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Kfz-Kaskoversicherung – Nachweis eines vom Versicherungsschutz gedeckten Unfallschadens

AG Osnabrück – Az.: 49 C 1432/17 – Urteil vom 23.11.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Versicherungsleistungen.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung für seinen PKW VW Passat mit dem amtlichen Kennzeichen. Es wurde eine Selbstbeteiligung des Klägers von 300,00 € vereinbart.

Der Kläger behauptet, am 17.09.2016 habe er den bei der Beklagten versicherten VW Passat auf einem Parkstreifen an der N.-straße in B. (im rechten Winkel zur Fahrbahn) geparkt. Als er mit dem VW Passat rückwärts ausgeparkt habe, sei er mit einem in einer Parkbucht (in Fahrtrichtung gesehen) rechts neben ihm abgestellten Fahrzeug zusammengestoßen. Beide Fahrzeuge seien erheblich beschädigt worden.

Weiterhin behauptet der Kläger, durch diesen Zusammenstoß seien an seinem Fahrzeug Schäden entstanden, die – entsprechend dem Privatgutachten des Sachverständigen H. vom 30.09.2016 – Reparaturkosten in Höhe von 3125,17 € erforderlich machten. Abzüglich der Mehrwertsteuer und der Selbstbeteiligung von 300,00 € ergebe sich eine Gesamtforderung von 2267,00 €. Altschäden habe sein PKW VW Passat nicht aufgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2267,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 05.07.2017 zu zahlen, die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 05.07.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Nachdem die Beklagte zunächst lediglich Altschäden am PKW VW Passat des Klägers behauptet hat, bestreitet sie jetzt den gesamten vom Kläger behaupteten Verkehrsunfall. Sie behauptet, der Unfall könne sich nicht so ereignet haben, wie der Kläger ihn dargestellt habe.

Da die Darstellungen des Klägers zum Unfallgeschehen nicht der Wahrheit entsprechen könnten, habe der Kläger vorsätzlich gegen die ihn treffenden Aufklärungsobliegenheiten verstoßen, wodurch die Beklagte nach den dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) leistungsfrei geworden sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.Ing. K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 04.09.2018 (Bl. 145-171 der Gerichtsakte) verwiesen.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Entscheidungsgründe

Die Beklagte ist aus keinem rechtlichen Grunde verpflichtet, die am PKW VW Passat () des Klägers festgestellten Schäden zu ersetzen. Ein Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich insbesondere nicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag über eine Vollkaskoversicherung. Dem Kläger ist es nicht gelungen, ein Unfallgeschehen darzulegen und zu beweisen, auf das die Schäden an seinem Fahrzeug zurückgeführt werden könnten.

Ein im Rahmen einer Vollkaskoversicherung versicherter Unfall liegt nur dann vor, wenn ein Ereignis unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das versicherte Fahrzeug schädigend einwirkt. Der Versicherungsnehmer muss als Anspruchsteller darlegen und beweisen, dass es dieses schädigende Ereignis mit den konkreten Schadensfolgen (für die Ersatz verlangt wird) gegeben hat (LG Köln, VersR 2008, 1061 f., m.w.N.). Der Versicherungsnehmer muss nachweisen, dass die geltend gemachten Schäden – entsprechend seiner Behauptung – allesamt auf ein und dasselbe schädigende Ereignis zurückzuführen sind. Es genügt nicht, dass die festgestellten Schäden überhaupt auf Unfälle zurückzuführen sind, vielmehr ist eine Zuordnung zu einem vom Versicherungsnehmer darzulegenden Schadensereignis zu verlangen. Diese Zuordnung hat der Versicherungsnehmer zu beweisen. Die Möglichkeiten des Versicherers, seine Einstandspflicht für einen Schadensfall zu prüfen, wären sonst unzumutbar eingeschränkt (LG Köln, a.a.O., m.w.N.). Nur für den (hier nicht gegebenen) Fall, dass es dem Versicherungsnehmer nicht möglich ist, die Schadensursache näher aufzuklären, etwa weil zur Unfallzeit ein Dritter gefahren ist, kann er im Einzelfall Beweiserleichterungen in Anspruch nehmen (LG Köln, a.a.O.).

Hier hat der Kläger zwar behauptet, aber nicht bewiesen, dass die Schäden an seinem PKW VW Passat, für die er Ersatz verlangt, auf den behaupteten Unfall vom 17.09.2016 zurückzuführen sind. Der Kläger hat bei der Ortsbesichtigung gegenüber dem vom Gericht eingesetzten Sachverständigen angegeben, der PKW VW Touran des Unfallgegners habe in einer Parkbucht gestanden und er habe (in Fahrtrichtung gesehen) in einer Parkbucht parallel links daneben geparkt. Als er rückwärts ausgeparkt habe, sei es zur Kollision gekommen. Diese Angaben decken sich auch mit der Unfallskizze vom 21.09.2016 (Bl. 32 der Gerichtsakte), die der Kläger persönlich bei der Beklagten eingereicht hat. Einen anderen Unfallhergang hat der Kläger nicht dargetan.

Der vom Gericht eingesetzte Sachverständige Dipl.-Ing. K. hat hierzu in seinem schriftlichen Gutachten vom 04.09.2018 ausgeführt, die vom Kläger beschriebene normale Parkposition des PKW VW Passat neben dem PKW VW Touran könne vor dem Unfall nicht vorgelegen haben. Zwar ließen die Schäden auf einen Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge schließen und die Schäden seien prinzipiell als kompatibel einzustufen, mit dem vom Kläger behaupteten Unfallhergang ließen sich die Schäden aber nicht erklären.

Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, es gebe Widersprüche in Bezug auf die Lage und die Länge der Kontaktzonen. Bei der vom Kläger beschriebenen Ausgangssituation und der daraus folgenden geringen Kollisionsgeschwindigkeit sei eine sofortige Verhakung der beiden Fahrzeuge zu erwarten gewesen, die einen unmittelbaren Stillstand des klägerischen Wagens nach dem Erstkontakt zur Folge gehabt hätte. In diesem Fall seien aber die übrigen Schäden der Fahrzeuge bzw. die Ausdehnung der Schadenszonen an den Fahrzeugen nicht zu erklären. Aus technischer Sicht sei es unter diesen Umständen „sehr fraglich“, ob die Schäden in einem Zuge entstanden seien, oder ob es verschiedene Einzelanstöße gegeben habe.

Das Gericht folgt den ausführlichen, gut begründeten und plausiblen Darlegungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. K.. Der Sachverständige hat eine Ortsbesichtigung vorgenommen, die von den Privatgutachtern erstellten Lichtbilddateien der beteiligten Fahrzeuge berücksichtigt und die Ergebnisse einer von ihm und einem anderen Sachverständigen durchgeführten Versuchsreihe für ähnliche Konstellationen von Parkplatzunfällen ausgewertet. Widersprüche oder Fehler des Gutachtens sind nicht ersichtlich. Das Gericht hegt keine Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen.

Der Kläger hat damit kein Unfallgeschehen dargelegt und bewiesen, aus dem die Schäden in ihrer Gesamtheit resultieren, für die er Ersatz verlangt (vergleiche obige Ausführungen). Abgesehen hiervon dürfte die Beklagte gemäß Ordnungspunkt E.6.1. der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB), die unstreitig Grundlage des vorliegenden Versicherungsvertrages über eine Vollkaskoversicherung waren, leistungsfrei geworden sein. Nach dieser Vertragsklausel entfällt der Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsnehmer (hier der Kläger) seine Anzeige- und Aufklärungspflichten aus Ordnungspunkt E.1.1-3 AKB verletzt. Die hieraus folgende Aufklärungspflicht beinhaltet, dass der Versicherungsnehmer alles tut, um das Schadensereignis aufzuklären. Insbesondere hat er die Fragen des Versicherers zu den Umständen des Schadensereignisses wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten (E.1.3. AKB).

Gegen diese Obliegenheiten hat der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme verstoßen. Der von ihm behauptete Unfallhergang kann nach dem eingeholten Sachverständigengutachten (zumindest nicht alle) Schäden erklären, für die er Ersatz verlangt (vergleiche obige Ausführungen).

Mangels Hauptanspruch steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und kein Zinsanspruch zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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