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Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung – Prämienzahlung für vorläufige Deckungsschutz

Versicherung will Prämie kassieren, obwohl kein Antrag gestellt wurde – Landgericht Düsseldorf pfeift sie zurück. Autofahrerin wehrt sich erfolgreich gegen saftige Rechnung für vorläufigen Versicherungsschutz. Gericht stellt klar: Keine Willkür bei der Prämienberechnung, auch nicht bei unvollständigen Angaben.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klägerin fordert eine Prämie für den vorläufigen Versicherungsschutz über einen bestimmten Zeitraum.
  • Der vertragliche Zusammenhang ist durch eine vorläufige Deckungszusage zwischen der Klägerin und der Beklagten gekennzeichnet, die keine klare Vereinbarung über die Prämienhöhe enthält.
  • Schwierigkeiten ergeben sich aus der Berechnung der Prämie und der Beweisführung hinsichtlich der relevanten Parameter, die für die Preisgestaltung entscheidend sind.
  • Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, da die Höhe der Prämie nicht schlüssig dargelegt wurde und allgemeine Geschäftsbedingungen fraglich waren.
  • Die Klägerin argumentierte in der Berufung, dass sie die notwendigen Parameter berücksichtigt habe und das Geburtsdatum keinen Einfluss auf die Prämie habe.
  • Das Gericht wies jedoch auf die Verantwortung des Versicherers hin, klare Vereinbarungen zu treffen.
  • Es wurde festgestellt, dass die Klägerin für die Prämienhöhe eine unzureichende Beweisführung geleistet hatte.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass die rechtlichen Ansprüche sofort durchgesetzt werden können.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Haftungsfragen der Versicherungen und deren Prämienberechnungen.
  • Autofahrer sollten insbesondere darauf achten, klare Vereinbarungen über die Versicherungsbedingungen zu treffen, um spätere finanzielle Belastungen zu vermeiden.

Prämienzahlung und vorläufiger Schutz: Wichtige Urteile zur Kfz-Haftpflichtversicherung

Die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist in Deutschland für alle Fahrzeughalter eine gesetzliche Pflichtversicherung. Sie schützt sowohl den Versicherungsnehmer als auch Dritte vor finanziellen Schäden, die durch den Betrieb eines Fahrzeugs verursacht werden. Insbesondere die Prämienzahlung spielt eine zentrale Rolle in der Frage, wie und wann der Versicherungsschutz wirksam wird. Für viele Autofahrer ist es wichtig zu wissen, dass auch eine vorläufige Deckung existiert, die in bestimmten Situationen aktiv werden kann, bis der vollständige Versicherungsschutz greift.

Eine vorläufige Deckung kann in unterschiedlichen Szenarien angewendet werden, etwa wenn ein Fahrzeug neu erworben oder gebraucht in den Verkehr gebracht wird. Diese Regelung ermöglicht es dem Fahrer, sofort rechtlich abgesichert zu sein, während die endgültige Policierung noch nicht abgeschlossen ist. Dabei sind klare Regelungen zur Prämienzahlung von Bedeutung, um zu verstehen, wie lange dieser vorläufige Schutz besteht und welche finanziellen Verpflichtungen der Versicherte eingeht.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der die Aspekte der Prämienzahlung im Zusammenhang mit der vorläufigen Deckungsschutz der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung beleuchtet und analysiert.

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Der Fall vor Gericht


Streit um Prämienzahlung für vorläufigen Kfz-Versicherungsschutz

Ein Rechtsstreit zwischen einer Versicherungsgesellschaft und einer Autofahrerin beschäftigte kürzlich das Landgericht Düsseldorf. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob die Versicherung eine Prämie für einen vorläufigen Versicherungsschutz verlangen kann, ohne dass ein formeller Versicherungsantrag gestellt wurde.

Hintergrund des Falls

Die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, forderte von der Beklagten die Zahlung einer Prämie in Höhe von 1.285,19 Euro für einen vorläufigen Deckungsschutz im Zeitraum vom 10. Februar bis 21. März 2014. Grundlage war eine elektronische Versicherungsbestätigung, die dem Straßenverkehrsamt für das Fahrzeug der Beklagten vorlag. Ein ausgefüllter Versicherungsantrag existierte jedoch nicht. Die Versicherung berechnete die Prämie auf Basis ihrer ungünstigsten Tarifmerkmale, da ihr keine detaillierten Angaben zum Fahrzeug und zur Fahrerin vorlagen.

Gerichtliche Auseinandersetzung

Nachdem das Amtsgericht die Klage zunächst abgewiesen hatte, legte die Versicherung Berufung ein. Sie argumentierte, dass sie bei fehlenden Angaben berechtigt sei, von den für den Versicherungsnehmer ungünstigsten Bedingungen auszugehen. Die Beklagte hingegen vertrat die Ansicht, sie sei nie zur Mitteilung der relevanten Tarifmerkmale aufgefordert worden und habe die Versicherungsbedingungen erst nach Beendigung des Vertrages erhalten.

Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht Düsseldorf wies die Berufung der Versicherung zurück. In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht klar, dass zwar grundsätzlich ein Anspruch auf eine Prämie für den vorläufigen Deckungsschutz bestehe. Allerdings sei die von der Versicherung angewandte Klausel, wonach bei fehlenden Angaben die ungünstigsten Bedingungen gelten, im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Das Gericht argumentierte, dass diese Regelung nach ihrem Wortlaut voraussetze, dass dem Versicherungsnehmer zumindest ein Antragsformular vorgelegen habe. Nur dann sei der Versicherungsnehmer darüber informiert, welche Angaben für die Tarifberechnung relevant sind. Da die Beklagte nachweislich keinen Antrag ausgefüllt hatte und die Versicherung den Zugang eines Antragsformulars nicht beweisen konnte, greife die Klausel nicht.

Konsequenzen des Urteils

Das Landgericht entschied, dass in diesem Fall die gesetzliche Regelung zur Anwendung komme. Demnach sei der Beitrag so zu berechnen, als hätte die Versicherungsnehmerin die für sie günstigsten Angaben gemacht. Da die Versicherung keine Berechnung auf dieser Grundlage vorgelegt hatte, konnte das Gericht die Höhe des tatsächlich geschuldeten Betrags nicht feststellen.

Bedeutung für Versicherungsnehmer

Das Urteil verdeutlicht die Wichtigkeit klarer Kommunikation zwischen Versicherungen und ihren Kunden. Versicherungsnehmer sollten sich bewusst sein, dass sie bei Abschluss eines vorläufigen Versicherungsschutzes möglicherweise zur Angabe bestimmter Informationen verpflichtet sind. Gleichzeitig müssen Versicherungen sicherstellen, dass sie ihre Kunden angemessen über erforderliche Angaben informieren und dies auch nachweisen können. Für Autofahrer ergibt sich daraus die Empfehlung, bei Abschluss einer Kfz-Versicherung – auch bei vorläufigem Schutz – aktiv nach den benötigten Informationen zu fragen und diese vollständig bereitzustellen, um unerwartete Prämienforderungen zu vermeiden.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil unterstreicht die Bedeutung transparenter Kommunikation im Versicherungswesen. Eine Klausel, die bei fehlenden Angaben die ungünstigsten Bedingungen vorsieht, ist nur anwendbar, wenn dem Versicherungsnehmer ein Antragsformular vorlag. Ohne nachweisbare Information des Kunden über erforderliche Angaben muss die Versicherung von den günstigsten Bedingungen ausgehen. Dies stärkt die Position der Versicherungsnehmer und verpflichtet Versicherungen zu sorgfältiger Dokumentation und Aufklärung.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Autofahrer sollten Sie wissen, dass ein vorläufiger Versicherungsschutz Sie zwar sofort absichert, aber nicht ohne finanzielle Verpflichtungen einhergeht. Das Urteil stärkt jedoch Ihre Position: Wenn Sie kein Antragsformular erhalten haben, kann die Versicherung nicht einfach den höchstmöglichen Tarif berechnen. Stattdessen muss sie von den für Sie günstigsten Bedingungen ausgehen. Um Überraschungen zu vermeiden, sollten Sie bei Abschluss einer vorläufigen Deckung aktiv nach dem Antragsformular fragen und alle relevanten Informationen bereitstellen. So stellen Sie sicher, dass Sie weder unversichert fahren noch überhöhte Prämien zahlen müssen.


FAQ – Häufige Fragen

In dieser FAQ-Rubrik finden Sie umfassende Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um das Thema Prämienzahlung bei Kfz-Versicherung. Wir bieten Ihnen klare Informationen und hilfreiche Hinweise, um Ihnen ein besseres Verständnis für die verschiedenen Aspekte der Kfz-Versicherung zu ermöglichen. Entdecken Sie, wie Sie durch gezielte Maßnahmen und Entscheidungen Ihre Prämien optimieren können.


Wie funktioniert der vorläufige Deckungsschutz bei einer Kfz-Versicherung?

Der vorläufige Deckungsschutz, auch vorläufige Deckungszusage genannt, ist ein eigenständiger Versicherungsvertrag, der Autofahrern sofortigen Versicherungsschutz gewährt, bevor der reguläre Versicherungsvertrag abgeschlossen ist.

Funktionsweise:

Die Versicherung bestätigt dem Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz ab sofort, auch wenn dieser die erste Prämie noch nicht gezahlt hat. Dies geschieht in der Regel durch die Erteilung einer eVB-Nummer (elektronische Versicherungsbestätigung), die der Versicherungsnehmer für die Zulassung des Fahrzeugs benötigt.

Zweck:

Der vorläufige Deckungsschutz überbrückt den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Versicherung und dem Erhalt der vollständigen Versicherungsunterlagen. Er ermöglicht es dem Versicherungsnehmer, sein Fahrzeug sofort zuzulassen und am Straßenverkehr teilzunehmen.

Umfang:

In der Regel umfasst der vorläufige Deckungsschutz mindestens die gesetzlich vorgeschriebene Kfz-Haftpflichtversicherung. Zusätzliche Leistungen wie Vollkasko müssen meist gesondert vereinbart werden.

Dauer:

Die vorläufige Deckung endet, wenn der reguläre Versicherungsvertrag zustande kommt oder wenn der Antrag abgelehnt wird. Sie kann auch durch Zeitablauf, Kündigung oder bei Nichtzahlung der ersten Prämie enden.

Rechtliche Grundlage:

Die vorläufige Deckung ist im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in den §§ 49-52 geregelt.

Besonderheiten:

  • Der Versicherungsschutz besteht unabhängig von der Prämienzahlung.
  • Es besteht kein Widerrufsrecht für den Versicherungsnehmer bei der vorläufigen Deckung.
  • Bei Ablehnung des Hauptvertrags oder vorzeitiger Beendigung kann die Versicherung eine separate Prämie für den Zeitraum der vorläufigen Deckung berechnen.

Typische Anwendungsfälle:

  • Neukauf eines Fahrzeugs
  • Ummeldung eines Fahrzeugs
  • Wechsel der Versicherung

Der vorläufige Deckungsschutz bietet Autofahrern die Möglichkeit, ihr Fahrzeug unmittelbar nach dem Abschluss einer Kfz-Versicherung zu nutzen, ohne auf den formellen Abschluss des Hauptvertrags warten zu müssen. Dies gewährleistet eine lückenlose Versicherung und ermöglicht eine schnelle Teilnahme am Straßenverkehr.

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Welche Pflichten haben Versicherungsnehmer bei Abschluss eines vorläufigen Deckungsschutzes?

Bei Abschluss eines vorläufigen Deckungsschutzes haben Versicherungsnehmer bestimmte Pflichten zu erfüllen:

Wahrheitsgemäße und vollständige Angaben: Der Versicherungsnehmer muss alle für die Risikobeurteilung relevanten Informationen wahrheitsgemäß und vollständig offenlegen. Dies umfasst insbesondere Angaben zum zu versichernden Risiko, wie beispielsweise bei einer Kfz-Versicherung Informationen zum Fahrzeug und zur Fahrhistorie.

Anzeigepflicht: Es besteht die Pflicht, dem Versicherer alle bekannten Gefahrumstände anzuzeigen, die für die Übernahme des Versicherungsschutzes erheblich sind. Dies gilt auch für Umstände, nach denen der Versicherer ausdrücklich gefragt hat.

Beachtung von Obliegenheiten: Der Versicherungsnehmer muss die im Vertrag festgelegten Obliegenheiten beachten. Diese können je nach Versicherungsart variieren, umfassen aber oft Sorgfaltspflichten oder Verhaltensregeln zur Risikominimierung.

Prämienzahlung: Obwohl bei der vorläufigen Deckung oft keine sofortige Prämienzahlung erforderlich ist, kann der Versicherer für den Zeitraum der vorläufigen Deckung eine Prämie verlangen, wenn kein Hauptvertrag zustande kommt.

Mitwirkung bei der Risikoprüfung: Der Versicherungsnehmer muss bei der Risikoprüfung mitwirken, indem er notwendige Unterlagen oder Informationen bereitstellt, die der Versicherer zur Einschätzung des Risikos benötigt.

Meldung von Änderungen: Treten während der Laufzeit der vorläufigen Deckung Änderungen der Risikoumstände ein, müssen diese dem Versicherer unverzüglich gemeldet werden.

Einhaltung gesetzlicher Vorschriften: Bei bestimmten Versicherungsarten, wie der Kfz-Haftpflichtversicherung, muss der Versicherungsnehmer die gesetzlichen Vorschriften einhalten, z.B. den Nachweis der vorläufigen Deckung gegenüber der Zulassungsbehörde erbringen.

Beachtung von Ausschlüssen: Der Versicherungsnehmer muss die in der vorläufigen Deckung genannten Ausschlüsse und Einschränkungen des Versicherungsschutzes beachten.

Bei Nichterfüllung dieser Pflichten können schwerwiegende Konsequenzen eintreten:

  • Der Versicherer kann von der vorläufigen Deckung zurücktreten oder sie anfechten.
  • Der Versicherungsschutz kann ganz oder teilweise entfallen.
  • Der Versicherer kann die Leistung im Schadensfall verweigern oder kürzen.
  • In schweren Fällen kann der Versicherungsnehmer sich sogar strafbar machen, etwa bei vorsätzlich falschen Angaben.

Es ist daher für Versicherungsnehmer essentiell, bei Abschluss einer vorläufigen Deckung alle Pflichten sorgfältig zu erfüllen und im Zweifelsfall Rücksprache mit dem Versicherer zu halten.

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Wie wird die Prämienhöhe für einen vorläufigen Deckungsschutz berechnet?

Die Berechnung der Prämienhöhe für einen vorläufigen Deckungsschutz erfolgt in der Regel auf Basis des beantragten Versicherungsumfangs. Dabei berücksichtigen Versicherer verschiedene Faktoren, um das Risiko und damit die Prämienhöhe einzuschätzen:

Versicherungsart und -umfang: Die Art der Versicherung (z.B. Kfz-Haftpflicht, Hausratversicherung) und der gewünschte Leistungsumfang sind grundlegende Faktoren für die Prämienberechnung.

Risikofaktoren: Je nach Versicherungstyp fließen spezifische Risikomerkmale in die Kalkulation ein. Bei einer Kfz-Versicherung können dies beispielsweise Fahrzeugtyp, Alter des Fahrzeugs und des Fahrers sowie die Schadensfreiheitsklasse sein.

Versicherungsdauer: Die Länge des vorläufigen Deckungsschutzes beeinflusst die Prämienhöhe. Üblicherweise wird die Prämie anteilig für den Zeitraum bis zum Beginn des Hauptvertrags berechnet.

Informationsgrundlage: Wenn nicht alle erforderlichen Informationen vorliegen, können Versicherer vorläufige Annahmen treffen oder Durchschnittswerte verwenden, um eine vorläufige Prämie zu kalkulieren.

Risikozuschläge: Bei erhöhten Risiken oder unvollständigen Informationen können Versicherer Risikozuschläge erheben, um potenzielle Unsicherheiten abzudecken.

Gesetzliche Vorgaben: In bestimmten Versicherungsbereichen, wie der Kfz-Haftpflichtversicherung, müssen Versicherer gesetzliche Mindestanforderungen an den Deckungsumfang berücksichtigen, was sich auf die Prämienhöhe auswirkt.

Einfluss des Versicherungsnehmers: Versicherungsnehmer können die Prämienhöhe beeinflussen, indem sie:

  • Genaue und vollständige Informationen bereitstellen, um Risikozuschläge zu vermeiden
  • Den gewünschten Versicherungsumfang genau definieren
  • Gegebenenfalls eine höhere Selbstbeteiligung wählen, um die Prämie zu senken

Prämienzahlung: In vielen Fällen wird die Prämie für den vorläufigen Deckungsschutz bis zur Annahme des Hauptvertrags gestundet. Einige Versicherer können jedoch Vorauszahlungen verlangen.

Brutto-Netto-Spread: Bei der Prämienberechnung ist der Unterschied zwischen Brutto- und Nettoprämie zu beachten. Ein höherer Spread kann auf mögliche zukünftige Beitragserhöhungen hindeuten.

Es ist wichtig zu beachten, dass die vorläufige Deckung ein eigenständiger Vertrag ist. Selbst wenn der Hauptvertrag nicht zustande kommt, kann der Versicherer eine Prämie für den Zeitraum der vorläufigen Deckung berechnen und einfordern.

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Was passiert, wenn kein formeller Versicherungsantrag gestellt wurde?

Wenn kein formeller Versicherungsantrag gestellt wurde, kann dennoch ein wirksamer Versicherungsschutz bestehen. Dies geschieht in der Regel durch eine vorläufige Deckungszusage.

Eine vorläufige Deckungszusage ist ein eigenständiger Versicherungsvertrag, der sofortigen Versicherungsschutz gewährt, obwohl der eigentliche Versicherungsvertrag noch nicht abgeschlossen wurde. Sie überbrückt den Zeitraum zwischen der Beantragung des Versicherungsschutzes und dem formellen Vertragsabschluss.

Beginn und Ende der vorläufigen Deckung:

Die vorläufige Deckung beginnt üblicherweise mit der Zusage des Versicherers oder zu einem vereinbarten Zeitpunkt. Sie endet automatisch, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsschein erhält und den ersten Beitrag bezahlt. Ab diesem Moment gilt der reguläre Versicherungsvertrag.

Rechtliche Grundlage:

Die vorläufige Deckung ist in den §§ 49-52 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) geregelt. Diese Regelungen stellen sicher, dass der Versicherungsnehmer auch ohne formellen Antrag Schutz genießt.

Umfang des Schutzes:

Der Schutz durch die vorläufige Deckung entspricht in der Regel dem beantragten Versicherungsumfang. Allerdings kann er in manchen Fällen eingeschränkt sein. Es ist daher wichtig, den genauen Umfang mit dem Versicherer zu klären.

Besonderheiten in der Kfz-Versicherung:

In der Kfz-Haftpflichtversicherung ist die vorläufige Deckung besonders relevant. Sie ermöglicht es, ein Fahrzeug unmittelbar nach der Zulassung zu nutzen, auch wenn der formelle Versicherungsvertrag noch nicht abgeschlossen ist.

Risiken und Konsequenzen:

Ohne formellen Antrag und ohne vorläufige Deckungszusage besteht die Gefahr, dass kein Versicherungsschutz vorhanden ist. Dies kann schwerwiegende finanzielle Folgen haben, insbesondere wenn ein Schadensfall eintritt.

Pflichten des Versicherungsnehmers:

Auch bei vorläufiger Deckung muss der Versicherungsnehmer seinen Obliegenheiten nachkommen. Dazu gehört insbesondere die wahrheitsgemäße Beantwortung von Fragen des Versicherers.

Beendigung der vorläufigen Deckung:

Der Versicherer kann die vorläufige Deckung kündigen, wenn der Versicherungsnehmer seinen Pflichten nicht nachkommt oder wenn der Versicherer den Abschluss des Hauptvertrags ablehnt.

Kosten:

Für die Zeit der vorläufigen Deckung kann der Versicherer eine separate Prämie verlangen, insbesondere wenn kein Hauptvertrag zustande kommt.

Widerrufsrecht:

Bei der vorläufigen Deckung besteht in der Regel kein Widerrufsrecht für den Versicherungsnehmer.

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Wie können Streitigkeiten über Prämienzahlungen bei vorläufigem Deckungsschutz vermieden werden?

Um Streitigkeiten über Prämienzahlungen bei vorläufigem Deckungsschutz zu vermeiden, sind mehrere Maßnahmen sinnvoll:

Klare schriftliche Vereinbarungen: Der Versicherer sollte die Bedingungen des vorläufigen Deckungsschutzes, einschließlich der Prämienhöhe und Zahlungsmodalitäten, schriftlich festhalten. Der Versicherungsnehmer muss diese Bedingungen ausdrücklich akzeptieren.

Transparente Kommunikation: Beide Parteien sollten offen und zeitnah über alle relevanten Aspekte des vorläufigen Deckungsschutzes kommunizieren. Der Versicherer muss den Versicherungsnehmer klar über seine Zahlungspflichten informieren.

Vollständige Dokumentation: Sämtliche Absprachen, Zusagen und Zahlungen sollten lückenlos dokumentiert werden. Dies umfasst Antragsunterlagen, Deckungszusagen, Prämienabrechnungen und Zahlungsbelege.

Zeitnahe Rechnungsstellung: Der Versicherer sollte die Prämienrechnung für den vorläufigen Deckungsschutz unverzüglich nach dessen Beginn stellen. Dies verhindert Unklarheiten über den geschuldeten Betrag.

Proaktives Handeln bei Unklarheiten: Bestehen Zweifel bezüglich der Prämienzahlung, sollten beide Seiten umgehend Kontakt aufnehmen und eine Klärung herbeiführen.

Einhaltung gesetzlicher Vorgaben: Der Versicherer muss die Regelungen des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zum vorläufigen Deckungsschutz beachten, insbesondere §§ 49-52 VVG.

Aufklärung über Rechtsfolgen: Der Versicherer sollte den Versicherungsnehmer über mögliche Konsequenzen bei Nichtzahlung der Prämie informieren, wie etwa den rückwirkenden Wegfall des Versicherungsschutzes.

Angemessene Zahlungsfristen: Es empfiehlt sich, realistische Fristen für die Prämienzahlung zu setzen, die dem Versicherungsnehmer eine fristgerechte Erfüllung ermöglichen.

Regelmäßige Überprüfung: Beide Parteien sollten den Status des vorläufigen Deckungsschutzes und der Prämienzahlungen regelmäßig überprüfen, um Unstimmigkeiten frühzeitig zu erkennen.

Klare Abgrenzung zum Hauptvertrag: Es muss deutlich kommuniziert werden, dass die Prämie für den vorläufigen Deckungsschutz separat von der Prämie des eventuell später zustande kommenden Hauptvertrags zu betrachten ist.

Schulung von Mitarbeitern: Versicherungsunternehmen sollten ihre Mitarbeiter im Umgang mit vorläufigem Deckungsschutz und den damit verbundenen Prämienzahlungen schulen, um Fehler und Missverständnisse zu minimieren.

Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen können beide Parteien dazu beitragen, Streitigkeiten über Prämienzahlungen bei vorläufigem Deckungsschutz zu reduzieren und eine reibungslose Abwicklung zu gewährleisten.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Vorläufiger Deckungsschutz: Eine vorübergehende Versicherungsleistung, die sofortigen Schutz bietet, bevor der eigentliche Versicherungsvertrag zustande kommt. Sie wird häufig beim Kauf eines Fahrzeugs oder Wechsel der Versicherung genutzt. Der Schutz beginnt in der Regel mit der Ausstellung einer Versicherungsbestätigung und endet mit dem Abschluss des Hauptvertrags oder nach einer festgelegten Frist. Obwohl vorläufig, entstehen daraus echte Rechte und Pflichten für beide Parteien, einschließlich der Prämienzahlung.
  • Prämienzahlung: Die vom Versicherungsnehmer zu entrichtende Geldsumme für den Versicherungsschutz. Bei der Kfz-Versicherung wird die Höhe der Prämie durch verschiedene Faktoren wie Fahrzeugtyp, Fahrleistung und Schadensfreiheitsklasse beeinflusst. Die Zahlung ist Voraussetzung für den Versicherungsschutz. Im Fall des vorläufigen Deckungsschutzes kann die genaue Höhe der Prämie oft erst nachträglich festgelegt werden, was zu Streitigkeiten führen kann, wie im vorliegenden Urteil.
  • Tarifmerkmale: Faktoren, die zur Berechnung des individuellen Versicherungsbeitrags herangezogen werden. Bei der Kfz-Versicherung umfassen diese beispielsweise das Alter und die Fahrpraxis des Versicherungsnehmers, die jährliche Fahrleistung, den Fahrzeugtyp und die Schadensfreiheitsklasse. Je nach Ausprägung dieser Merkmale kann sich die Prämie erhöhen oder verringern. Im vorliegenden Fall war strittig, welche Tarifmerkmale bei fehlenden Angaben zugrunde gelegt werden dürfen.
  • Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB): Standardisierte Vertragsbedingungen, die von Versicherungsunternehmen verwendet werden, um die Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien festzulegen. Sie regeln unter anderem den Umfang des Versicherungsschutzes, Ausschlüsse, Obliegenheiten des Versicherungsnehmers und die Modalitäten der Prämienzahlung. Im konkreten Fall war die Anwendbarkeit und Auslegung einer spezifischen Klausel der AVB Gegenstand des Rechtsstreits.
  • Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung: Eine gesetzlich vorgeschriebene Versicherung für alle zugelassenen Kraftfahrzeuge in Deutschland. Sie deckt Schäden ab, die der Versicherungsnehmer oder berechtigte Fahrer Dritten mit dem versicherten Fahrzeug zufügen. Die Versicherung schützt den Halter vor finanziellen Forderungen geschädigter Dritter und garantiert gleichzeitig die Entschädigung von Unfallopfern. Im vorliegenden Fall ging es um den vorläufigen Deckungsschutz für eine solche Pflichtversicherung.
  • Elektronische Versicherungsbestätigung: Ein digitaler Nachweis über das Bestehen einer Kfz-Haftpflichtversicherung, der direkt von der Versicherung an die Zulassungsstelle übermittelt wird. Sie ersetzt die früher übliche Versicherungsbestätigungskarte (umgangssprachlich „Doppelkarte“) und ermöglicht eine schnellere Fahrzeugzulassung. Im diskutierten Fall diente diese elektronische Bestätigung als Grundlage für den vorläufigen Versicherungsschutz, obwohl kein formeller Antrag gestellt wurde.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG): Das PflVG legt fest, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs verpflichtet ist, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Dies dient dem Schutz von Verkehrsopfern vor finanziellen Schäden, die durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstehen können. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte als Fahrzeughalterin grundsätzlich zur Zahlung einer Versicherungsprämie verpflichtet.
  • § 50 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): § 50 VVG regelt den Anspruch des Versicherers auf Zahlung der Prämie. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich, sobald der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz erlangt hat. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte durch die elektronische Versicherungsbestätigung vorläufigen Deckungsschutz erhalten, was den Prämienanspruch der Klägerin begründet.
  • § 49 Abs. 2 Satz 2 VVG: Diese Vorschrift besagt, dass bei Unklarheiten über den Inhalt des Versicherungsvertrags die für den Versicherungsnehmer günstigere Auslegung gilt. Im konkreten Fall ist strittig, ob die Klägerin berechtigt war, bei fehlenden Angaben zur Tarifberechnung die ungünstigsten Bedingungen anzuwenden. § 49 Abs. 2 Satz 2 VVG spricht grundsätzlich für eine Auslegung zugunsten der Beklagten.
  • § 305c Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): § 305c Abs. 2 BGB betrifft die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) in Verträge. Eine Klausel in AGB ist unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Im vorliegenden Fall prüft das Gericht, ob die Klausel der Klägerin, wonach bei fehlenden Angaben die ungünstigsten Bedingungen gelten, wirksam in den Vertrag einbezogen wurde und ob sie eine unangemessene Benachteiligung darstellt.
  • § 1 Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV): Die VersVermV regelt die Pflichten von Versicherungsvermittlern, insbesondere die Beratung und Information des Kunden. Im vorliegenden Fall könnte relevant sein, ob die Klägerin bzw. ein Versicherungsvermittler die Beklagte ausreichend über die erforderlichen Angaben zur Tarifberechnung informiert hat.

Das vorliegende Urteil

LG Düsseldorf – Az.: 9 S 5/16 – Urteil vom 13.07.2017


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

Das Versäumnisurteil vom 08.12.2016 wird aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgericht Neuss vom 23.10.2015, Az. 94 C 317/15, wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die durch die Säumnis entstandenen Kosten. Im Übrigen trägt die Klägerin die Kosten des Berufungsrechtszugs.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Prämie für vorläufigen Deckungsschutz im Zeitraum vom 10.02.2014 bis zum 21.03.2014.

Das Straßenverkehrsamt teilte der Klägerin am 10.02.2014 mit, dass dort eine Versicherungsbestätigung mit der Nummer V0A56J2 mit Wirkung ab dem 10.02.2014 als Nachweis für das Bestehen einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung für das Fahrzeug BMW, Fahrzeug-ID Y mit dem amtlichen Kennzeichen Z vorliege. Die Mitteilung enthielt die Personalien der Beklagten. Ein ausgefülltes Antragsformular lag nicht vor. Mit Schreiben vom 24.03.2014 informierte die Zulassungsstelle die Klägerin dahingehend, dass mit Wirkung ab dem 20.03.2014 eine neue Versicherungsbestätigung einer anderen Gesellschaft für das Fahrzeug vorgelegt worden sei. Am 15.04.2014 stellte die Klägerin der Beklagten einen Betrag i.H.v. 1.285,19 EUR in Rechnung. Hierbei ging sie gemäß Ziff. 1.3 des Anhangs Nr. 2 „Merkmale zur Beitragsberechnung“ von den für die Beklagte ungünstigsten Parametern aus (Anl. K4, Bl. 34 der Akten)

Die Klägerin hat in der ersten Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.285,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr ab dem 16.05.2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat in der ersten Instanz im Termin vom 08.05.2015 persönliche Angaben gemacht und unter anderem ihren Führerschein vorgelegt. Im Übrigen hat die Beklagte keinen Tatsachenvortrag unterbreitet.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien über die Haftpflichtversicherung sei im Rahmen des vorläufigen Deckungsschutzes zustande gekommen. Die Klägerin habe demnach als Versicherer gemäß § 50 VVG grundsätzlich einen Anspruch auf den Teil der Prämie, der auf die Laufzeit der vorläufigen Deckung entfalle. Indes sei nach § 49 Abs. 2 S. 2 VVG der Prämienberechnung im Zweifel die Variante mit der geringsten Prämie zugrunde zu legen, da es der Versicherer in der Hand habe, eine eindeutige Vereinbarung herbeizuführen. Dies habe die Klägerin anders in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt. Die Frage nach deren Wirksamkeit könne jedoch dahinstehen, da die Höhe des Prämienanspruchs schon nicht schlüssig vorgetragen sei. Es sei nicht dargetan, wie sich der Jahresbeitrag von 11.284,64 EUR errechnet habe. Offensichtlich sei ein unzutreffendes Geburtsdatum zugrunde gelegt worden. Das Geburtsdatum 01.01.2013 sei schon nicht realistisch, da der Erwerb einer Fahrerlaubnis ein bestimmtes Mindestalter voraussetze.

Mit der nunmehr eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Amtsgericht habe die Darlegungspflicht überdehnt. Die Klägerin habe ausreichend vorgetragen, dass die ihr bekannten Tarifeinstufungsmerkmale (Fahrzeug, Standort und Zulassungsdatum) berücksichtigt worden seien. Sie habe Geburtsdatum, Schadensfreiheitsklasse und Jahreskilometer nicht berücksichtigt, da die Beklagte diese nicht mitgeteilt habe. Die Berechnung ergebe sich aus dem Versicherungsschein. Auch handele es sich bei dem einbezogenen Geburtsdatum um einen Platzhalter, da dieses Feld systembedingt nicht frei bleiben könne. Einen Einfluss auf die Prämie habe das Geburtsdatum hingegen nicht, da davon ausgegangen worden sei, dass beliebige Personen den PKW fahren könnten. Das Geburtsdatum sei lediglich relevant, wenn bekannt sei, dass keine weiteren Personen den PKW nutzten. Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe ein Ermessen und dieses ordnungsgemäß ausgeübt. Es sei ihr nicht anzulasten, wenn der Versicherungsnehmer keine genaueren Angaben macht. Auch sei die streitgegenständliche Beitragsberechnung die Variante mit der günstigsten für die Beklagte errechenbaren Prämie.

In der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2016 ist die Beklagte ohne Rechtsbeistand erschienen. Das Landgericht hat daraufhin Versäumnisurteil erlassen. Dieses ist der Beklagten am 03.01.2017 zugestellt worden. Hiergegen hat die Beklagte, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, mit am 16.01.2017 eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 08.12.2016 die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Klägerin habe den Prämienanspruch schon nicht schlüssig dargelegt. Sie habe Tarifmerkmale, welche für die Beklagte günstig gewesen wären, nicht berücksichtigt. Sie, die Beklagte, sei nie zur Mitteilung der Tarifmerkmale aufgefordert worden. Sie habe die AKB erst nach Beendigung des Vertrages erhalten, davor habe sie keine Kenntnis gehabt, dass sie verpflichtet gewesen sei, der Klägerin die Tarifmerkmale mitzuteilen. Wäre das richtige Geburtsdatum eingetragen worden, so wäre der Tarif deutlich geringer ausgefallen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt, §§ 511, 517, 519 ZPO. Die Berufungsbegründung entspricht den formalen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte in der geltend gemachten Höhe zu.

Die Klägerin kann nur eine Rate verlangen, der die für die Beklagte günstigsten hypothetischen Angaben zu Grunde liegen. Eine entsprechende Berechnung hat die Klägerin jedoch nicht vorgetragen.

Der streitgegenständliche Vertrag stellt einen eigenständigen Versicherungsvertrag gemäß § 49 Abs. 1 S. 1 VVG dar. Werden, wie vorliegend, bei Abschluss des Vertrages über den vorläufigen Versicherungsschutz die AKB nicht ausgehändigt, so gelten nach § 49 Abs. 2 VVG die vom Versicherer üblicherweise bei dem vorläufigen Versicherungsschutz verwendeten Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Damit werden die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Versicherers Inhalt des Vertrages über den vorläufigen Versicherungsschutz, ohne dass der Versicherer auf seine Allgemeinen Versicherungsbedingungen hingewiesen hat und ohne dass der Versicherungsnehmer hiervon Kenntnis nehmen konnte und sein Einverständnis dazu erklärte. Dies gilt auch, wenn der Hauptvertrag nicht zustande kommt und auch insoweit eine spätere Aushändigung der Versicherungsbedingungen unterbleibt (Prölss/Martin/Klimke VVG § 49 Rn. 14ff.).

Vorliegend ist das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien im Rahmen des vorläufigen Deckungsschutzes zustande gekommen. Die Beklagte ist die Person, die in der Mitteilung über die elektronische Versicherungsbestätigung als Versicherungsnehmer eingetragen ist und der die Versicherungsbestätigung ausgehändigt bzw. mitgeteilt wurde.

Sofern, wie vorliegend, im Anschluss an die vorläufige Deckung kein Hauptvertrag zustande kommt, hat der Versicherer gemäß § 50 VVG einen Anspruch auf die Versicherungsprämie für die Laufzeit der vorläufigen Deckung. Der Versicherungsnehmer schuldet eine nach dem in Aussicht genommenen Hauptvertrag zu bemessene anteilige Prämie. Auch die Höhe der Vergütung ist naturgemäß Sache der Vereinbarung. Fehlt eine solche Absprache, kann grundsätzlich auf § 315 BGB zurückgegriffen werden. Dabei wird als der Billigkeit entsprechendes Bemessungskriterium die Prämie des Hauptvertrages heranzuziehen sein. Für den Fall, dass sich das angemessene Entgelt für die vorläufige Deckung jedoch nicht nach den Abreden des Hauptvertrages ermitteln lässt, weil ein Hauptvertrag gar nicht zustande kommt, ist Grundlage der Bemessung zunächst der für den in Aussicht genommenen Hauptvertrag zu entrichtende Beitrag. Ist – wie vorliegend – offen, welcher Hauptvertrag zu welcher Prämie abgeschlossen worden wäre, ist zunächst zu prüfen, ob Anhaltspunkte für ein Interesse des Versicherungsnehmers nach einem bestimmten Umfang der Deckung vorliegen. Sein hypothetischer Preis ist dann der Bemessung der Prämie für die vorläufige Deckung zugrunde zu legen. Fehlen solche Umstände, so ist der Preis für die dem Versicherungsnehmer günstigste Regelung auch für die Bemessung der Prämie für die vorläufige Deckung maßgebend (Langheid/Wandt/Rixecker VVG § 50 Rn. 5).

Von dieser gesetzlichen Regelung findet sich in den gemäß § 49 Abs. 2 S. 1 VVG maßgeblichen AKB der Klägerin in Ziffer 1.3 des Anhangs 2 der AKB der Klägerin eine Abweichung. Hiernach wird die Höhe der Prämien bei Fehlen von Angaben so berechnet, als hätte der Versicherungsnehmer für die Beitragsberechnung die ungünstigsten Angaben gemacht.

Gegen die Wirksamkeit dieser Regelung bestehen keine Bedenken. Die Klausel hält einer Prüfung nach § 305 ff. BGB stand. §§ 49 und 50 VVG sind, auch zum Nachteil des Versicherungsnehmers, abdingbar. Wenn ausdrücklich oder konkludent eine abweichende Prämienhöhe vereinbart wurde, geht diese Vereinbarung daher vor. Die abweichende Vereinbarung kann auch in AKB getroffen werden, dabei genügt es grundsätzlich – auch unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebotes – wenn die Höhe der geschuldeten Prämie in den ergänzend zu den AKB verwendeten Tarifbestimmungen festgelegt wird (Prölss/Martin/Klimke VVG § 50 Rn. 7).

Die Regelung ist jedoch auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Versicherungsbedingungen sind objektiv aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auszulegen (BGHZ 84, 268, VersR 1982, 841). Hierbei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an, wobei der Ausgangspunkt für die Auslegung der Wortlaut der Klausel ist, da sich das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers hieran orientiert (BGH VersR 1993, 957, BGH VersR 2007, 1690; BGH VersR 2009, 623).

Der Abschnitt 1 der Anlage 2 zu den AKB der Klägerin (Bl. 149 GA), welcher in Unterpunkt 1.3 die Klausel enthält, wonach bei fehlenden Angaben die für den Versicherungsnehmer ungünstigsten einbezogen werden, stellt in Unterpunkt 1.1 auf einen Antrag ab. Hier wird darauf hingewiesen, dass gefahrerhebliche Umstände all diejenigen Umstände sind, welche in dem von der Klägerin vorgelegten Antragsformular enthalten sind. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer darf aus diesem Wortlaut darauf schließen, dass die in diesem Abschnitt enthaltenen Regelungen nur auf einen auf Grundlage eines förmlichen Antrages zu Stande gekommenen Hauptvertrag Anwendung finden sollen. Um einen solchen Vertrag handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Versicherungsverhältnis allerdings nicht.

Aber selbst dann, wenn die Kammer eine generelle Geltung der Klausel für den vorläufigen Deckungsschutz bejahte, so fände diese im vorliegenden Fall keine Anwendung. Die Regelung setzt nach ihrem Wortlaut voraus, dass zumindest das Antragsformular auf Versicherungsschutz bei dem Versicherungsnehmer vorliegt, was im hiesigen Fall nicht zur Überzeugung der Kammer festgestellt werden konnte.

In Abschnitt 1 der Anhangs 2 kommt klar zum Ausdruck, dass der Versicherer eine Auskunft über die gefahrerheblichen Umstände verlangt. Welche Umstände von ihm als gefahrerheblich eingestuft werden, teilt der Versicherer dem Versicherungsnehmer ausweislich des vorbenannten Abschnittes erst im Antragsformular mit.

Der Abschnitt 1 zielt nach seinem Wortlaut also gerade auf eine Situation ab, in der die Parteien bereits mittels eines Antragsformulars Informationen ausgetauscht haben und der Versicherungsnehmer Kenntnis davon hat, über welche Umstände er den Versicherer aufzuklären hat. In dieser Situation soll die in Unterpunkt 1.3 enthaltene Klausel dafür sorgen, dass der Versicherer nicht die Gefahr für diejenigen Angaben tragen soll, die der Versicherungsnehmer bei Beantragung des Versicherungsschutzes nicht macht, obwohl er über die Wichtigkeit dieser Informationen für den Versicherer informiert war. Es wäre unbillig, dem Versicherer die Gefahr der unvollständigen Angaben aufzubürden, nachdem er den möglichen Versicherungsnehmer mittels des Antrages klar darüber aufgeklärt hat, welche Angaben über welche Umstände auf Grund der Gefahrerheblichkeit notwendig sind. Im Gegenzug darf der Versicherer, der mittels des Antragsformulars bestimmt, welche Umstände als gefahrerheblich anzusehen sind, nicht dadurch begünstigt werden, dass der Versicherungsnehmer die relevanten Informationen nicht erhalten hat.

Die Beklagte hat – und dies ist zwischen den Parteien unstreitig – keinen Antrag auf Versicherungsschutz ausgefüllt. Dafür, dass die Beklagte das entsprechende Antragsformular erhalten hat, ist die Klägerin vorliegend beweisbelastet.

Als Beweismittel legt die Klägerin die Anlage B1 vor. Hierbei handelt es sich um einen Auszug aus dem internen Datenverarbeitungssystem der Klägerin. Aus diesem geht hervor, dass der Antrag am 25.02.2014 beim Versicherungsnehmer angefordert worden sei. Ein interner Vermerk über die Anforderung vermag jedoch nicht den tatsächlichen Zugang des Antragsformulars nachzuweisen. Insofern dieser Vermerk als Beweis des Absendens des entsprechenden Aufforderungsschreibens angesehen werden kann, was aus Sicht der Kammer nicht frei von Zweifeln ist, so liegt in dem Nachweis des Versendens nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht der Beweis des Zugangs (vgl. BGH NJW 1964, 1176). Die Klägerin ist insofern beweisfällig geblieben.

Der Antrag kann nicht durch die Mitteilung des Straßenverkehrsamtes ersetzt werden. Diese Mitteilung dient ihrer Natur nach schon nicht der Übermittlung der für die Beitragsberechnung relevanten Informationen.

Die in Unterpunkt 1.2 des Anhangs 2 der AKB enthaltene Aufzählung kann eine Übersendung des Antragsformulars ebenfalls nicht ersetzen. Zwar kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer aus dieser Klausel einige der gefahrrelevanten Umstände erkennen, die Klausel ist ihrem Wortlaut nach aber nicht abschließend gehalten („[ … ] sind zum Beispiel [ … ]“) und somit für eine vollständige Information des Versicherungsnehmers nicht geeignet.

Es kann dahinstehen, ob es als allgemein bekannt anzusehen ist, dass Kraftfahrversicherungen die Einreichung eines Versicherungsantrages voraussetzen. Diese Kenntnis ersetzte das Vorliegen des Antragsformulars und die Kenntnis von dessen Inhalt, auf welche es vorliegend ankommt, nicht.

Die AKB sehen für den Fall, dass kein Antrag vorliegt, keine Regelung vor. Die Rechtsfolge richtet sich deshalb nach den gesetzlichen Regelungen. Dementsprechend ist der Beitrag so zu berechnen, als hätte die Versicherungsnehmerin die für sie günstigsten Angaben gemacht.

Die Höhe des sich aus einer solchen Berechnung ergebenden Betrages hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie hat bisher nur die Ansicht geäußert, ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt zu haben und dementsprechend eine Anpassung des Beitrages abgelehnt. Sie hat behauptet, die Berechnung ergebe sich aus dem Versicherungsschein. Aus dem Versicherungsschein ergeben sich die Berechnungsgrundlagen allerdings nicht. Der Kammer ist eine eigene Berechnung nicht möglich.

Zwar finden sich hier Hinweise auf die zu Grunde gelegte Regional-, die Typ- und die Schadensfreiheitsklasse; die einzelne Auswirkung hiervon auf den Gesamttarif und die Auswirkungen der Berücksichtigung von für die Klägerin günstigen Berechnungsmerkmalen sind aus dem Versicherungsschein heraus nicht erkennbar.

Ein entsprechender Hinweis war nicht zu erteilen. Bei der Äußerung der Ansicht, dass die Klausel in Ziffer 1.3 des Anhangs 2 der AKB auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, handelt es sich um ein Hauptargument der Verteidigung gegen die Berufung.

III.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gem. § 543 II ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache besitzt weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 und § 95 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO

Der Streitwert wird auf 1.285,19 EUR festgesetzt.


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