AG Zeitz – Az.: 4 C 195/19 – Urteil vom 17.12.2019
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss:
Der Streitwert beträgt € 3.747,22.
Tatbestand
Der Kläger war Versicherungsnehmer der Beklagten. Das von seiner unter 24 Jahre alten Lebensgefährtin geführte bei der Beklagten versicherte Auto wurde bei einem Wildunfall beschädigt. Die Beklagte kürzte den Regulierungsbetrag aus der Kaskoversicherung um 2.500,- € „Selbstbeteiligung junger nicht eingetragener Fahrer“ und berechnete den Versicherungsbeitrag „unter Berücksichtigung der weiteren Fahrer“ in Höhe von € 1.247,22 rückwirkend nach. Der Kläger fordert weitergehende Zahlung und die Feststellung, den erhöhten Versicherungsbeitrag nicht zu schulden.
Die AKB-PKW enthalten u.a. folgende Bestimmungen:
„A.2.3 Teilen Sie uns unverzüglich mit, wenn – anders als vereinbart – ein Fahrer unter 24 Jahren künftig das versicherte Fahrzeug nutzen soll. Das Gleiche gilt, wenn im Falle eines Sondertarifes ein Fahrer unter 24 Jahren und/oder ein weiterer Fahrer, der uns noch nicht benannt wurde, künftig das versicherte Fahrzeug nutzen soll. Machen Sie diese Meldungen rechtzeitig vor Fahrtantritt, sodass wir den entsprechenden Versicherungsbeitrag berechnen können.“
„A.3.2 Versäumen Sie die Mitteilung nach A.2.3, so werden wir in der Kfz-Haftpflicht- und in der Kasko-Versicherung rückwirkend ab Beginn der laufenden Versicherungsperiode den Versicherungsbeitrag unter Berücksichtigung der weiteren Fahrer nachberechnen.
Weiterhin sind wir berechtigt, die Einstufung des gewährten Sondertarifes anhand der Merkmale des bisher nicht berücksichtigten Fahrers vorzunehmen.
Außerdem werden wir in der Kaskoversicherung eine Selbstbeteiligung pro Schadenfall i.H.v. 2.500 Euro abziehen, soweit ein von der Nutzung ausgeschlossener Fahrer unter 24 Jahren das Fahrzeug im Schadenfall fuhr. Diese gilt dann zusätzlich zu einer eventuell vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung.
Diese Selbstbeteiligung von in Höhe von 2.500 Euro gilt nicht, wenn Sie uns nachweisen, dass der von der Nutzung ausgeschlossener Fahrer unter 24 Jahren das versicherte Fahrzeug ohne ihre Kenntnis oder sonstiges Verschulden genutzt hat. Die Selbstbeteiligung gilt ebenfalls nicht für die Nutzung des versicherten Fahrzeuges wegen eines medizinischen Notfalls oder durch eine Kfz-Werkstatt. Eine durch den Genuss alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel herbeigeführte Fahrunsicherheit gilt nicht als Notfallsituation.“
Der Kläger meint, es habe ein medizinischer Notfall im Sinne der vorgenannten Klausel vorgelegen. Der Kläger behauptet, ihn hätten nach Fahrtantritt starke Magenkrämpfe und Übelkeit geplagt. Es sei ihm aus diesem Grund nicht möglich gewesen, sicher nach Hause zu fahren. Deswegen habe er sich gezwungen gesehen, seiner Lebensgefährtin unmittelbar nach Fahrtantritt das Fahrzeug zu überlassen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Klägerin 2.500,- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.05.2019 zu bezahlen,
2. festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, einen Betrag von € 1.247,22 an die Beklagte zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet, denn die Beklagte hat Kürzung und Nachberechnung zu Recht vorgenommen.
Eine Klausel, wonach – unter Gewährung besonders günstiger Konditionen – die Nutzung des versicherten Kfz durch Fahrer unter 24 Jahren ausgeschlossen wird und im Schadensfall bei Nutzung des versicherten Kfz durch einen Fahrer unter 24 Jahren eine zusätzliche Selbstbeteiligung von 2.500 € erhoben wird und die höheren Versicherungsbeträge für einen Fahrer unter 24 Jahren nachgefordert werden, ist weder überraschend noch verstößt sie gegen Treu und Glauben (AG Bersenbrück, Urteil vom 28. Mai 2015 – 4 C 731/14 –, juris).
Soweit der Kläger geltend macht, es habe ein medizinischer Notfall vorgelegen, kann dem nicht gefolgt werden.
„Notfall, medizinischer“ ist nach Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch ein akuter, lebensbedrohlicher klinischer Zustand durch Störung der Vitalfunktionen oder Gefahr plötzlich eintretender, irreversibler Organschädigung infolge Trauma, akuter Erkrankung oder Intoxikation. Eine solche Lage wird vom Kläger selbst nicht geltend gemacht und vorgetragen.
Es kann für den vorliegenden Fall dahinstehen, ob der Begriff des medizinischen Notfalls im Sinne der Klausel mit dieser Definition abschließend beschrieben ist. Denn ein medizinischer Notfall kann jedenfalls nur dann vorliegen, wenn eine medizinische Notfallversorgung erforderlich ist, d.h. der Betroffene dringlich einer medizinischen Diagnostik bzw. Behandlung zuzuführen ist. Eine solche Lage war hier nicht gegeben; der Kläger ist keiner ärztlichen Behandlung zugeführt worden.
Die Ausnahme kann von einem verständigen Versicherungsnehmer nicht dahingehend verstanden werden, dass er bei einer bloßen Unpässlichkeit statt seiner junge Fahrer fahren lassen könnte. Die Ausnahme erfasst nicht die Fälle, dass der Versicherungsnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen, sondern eben nur die Nutzung des Fahrzeugs wegen eines medizinischen Notfalls.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.
Der Streitwert beruht auf der Addition der Werte der Anträge zu 1. und 2., bei der negativen Feststellungsklage ist kein Abschlag vorzunehmen.