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Kraftfahrtversicherung – Obliegenheitsverletzung wegen Aufklärungspflichtverletzung

LG Dortmund – Az.: 2 O 223/15 – Urteil vom 17.03.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in der Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in der Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Leistungen wegen Einbruchdiebstahls in seinen Pkw.

Die Parteien sind seit dem 01.10.2014 verbunden über eine Kraftfahrtversicherung Tarif „… Autoversicherung Komfort Vario“ unter der Versicherungsscheinnummer: …, Versichertes Fahrzeug ist der erstmals am 20.12.2005 zugelassene BMW 535d E61 Touring mit dem amtlichen Kennzeichen … und der Fahrzeug-Identifikationsnummer …, Teilkaskoschäden sind bei einer Selbstbeteiligung von 150,00 EUR versichert. Dem Vertrag liegen Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung der Besagten, Stand: 15.04.2014 (AKB 2014) zu Grunde. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung wird auf die mit der Klageschrift vom 06.07.2015 zu den Akten gereichten Versicherungsbedingungen und den Versicherungsschein verwiesen (Bl. 6-38 d. A.).

Am 11.01.2015 zeigte der Kläger einen zwischen den Parteien streitigen Einbruchdiebstahl in seinen Pkw bei der Polizei in Castrop-Rauxel an (StA Dortmund – Az. 051 UJs 1012/15). Diesen Vorfall meldete der Kläger sodann auch bei der Beklagten.

Die Beklagte trat daraufhin in die Leistungsprüfung ein und übermittelte dem Kläger mit Schreiben vom 22.01.2015 ein Schadensanzeigeformular mit einem Hinweis über die Folgen bei Verletzung von Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall. Der Kläger füllte das Schadensanzeigeformular unter dem 05.02.2015 aus und schickte dieses an die Beklagte zurück.

Im Schadensanzeigeformular unter der Rubrik „5. Vorschäden“ gab der Kläger zur Frage 5.4 „Haben sie selbst in den letzten fünf Jahren bei einem Versicherer als Versicherungsnehmer oder Anspruchsteller Ansprüche angemeldet?“ zwei Versicherungsfälle an, und zwar einen Haftpflichtschaden eines früheren Fahrzeuges vom 24.01.2013 bei der … Versicherung sowie einen Sturmschaden vom 09.06.2014 bei der … Versicherung. Wegen der Einzelheiten der Angaben wird auf das mit der Klageschrift zu den Akten gereichte Schadensanzeigeformular (Bl. 45 d.A.) verwiesen.

Einen Einbruchdiebstahls-Schaden vom 26.08.2012 in einen damals durch den Kläger bei der … Versicherung versicherten Fiat Punto … erwähnte der Kläger im Schadensanzeigeformular nicht. Bei dem damaligen Versicherungsfall wurde das Schloss des Fiat Punto aufgebrochen. Ein Airbag, eine Hutablage mit zwei Boxen, ein MP3 Radio, ein Subwoofer und ein Verstärker wurden entwendet. Der Einbruchdiebstahl wurde seinerzeit polizeilich angezeigt (StA Bochum 77 UJs 6290/12 A) und von der … Versicherung fiktiv reguliert.

Mit Schreiben vom 05.03.2015 lehnte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Schadensregulierung ab unter Berufung auf eine Aufklärungspflichtverletzung wegen arglistigen Verschweigens des vorgenannten Kaskoschadens im Zuge der Schadensanzeige.

Der Kläger behauptet, Unbekannte hätten im Zeitraum vom 10.01.2015 – 19:15 Uhr bis zum 11.01.2015 – 13:00 Uhr sein auf dem Parkplatz in der Lange Straße 170 in Castrop-Rauxel abgestelltes Fahrzeug aufgebrochen. Dadurch sei die Tür sowie das Türschloss vorne links beschädigt als auch der Airbag, die Lüftungseinheit, ein festeingebautes Navigationssystem, Blenden und die Rücksitzbank entwendet worden. Er habe das Fahrzeug am 25.09.2014 zu einem Kaufpreis von 8.500,00 EUR gekauft und sei auch Eigentümer des Fahrzeugs.

Ferner behauptet er, dass er das Schadensanzeigeformular vom 05.02.2015 nach bestem Wissen und Gewissen ausgefüllt habe. In Bezug auf die Frage von vorangegangenen Versicherungsfällen habe er seine Unterlagen durchgeschaut und bei Versicherern, auch bei der … Versicherung, telefonisch nachgefragt. Von der … sei ihm gesagt worden, dass ein Schadensfall nicht vorläge. Dieser Angabe habe er Vertrauen geschenkt. Er habe sich nicht an den Schadensfall erinnern könne, da das Jahr 2012 ein turbulentes Jahr gewesen sei, zu der Zeit hätten viele Probleme mit dem Stiefsohn bestanden.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass die Beklagte den sich aus dem Pkw-Einbruchdiebstahl am 10.01.2015 in den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen … ereigneten Schaden aus der zwischen den Parteien bestehenden Teilkaskoversicherung bedingungsgemäß abzüglich einer vereinbarten Selbstbeteiligung i.H.v. 150,00 EUR zu regulieren hat.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers und beruft sich auf eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalls, da entgegen der sonst üblichen Vorgehensweise bei einem Teilediebstahl eines Fahrzeugs keine Stecker oder Kabelverbindungen beschädigt seien. Ferner sei eine Entwendung einer Rücksitzbank unüblich und zeitaufwändig.

Die Beklagte beruft sich ferner auf Leistungsfreiheit wegen arglistiger Obliegenheitsverletzung in Gestalt einer Aufklärungspflichtverletzung. Der Kläger habe das Schadensereignis vom 26.08.2012 nicht vergessen, sondern bewusst nicht offenbart, um die Beklagte über erfragte weitere Schadensfälle zu täuschen und von weiteren Ermittlungen abzuhalten.

Das Gericht hat Beweis erhoben zum äußeren Bild des Versicherungsfalls durch uneidliche Vernehmung des Zeugen … und zu den Umständen des Ausfüllens des Schadensanzeigeformulars durch uneidliche Vernehmung der Zeugin … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2016 verwiesen. Die Strafakten StA Bochum 77 UJs 6290/12 A und StA Dortmund 051 UJs 1012/15 A sind beigezogen worden und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Versicherungsleistungen wegen eines Teilediebstahls des versicherten Fahrzeugs aus § 1 S. 1 VVG i.V.m. dem zwischen den Parteien bestehenden Kraftfahrtversicherungsvertrag i.V.m. A. 2.1.1 AKB 2014 i.V.m. A.2.2.2 AKB 2014.

Es kann dahinstehen, ob der Kläger aktivlegitimiert ist, ihm der obliegende Beweis des äußeren Bildes des Einbruchdiebstahls gelungen ist oder eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalls gegeben ist. Jedenfalls ist die Beklagte wegen arglistiger nachvertraglicher Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei gemäß E.6.1 AKB 2014 i.V.m. § 28 Abs. 2 S. 1 VVG.

Wegen der unstreitigen Nichtangabe des ähnlich gelagerten Versicherungsfalls vom 26.08.2012 in der Schadensanzeige vom 05.02.2015 fällt dem Kläger eine nachvertragliche arglistige Obliegenheitsverletzung nach E.6.1 AKB 2014 i.V.m. § 28 Abs. 2 VVG zur Last. Durch die Nichtangabe der Versicherungsfalls vom 26.08.2012 hat der Kläger gegen seine Auskunfts-/Aufklärungspflicht nach E.1.3 AKB 2014 verstoßen.

Nach E.1.3 AKB 2014 ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Auf Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses ist wahrheitsgemäß und vollständig zu antworten. Nach E.6.1 AKB 2014 i.V.m. § 28 Abs. 2 S. 1 VVG hat eine Verletzung der in E.1.3 AKB 2014 geregelten Aufklärungsobliegenheit bei einem vorsätzlichen Verstoß Leistungsfreiheit des Versicherers zur Folge. Abweichend von § 28 Abs. 2 VVG bleibt der Versicherer bei Obliegenheitsverletzungen zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung weder für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist (§ 28 Abs. 3 S. 1 VVG, E.6.1 AKB 2014). Dies gilt sowohl bei grob fahrlässigem als auch bei vorsätzlichem Verhalten. Nur bei arglistigem Verhalten des Versicherungsnehmers tritt auch bei „folgenlosen“ Obliegenheitsverletzungen Leistungsfreiheit für den Versicherer ein (§ 28 Abs. 3 S. 2 VVG, E.6.1 AKB 2014).

Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich in erster Linie nach den von den Versicherern gestellten Fragen der Schadensanzeigeformulare. Bereits die Nichtbeantwortung/Falschbeantwortung einer Frage ist eine Verletzung der Aufklärungspflicht. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf jeden Umstand, der zur Aufklärung des Tatbestands dienlich sein kann, soweit dem Versicherungsnehmer nichts „Unbilliges zugemutet“ wird (BGH NJW 2015, 949, 950). Dazu gehören vor allem auch Umstände, die lediglich Anhaltspunkte für oder gegen das Vorliegen eines Versicherungsfalls liefern können. Der Versicherungsnehmer hat daher auf entsprechendes Verfangen auch solche Tatsachen wahrheitsgemäß und vollständig zu offenbaren, wenn die Erfüllung der Auskunftsobliegenheit eigenen Interessen widerstreitet, weil sie dem Versicherer erst ermöglicht, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen (Vgl. BGH Urteil vom 16.11.2005 – Aktenzeichen IV ZR 307/04 Rn. 13, 14; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2012, § 31 Rn. 7).

Bei der hier streitgegenständlichen Frage nach vorangegangenen Versicherungsfällen handelt es sich um eine Frage, die die Redlichkeit des Versicherungsnehmers überprüfbar machen soll und somit in einem inneren Zusammenhang mit der Überprüfung des Vorliegens des Versicherungsfalls liegt. An der Zulässigkeit der Frage bestehen daher keine Bedenken. Diese Frage hat der Kläger – unstreitig – objektiv falsch beantwortet, indem er den Kaskoschaden aus dem Jahr 2012 bei der … Versicherung gegenüber der Beklagten nicht angegeben hat.

Bei einer Obliegenheitsverletzung wegen Aufklärungspflichtverletzung gehört bereits der subjektive Umstand der Kenntnis von der mitteilungspflichtigen Tatsache zum objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung. Die Kenntnis der mitteilungspflichtigen Tatsache ist daher grundsätzlich vom Versicherer zu beweisen (BGH BeckRS 2008, 01658). Sofern jedoch eine Kenntnis des Versicherungsnehmers von den mitteilungspflichtigen Tatsachen – wie hier – unstreitig einmal gegeben war, wird das Fortbestehen der Kenntnis zum Zeitpunkt der streitigen Aufklärungspflichtverletzung vermutet, mit der Folge, dass der Versicherungsnehmer nach dem Motto „einmal gewusst – immer gewusst“ das Entfallen der einmal vorhanden gewesenen Kenntnis zu beweisen hat (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.2006 – IV ZR 252/02 = NJW 2007, 1126; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2012, § 31 Rn. 32, 3).

Der Kläger konnte zur Überzeugung des Gerichts nicht den Beweis des Vergessens bzw. der entfallenen Kenntnis des nichtangezeigten Versicherungsfalls aus 2012 beim Ausfüllen des Schadensanzeigeformulars führen. Nach § 286 Abs. 1 ZPO ist der Beweis erst geführt, wenn das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der Durchführung der mündlichen Verhandlung von der Richtigkeit der Tatsachen derart überzeugt ist, dass vernünftigen Zweifeln Schweigen geboten ist.

Dies ist hier nicht der Fall.

Der Kläger hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung ausgeführt dass ihm der nichtangezeigte Versicherungsfall nicht mehr erinnerlich gewesen sei wegen Problemen mit seinem Sohn zum Zeitpunkt des vorangegangenen Versicherungsfalls. Auch habe er sich wegen des lange zurückliegenden Zeitraums nicht mehr an den Vorfall erinnern können. Durchgesehene Unterlagen und auch der Anruf bei der … Versicherung seien ergebnislos verlaufen. Die Zeugin … bestätigte den Vortrag des Klägers im Wesentlichen. Auch sie hat bekundet, dass sie sich an den nicht angezeigten Versicherungsfall im Einzelnen nicht mehr erinnern könne und dass der Kläger wegen Unwissenheit Nachforschungen bei der … Versicherung gemacht habe.

Selbst wenn das Gericht als wahr unterstellt, dass der Kläger bei der … Versicherung Erkundigungen eingeholt hat, die negativ verlaufen sind, ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger – unabhängig von der Auskunft bei der … – den nicht angezeigten Versicherungsfall vom 26.08.2012 nicht mehr in Erinnerung hatte beim Ausfüllen des Schadensanzeigeformulars. Sofern die Zeugin … den Vortrag fehlender Erinnerung – auch in eigener Person – positiv bestätigt hat, erscheint dies bei Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls nicht glaubhaft. Es sprechen vielmehr gewichtige Gründe gegen ein Nichtbedenken dieses Versicherungsfalls beim Ausfüllen des Schadenanzeigeformulars der Beklagten. Der Versicherungsfall aus August 2012 liegt zum einen bloß weniger als drei Jahre vor dem hier streitgegenständlichen Versicherungsfall zurück. Zum anderen ist dieser Versicherungsfall nahezu identisch mit dem hier streitgegenständlichen Versicherungsfall. Der nicht angezeigte Versicherungsfall betrifft ebenfalls einen Kaskoschaden. Bei dem Kaskoschaden aus dem Jahr 2012 betreffend den durch den Kläger versicherten Fiat Punto ging es ebenfalls um einen Teilediebstahl aus dem Fahrzeuginneren. Der Kläger hat damals nach eigener Darstellung Versicherungsleistungen in der Höhe von ca. 1.000 EUR erhalten, die beinahe den damaligen Wert des Fiat Punto widerspiegelten, den der Kläger mit ca. 1.500 EUR bezifferte. Ferner dürfte der Umstand, dass der Kläger bei dem Kaskoschaden aus August 2012 Opfer einer Straftat geworden ist, als ein außergewöhnliches Lebensereignis zu werten sein. Es ist fernliegend, dass ein solches Ereignis nicht in Erinnerung bleibt. Zumindest müsste jedoch ein derartiges Ereignis einem Betroffenen – wenn es einem erneut widerfährt – wieder in Erinnerung kommen. Auch ist hierbei zu berücksichtigen, dass der Kläger ausweislich der dokumentierten Strafanzeige der beigezogenen Strafakte bei der Polizei selbst Anzeige erstattet hat, demzufolge das frühere Ereignis real intensiv erlebt hat. Dass der Kläger das Vergessen dieses Vorfalls mit den Geschehnissen um seinen Sohn rechtfertigt, erscheint auch nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht überzeugend. Nach Darstellung des Klägers war das Auto gerade für den Sohn bestimmt, der vergeblich bemüht war, den Führerschein zu machen, sodass der Fiat Punto geradezu im Zusammenhang mit den frustrierenden Ereignissen rund um den Sohn im Jahr 2012 steht.

Da der Kläger den Beweis des Vergessens der einmal bestehenden Kenntnis von dem Kaskoschaden 2012 beim Ausfüllen des Schadensformulars nicht führen konnte, ist das Fortbestehen der Kenntnis zu unterstellen. Es ist insofern von einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Aufklärungspflicht aus nach E.1.3 AKB 2014 auszugehen mit der Folge einer Leistungsfreiheit der Beklagten gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 VVG.

Es kann dahinstehen, ob die Beklagte durch die Hinweise im Schadensanzeigeformular ihrer Hinweispflicht gemäß § 28 Abs. 4 VVG gerecht geworden ist und, ob die Obliegenheitsverletzung konkret kausal für die Feststellung der Beklagten – den Versicherungsfall nicht zu regulieren – geworden ist, da dem Kläger ein arglistiger Verstoß gegen die Obliegenheitsverletzung vorwerfbar ist. Im Fall einer arglistigen Obliegenheitsverletzung kann sich der Versicherungsnehmer weder auf einen Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 28 Abs. 4 VVG berufen (siehe nur Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 28 Rn. 261) noch den Kausalitätsgegenbeweis gemäß § 28 Abs. 3 VVG führen, vgl. § 28 Abs. 3 S. 2 VVG.

Für die Annahme von Arglist reicht es aus, wenn sich der Versicherungsnehmer der Unrichtigkeit seiner Angaben bewusst ist und davon ausgeht, durch seine Falschangaben die Schadensregulierung möglicherweise zu beeinflussen und sei es auch nur zu erleichtern etwa um Verzögerungen der Regulierung zu entgegnen (Vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2015, 92; OLG Hamm BeckRS 2011, 11604). Es ist gerade nicht erforderlich, dass der Versicherungsnehmer einen Vermögensvorteil erstrebt, auf den er keinen Anspruch hat. Es genügt, dass er etwa zur Beschleunigung der Regulierung, einen Verdacht von sich abwenden möchte oder Schwierigkeiten bei der Feststellung seiner für berechtigt gehaltenen Ansprüche vermeiden will (OLG Hamm aaO). Die Beweislast obliegt hier wiederum der Beklagten. Dem Versicherungsnehmer obliegt eine sekundäre Darlegungslast, wenn objektiv falsche Angaben vorliegen. Er muss plausible Tatsachen vortragen, die den Täuschungswillen entfallen lassen (BGH Urt. v. 11. 5. 2011 – IV ZR 148/09 Rn. 16 = NJOZ 2012, 612).

Da der Kläger sich hier letztlich nur auf ein „Vergessen“ des vorangegangenen Versicherungsfalls beruft, legt er keine Indizien dar, die den Vorwurf der Arglist ausräumen können. Da ihm der Beweis des Vergessens nicht gelungen ist und insofern vom Fortbestehen der Kenntnis des nicht angezeigten Versicherungsfalls im Zeitpunkt der Schadensanzeige ausgegangen werden muss, ist die Annahme von Arglist hier nur logischer Schluss angesichts der „Brisanz“ der unterschlagenen Information. Dies folgt hier überdies auch aus dem objektiven Umstand des Verhältnisses der angegebenen und nicht angegebenen Versicherungsfälle. Die gegenüber der Beklagten im Schadensanzeigeformular angezeigten vorangehenden Versicherungsfälle betreffen gerade nicht das versicherte Risiko eines Einbruchdiebstahls, sondern Haftpflicht- und Sturmschäden. Die unterschlagene Information hingegen betrifft einen Fall, der dem hier streitgegenständlichen Fall besonders ähnlich ist. Daraus folgt, das der Kläger durch seine Falschangabe die Schadensregulierung durch die Beklagte zumindest erleichtern wollte, um eine beschleunigte Sachbearbeitung zu ermöglichen. Gerade die Tatsache, dass ein ähnlicher Einbruchdiebstahl nicht angegeben wurde indiziert, dass der Kläger im eigenen Interesse Schwierigkeiten bei der Schadensregulierung entgegnen wollte, um einen – sei es auch unberechtigten Verdacht – von sich abzuwenden. Allein dieses Motiv ist für den Vorwurf der Arglist ausreichend.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folg aus § 91 ZPO; die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt.

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