaften Kriterien angewandt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Da somit die Frage, ob es sich bei der Klinik A. um eine Krankenanstalt, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchführt oder Rekonvaleszenten aufnimmt, und damit um eine so genannte gemischte Anstalt im Sinne des § 4 Nr. 5 MB/KK 94 handelt, von den Gerichten als Rechtsfrage selbst zu entscheiden ist, hat das Landgericht auch keine Beweisangebote übergangen. Dies käme nur dann in Betracht, wenn die von beiden Parteien vorgelegten Gutachten zu dieser Frage und die übrigen vorhandenen Unterlagen nicht ausreichen würden, um eine solche Beurteilung selbst vornehmen zu können. Die vorgelegten Unterlagen sind hierzu jedoch ausreichend.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen dargelegt, was bei dem Auftritt der Klinik A. im Internet dafür spricht, dass die Ausgestaltung der Klinik sowie die schwerpunktmäßig angebotenen Therapiemaßnahmen in weiten Bereichen Züge einer Kur- und Sanatoriumsbehandlung beinhalten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Berufung vermag dagegen nicht vorzubringen, dass tatsächlich keine Sanatoriumsbehandlungen in der Klinik A. durchgeführt würden, wie sich aus den von ihr vorgelegten Gutachten ergebe. Auf die tatsächliche Durchführung konkreter Behandlungsarten kommt es nicht an, vielmehr soll gerade diese im Einzelfall schwierige Beurteilung dem Versicherer erspart werden, indem er bereits vor Beginn der Behandlung entscheiden soll, ob er die Kosten für die Behandlung in einer Klinik, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild keine reine Krankenanstalt ist, übernehmen will mit dem Risiko, dass im Einzelfall neben einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung gegebenenfalls auch Kur- oder Sanatoriumsbehandlungen durchgeführt werden. Deshalb kommt es für die Frage, ob eine Klinik als so genannte gemischte Anstalt im Sinne des § 4 Nr. 5 MB/KK 94 einzustufen ist, allein auf ihr äußeres Erscheinungsbild an.

Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Klinik A. bei ihrer Klinikbeschreibung darauf hinweist, dass Kur- bzw. Sanatoriumsbehandlungen nicht in ihren Klinikbetrieb passen würden und nicht angeboten werden könnten (Bl. 76 GA). Eine derartige Aussage der Klinik mag zwar als Indiz herangezogen werden bei der Beurteilung der Frage, ob nach dem äußeren Erscheinungsbild eine so genannte gemischte Anstalt gegeben ist, hat jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung, wenn demgegenüber andere Bereiche des äußeren Erscheinungsbildes gegen diese Aussage sprechen. Dies ist, wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, vorliegend der Fall. Hinzu kommt, dass die Klinik A. nach ihrer Darstellung im Internet auch über ein Seminarzentrum verfügt, das individuell gestaltete Seminare, Workshops und Veranstaltungen für geschlossene Gruppen (Firmen/Krankenhausstationen/Praxen/ Lehrerkollegien/Schulen etc.) anbietet, wobei die Seminarräume der Klinik benutzt werden. Die Seminare wenden sich unter anderem an Lehrer, Pädagogen, Management, Arbeitsteams, Selbsthilfe-/Gruppen und Organisationen jeder Art mit unter anderem dem Hinweis, dass in Vorträgen und erfahrungsorientierten Workshops mit In- und Outdoorelementen Grundlagen von beispielsweise Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit (Systemkompetenzen), von Stresstoleranz und Konfliktfähigkeit oder von Zielstrebigkeit und gegenseitiger Wertschätzung vermittelt und trainiert werden. Damit weist die Klinik A. nach ihrem äußeren Erscheinungsbild eindeutig die Kriterien einer so genannten gemischten Anstalt auf, selbst wenn die im Internet beschriebenen Behandlungsmaßnahmen den typischen Behandlungen der psychiatrischen-psychotherapeutischen Krankenhäuser entsprechen würden. Damit ist das objektive Erscheinungsbild des Internetauftritts der Klinik A. gerade nicht das Erscheinungsbild eines reinen Krankenhauses im Fachbereich Psychiatrie/Psychosomatik. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens hierzu bedarf es, wie bereits ausgeführt, daher nicht.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 7.681,49 € festzusetzen.

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