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Kostenausgleichsvereinbarung – fondsgebundene Lebensversicherung – Wirksamkeit

Siehe: AG Oschatz – Az.: 2 C 390/10 – Urteil vom 22.09.2011

Berufungsinstanz:

LG Leipzig – Az.: 3 S 571/11 – Urteil vom 19.04.2012

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts Oschatz vom 22.09.2011 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Oschatz vom 25.08.2011 wird in Höhe eines Teilbetrages von 3.280,04 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich seit dem 21.01.2010 aufrechterhalten.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Oschatz vom 25.08.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf 3.280,04 €.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung aus einer sogenannten Kostenausgleichsvereinbarung in Anspruch.

Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand und auf die Enscheidungsgründe des angefochtenen Endurteils des Amtsgerichts Oschatz vom 22.09.2011 Bezug genommen.

Gegen das ihm am 04.10.2011 zugestellte Endurteil des Amtsgerichts Oschatz hat der Beklagteam 26.10.2011 Berufung eingelegt, welche er am 24.11.2011 begründet hat.

Mit seiner Berufungsbegründung führt der Beklagte aus, die Klägerin habe im ersten Rechtszug als Anlage K 3 lediglich Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung vorgelegt, welche aus dem Januar 2009 stammten, wohingegen der Antrag des Beklagten bereits vom 31.10.2008 datiere. Die in der Anlage K1 zur Anspruchsbegründung vorgelegte Widerrufsbe-lehrung verstoße gegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG. Der Beklagte widerrufe deswegen jegliche Willenserklärungen, welche auf den Abschluss eines Versicherungsvertrages und einer Kostenausgleichsvereinbarung gerichtet seien. Die Formulierungen in der Widerrufsbelehrung zur Kostenausgleichsvereinbarung seien geeignet, den Versicherungsnehmer darüber zu verwirren, wann die Frist tatsächlich beginne. In der Widerrufsbelehrung fehle im übrigen jeglicher Hinweis darauf, dass im Falle des Widerrufs bereits geleistete Zahlungen auf die Kostenausgleichsvereinbarung an den Versicherungsnehmer zurückerstattet werden müssten.

Zudem verstoße die Kostenausgleichs Vereinbarung gegen § 169 Abs. 5 VVG. Es handele sich, wie vom Landgericht Rostock mit Urteil vom 06.08.2010 zum Az. 10 O 137/10 ausgeführt, um ein unzulässiges Umgehungsgeschäft zu § 169 VVG.

Der Beklagte hat im zweiten Rechtszug in der Anlage B K 8 zum Schriftsatz vom 06.02.2012 den für ihn ausgestellten Versicherungsschein der Klägerin zu den Akten gereicht, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

Die Klägerin hat im zweiten Rechtszug ihre Klage mit Zustimmung des Beklagten hinsichtlich der im Versäumnis urteil des Amtsgerichts Oschatz vom 25.08.2011 ausgeurteilten Inkassokosten von 161,05 € zurückgenommen.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Oschatz vom 22.09.2011, Az. 2 C 390/10, die Klage abzuweisen und das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Oschatz vom 25.08.2011 aufzuheben.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin führt aus, im ersten Rechtszug habe sie versehentlich die Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung von 2009 vorgelegt. Der Wortlaut der Bedingungen von 2008 sei jedoch gleichlautend, was sich aus der ersten Anlage zur Berufungsbegründung – auf deren Inhalt verwiesen wird – ergebe. Hinsichtlich der Kostenausgleichsvereinbarung gelte § 8 VVG nicht, da es sich insoweit um ein vertragliches Widerrufs recht handele, welches der Versicherer dem Kunden einräume. Zudem sei eine Verwirrung des Kunden bei Nennung zweier Möglichkeiten des Fristbeginns tatsächlich nicht gegeben. Hinsichtlich der Kostenausgleichsvereinbarung müsse ein Widerrufs recht von Gesetzes wegen überhaupt nicht eingeräumt werden.

Die Kostenausgleichsvereinbarung sei wirksam. § 169 Abs. 5 Satz 2 VVG werde nicht tangiert. Es liege keine rechtswidrige Umgehung dieser Norm vor, wenn aus Gründen der Transparenz die Vertriebs kosten einer gesonderten Regelung unterworfen würden. Dass der Versicherer generell Kosten auf den Kunden abwälzen könne, wenn er diese Kosten nicht aus den Prämien decken könne, sei einleuchtend und vom Gesetzgeber nicht verboten.

Auch könne von einer Stundungsabrede hinsichtlich der Zahlungen auf die Kostenausgleichsvereinbarung keine Rede sein. Es sei Ratenzahlung vereinbart und die Fälligkeit geregelt worden. Es handele sich nicht um eine Stundung eines fälligen Betrages, sondern um eine Regelung der Fälligkeit.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.03.2012 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat lediglich hinsichtlich eines verhältnismäßig geringfügigen Teilbetrages der geltend gemachten Nebenforderungen Erfolg. Im Übrigen erweist sich die Berufung des Beklagten als unbegründet.

1.

Nachdem der Beklagte den Versicherungsvertrag mit der Klägerin mit Schreiben vom 25.05.2009 (Anlage K5) aus finanziellen Gründen gekündigt hat, bleibt er gleichwohl zur Zahlung auf die mit der Klägerin abgeschlossene Kostenausgleichsvereinbarung verpflichtet. Denn gemäß § 6 Abs. 2 der wirksam einbezogenen Bedingungen der Klägerin für die Kostenausgleichsvereinbarung führt die Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Versicherungsnehmer nicht zur Beendigung des rechtlich selbstständigen Vertrages über die Kostenausgleichsvereinbarung. Hierauf wurde der Beklagte in drucktechnisch deutlicher Form in Fettdruck im Antragsformular hingewiesen. Denn im Antragsformular ist auf Seite 2 nachzulesen:

„Die Auflösung des Versicherungsvertrages führt grundsätzlich nicht zur Beendigung dieser Kostenausgleichsvereinbarung.“

Wenn wie hier neben dem Versicherungsvertrag eine separate Kostenausgleichsvereinbarung abgeschlossen wird, gelangt § 169 Abs. 5 Satz 2 VVG nicht zur Anwendung. Diese Regelung greift nur dann ein, wenn Kosten im Wege der Zillmerung in den Prämien enthalten sind. § 169 VVG sieht vor, dass für den Fall, dass die Verrechnung der Abschluss kosten mit den Prämien vereinbart wurde, die Abschluss- und Vertriebs kosten im Falle einer frühzeitigen Kündigung bei der Ermittlung des Rückkaufswertes nur anteilig berücksichtigt werden dürfen. Aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber davon bewusst den Fall ausgenommen hat, dass die Abschlusskosten gesondert und ohne Verrechnung mit den Versicherungsprämien gezahlt werden sollen. Der Gesetzgeber hat wegen der dadurch entstehenden Transparenz zwischen Abschlusskosten und Versicherungsprämien bzw. der Ermittlung des Rückkaufswertes diese Regelung in Kauf genommen. Der Gesetzgeber hat darauf hingewiesen, dass auch in anderen Fällen die Kosten im Zusammenhang mit der Vermittlung des Vertrages von dem eigentlichen Vertrag unabhängig sind, wie es beispielsweise beim Maklervertrag der Fall ist. Auch dort sind die Maklerkosten unabhängig davon, nach welchem Zeitraum etwa der Mieter das Mietverhältnis kündigt, schon entstanden. Da somit der Gesetzgeber die von der Klägerin gewählte Variante bewusst in Kauf genommen hat, stellt diese keine Umgehung des § 169 VVG dar. Aus dem Genannten und insbesondere dem Vergleich mit der Maklerprovision ergibt sich auch, dass der Kostenausgleichsvertrag nicht zwangsläufig das Schicksal des Versicherungsvertrages als Hauptvertrag teilt.

In der Gesetzesbegründung zu § 169 VVG heißt es wörtlich:

„Die Regelung schließt nicht aus, dass eine gesonderte Vereinbarung über die Zahlung der Abschlusskosten getroffen und nicht gezillmert (hier: Verrechnung der Abschlusskosten mit Prämienzahlungen) wird. Wird eine gesonderte Vereinbarung getroffen und nicht verrechnet, ist allein schon dadurch volle Transparenz hinsichtlich der Höhe der Abschlusskosten hergestellt.“ (vgl. hierzu BT-Drucksache 16/3945, Seite 53).

Die hier vertretene Auffassung von der Zulässigkeit selbständiger Kostenausgleichsvereinbarungen entspricht der der Kammer vorliegenden überwiegenden Rechtsprechung und Literatur (vgl. hierzu LG Dessau, Urteil vom 06.10.2011, Az. 1 S 50/11; LG Baden-Baden, Urteil vom Az. 1 O 242/10; LG Frankfurt/Oder, Urteil vom 08.06.2011, Az. 14 O 44/11; LG Zwickau, Urteil vom 06.09.2011, Az. 2 O 756/10; LG Bonn, Urteil vom 01.12.2011, Az. 109 C 224/10; LG Stendal, Urteil vom 19.01.2012, Az. 22 S 99/11; LG Dresden, Urteil vom Az. 08 O 1151/11; LG Kiel, Urteil vom 02.11.2011, Az. 5 O 150/11; AG Braunschweig, Urteil vom 13.04.2010, Az. 116 C 4493/09; AG Brandenburg, Urteil vom 01.11.2010, Az. 30 C 252/10; AG Köln, Urteil vom 03.11.2010, Az. 118 C 186/10; Schwintowski, ZfV2011, 96 ff; Frohnecke, VW 2011, 268; Engeländer, VersR 2007, 1297, 1310; anderer Ansicht: LG Rostock, Urteil vom 06.08.2010, Az. 10 O 137/10; Leithoff, VW 2011, 654; Evers, VW 2010, 1393).

Für die Zulässigkeit gesonderter und selbständiger Kostenausgleichsvereinbarungen spricht auch das Urteil des BGH vom 20.01.2005 zum Az. III ZR 251/04. In dieser Entscheidung hat der BGH die grundsätzliche Zulässigkeit der sogenannten Nettopolice anerkannt. Vermittelt der Versicherungsmakler dem Kunden eine Lebensversicherung mit Nettopolice, so entfällt nach dieser Entscheidung des BGH seine vereinbarungsgemäß vom Kunden zu zahlende Abschlussprovision nicht dadurch, dass dieser die Versicherung vorzeitig kündigt. Der BGH hat die Wirksamkeit einer besonderen Provisionsvereinbarung des Versicherungsmaklers mit dem Versicherungsnehmer anerkannt. Eine formularmäßige Klausel über eine Fortdauer der Provisionszahlungspflicht unabhängig von dem späteren Schicksal des Versicherungsvertrages beinhaltet nach der Rechtsprechung des BGH keine gegen die Gebote von Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Denn Maklerlohnansprüche für die Vermittlung von Verträgen entstehen bereits dann, wenn der Hauptvertrag wirksam zustande kommt. Der weitere Bestand des nachgewiesenen oder vermittelten Vertrages bleibt auf die Provisionsforderung grundsätzlich ohne Einfluss. Die Zahlungspflicht des Maklerkunden entfällt deswegen im allgemeinen nicht, wenn der vermittelte Vertrag, wie hier durch Kündigung, beseitigt wird, ohne dass dabei eine schon im Vertragsschluss selbst liegende Unvollkommenheit mitgewirkt hätte.

Die Klägerin hat im Streitfall nichts anderes getan, als eine weitere nach Ansicht der Kammer ebenfalls zulässige Variante der sogenannten Nettopolice vertraglich zu vereinbaren.

2.

Aus den selben sachlichen Erwägungen sieht die Kammer in dem nach § 6 Abs. 2 der allgemeinen Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung vereinbarten Ausschluss des Kündigungsrechts zur Kostenausgleichsvereinbarung auch keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers und demzufolge auch keinen Verstoß gegen § 307 BGB (so aber AG Lahr, Urteil vom 05.01.2012, Az. 5 C 114/11 sowie AG Berlin-Lichtenberg, Urteil vom 05.04.2012, Az. 102 C 283/10).

3.

Soweit die Parteien monatliche Zahlungen auf die Kostenausgleichsvereinbarung vereinbart haben, liegt hierin auch kein entgeltlicher Zahlungsaufschub nach Maßgabe des Verbraucherkreditrechts und deswegen war auch nicht hierwegen eine besondere Widerrufsbelehrung seitens der Klägerin erforderlich (so aber LG Dresden, Urteil vom 05.07.2011, Az. 08 O 2808/10 sowie AG Dresden, Urteil vom 13.10.2011, Az. 107 C 1831/11).

Denn in der Vereinbarung monatlicher statt jährlicher Zahlungen liegt kein entgeltlicher Zahlungsaufschub, sondern vielmehr eine bloße Fälligkeitsregelung. Zudem ergibt sich aus dem Antragsformular in der Anlage K1 zur Anspruchsbegründung eindeutig, dass die Klägerin für die Vereinbarung einer monatlichen Zahlung keinerlei Zinsen beansprucht hat.

Wenn bei Verträgen, in denen eine unterjährliche Zahlungsweise vereinbart wird, der Versicherungsnehmer höhere Beiträge zu zahlen hat als bei jährlicher Beitragszahlung, gewährt die Versicherung durch den Abschluss solcher Verträge dem Versicherungsnehmer keinen Kredit im Sinne des Verbraucherkreditrechts des BGB, insbesondere auch keinen entgeltlichen Zahlungsaufschub im Sinne von § 506 BGB n.F. bzw. dessen Vorgängerregelungen.

Grundlage für die Vorschriften des Verbraucherkreditrechts waren die Verbraucherkreditrichtlinien 2008/48 EG vom 23.04.2008 und 87/102/EWG vom 22.12.1986. Es gibt keinen Anlass dafür, anzunehmen, dass der Richtliniengeber Versicherungsverträge als Dienstleistungsverträge im Sinne dieser Richtlinien angesehen hätte. Die Ausgestaltung der Vorschriften zum Verbraucherkreditrecht zeigt, dass der Gesetzgeber nicht die Vorstellung gehabt haben kann, auch für Versicherungsverträge maßgebliche Regelungen treffen zu wollen (vgl. hierzu etwa OLG Hamburg, Urteil vom 18.11.2011, Az. 09 U 97/11; OLG Bamberg, Urteil vom 10.11.2011, Az. 01 U 37/11; OLG Hamm, Beschluss vom 17.08.2011, Az. 20 U 98/11).

4.

Die Regelung über die Förmlichkeiten einer Widerrufsbelehrung nach § 8 VVG findet auf Kostenausgleichsvereinbarungen keine Anwendung.

Denn bei der Kostenausgleichsvereinbarung handelt es sich um einen rechtlich selbständigen Vertrag neben dem Versicherungsvertrag. § 8 VVG findet aber nur auf Versicherungsverträge Anwendung. Demzufolge folgt die Kammer auch nicht der teilweise vertretenen Ansicht, die Widerrufsbelehrung der Klägerin für Kostenausgleichsvereinbarungen verstoße gegen § 8 VVG, da sie keine Belehrung über die nach einem Widerruf derselben zu erfolgenden Rückzahlungen enthalte (so aber LG Regensburg, Urteil vom 27.06.2011, Az. 3 O 672/11). Vielmehr liegt im Streitfall ein vertraglich durch die Klägerin dem Versicherungsnehmer freiwillig eingeräumtes besonderes Widerrufs recht vor, bei dessen Ausgestaltung die Klägerin innerhalb der Grenzen von Treu und Glauben frei war.

Demzufolge verfängt auch nicht der Einwand des Beklagten dazu, die Widerrufsbelehrung der Klägerin zur Kostenausgleichsvereinbarung sei hinsichtlich der Regelung des Fristbeginns unklar. Darüber hinaus vermag die Kammer eine Unklarheit der Widerrufsbelehrung zur Kostenausgleichsvereinbarung schon nicht zu erkennen. Nach dem Text der Widerrufsbelehrung beginnt die Widerrufsfrist mit der Unterzeichnung der Widerrufsbelehrung für die Kostenausgleichsvereinbarung und der zur Verfügungstellung der Vertrags Urkunde. Alternativ beginnt die Widerrufsfrist mit der zur Verfügungstellung des schriftlichen Antrages bzw. Abschriften hiervon. Wird dem Versicherungsnehmer, wie hier, im Nachgang zur Unterzeichnung des Angebotsformulars eine Versicherungspolice übersandt, beginnt die Widerrufsfrist zur Kostenausgleichsvereinbarung demzufolge mit deren Übersendung.

5.

Dem Beklagten stand auch nicht etwa deswegen ein zeitlich unbegrenztes Widerrufs recht zur Verfügung, weil der von der Klägerin übersandte Versicherungsschein eine erneute Widerrufsbelehrung enthielt, welche im Gegensatz zur Widerrufsbelehrung im Antragsformular den gesetzlich erforderlichen Hinweis nach § 8 Abs. 1 Satz 2 VVG nicht enthielt.

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 VVG genügt zur Fristwahrung bei der Ausübung des Widerrufsrechts des Versicherungsnehmers die rechtzeitige Absendung. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG beginnt die Widerrufsfrist erst dann, wenn dem Versicherungsnehmer eine Widerrufsbelehrung zugegangen ist, welche auch einen Hinweis auf die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 VVG enthält.

Im Streitfall enthält die Widerrufsbelehrung im Versicherungsschein einen Hinweis auf die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 VVG anders als die Widerrufsbelehrung im Antragsformular nicht.

In diesem Zusammenhang ist schon fraglich, ob es erforderlich ist, im Versicherungsschein den Versicherungsnehmer ein zweites Mal nach Maßgabe von § 8 VVG zu belehren. Teilweise wird dies ohne nähere Begründung verneint (so etwa Prölss / Martin, 28. Auflage, § 8 Rdnr. 20), teilweise wird dies ohne nähere Begründung bejaht (vgl. hierzu Rüffer / Schimikowski, § 8 Rdnr. 14).

Dem Gesetzeswortlaut des § 8 VVG ist indes für eine wiederholte Belehrungspflicht des Versicherers nichts zu entnehmen. Auch verlangt § 8 VVG gerade nicht, dass Widerrufsbelehrung und Übersendung der Vertragsunterlagen zeitgleich erfolgen müssten. Vielmehr sieht der Gesetzestext keinen Zeitpunkt für die Widerrufsbelehrung vor. Hieraus lässt sich der Wille des Gesetzgebers ableiten, dass er eine Belehrung nicht mehr nur im Versicherungsschein zulassen wollte. Für die Praxis bedeutet dies, dass die Belehrung nach § 8 VVG bereits in dem An-tragsformlar erfolgen darf bzw. muss. Demgegenüber erscheint es nicht zwingend notwendig, den Versicherungsnehmer mit der Übersendung des Versicherungsscheins nochmals über die Widerrufsmöglichkeit zu belehren, da die Widerrufsmöglichkeit ab Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers besteht, auch wenn die Frist erst mit dem Zugang des Versicherungsscheins zu laufen beginnt (vgl. hierzu Funck, VersR 2008,163 ff).

Ist, wie hier, bereits einmal eine formgerechte Widerrufsbelehrung erteilt worden, so wird nach Zusendung der Vertragsunterlagen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VVG der Beginn der Widerrufsfrist nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Versicherungsschein unnötigerweise eine zwar nicht falsche, aber immerhin doch unvollständige erneute Widerrufsbelehrung enthält. Im Streitfall steht es außer Frage, dass der Beklagte durch die im Wortlaut nur geringfügig abweichende erneute Widerrufsbelehrung tatsächlich in keiner Weise irritiert wurde. Auch war die erneute Belehrung im Versicherungsschein nicht unrichtig, sondern lediglich unvollständig insofern, als der erneute Hinweis auf die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 VVG nicht mehr enthalten war. Die Widerrufsbelehrung im Versicherungsschein enthält jedenfalls auch keine von § 8 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 VVG abweichende Regelung.

6.

Nach alledem bestehen gegenüber dem Zahlungsbegehren der Klägerin, welches sich auf die abgeschlossene Kostenausgleichsvereinbarung stützt, keine durchgreifenden Bedenken. Insbesondere hat die Klägerin in Anlage zum Schriftsatz vom 13.1.2012 im zweiten Rechtszug jetzt auch die in die Vertrag der Parteien einbezogenen AGB zur Kostenausgleichsvereinbarung vorgelegt.

Ein Zahlungsanspruch der Klägerin besteht indes nur in Höhe der Restforderung aus der abgeschlossenen Kostenausgleichsvereinbarung, welche sich nach Maßgabe des Schreibens der Klägerin vom 21.10.2009 (Anlage K 4) zur Anspruchsbegründung auf 3.280,04 € beläuft. Gegenüber dieser Restforderung hat der Beklagte substantiierte Einwendungen nicht erhoben. Soweit die Klägerin darüber hinaus weitere Gebühren von 10,00 € beansprucht hat, fehlt es hierfür an einem ausreichenden tatsächlichen und rechtlichen Vorbringen. Einen Anspruchsgrund für die Berechnung derartiger zusätzlicher Gebühren sieht die Kammer in den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien nicht.

Auch die weiteren von der Klägerin beanspruchten Nebenforderungen hält die Kammer nicht für gerechtfertigt.

 

Aus Seite 4 Absatz 2 der Anspruchsbegründung ergibt sich, dass auch die von der Klägerin beanspruchten Mahnkosten von 26,00 Euro und die Auskunftskosten von 27,00 Euro sowie die Kosten für Vordrucke und Porto von 3,85 Euro Bestandteil der Inkassokosten sind. Soweit die Klägerin im zweiten Rechtszug die Klage in Ansehung der Inkassokosten zurückgenommen hat, betraf dies aber offenbar lediglich die im Versäumnis urteil des Amtsgerichts Oschatz vom 25.08.2011 ausgeurteilten Inkassokosten im Umfang von 161,05 €.

Die Kammer erachtet indes Inkassokosten im Streitfall insgesamt nicht für erstattungsfähig. Beauftragt nämlich, wie hier, ein Unternehmen ein Inkassobüro mit der Einforderung einer Forderung, so besteht gegen den Schuldner, wenn wie hier, nachträglich ein Rechtsanwalt beauftragt werden musste, im allgemeinen kein Anspruch auf Ersatz der Inkassobürokosten (vgl. hierzu OLG Dresden, Urteil vom 01.12.1993, Az. 5 U 68 / 93 ).

Die zugesprochene Zinsforderung rechtfertigt sich demgegenüber unter dem Gesichtspunkt des Verzuges.

7.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 und 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 708 Nr. 10 ZPO.

Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Denn soweit ersichtlich, liegt trotz unzähliger untergerichtlicher Entscheidungen zum Komplex der von der Klägerin verwendeten Kostenausgleichsvereinbarung keine obergerichtliche Rechtsprechung zu den im Urteil abgehandelten Rechtsfragen vor.

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