Skip to content

Kfz-Kaskoversicherung – Nachweis eines versicherten Wildschadens

LG Konstanz – Az.: 11 S 92/11 A – Urteil vom 23.09.2011

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Überlingen vom 14.06.2011 (1 C 58/11) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.618,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.11.2010 zu zahlen.

Die Beklagte wird außerdem verurteilt, an den Kläger 229,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.11.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

– Gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO ohne Tatbestand –

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet, und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Zahlung von 1.618,79 € gemäß § 1 VVG i. V. m. Nr. A.2.2.4 Abs. 1 der AKB.

Unstreitig besteht zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Teilkaskoversicherungsvertrag für das Fahrzeug des Klägers auf der Grundlage des sogenannten „Classic“-Tarifs. Damit ist gemäß Nr. A.2.2.4 Abs. 1 der AKB der Zusammenstoß des in Fahrt befindlichen Fahrzeugs mit Tieren aller Art versichert. Nachdem die Beklagte nicht bestritten hat, dass dem Versicherungsvertrag mit dem Kläger nicht lediglich der Basis-Tarif zugrundeliegt, gilt die Einschränkung von Nr. A.2.2.4 Abs. 2 der AKB, wonach nur der Zusammenstoß mit Haarwild im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 BJG versichert ist, hier nicht.

Die Kammer ist überzeugt, dass der hier streitgegenständliche Schaden am Fahrzeug des Klägers durch den Zusammenstoß mit einem Tier verursacht wurde.

Kfz-Kaskoversicherung - Nachweis eines versicherten Wildschadens
Symbolfoto: Von GUNDAM_Ai/Shutterstock.com

Wie schon das Amtsgericht ausgeführt hat, spricht alles dafür, dass es ein Tier war, das mit dem Fahrzeug des Klägers zusammengestoßen ist. So hat der in erster Instanz hinzugezogene Sachverständige Dipl.-Ing. … mit plausibler Begründung ausgeführt, dass der Schaden höchstwahrscheinlich von einem Reh stammt. Die Verursachung durch ein anderes Tier konnte er sich zwar eigentlich nicht vorstellen, aber andererseits auch nicht ausschließen. Ausgeschlossen hat er hingegen aufgrund des Schadensbildes, dass der Schaden durch einen Ast oder ähnliches verursacht wurde. Die Kammer hat insoweit keine Bedenken, sich den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen anzuschließen. Dem steht nicht die von der Beklagten außergerichtlich eingeholte Stellungnahme der DEKRA GmbH vom 11.10.2010 entgegen, wonach der Schaden „nicht plausibel zu einem Zusammenprall mit Wild“ sei. Zwar wird dort darauf verwiesen, der Verlauf des Streifschadens an den rechten Fahrzeugtüren sei für einen Wildunfall zu hoch, zu gerade und zu schmal; der gerichtlich bestellte Sachverständige … hat hierzu jedoch erläutert, die Beschädigungshöhe passe durchaus zur Größe eines Rehes; je nach Tempo sei auch ein messbarer Höhenunterschied der Beschädigung nicht zu erwarten. Schließlich hat er darauf hingewiesen, dass sich etwas seitlich gegen das Fahrzeug bewegt haben muss, sonst hätte es keine Delle gegeben. Zu der Delle hat sich der von der Beklagten hinzugezogene Sachverständige nicht geäußert.

Auch die Aussagen der hierzu vom Amtsgericht vernommenen Zeugen haben nicht ergeben, dass der Schaden durch irgendetwas anderes als durch einen Zusammenstoß mit einem Tier verursacht worden sein könnte. Schließlich hat auch die Beklagte keine konkrete andere Möglichkeit für die Verursachung des Schadens dartun können.

Zu berücksichtigen sind schließlich auch die vom Kläger selbst geschilderten Umstände des Unfalls, nämlich das Unfallgeschehen sowie Ort (in einem Waldstück) und Uhrzeit (1.00 Uhr) des Unfalls.

Nach allem ist die Kammer überzeugt, dass sich der Unfall, so wie vom Kläger dargestellt, zugetragen hat. Die Beklagte hat zwar die Angaben des Klägers zu den Umständen des Unfalls bestritten, ihr Bestreiten jedoch nicht näher substantiiert. Nachdem der Kläger die Umstände des Unfalls von Anfang an gleichbleibend dargestellt und überdies eingeräumt hat, das Tier nicht gesehen zu haben, sieht die Kammer keinen Grund, ihm nicht zu glauben, dass der Unfall am 22.09.2010 gegen 1.00 Uhr am angegebenen Ort stattgefunden hat. Zudem haben beide vom Amtsgericht vernommenen Zeugen Abriebspuren am Fahrzeug des Klägers festgestellt, die sich nach Aussage des Zeugen Klaus durch einfaches Abwischen entfernen ließen; somit kann davon ausgegangen werden, dass der Schaden vom 22.09.2010 tatsächlich noch frisch war.

In ihrer Gesamtheit genügen diese Umstände, um die Überzeugung der Kammer zu begründen, dass der Unfall durch ein Tier, welcher Art auch immer, verursacht wurde. Absolute über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit ist nicht erforderlich.

Die Schadenshöhe ist mit insgesamt 1.618,79 € unstreitig.

Der Anspruch auf die Zinsen und weiteren Kosten in Höhe von 229,55 € folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1, Abs. 4 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 ZPO liegen hier nicht vor. Dem Kläger kann ein Verstoß gegen seine Prozessförderungspflicht in erster Instanz nicht vorgeworfen werden. Dies ergibt sich schon aus der vom Amtsgericht im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.05.2011 nach Abschluss der Beweisaufnahme ausgesprochenen Anregung an die Beklagte, den Anspruch anzuerkennen. Im Übrigen hatte sich die Beklagte richtigerweise auch zu keinem Zeitpunkt damit verteidigt, es sei nur ein Wildunfall und nicht ein Unfall mit einem Tier jeder Art versichert. Insofern war die Entscheidung des Amtsgerichts überraschend.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wurde nicht zugelassen weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Versicherungsrecht

Egal ob Ihre Versicherung die Zahlung verweigert oder Sie Unterstützung bei der Schadensregulierung benötigen. Wir stehen Ihnen zur Seite.

 

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Versicherungsrecht

Urteile aus dem Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!