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Kfz-Kaskoversicherung – manipulierter Alleinunfall

LG Coburg  –  Az.: 24 O 360/16 – Urteil vom 05.06.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Zahlung von Versicherungsleistungen aus einer Vollkaskoversicherung auf Grund der Unfallbeschädigung eines Pkw gegenüber der Beklagten.

Die Ehefrau die Klägers …, war Eigentümerin und Halterin eines Pkw … der 5er-Reihe, amtliches …, welcher bei der Beklagten seit Ende 2015 haftpflicht- und vollkaskoversichert war. Im Rahmen dieser Vollkaskoversicherung war eine Selbstbeteiligung in Höhe von 300,00 € pro Schadensfall vereinbart. Als der Kläger am 05.01.2016 gegen 20.30 Uhr mit diesem Pkw in der … auf Höhe der Einmündung B. Weg fuhr, kam er mit dem Fahrzeug nach rechts von der Fahrbahn ab, geriet in den Grünstreifen und stieß mit der Fahrzeugfront gegen einen am Straßenrand befindlichen Baum. Das Fahrzeug wurde unrepariert drei bis vier Monate nach dem Schadensereignis zu einem Verkaufspreis von 12.000,00 € verkauft. Sämtliche Ansprüche aus dem Schadensereignis hat die Ehefrau des Klägers an diesen abgetreten und ihn mit der diesbezüglichen Abwicklung betraut.

Der Kläger behauptet, es habe sich bei dem Schadensereignis am 05.01.2016 um einen Unfall gehandelt. Er sei auf Grund der schlechten Sichtverhältnisse (Dunkelheit und Nieselregen) mit der rechten Fahrzeugseite auf den neben der Straße befindlichen Grünstreifen geraten, habe die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und sei ungebremst gegen einen Baum gestoßen.

Der Kläger behauptete zunächst weiter, zur Beseitigung des durch den Anstoß entstandenen Fahrzeugschadens seien Reparaturkosten in Höhe von 24.000,00 € netto erforderlich. Nachdem die Beklagte dies unter Vorlage eines … Schadensgutachtens bestritten hatte, behauptet der Kläger nunmehr, die Reparaturkosten betrügen netto 16.825,90 €, der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeug 24.000,00 €. Nach Vorliegen des gerichtlichen Sachverständigengutachtens vom 09.02.2018 behauptet der Kläger nunmehr, in Abweichung zu seinem vorherigen Vortrag, er habe unmittelbar vor dem Anstoß noch über einen Zeitraum von etwa 1 Sekunde sein Fahrzeug abgebremst.

Nachdem der Kläger in der Hauptsache zunächst beantragt hatte, die Beklagte zur Zahlung von 24.000,00 € zu verurteilen, erklärte er den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 03.11.2016, eingegangen am 04.11.2017, in Höhe eines Betrages von 7.174,10 € für erledigt. Die Beklagte stimmte dieser Teilerledigungserklärung nicht zu.

Der Kläger beantragt nunmehr:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.825,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 15.05.2016 sowie die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 562,16 € zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache in Höhe eines Betrages von 7.174,10 € erledigt ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, es handle sich um ein fingiertes Unfallgeschehen. Die durch den Kläger abgegebene Unfallschilderung sei unplausibel, der Winkel und der Verlauf der Spur auf dem Grünstreifen spreche bereits nicht für ein versehentliches Abkommen von der Straße. Es erscheine zudem unwahrscheinlich, dass der geltend gemachte Fahrzeugschaden von einem einzigen Anstoß gegen einen Baum herrühre. Im Rahmen der Schadensanzeige habe der Kläger unreparierte Vorschäden nicht mitgeteilt. Darüber hinaus sei auch eine auffällige Häufung von Versicherungsschäden bei dem Kläger festzustellen. Er habe vor dem hier streitgegenständlichen Ereignis in den Jahren 2013 bis 2015 bereits mehrfach Unfallereignisse versicherungsrechtlich geltend gemacht, darunter auch mehrfach wegen Abkommens von der Fahrbahn.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 17.02.2017, 24.04.2017 und 15.05.2018 Bezug genommen. Das Gericht hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.02.2017 informatorisch angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme des Zeugen … sowie Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen … sowie dessen anschließender mündliche Anhörung. Zum Ergebnis der informatorischen Anhörung des Klägers sowie der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 17.02.2017, 24.04.2017 und 15.05.2018 sowie auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 09.02.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Versicherungsleistungen auf Grund des Unfallgeschehens vom 05.01.2016 zu. Die Beklagte ist gemäß § 81 VVG von einer Leistungsverpflichtung aus dem Versicherungsverhältnis der Parteien befreit, da der Versicherungsfall zur Überzeugung des Gerichts durch den Kläger vorsätzlich herbeigeführt wurde.

Im Einzelnen:

1.

Die Parteien sind unmittelbar durch ein Versicherungsverhältnis über eine Vollkaskoversicherung betreffend den streitgegenständlichen Pkw verbunden. Der Kläger ist ausweislich des Versicherungsantrags (Anlage B1) sowie des Versicherungsscheins (Anlage B2) Versicherungsnehmer geworden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist dagegen nicht ersichtlich, dass (auch) seine … Versicherungsnehmerin geworden ist. In dem Versicherungsantrag (Anlage B1) ist sie ersichtlich nicht als Versicherungsnehmerin, sondern (lediglich) als Fahrzeughalterin aufgeführt.

2.

Die Beklagte hat hinreichende Indizien dafür vorgebracht, dass der Unfall nicht wie durch den Kläger vorgetragen stattgefunden hat, sondern bewusst durch den Kläger verursacht wurde, um Leistungen von der Beklagten zu Unrecht zu erlangen.

Im Rahmen der Vollkaskoversicherung obliegt der beklagten Versicherung der zu ihrer Leistungsfreiheit führende Beweis dafür, dass das Schadenereignis durch den Versicherungsnehmer vorsätzlich herbeigeführt wurde (BGH, NJW 1981, 1315 f.; Prölss/Martin, VVG, § 81, Rn. 67 f.). Für die Gewinnung der vollen Überzeugung von der Wahrheit behaupteter Tatsachen darf und muss sich das Gericht mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende, von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit ist nicht erforderlich (BGH, NJW-RR 2007, 312 f.). Vielmehr kann bei Vorliegen einer Vielzahl voneinander unabhängiger Indizien für einen gestellten Unfall eine Überzeugungsbildung des Gericht für einem Unfallhergang, der nur auf deine vorsätzliche Selbstschädigung des Versicherungsnehmers hindeutet, in Betracht kommen. Die einzelnen Hilfstatsachen müssen aber feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein. Etwaige Zweifel bzw. vernünftigerweise verbleibende Restzweifel an der Freiwilligkeit des Unfallgeschehens gehen stets zu Lasten der beklagten Versicherung. Als Indiz geeignet ist in diesem Zusammenhang ein Umstand, für den es bei Annahme eines echten Unfalls entweder keine Erklärung gibt oder wenn er beim gestellten Unfall signifikant häufiger vorkommt als bei einem echten. Es kommt dabei nicht darauf an, ob in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise, bei denen aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann (vgl. zu allem OLG Karlsruhe, VersR 2007, 1365 ff.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das Gericht vorliegend auf Grund einer Gesamtbetrachtung nachfolgend dargestellter Indizien davon überzeugt, dass der Kläger den streitgegenständlichen Anstoß vorsätzlich herbeigeführt hat.

a)

Zunächst ist festzustellen, dass die Unfallschilderungen des Klägers im Verlaufe des Verfahrens voneinander abweichen und ersichtlich dem jeweiligen (Er-)Kenntnisstand der Beklagten und des Gerichts angepasst wurden. So hat der Kläger in seiner Replikschrift vorgetragen, er habe vor dem Anprall gegen den Baum keine Zeit mehr gehabt, das Fahrzeug zu bremsen, da er in der kurzen Zeitspanne bis zum Anprall mit (Gegen-)Lenken beschäftigt gewesen sei (Bl. 30 d.A.). Auch in seiner informatorischen Anhörung im Termin am 17.02.2017 gab der Kläger an, er sei mit dem Fahrzeug ungebremst gegen den neben der Straße stehenden Baum gestoßen. Er habe vor dem Anstoß nicht gebremst (Bl. 50 d.A). Zudem gab er zum Zweck der Fahrt an, er habe mit seinem Cousin, der als Beifahrer mitfuhr, einfach nur rausfahren wollen, er sei von zu Hause gekommen und habe zu einem Bistro .. fahren wollen, um dort Kaffee zu trinken. Auffälligkeiten bei der Fahrt habe es nicht gegeben. Als der Unfall passiert sei, sei außer seinem Beifahrer keine ihm sonst bekannte Person in der Nähe gewesen (Bl. 49/50 d.A.). Sodann gab der Kläger nach Vorhalt einer polizeilichen Ereignismeldung durch den Beklagtenvertreter (Anlage zum Protokoll vom 17.02.2017) an, vor dem Unfall sei er dem Sohn seines Cousin hinterhergefahren, man habe mehrfach gewendet, angehalten, sein Cousin habe mit seinem Sohn gesprochen und man sei anschließend wieder stadteinwärts gefahren. Der Sohn seines Cousin sei ihnen hinterher gefahren. Als der Unfall passierte, sei dieser ebenfalls hinter ihnen gefahren, dann jedoch ohne an der Unfallstelle anzuhalten, an ihnen vorbeigefahren. Dieser Fahrtverlauf, welcher ein völlig anderes, fragwürdiges Bild von der Fahrt ergibt, war von dem Kläger trotz Nachfrage zunächst verschwiegen worden.

Nachdem der gerichtlich bestellte Sachverständige … in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 09.02.2018 angesichts der Beschädigung des klägerischen Fahrzeug zu dem Ergebnis kommt, dass dieses mit einer Geschwindigkeit von 18 bis 24 km/h gegen den Baum gestoßen sein muss und, ausgehend von einer Ausgangsgeschwindigkeit von 40 bis 50 km/h, welche der Zeuge … in seiner uneidlichen Vernehmung vom 24.04.2017 mitteilte, davon auszugehen sei, dass das Fahrzeug unmittelbar vor dem Anstoß mit einer Abwehrbremsung über 1,2 Sekunden verlangsamt worden sein musste, änderte der Kläger seine Unfallschilderung erneut. Nun trägt er unter Zeugennennung, auf dessen Vernehmung im weiteren Prozessverlauf dann seinerseits wieder verzichtet wurde, vor, es sei vor der Kollision mit dem Baum wohl zu einem kurzen Abbremsen von ca. 1 Sekunde auf seiner Seite gekommen (Bl. 130 d.A.).

In dem gegenüber der Beklagten abgegebenen Schadensformular vom 10.01.2016 (Anlage B 7) hat der Kläger unter Punkt 7. „Wie ist der Schaden entstanden“ lediglich „siehe Unfallmitteilung“ angegeben. Hierbei will er offenbar auf die polizeiliche Unfallmitteilung (Anlage K 1) verweisen. Diese Unfallmitteilung enthält jedoch keine Unfallschilderung, sondern lediglich eine Handskizze des Geschehensortes. Erst nach ausdrücklicher Aufforderung der Beklagten vom 21.01.2016 gibt er am 25.01.2016 an, er sei auf den Rasen gekommen, habe dabei die Kontrolle verloren und sei gegen den Baum gefahren.

Das Gericht wertet diese „scheibchenweise“ Ergänzungen und Abänderungen der Unfallschilderungen des Klägers als Versuch, dass Unfallgeschehen zunächst möglichst vage, harmlos und unzweifelhaft erscheinen zu lassen. Erst auf entsprechend konkretes Vorhalten von Unstimmigkeiten und Widersprüchen bemüht sich der Kläger, den genauen Ablauf auch weiterhin plausibel werden zu lassen.

b)

Das Unfallgeschehen, wie es der Kläger ursprünglich vorgetragen hatte, dass er unbeabsichtigt von der Straße abgekommen und ungebremst gegen den Baum gestoßen sei, stellt sich für das Gericht unter Zugrundelegung der nachvollziehbaren, in sich schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständiger … sowohl in dessen schriftlichen Sachverständigengutachten als auch in der anschließenden persönlichen Einvernahme nicht als plausibel dar. Mit den Ausführungen des Sachverständigen angesichts des entstandenen Schadensbildes ist festzustellen, dass Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von (lediglich) 18 bis 24 km/h mit dem Baum kollidierte. Das Fahrzeug muss also vor dem Anstoß entweder deutlich spürbar abgebremst worden sein, oder, falls tatsächlich keine Bremsung erfolgte, zuvor auffällig langsam gefahren worden sein. Der uneidlich vernommene … gab im Rahmen seiner Vernehmung am 24.04.2017 an, dass der Anstoß an den Baum unmittelbar nach dem Abkommen von der Straße erfolgt sei, es sei sehr schnell gegangen. Sie seien geschätzt 40 bis 50 km/h schnell gewesen. Auffällig ist hier, dass der Zeuge in Übereinstimmung mit dem Kläger gerade nicht von einem Abbremsen des Fahrzeugs vor dem Anstoß berichtet. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass Geschwindigkeitsschätzungen von Zeugen regelmäßig mit Vorsicht zu bewerten sind. Allerdings traut das Gericht dem Zeugen … vorliegend zu, eine Fahrt mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h mit einer solchen mit 18 bis 24 km/h auf einer Straße mit ersichtlich „Landstraßencharakter“ sicher zu unterscheiden.

Zudem ist auffällig, dass, wie der Sachverständige fundiert ausführt, zwar nach der Lenkbewegung nach rechts, welche zum Abkommen von der Straße führt, eine entgegengesetzte Lenkbewegung zurück in Geradeausfahrt zu rekonstruieren ist, anschließend, somit vor dem Aufprall, aber keine weitere Lenkbewegung nach links von der Gefahrenstelle, dem Baum, weg. Unbeachtlich dabei ist, ob sich mit einer solchen Ausweichlenkbewegung der Anstoß gänzlich hätte vermeiden lassen, was der Sachverständige nicht sicher festzustellen vermag. Dass eine Ausweichlenkbewegung völlig fehlt, ist in der Gesamtschau des feststellbaren Geschehensablaufs jedoch im Hinblick auf ein unfreiwilliges Abkommen von der Straße nicht nachvollziehbar.

c)

Die durch den Sachverständigen ermittelte Anstoßgeschwindigkeit von 18 bis 24 km/h stellt ein weiteres Indiz für ein gestelltes Unfallgeschehen dar. Die Aufprallgeschwindigkeit ist einerseits relativ gering, so dass keine ernsthaften Verletzungen der Fahrzeuginsassen, die zudem auf den Aufprall vorbereitet sind, zu befürchten stehen. Andererseits ist die Aufprallenergie hoch genug, um einen erheblichen Fahrzeugschaden entstehen zu lassen. Beide Annahmen haben sich vorliegend auch erfüllt.

d)

Weiter ist festzustellen, dass es sich bei dem betroffenen Fahrzeug um ein älteres hochwertiges Fahrzeug handelt. Das Fahrzeug war zum Schadenszeitpunkt, wie sich aus dem unter Anlage B 10 vorgelegten Dekra-Gutachten ergibt, knapp sechs Jahre als und wies einen Kilometerstand von 160.000 km auf. Bereits zuvor war es in ein Unfallgeschehen verwickelt, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die daraus entstandenen Schäden vor dem hier gegenständlichen Ereignis behoben waren. Zudem fällt auf, dass das Fahrzeug erst am 06.03.2015 auf die Ehefrau des Klägers zugelassen wurde, nur ein halbes Jahr später am 23.10.2015 der hier gegenständliche Versicherungsvertrag bekannt und das Schadensereignis sich nur zweieinhalb Monate später ereignete.

e)

Auffällig ist weiter, dass der Kläger bzw. dessen Ehefrau das betroffene Fahrzeug nur wenige Monate nach dem Unfall in unrepariertem Zustand veräußert hat. Der Kläger macht vorliegend eine fiktive Schadensabrechnung auf Gutachtenbasis geltend. (Nur) bei Abrechnung auf fiktiver Basis ist es dem Versicherungsnehmer möglich, in den Genuss der gewünschten Entschädigungszahlung im Sinne einer Verdienstmöglichkeit zu gelangen. Zudem steht das Fahrzeug durch den Verkauf recht kurz nach dem Schadenereignis auch hinsichtlich der Frage, ob durch den hiesigen Anstoß bereits zuvor vorliegende Fahrzeugschäden verdeckt bzw. überdeckt wurden, nicht mehr zur Verfügung, was die Gefahr der Aufdeckung der Unfallmanipulation aus Sicht des Versicherungsnehmers reduziert.

Insbesondere ist hierbei darauf hinzuweisen, dass der gerichtliche Sachverständige bereits bei der überschlägigen Überprüfung des beklagtenseits eingeholten, unter Anlage B 10 vorgelegten … Schadensgutachtens zu der gut nachvollziehbaren Feststellung kommt, dass der Gutachter der … öffentlichen Beschädigungen an dem klägerischen Fahrzeug feststellte, die sich mit dem hier behaupteten Unfallgeschehen nicht in Einklang bringen lassen. Dies gilt, wie der Sachverständige … ausführt, nicht nur hinsichtlich der Kennzeichenhalterung, sondern ist insbesondere hinsichtlich der festgestellten plastischen Beschädigung der rechten hinteren Felge.

Weiter ist in dieser Frage auffällig, dass der Kläger, obgleich in dem Schadensformular explizit nach Vorschäden, darunter auch „Lackkratzer, Parkschäden, Steinschlagschäden“ (vgl. Punkt 16. des Formulars Anlage B 7) gefragt, keine Angaben machte. Erst nach Aufforderung durch die Beklagte ergänzte er seine Angaben um die Angaben „unreparierte Vorschäden: leichte Kratzer am Kofferraum“ und „reparierte Vorschäden: Rechte Seite komplett“. Zum einen bleibt auch die Aussage zu reparierten Vorschäden auffällig vage, andererseits ist dies angesichts der festgestellten Beschädigung der rechten hinteren Felge nicht korrekt.

f)

Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass der Kläger und seine Ehefrau in den Jahren 2013 bis 2015 in insgesamt fünf weitere Unfallereignisse verwickelt waren.

Indiz für eine Unfallmanipulation ist gerade auch, wenn der Anspruchsteller in der Vergangenheit auffallend häufig in Zusammenhang mit ähnlich gelagerten Schadensfällen an einer Reihe von Fahrzeugen Versicherungsleistungen in Anspruch genommen hat oder nehmen wollte. Es kommt dabei nicht darauf an, ob auch in den vorangegangenen Vorgängen eine Unfallmanipulation angenommen wurde, wenn sich das im Raum stehende neuerliche Unfallereignis seinem Zuschnitt nach nahtlos in vorangegangene Schadensereignisse einfügt und als letztes Glied einer Kette gleichförmiger Geschehnisse erscheint, ohne dass sich die festgestellten Gemeinsamkeiten noch durch Zufall erklären ließen (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 2007, 1365 ff.).

Eine Häufung von Unfallereignissen in diesem Sinne liegt auch beim Kläger vor. Drei der in einem relativ kurzen Zeitraum vorgefallenen Unfallereignisse haben – unbestritten – Streifschäden an den jeweiligen Fahrzeugseiten zum Gegenstand, welche offensichtlich ebenfalls mit einem Abkommen von der Fahrbahn in Verbindung stehen, ohne dass ein etwaiger Unfallgegner benannt wurde oder sonst zur Verfügung stand.

g)

Unter kritischer Würdigung der aufgeführten Indizien ist das Gericht davon überzeugt, dass es sich bei dem klägerseits behaupteten Unfallgeschehen um einen vorsätzlich herbeigeführten Schadensfall handelt.

Bei dieser Beurteilung hat das Gericht wie eingangs dargestellt berücksichtigt, dass keiner der angesprochenen Auffälligkeiten für sich genommen isoliert den Nachweis eines gestellten Unfalls zu erbringen vermag. Erst in ihrer Gesamtschau und ihrem individuellen Zusammenwirken ergeben sich derartige Ungereimtheiten, die zweifellos ausschließlich dann Zusammentreffen, wenn ein gestelltes Schadensereignis vorliegt.

3.

Mangels eines Hauptsacheanspruchs steht dem Kläger gleichfalls kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen und auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.

II.

Nachdem dem Kläger kein Zahlungsanspruchs aus dem Versicherungsverhältnis zusteht, besteht gleichfalls kein Anspruch auf die begehrte Feststellung einer Teilerledigung des hiesigen Verfahrens zu, ganz unabhängig davon, dass ein erledigendes Ereignis von vornherein nicht ersichtlich ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

 

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