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Kfz-Kaskoversicherung – Nachweis vollständige und fachgerechte Reparatur mit Rechnung

OLG Hamm – Az.: 20 U 28/21 – Beschluss vom 07.04.2021

Die Berufung des Klägers gegen das am 17.12.2020 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 6.548,21 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Das Landgericht hat die auf Zahlung einer restlichen Entschädigung aus einer Kaskoversicherung gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe des Klägers in der Berufungsbegründung vom 03.02.2021 (Bl. 31 ff. der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz, im Folgenden: eGA-II, für die erste Instanz: eGA-I) greifen – auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29.03.2021 (eGA-II 68 ff.) nicht durch.

1.

Dem Kläger steht aus dem Versicherungsvertrag kein weitergehender Anspruch zu.

a)

Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Reparaturkosten ist gemäß A.2.5.3.1 lit. b) der dem Vertrag zugrunde liegenden AKB 09.2016 (eGA-I 49, im Folgenden: AKB) auf den um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswert begrenzt.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger die Reparatur tatsächlich im Sinne von A.2.5.3.1 lit. a) AKB vollständig und fachgerecht hat durchführen lassen.

Denn der Kläger hat schon in formeller Hinsicht die Reparatur nicht gemäß A.2.5.3.1 lit. a) AKB durch eine Rechnung nachgewiesen.

Diese Bestimmung lautet:

A.2.5.3.1  Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zu folgenden Obergrenzen:

a) Wenn das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert wird, gilt:

Kfz-Kaskoversicherung - Nachweis vollständige und fachgerechte Reparatur mit Rechnung
(Symbolfoto: Standret/Shutterstock.com)

Wir zahlen die hierfür erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes nach A.2.5.1.5, wenn Sie uns dies durch eine Rechnung nachweisen. Fehlt dieser Nachweis, zahlen wir entsprechend A.2.5.3.1b.

b) Wenn das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert wird, gilt:

Wir zahlen die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswertes (siehe A.2.5.15 und A.2.5.1.6).

[…]

aa)

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Maßgeblich sind grundsätzlich die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und dessen Interessen. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen, wobei der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln zusätzlich zu berücksichtigen sind, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (st. Rspr, vgl. z.B. BGH, Urteil vom 06.07.2016 – IV ZR 44/15, VersR 2016, 1177, juris Rn. 17).

Ausgehend davon wird – entgegen dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 29.03.2021 – schon aus dem Wortlaut von A.2.5.3.1 lit. a) AKB klar und unmissverständlich deutlich, dass der Anspruch auf die vollen Reparaturkosten nicht lediglich die Vorlage einer irgendwie gearteten Rechnung voraussetzt.

Das Wort „dies“ in A.2.5.3.1 lit. a) AKB bezieht sich erkennbar auf die Wendung „vollständig und fachgerecht repariert“ im vorangegangenen Satz. Auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse kann unschwer erkennen, dass die Rechnung also einen „Nachweis“ über eine ebensolche vollständige und fachgerechte Reparatur erbringen muss. Dazu kann nach dem erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel in A.2.5.3.1 AKB nicht jedes Schriftstück genügen, aus dem sich nur pauschal ergibt, dass von dem Versicherungsnehmer ein gewisser Betrag gefordert wird. Vielmehr liegt es auf der Hand, dass der Nachweis einer vollständigen und fachgerechten Reparatur durch eine Rechnung wenigstens in groben Zügen Angaben darüber erfordert, dass und welche konkreten Reparaturarbeiten an dem Fahrzeug ausgeführt wurden. Denn ohne diese Angaben kann der Versicherer nicht ansatzweise beurteilen, ob es sich tatsächlich um eine vollständige Reparatur im Sinne der AKB handelte.

Nichts anderes ergibt sich entgegen den Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 29.03.2021 aus der bereits im Hinweisbeschluss des Senats vom 24.02.2021 zitierten Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 22.04.2020 (5 U 55/19 – VersR 2020, 899). Denn auch das OLG Saarbrücken führt dort – in Übereinstimmung mit der vorliegenden Entscheidung des Senats – aus, dass die Rechnung erkennen lassen müsse, dass der Aussteller Reparaturarbeiten am Fahrzeug durchgeführt hat, und dass dabei formale Voraussetzungen zu beachten sind.

bb)

Es bedarf hier keiner allgemein gültigen Ausführungen dazu, wann genau eine Rechnung ausreichende Angaben über die durchgeführten Reparaturarbeiten enthält und welche Anforderungen diesbezüglich im Einzelnen zu stellen sind. Denn jedenfalls die vom Kläger als Anlage K4 vorgelegte Rechnung vom 29.01.2019 (eGA-I 33) ist, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, formal unzureichend.

Die Ausführungen des Klägers in seiner Stellungnahme vom 29.03.2021 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

Die Rechnung lautet:

„Hiermit stellen wir Ihnen, wie vereinbart, die Reparaturkosten laut Gutachten (A-Nr. […]) zum Festpreis in Rechnung:

1x    Reparaturkosten für B (..)

FG-Nr.: […]

Erstzulassung: 00.03.2016

10.846,24 EUR netto

+    2.060,79 EUR 19% MWSt.

—————

12.907,03 EUR brutto

Bitte überweisen Sie den Betrag auf das unten angegebene Konto.“

Aus dieser Rechnung wird nicht ansatzweise deutlich, ob und welche konkreten Reparaturmaßnahmen durchgeführt wurden. Entgegen den Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 29.03.2021 belegt die Bezugnahme auf das A-Gutachten auch nicht, dass die Reparatur „exakt nach Maßgabe des Gutachtens“ vorgenommen worden wäre. Dazu, dass tatsächlich eine Reparatur gemäß dem Gutachten durchgeführt wurde, lässt sich der Rechnung nichts entnehmen, weil sie lediglich davon spricht, dass Reparaturkosten laut Gutachten in Rechnung gestellt würden, und zwar zum Festpreis. Ein derart pauschales Schreiben ist, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, ungeeignet, um die vollständige und fachgerechte Reparatur des Fahrzeugs im Sinne von A.2.5.3.1 lit. a) AKB nachzuweisen. Das gilt unabhängig davon, ob die Rechnung überhaupt in formeller Hinsicht den in § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG normierten Anforderungen genügt, also im umsatzsteuerrechtlichen Sinne den Umfang und die Art der erbrachten Dienstleistung hinreichend konkret bezeichnet. Bezeichnenderweise hat auch der Kläger auf den Hinweisbeschluss des Senats hin keine ausführlichere Rechnung vorgelegt oder wenigstens dargelegt, dass er sich um die Ausstellung einer solchen bemüht hätte.

Wie bereits dargelegt kommt es schließlich in diesem Zusammenhang nicht auf die Behauptung des Klägers an, eine vollständige und fachgerechte Reparatur habe stattgefunden. Denn das Erfordernis des Nachweises dieser Reparatur durch eine Rechnung tritt als eigene formelle Voraussetzung neben dieses Erfordernis einer tatsächlichen Reparatur (vgl. Prölss/Martin-Klimke, VVG, 31. Aufl. 2021, A.2.5.8 AKB Rn. 27).

b)

Der damit lediglich bestehende Anspruch des Klägers auf Ersatz des um den Restwert und die Selbstbeteiligung reduzierten Wiederbeschaffungswertes ist seitens der Beklagte unstreitig erfüllt.

2.

Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache kann der Kläger schließlich auch nicht den Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung dieses Beschlusses ergibt sich unmittelbar aus § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

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