Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Hamburg: Geplatzter LKW-Reifen durch Überfahren von Hindernis ist versicherter Unfall – Vollkasko muss zahlen
- Ausgangslage: LKW-Reifenschaden auf der Autobahn und Streit mit der Vollkaskoversicherung
- Streitpunkt: Unfall durch Fremdkörper auf Fahrbahn oder nicht versicherter Betriebsschaden am Reifen?
- Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg: Versicherung muss für LKW-Schaden aufkommen
- Begründung: Glaubwürdiger Fahrer und überzeugendes Sachverständigengutachten stützen Unfallthese
- Sachverständigengutachten: Überfahrenes Hindernis als Ursache für Reifenplatzer und Fahrzeugschäden bestätigt
- Abgrenzung zum Betriebsschaden: Gutachter schließt Verschleiß als alleinige Ursache aus
- Fazit des Gerichts: Nachweis eines versicherten Unfallereignisses gemäß AKB erbracht
- Schadenshöhe und Kosten des Verfahrens: Keine Beanstandung in der Berufung
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was versteht man im Zusammenhang mit einer Kfz-Vollkaskoversicherung unter einem „Unfall“ und warum ist diese Definition so wichtig?
- Was sind typische „Betriebsschäden“ an einem Fahrzeug und warum sind diese in der Regel nicht durch die Vollkaskoversicherung abgedeckt?
- Welche Rolle spielt die Beweisführung bei einem Schadenfall und was kann ich tun, um meine Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend zu machen?
- Inwieweit können Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB) den Versicherungsschutz einschränken und wo finde ich diese Klauseln?
- Was kann ich tun, wenn meine Vollkaskoversicherung die Schadensregulierung ablehnt und welche Fristen muss ich beachten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 14 U 97/16 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
- Datum: 29.06.2018
- Aktenzeichen: 14 U 97/16
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Eigentümerin eines LKWs, die Schadensersatz von ihrer Vollkaskoversicherung forderte.
- Beklagte: Die Vollkaskoversicherung, die die Zahlung ablehnte und einen Betriebsschaden geltend machte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein LKW-Reifen platzte auf der Autobahn, was zu Schäden am Fahrzeug führte. Die Eigentümerin des LKWs behauptete, dies sei durch Überfahren eines Gegenstandes verursacht worden und somit ein Versicherter Unfall. Die Versicherung sah darin einen nicht versicherten Betriebsschaden.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob das Platzen des Reifens nach Überfahren eines Gegenstands auf der Fahrbahn als versicherter Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen oder als nicht versicherter Betriebsschaden galt.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Berufung der Versicherung zurück. Damit bestätigte es das Urteil der Vorinstanz zugunsten der LKW-Eigentümerin. Die Versicherung muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
- Begründung: Das Gericht folgte der Aussage des Fahrers, dass ein Gegenstand überfahren wurde. Ein Sachverständigengutachten bestätigte, dass die Schäden auf eine äußere Gewalteinwirkung durch ein Hindernis zurückzuführen waren und nicht auf einen Betriebsvorgang wie Verschleiß oder Unterdruck allein. Damit lag ein versicherter Unfall vor.
- Folgen: Die Versicherung muss den Schaden am LKW gemäß dem erstinstanzlichen Urteil bezahlen. Sie muss außerdem die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
Der Fall vor Gericht
OLG Hamburg: Geplatzter LKW-Reifen durch Überfahren von Hindernis ist versicherter Unfall – Vollkasko muss zahlen
Das Oberlandesgericht Hamburg hat in einem Urteil vom 29. Juni 2018 (Az.: 14 U 97/16) entschieden, dass das Platzen eines LKW-Reifens infolge des Überfahrens eines auf der Fahrbahn liegenden Gegenstandes als versicherter Unfall im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB) einer Vollkaskoversicherung zu werten ist. Damit muss die Versicherung für die entstandenen Fahrzeugschäden aufkommen und kann sich nicht auf einen nicht versicherten Betriebsschaden berufen.
Ausgangslage: LKW-Reifenschaden auf der Autobahn und Streit mit der Vollkaskoversicherung

Die Eigentümerin eines Lastkraftwagens forderte von ihrer Vollkaskoversicherung Schadensersatz für Beschädigungen an ihrem Fahrzeug. Diese Schäden waren am 27. März 2015 auf der Autobahn BAB … in Höhe von N. entstanden, nachdem der rechte Vorderreifen des LKW geplatzt war. Die LKW-Eigentümerin führte an, der Reifen sei geplatzt, weil der LKW über ein auf der Fahrbahn liegendes Holzteil gefahren sei. Dies stelle ein Unfallereignis dar, das von ihrer Vollkaskoversicherung abgedeckt sei.
Die Versicherungsgesellschaft hingegen bestritt, dass ein von außen einwirkendes Ereignis stattgefunden habe. Sie ging stattdessen von einem sogenannten Betriebsschaden aus. Ein Betriebsschaden ist typischerweise ein Schaden, der durch den normalen Gebrauch des Fahrzeugs, durch Verschleiß, Materialermüdung oder Bedienungsfehler entsteht und in der Regel nicht von der Vollkaskoversicherung gedeckt ist. Die Versicherung war daher der Ansicht, die LKW-Eigentümerin müsse die Kosten für die Reparatur selbst tragen.
Das Landgericht Hamburg hatte in erster Instanz der LKW-Eigentümerin Recht gegeben und die Versicherung zur Zahlung von 10.932,11 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das Landgericht stützte seine Entscheidung maßgeblich auf die Aussage des LKW-Fahrers. Nach dessen Vernehmung war das Gericht überzeugt, dass das Überfahren eines Holzteils den Reifenplatzer und die Folgeschäden verursacht hatte. Dies sei ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen (Ziffer A.2.3.2 der AKB). Gegen dieses Urteil legte die Versicherungsgesellschaft Berufung ein und beharrte auf ihrer Position, es liege ein nicht versicherter Betriebsschaden vor.
Streitpunkt: Unfall durch Fremdkörper auf Fahrbahn oder nicht versicherter Betriebsschaden am Reifen?
Der Kern des Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht Hamburg drehte sich um die Frage, ob der Vorfall als „Unfall“ oder als „Betriebsschaden“ zu klassifizieren ist. Gemäß den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB) der beklagten Versicherung, konkret Ziffer A.2.3.2, ist ein Unfall ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis. Ein Betriebsschaden hingegen entsteht aus dem inneren Betrieb des Fahrzeugs heraus, beispielsweise durch Materialermüdung oder Abnutzung, ohne eine solche plötzliche äußere Einwirkung.
Die LKW-Eigentümerin musste also beweisen, dass der Reifenschaden und die Folgeschäden durch ein solches externes, plötzliches Ereignis – das Überfahren des Holzteils – verursacht wurden. Die Versicherung argumentierte, dass ein solcher Beweis nicht erbracht worden sei und die Schäden vielmehr auf den inneren Zustand des Reifens oder normale Betriebsbedingungen zurückzuführen seien.
Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg: Versicherung muss für LKW-Schaden aufkommen
Das Oberlandesgericht Hamburg wies die Berufung der Versicherungsgesellschaft zurück. Damit bestätigte es das Urteil des Landgerichts und verpflichtete die Versicherung, die Kosten für den Schaden am LKW zu übernehmen. Zudem muss die Versicherung die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass die LKW-Eigentümerin die Zahlung von der Versicherung fordern kann, auch wenn theoretisch noch weitere Rechtsmittel möglich wären (die hier aber nicht zugelassen wurden).
Begründung: Glaubwürdiger Fahrer und überzeugendes Sachverständigengutachten stützen Unfallthese
Das Oberlandesgericht stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf zwei Pfeiler: die Glaubwürdigkeit der Aussage des LKW-Fahrers und die Erkenntnisse aus einem eingeholten Sachverständigengutachten.
Die Richter des Oberlandesgerichts sahen keinen Anlass, an der Glaubwürdigkeit des LKW-Fahrers zu zweifeln, der als Zeuge ausgesagt hatte. Zwar hatte es anfänglich Unstimmigkeiten in der Schadensmeldung an die Versicherung gegeben, da dort zunächst kein überfahrener Gegenstand erwähnt wurde. Das Gericht folgte jedoch der Erklärung des Landgerichts, dass dies auf einem Missverständnis bei der Weitergabe der Informationen vom Fahrer an den Vertreter der LKW-Eigentümerin beruhte. Der Vertreter hatte aufgrund eigener früherer Erfahrungen fälschlicherweise eine Leitplankenberührung vermutet und dies so weitergegeben, ohne dass der Fahrer selbst eine schriftliche Meldung verfasst hätte.
Gegen eine bewusst falsche Aussage des Fahrers sprach nach Ansicht des Gerichts auch, dass er zum Zeitpunkt seiner gerichtlichen Vernehmung nicht mehr bei der LKW-Eigentümerin beschäftigt war und somit kein direktes Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens hatte. Auch die Tatsache, dass trotz Anwesenheit von Polizeibeamten am Unfallort kein Polizeibericht über das überfahrene Holzteil existierte, schwächte die Aussage des Fahrers nicht. Da keine Drittschäden entstanden waren und die Gefahrenstelle beseitigt war, sahen die Beamten offenbar keine Notwendigkeit für einen detaillierten Bericht über die Unfallursache. Ebenso nachvollziehbar fand es das Gericht, dass der Fahrer das Holzstück nach der Weiterfahrt nicht gesucht hatte, da er nicht ahnen konnte, welche Bedeutung dieses Detail später für die Schadensabwicklung haben würde.
Sachverständigengutachten: Überfahrenes Hindernis als Ursache für Reifenplatzer und Fahrzeugschäden bestätigt
Das vom Gericht eingeholte Gutachten eines Sachverständigen, Dipl. Ing. U. G., bestätigte die Unfallschilderung des Fahrers als plausibel und lieferte entscheidende technische Erklärungen.
Der Sachverständige kam zu dem Schluss, dass die Art und Lage der Schäden am Reifen und am Fahrzeug eindeutig auf eine Gewalteinwirkung von außen hindeuteten und nicht auf einen reinen Betriebsvorgang wie Materialermüdung. Zwar stellte der Gutachter eine Vorschädigung am Reifen fest – einen sogenannten Einfahrschaden in Form einer trichterförmigen Verletzung, die zu einem langsamen Luftverlust geführt hatte. Diese Vorschädigung sei jedoch lediglich schadensbegünstigend gewesen, da sie die Tragfähigkeit und Strukturfestigkeit des Reifens bereits geschwächt hatte. Sie war aber nicht die unmittelbare Ursache für den plötzlichen Reifenplatzer. Die Vorschädigung hatte lediglich zu einer teilweisen Ablösung des Laufstreifens geführt.
Als unmittelbare Ursache für das plötzliche Platzen des Reifens identifizierte der Sachverständige mit stark überwiegender Wahrscheinlichkeit das Überfahren eines Hindernisses. Dieses Hindernis muss, so der Gutachter, etwa 50 Zentimeter lang und mehrere Zentimeter hoch gewesen sein, was mit der Beschreibung des Fahrers übereinstimmte. Die durch den Reifenplatzer komplett vom Reifenunterbau abgelöste Lauffläche sei dann mit großer Wucht gegen umliegende Fahrzeugteile geschleudert worden. Dies erklärte plausibel die umfangreichen Schäden am LKW, die in einem anderen Schadensgutachten dokumentiert waren. Der beschädigte Reifen selbst wies typische Merkmale eines Anprallschadens im Laufflächenbereich auf, darunter radiale Brüche in der Reifenflanke und Verformungen am Felgenhorn.
Der Sachverständige erklärte auch den zeitlichen Ablauf für plausibel: Aufgrund des durch die Vorschädigung bereits bestehenden Unterluftdrucks war die Einfederung des Reifens vergrößert. Der eigentliche Platzer ereignete sich daher erst nach einer Weiterfahrt von etwa einem Kilometer bei einer geschätzten Geschwindigkeit von 85 km/h, als die Strukturfestigkeit des Reifens durch die zusätzliche Belastung beim Überfahren des Hindernisses endgültig versagte. Dass der Fahrer den schleichenden Druckverlust durch den ursprünglichen Einfahrschaden nicht bemerkt hatte, war laut Gutachter ohne technische Hilfsmittel wie ein Reifendruckkontrollsystem sehr unwahrscheinlich. Der Eindruck eines leichten Luftverlusts könne dem Gefühl einer leichten Querneigung der Fahrbahn ähneln und sei daher für den Fahrer schwer zu identifizieren gewesen.
Bezüglich der Höhe des Hindernisses gab es zunächst eine gewisse Unsicherheit. Die Versicherung hatte argumentiert, ein vom Fahrer angedeutetes nur 3 Zentimeter hohes Holzstück könne den Schaden nicht verursacht haben. Der Sachverständige stellte jedoch klar, dass ein Hindernis von mindestens 8 Zentimetern Höhe notwendig gewesen sei, um die festgestellten stoßartigen Verformungen am Reifen zu erklären. Das Gericht folgte dem Sachverständigen und ging davon aus, dass das Hindernis tatsächlich diese erforderliche Mindesthöhe aufwies, da der Fahrer von „mehreren Zentimetern“ gesprochen hatte und die ursprüngliche Angabe von 3 Zentimetern auf einer unsicheren, doppelten Schätzung beruhte.
Abgrenzung zum Betriebsschaden: Gutachter schließt Verschleiß als alleinige Ursache aus
Entscheidend für die Abgrenzung zum nicht versicherten Betriebsschaden war die ergänzende Anhörung des Sachverständigen. Dieser legte überzeugend dar, dass die dokumentierten Schäden – insbesondere der starke radiale Bruch von Flanke und Karkasse sowie die spezifische Verformung des Rades und das Fehlen von typischen Abriebspuren an der Flanke – nicht allein durch längeres Fahren mit zu geringem Luftdruck oder einen einfachen Anstoß auf die Fahrbahn erklärbar seien. Dies untermauerte die Notwendigkeit einer zusätzlichen, plötzlichen äußeren Krafteinwirkung durch das Überfahren des Hindernisses, um das Schadensbild vollständig zu erklären. Ein reiner Betriebsschaden durch Verschleiß oder Materialermüdung ohne ein solches externes Ereignis wurde somit ausgeschlossen.
Fazit des Gerichts: Nachweis eines versicherten Unfallereignisses gemäß AKB erbracht
Zusammenfassend bestätigte das Sachverständigengutachten die Feststellungen des Landgerichts. Die LKW-Eigentümerin konnte nach Überzeugung des Oberlandesgerichts erfolgreich beweisen, dass die Schäden an ihrem Fahrzeug auf einer plötzlichen, von außen auf das Fahrzeug einwirkenden mechanischen Gewalteinwirkung beruhten. Dieses Ereignis gehörte nicht zum gewöhnlichen Fahrbetrieb. Es gab keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür, dass ein schadensursächlicher Betriebsvorgang wie Abnutzung, Verschleiß oder ein Bedienungsfehler des Fahrers vorgelegen hätte. Somit handelte es sich um einen Unfallschaden im Sinne der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB) der Vollkaskoversicherung.
Schadenshöhe und Kosten des Verfahrens: Keine Beanstandung in der Berufung
Die Höhe des Schadensersatzes und der Nebenforderungen, die das Landgericht der LKW-Eigentümerin zugesprochen hatte, wurde von der Versicherungsgesellschaft im Berufungsverfahren nicht mehr bestritten. Daher musste das Oberlandesgericht diesen Punkt nicht erneut prüfen. Die Kostenentscheidung zulasten der Versicherung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO), wonach die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf den §§ 708 Nr. 10 und 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof sah das Oberlandesgericht nicht.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass ein geplatzter Reifen durch Überfahren eines Hindernisses auf der Fahrbahn als versicherter Unfall in der Vollkasko gilt und nicht als unversicherter Betriebsschaden abgetan werden kann. Entscheidend war die Kombination aus glaubwürdiger Zeugenaussage und Sachverständigengutachten, das bestätigte, dass der Schaden durch eine plötzliche mechanische Gewalteinwirkung von außen verursacht wurde. Fahrzeughalter können bei ähnlichen Fällen auf Versicherungsschutz bestehen, wenn sie einen von außen einwirkenden Unfall nachweisen können, selbst wenn eine Vorschädigung bestand, die nur schadensbegünstigend wirkte.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was versteht man im Zusammenhang mit einer Kfz-Vollkaskoversicherung unter einem „Unfall“ und warum ist diese Definition so wichtig?
Im Zusammenhang mit Ihrer Kfz-Vollkaskoversicherung ist die Definition von „Unfall“ sehr wichtig, weil sie festlegt, wann die Versicherung einen Schaden am eigenen Fahrzeug übernimmt. Nicht jeder Schaden am Fahrzeug gilt automatisch als Unfall im Sinne der Versicherung.
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB), also das „Kleingedruckte“ Ihrer Versicherung, definieren meist sehr genau, was unter einem Unfall verstanden wird. Typischerweise ist damit ein plötzliches, von außen auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis gemeint, das einen Schaden verursacht. Stellen Sie sich eine Situation vor, bei der mechanische Kräfte von außen auf Ihr Auto einwirken, zum Beispiel durch eine Kollision mit einem anderen Fahrzeug oder Gegenstand.
Wichtige Merkmale eines Unfalls im Versicherungs-Sinne sind oft:
- Plötzlichkeit: Das Ereignis tritt unerwartet und abrupt ein.
- Äußere Einwirkung: Die schädigende Kraft kommt von außerhalb des Fahrzeugs.
- Mechanische Kraft: Eine physikalische Kraft wirkt auf das Fahrzeug ein.
Warum ist diese Definition so wichtig? Weil Schäden, die nicht dieser Definition entsprechen, oft nicht von der Vollkaskoversicherung gedeckt sind. Beispiele für Schäden, die üblicherweise nicht als Unfall im Sinne der AKB gelten (obwohl sie für den Laien wie ein Unfall aussehen mögen), sind:
- Betriebsschäden: Schäden, die während des normalen Betriebs des Fahrzeugs entstehen, ohne äußere plötzliche Einwirkung (z. B. Motorüberhitzung, Bremsschaden durch Verschleiß).
- Reine Bruchschäden: Wenn etwas am Fahrzeug einfach abbricht, ohne dass eine plötzliche äußere Kraft von Bedeutung darauf eingewirkt hat.
- Verschleiß: Abnutzung von Teilen durch Gebrauch.
- Schäden durch falsche Bedienung: Wenn das Fahrzeug durch Bedienungsfehler beschädigt wird.
Wenn Sie verstehen, wie Ihre Versicherung den Begriff „Unfall“ in den AKB definiert, wissen Sie besser, in welchen Fällen Ihre Vollkaskoversicherung leistet und in welchen Fällen nicht. Die genauen Formulierungen können sich von Versicherungsvertrag zu Versicherungsvertrag leicht unterscheiden, daher ist ein Blick in die eigenen Versicherungsbedingungen immer ratsam.
Was sind typische „Betriebsschäden“ an einem Fahrzeug und warum sind diese in der Regel nicht durch die Vollkaskoversicherung abgedeckt?
Ein Betriebsschaden an einem Fahrzeug ist ein Schaden, der durch den normalen Gebrauch, Verschleiß oder Materialermüdung entsteht und nicht durch ein plötzliches, von außen einwirkendes Ereignis wie einen Unfall, Vandalismus oder Naturgewalt verursacht wird.
Stellen Sie sich vor, Ihr Fahrzeug wird jeden Tag benutzt. Dabei nutzen sich Teile ab, Materialien altern oder es treten Mängel auf, die mit der Zeit entstehen. Das sind typische Betriebsschäden.
Beispiele für Betriebsschäden
Typische Beispiele hierfür sind:
- Verschleiß: Abgenutzte Bremsbeläge, eine verschlissene Kupplung oder durchgefahrene Reifen.
- Materialermüdung: Ein Bauteil bricht, weil das Material nach langer Nutzung oder hohem Alter spröde geworden ist.
- Rost: Korrosion, die sich über längere Zeit entwickelt, weil Lack oder Schutzschichten beschädigt sind oder altersbedingt nachlassen.
- Motor- oder Getriebeschäden: Wenn diese durch normalen Gebrauch, Alterung oder mangelnde Wartung auftreten (nicht durch einen externen Vorfall wie Falschbetankung oder das Überfahren eines Hindernisses).
- Kleine Steinschläge: Über längere Zeit gesammelte, winzige Beschädigungen am Lack oder der Windschutzscheibe, die nicht auf ein einzelnes, nachweisbares Ereignis zurückzuführen sind.
Warum zahlt die Vollkasko hier meist nicht?
Die Vollkaskoversicherung deckt in erster Linie Schäden ab, die durch unvorhergesehene und plötzlich eintretende äußere Ereignisse am Fahrzeug verursacht werden. Dazu gehören klassischerweise selbstverschuldete Unfälle, Vandalismus, Diebstahl, Hagel, Sturm oder Tierbiss.
Betriebsschäden gelten im Verständnis der Versicherung in der Regel nicht als solche unvorhergesehenen Ereignisse. Sie sind vielmehr eine erwartbare Folge der Nutzung, des Alters oder der natürlichen Abnutzung eines Fahrzeugs. Die Versicherung ist dafür da, Sie vor den finanziellen Folgen von Risiken zu schützen, die von außen oder durch einen plötzlichen Vorfall eintreten, nicht aber vor den Kosten, die durch den normalen „Alterungsprozess“ oder die Beanspruchung im täglichen Betrieb entstehen.
Für Sie bedeutet das, dass die Kosten für Reparaturen aufgrund von Verschleiß, Alter oder Materialermüdung normalerweise aus eigener Tasche bezahlt werden müssen und nicht von der Vollkaskoversicherung übernommen werden. Ein Blick in die genauen Bedingungen Ihrer spezifischen Vollkaskopolice kann hier Klarheit schaffen, da die Formulierungen im Einzelfall leicht variieren können.
Welche Rolle spielt die Beweisführung bei einem Schadenfall und was kann ich tun, um meine Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend zu machen?
Wenn ein Schaden eintritt, der von einer Versicherung abgedeckt sein könnte, ist die sogenannte Beweisführung ein zentraler Punkt. Stellen Sie sich vor, Sie hatten einen Schaden – zum Beispiel einen Wasserschaden in Ihrer Wohnung oder einen Zusammenstoß im Straßenverkehr. Damit die Versicherung für diesen Schaden aufkommt, müssen Sie nachweisen, dass der Schaden tatsächlich durch ein versichertes Ereignis entstanden ist und wie hoch der Schaden ist. Die Beweisführung bedeutet also, dass Sie der Versicherung zeigen müssen, was genau passiert ist, wie der Schaden entstanden ist und welchen Umfang er hat. Ohne diesen Nachweis wird es schwierig sein, Leistungen von der Versicherung zu erhalten.
Für die Versicherung ist es wichtig zu wissen, dass Ihr Anspruch berechtigt ist. Deshalb verlangt sie in der Regel Belege. Hier kommen verschiedene Beweismittel ins Spiel. Das sind Dinge, die helfen, die Geschehnisse zu belegen.
Wichtige Beweismittel bei einem Schadenfall
Welche Beweismittel relevant sind, hängt stark von der Art des Schadenfalls ab.
- Fotos und Videos: Sie können den Zustand direkt nach dem Schaden festhalten. Ein Foto zeigt zum Beispiel, wo ein Leck war oder wie ein beschädigtes Auto aussah. Das ist oft ein sehr anschauliches Beweismittel.
- Zeugenaussagen: Hat jemand den Schadenfall beobachtet? Die Aussage dieser Person kann sehr wertvoll sein, um den Ablauf zu schildern. Es ist hilfreich, wenn Sie die Kontaktdaten möglicher Zeugen notieren.
- Gutachten: Bei größeren oder komplexeren Schäden kann ein Sachverständiger beauftragt werden. Ein Gutachten beschreibt den Schaden genau, ermittelt die Ursache und schätzt die Reparaturkosten. Das ist ein oft sehr überzeugendes Beweismittel.
- Dokumente: Dazu gehören zum Beispiel Kaufbelege für beschädigte Gegenstände, Reparaturrechnungen, polizeiliche Unfallberichte oder behördliche Stellungnahmen. Diese Dokumente belegen den Wert der beschädigten Sache oder offizielle Feststellungen zum Schadenfall.
Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend machen
Um Ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend zu machen, ist es wichtig, dass Sie den Schadenfall der Versicherung unverzüglich melden. Halten Sie sich dabei an die Fristen, die in Ihrem Versicherungsvertrag stehen.
Beim Melden des Schadens sollten Sie alle Ihnen vorliegenden Informationen und Beweismittel sammeln. Beschreiben Sie den Schaden möglichst genau und fügen Sie die gesammelten Belege bei. Das kann eine detaillierte Beschreibung des Vorfalls sein, Fotos des Schadens, Kontaktdaten von Zeugen oder erste Schätzungen der Schadenshöhe, falls möglich.
Das Ziel ist es, der Versicherung ein klares Bild von dem Schadenfall zu geben und so die Prüfung Ihres Anspruchs zu erleichtern und zu unterstützen. Ein gut dokumentierter Schadenfall kann helfen, den Prozess der Schadenregulierung zu beschleunigen.
Das Sammeln und Aufbereiten von Beweismitteln ist also ein entscheidender Schritt, um der Versicherung zu zeigen, dass Ihr Anspruch berechtigt ist.
Inwieweit können Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB) den Versicherungsschutz einschränken und wo finde ich diese Klauseln?
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB) sind ein wesentlicher Bestandteil Ihres Versicherungsvertrags. Sie legen die detaillierten Regeln für Ihren Versicherungsschutz fest, ähnlich wie das „Kleingedruckte“ bei anderen Verträgen.
Wie AKB den Versicherungsschutz einschränken können
Während der Hauptvertrag oft den grundsätzlichen Bereich des Versicherungsschutzes beschreibt (z.B. Haftpflicht, Hausrat), definieren die AKB genau, was versichert ist und was nicht. Sie können den Schutz auf verschiedene Weise einschränken:
- Ausschlüsse: Dies sind Situationen, Ereignisse oder Schäden, die ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Stellen Sie sich vor, eine Versicherung deckt Schäden durch Sturm, aber die AKB schließen Schäden durch Erdbeben oder Krieg aus. Oder sie schließen bestimmte Arten von Gegenständen oder Ursachen für Schäden aus. Oft sind auch Schäden, die vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt werden, ganz oder teilweise ausgeschlossen.
- Obliegenheiten: Die AKB enthalten Pflichten, die Sie als Versicherungsnehmer erfüllen müssen, damit der Versicherungsschutz im Schadensfall greift. Dazu kann gehören, dass Sie einen Schaden unverzüglich melden, die Schadenhöhe so gering wie möglich halten oder alle notwendigen Informationen zur Verfügung stellen müssen. Wenn Sie eine wichtige Obliegenheit verletzen, kann der Versicherer unter bestimmten Umständen den Versicherungsschutz kürzen oder sogar ganz verweigern.
Für Sie bedeutet das: Der Versicherungsschutz ist nicht grenzenlos, sondern genau auf die in den AKB beschriebenen Fälle und Bedingungen begrenzt.
Wo finde ich die AKB und wie lese ich sie?
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen gehören zu Ihren Vertragsunterlagen. Wenn Sie eine Versicherung abgeschlossen haben, sollten Sie die AKB zusammen mit Ihrer Versicherungspolice erhalten haben.
- In Ihren Vertragsdokumenten: Suchen Sie in den Unterlagen, die Sie von Ihrem Versicherer erhalten haben. Die AKB sind oft ein separates Dokument oder ein Anhang zur Police.
- Online im Kundenportal: Viele Versicherer stellen die Vertragsdokumente, einschließlich der AKB, in einem Online-Kundenportal zum Herunterladen bereit.
- Auf der Website des Versicherers: Oft finden Sie die aktuellen AKB für die verschiedenen Versicherungsprodukte auf der allgemeinen Website des Versicherers, auch wenn dies nicht Ihre spezifischen Vertragsbedingungen sind (diese finden Sie immer in Ihren eigenen Unterlagen).
Um die AKB richtig zu verstehen, ist es wichtig, sich Zeit zum Lesen zu nehmen. Achten Sie besonders auf Abschnitte mit Überschriften wie:
- „Was ist versichert?“ oder „Umfang des Versicherungsschutzes“
- „Was ist nicht versichert?“ oder „Ausschlüsse“
- „Pflichten des Versicherungsnehmers“ oder „Obliegenheiten“
- „Verhalten im Schadensfall“
Das sorgfältige Lesen dieser Abschnitte hilft Ihnen zu verstehen, in welchen Situationen Ihre Versicherung leistet und wann nicht.
Was kann ich tun, wenn meine Vollkaskoversicherung die Schadensregulierung ablehnt und welche Fristen muss ich beachten?
Wenn Ihre Vollkaskoversicherung eine Schadensregulierung ablehnt, bedeutet das, dass die Versicherung nach ihrer Prüfung der Meinung ist, dass sie für den Schaden nicht leisten muss. Dies kann verschiedene Gründe haben, die im Versicherungsvertrag festgelegt sind, zum Beispiel weil ein vereinbarter Selbstbehalt nicht erreicht ist, bestimmte Ausschlüsse greifen (z.B. bei grober Fahrlässigkeit unter bestimmten Umständen) oder die Schadenhöhe angezweifelt wird.
Der erste wichtige Schritt ist, das Ablehnungsschreiben der Versicherung genau zu prüfen. Die Versicherung muss Ihnen die Gründe für die Ablehnung mitteilen. Verstehen Sie diese Gründe.
Wenn Sie mit der Begründung der Versicherung nicht einverstanden sind, haben Sie die Möglichkeit, Ihren Standpunkt der Versicherung darzulegen. Sie können widersprechen und zusätzliche Informationen oder Beweise vorlegen, die Ihre Sichtweise unterstützen. Dies kann zum Beispiel ein detaillierteres Schadenprotokoll, Fotos oder Zeugenaussagen sein.
Falls die Ablehnung auf einer technischen Einschätzung basiert, etwa zur Schadensursache oder -höhe, kann es sein, dass Sie ein eigenes Gutachten einholen möchten, um die Einschätzung der Versicherung zu widerlegen. Ein solches Gegengutachten kann Ihre Argumentation gegenüber der Versicherung stärken.
Bevor es zu einem Gerichtsverfahren kommt, gibt es oft Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitschlichtung. Eine bekannte Anlaufstelle ist der Versicherungsombudsmann. Dies ist eine unabhängige Schlichtungsstelle, die versucht, eine Einigung zwischen Ihnen und der Versicherung zu erzielen, ohne dass ein Gericht eingeschaltet werden muss. Das Verfahren vor dem Ombudsmann ist für Sie in der Regel kostenfrei.
Wenn alle Versuche, sich mit der Versicherung zu einigen, fehlschlagen, besteht als letzter Schritt die Möglichkeit, die Leistung der Versicherung gerichtlich einzuklagen. Dabei handelt es sich um ein formelles Verfahren vor Gericht, bei dem ein Richter über den Streitfall entscheidet.
Fristen, die Sie beachten sollten
Bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Versicherung und bei einem möglichen Streitfall sind bestimmte Fristen wichtig:
- Gesetzliche Verjährung: Der Anspruch auf Versicherungsleistung verjährt grundsätzlich innerhalb von drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie von den anspruchsbegründenden Umständen erfahren haben oder hätten erfahren müssen.
- Frist zur Klageerhebung nach Ablehnung: Wenn die Versicherung Ihren Anspruch schriftlich und eindeutig ablehnt und Sie dabei auf die Möglichkeit hinweist, dass der Anspruch verjähren kann, müssen Sie Ihren Anspruch innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend machen (Klage erheben), wenn Sie die Ablehnung nicht akzeptieren. Diese spezielle Frist beginnt, wenn Sie das Schreiben der Versicherung erhalten haben. Wenn die Versicherung Sie nicht oder nicht korrekt auf diese Frist hinweist, gilt die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist.
Es ist wichtig, diese Fristen im Auge zu behalten, da nach Ablauf der Frist Ihr Anspruch verloren gehen kann.
Denken Sie daran, dass die Kommunikation mit der Versicherung und die Einhaltung von Fristen entscheidend sind, wenn Ihre Schadensregulierung abgelehnt wurde.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Versicherter Unfall
Ein versicherter Unfall ist ein plötzliches, von außen wirkendes Ereignis, das mechanische Gewalt auf das versicherte Fahrzeug ausübt und zu einem Schaden führt. Diese Definition ist in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB) der Vollkaskoversicherung festgelegt und entscheidend dafür, ob die Versicherung für den Schaden aufkommt. Ein Unfall liegt zum Beispiel vor, wenn der Reifen eines LKW beim Überfahren eines Hindernisses platzt, weil die äußere Krafteinwirkung den Schaden unmittelbar verursacht hat. Im Unterschied dazu sind Schäden, die durch normalen Gebrauch oder Verschleiß entstehen, keine versicherten Unfälle.
Betriebsschaden
Ein Betriebsschaden ist ein Fahrzeugschaden, der durch die übliche Nutzung, Verschleiß oder Materialermüdung verursacht wird, ohne dass ein plötzliches, von außen kommendes Ereignis zugrunde liegt. Beispiele sind ausgelatschte Reifen, Motorprobleme durch Alter oder Korrosion. Betriebsschäden sind in der Regel nicht durch die Vollkaskoversicherung gedeckt, da diese nur unvorhersehbare äußere Schadensereignisse abdecken soll. Im genannten Fall stritt die Versicherung, ob der Reifenplatzer ein Betriebsschaden oder ein versicherter Unfall war.
Allgemeine Versicherungsbedingungen (AKB)
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB) sind die Vertragsregeln, die den Umfang und die Voraussetzungen des Versicherungsschutzes festlegen. In ihnen wird genau definiert, was als Unfall gilt, welche Schäden übernommen werden und welche ausgeschlossen sind (z. B. Betriebsschäden). Die AKB sind ein wesentlicher Bestandteil des Versicherungsvertrags und für Versicherungsnehmer wichtig, um zu verstehen, wann die Versicherung leistet. Im Fall entscheidet Ziffer A.2.3.2 der AKB, ob ein Schaden durch eine äußere, mechanische Gewalteinwirkung als Unfall gilt.
Sachverständigengutachten
Ein Sachverständigengutachten ist ein fachlich fundiertes schriftliches Gutachten, das von einem unabhängigen Experten (Sachverständigen) erstellt wird, um die Ursache, Art und den Umfang eines Schadens festzustellen. Im Versicherungsfall dient es dazu, Streitigkeiten über die Schadensursache (z. B. Unfall vs. Betriebsschaden) zu klären und Beweismittel zu liefern. Beispielsweise belegte das Gutachten im vorliegenden Fall, dass der Reifenplatzer durch eine äußere Gewalteinwirkung verursacht wurde und nicht allein durch Verschleiß. Solche Gutachten sind häufig entscheidend für die Gerichtsurteile.
Beweisführung
Die Beweisführung bezeichnet das Vorlegen von Beweismitteln, um Tatsachen für die eigenen Ansprüche gerichtlich oder außergerichtlich nachzuweisen. Im Versicherungsfall muss der Geschädigte beweisen, dass der Schaden durch ein versichertes Ereignis, etwa einen Unfall, entstanden ist. Dafür können Fotos, Zeugenaussagen oder ein Gutachten verwendet werden. Im genannten Fall war die glaubwürdige Aussage des Fahrers und das Gutachten entscheidend, um den Unfall und die dadurch entstandenen Schäden gegenüber der Versicherung zu belegen. Ohne ausreichende Beweise kann die Versicherung die Leistung verweigern.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Allgemeine Versicherungsbedingungen (AKB) Ziffer A.2.3.2: Definiert einen Unfall als ein plötzliches, von außen unmittelbar mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis auf das Fahrzeug. Betriebsschäden entstehen dagegen aus dem inneren Fahrzeugbetrieb ohne solche äußeren Einwirkungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klassifikation des Reifenplatzers als Unfall oder Betriebsschaden richtet sich maßgeblich nach dieser Definition, da nur Unfälle vom Versicherungsschutz der Vollkasko erfasst werden.
- § 97 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO): Regelt, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung, welche in der Berufung unterlag, muss daher die Verfahrenskosten übernehmen.
- §§ 708 Nr. 10 und 713 ZPO: Diese Vorschriften erlauben die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen selbst bei anhängigen Rechtsmitteln, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Urteil gegen die Versicherung ist vorläufig vollstreckbar, was der LKW-Eigentümerin den sofortigen Vollzug der Zahlung ermöglicht, obwohl theoretisch noch weitere Rechtsmittel möglich wären.
- Grundsätze der Beweisführung im Zivilprozessrecht: Hier insbesondere die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen sowie die verwertbare Evidenz eines Sachverständigengutachtens. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die glaubwürdige Zeugenaussage des Fahrers und das schlüssige Gutachten bilden die Beweisgrundlage, dass ein von außen wirkendes Unfallereignis vorlag.
- Haftpflicht- und Vollkaskoversicherungsvertragsrecht: Regelt, unter welchen Bedingungen und für welche Schadensarten Versicherungen Leistungen erbringen müssen, und grenzt Unfallschäden von Betriebsschäden ab. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Vollkaskoversicherung ist zur Schadensregulierung verpflichtet, weil das Gericht das Schadensereignis als versicherten Unfall und nicht als Betriebsschaden qualifizierte.
- Technisches Sachverständigenrecht (Gerichtsgutachten): Sachverständigengutachten klären technische Ursachen komplexer Schadensbilder und sind für die gerichtliche Entscheidungsfindung von zentraler Bedeutung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gutachten bestätigte, dass die Schäden durch die plötzliche äußere Krafteinwirkung eines Hindernisses verursacht wurden und schloss einen reinen Betriebsschaden aus.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 14 U 97/16 – Urteil vom 29.06.2018
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