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Kfz-Kaskoversicherung – glaubhafte Schilderung des Versicherungsfalls und Erinnerungslücken

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 42/18 – Urteil vom 13.02.2019

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 2.5.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – Az. 14 O 116/17 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Dieses Urteil sowie das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 40.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Kaskoentschädigung in Höhe von 40.000 € wegen einer behaupteten Entwendung seines bei der Beklagten versicherten Pkw Toyota Supra Coupé (amtliches Kennzeichen …). Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Kfz-Versicherung zu Grunde (im Folgenden: AKB; Anlagenband Beklagte; Versicherungsschein Nr. …, Bl.130 d.A.). Der Kläger hatte das Fahrzeug im Januar 2008 in England gekauft, es nach eigenen Angaben im Zeitraum 2008-2011 mit eine Reihe zusätzlicher Tuning-Ausstattungen versehen und zuletzt im April 2016 noch einen Turbolader eingebaut (Bl. 3 d.A.).

Am 2.9.2016 soll das Fahrzeug gestohlen worden sein. Der Kläger erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt (Staatsanwaltschaft Saarbrücken 81 UJs 1390/16). Gegenüber der Polizei erklärte er zum Hintergrund des Geschehens, er sei am Abend des 2.9.2016 mit einer Internet-Bekanntschaft namens „Tamara“ zu einem Blind Date verabredet gewesen. Er habe sie auf einem Parkplatz in H. an der Autobahn getroffen, sei in ihr Fahrzeug gestiegen und mit ihr nach S. gefahren. Sie habe ihn gegen 22:30 Uhr an der Straße am Parkplatz wieder abgesetzt. Entgegen seiner Ankündigung im Rahmen eines Telefonats mit dem ermittelnden Polizeibeamten am 3.9.2016, wonach er Chatverläufe und weitere Informationen über das Treffen mit „Tamara“ zusammentragen wolle, teilte er keine Daten mit, die eine Vernehmung als Zeugin ermöglicht hätten.

Im Rahmen der Leistungsprüfung füllte der Kläger am 19.9.2016 eine Kasko-Schadenanzeige der Beklagten aus (Bl. 65 d.A.). Die Frage nach Zeugen für das Abstellen des Fahrzeugs beantwortete er mit „nein“. Zur Frage nach dem Schadenshergang erklärte er „Aussage bei Polizei anfordern“. Als Kilometer-Gesamtlaufleistung trug er „150.000“ ein. Sie war im Rahmen einer Risikoprüfung der Beklagten im Jahr 2014 mit 168.000 km angegeben worden (Bl. 68 d.A.). Die Beklagte holte ein Schlüsselgutachten ein, welches zu dem Ergebnis kam, es fehlten alle Original-Fahrzeugschlüssel; einer der beiden vorgelegten Nachschlüssel weise Kopierspuren auf, die nicht durch Gebrauchsspuren überlagert seien (Bl. 75 d.A.). Mit Schreiben vom 28.4.2017 lehnte sie die Erbringung versicherungsvertraglicher Leistungen ab.

Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung einer Kaskoentschädigung in Höhe von 40.000 € in Anspruch genommen. Für das Abstellen des Fahrzeugs auf dem Parkplatz in H. am Abend des 2.9.2016 hat er in der Klageschrift erstmals den Zeugen C. P. B. benannt.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und eine vom Kläger nur vorgetäuschte Entwendung angenommen. Wegen der von ihr zusammengetragenen Indizien für eine Unredlichkeit des Klägers wird auf die Klageerwiderung vom 4.8.2017 Bezug genommen. Den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs hat die Beklagte auf allenfalls 22.000 € geschätzt (Wertermittlung Bl. 94 d.A.).

Der Kläger hat den von der Beklagten erhobenen Verdacht von sich gewiesen. Zu der späten Benennung des Zeugen P. B. hat er vorgetragen, dieser habe sich erst nachträglich bei ihm gemeldet, weil er von dem Diebstahl des ihm aus der Tuningszene bekannten Fahrzeugs erfahren und sich dann daran erinnert habe, dass er es am 2.9.2016 zufällig auf dem Parkplatz habe stehen sehen. Soweit die Beklagte auf Differenzen zwischen der Darstellung des Klägers zum Ablauf des Abends vor dem Verlassen des Hauses und der Schilderung seiner im Ermittlungsverfahren vernommenen Lebensgefährtin aufmerksam gemacht hat, hat er sich auf Unachtsamkeit und Erinnerungslücken berufen. Die ausweislich des Schlüsselgutachtens nachgemachten Fahrzeugschlüssel seien diejenigen, die er beim Erwerb des Fahrzeugs selbst erhalten habe. Dass sie keine Gebrauchsspuren nach dem Kopiervorgang aufwiesen, beruhe auf dem Benutzen der Schlüsselfernbedienung. Die Angaben zur Laufleistung habe er stets nur nach seinem Erinnerungsvermögen gemacht (Bl. 104-106 d.A.).

Das Landgericht hat die – zwischenzeitlich im Archiv der Staatsanwaltschaft nicht mehr auffindbare – Akte 81 UJs 1390/16 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Es hat die Klage nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen P. B. (Sitzungsniederschrift vom 11.4.2018, Bl. 142 d.A.) abgewiesen. Dem Kläger sei der Nachweis einer bedingungsgemäßen Entwendung des versicherten Kraftfahrzeugs nicht gelungen. Die Aussage des Zeugen sei unergiebig und darüber hinaus unglaubhaft. Die Schilderung des Klägers selbst habe mit Blick auf eine Reihe von Ungenauigkeiten und Unstimmigkeiten nicht überzeugt. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Satz1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.

Der Kläger hat Berufung eingelegt.

Er meint, die Voraussetzungen des Versicherungsfalls Entwendung bewiesen zu haben. Die vom Landgericht hervorgehobenen Unklarheiten und Widersprüche hält er für unbeachtlich. Dass er die ihn am fraglichen Abend begleitende „Tamara“ nicht als Zeugin benannt habe, begründet er – anders als in seiner Anhörung vor dem Landgericht, in der er zum Grund der im Nachgang unterbliebenen Kontaktaufnahme erklärt hatte, man habe sich nicht so gut verstanden – damit, dass er den Chat-Verlauf schon vor dem Treffen gelöscht habe. Außerdem weist der Kläger darauf hin, dass die Person gar nicht gesehen habe, dass das Fahrzeug bei der Rückkehr auf den Parkplatz nicht mehr vorhanden gewesen sei. Nach seiner Einschätzung hätte das Landgericht dem Zeugen P. B. glauben müssen und den Widersprüchen zwischen seinen Angaben und der Darstellung seiner Lebensgefährtin keine Bedeutung beimessen dürfen, weil diese nur das Randgeschehen beträfen, dem er keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet habe. Eigene Fehleinschätzungen und unzureichende Erinnerungen führt er auf seinen Schock zurück.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 2.5.2018, 14 O 116/17, zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 40.000 € nebst 5 % Zinsen ab dem 5.5.2017 zu zahlen;

2. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren einen Betrag in Höhe von 1.590,91 € nebst 5 % Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Beweiswürdigung des Landgerichts für fehlerfrei.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 13.12.2017 und vom 11.4.2018 und des Senats vom 23.1.2019 sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 2.5.2018 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht weder gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

1.

Die Beklagte braucht für das abhandengekommene Fahrzeug keine Kaskoentschädigung zu leisten, weil der Kläger für die Voraussetzungen des Versicherungsfalls einer bedingungsgemäßen Entwendung im Sinne der Ziffer A.2.2.2 AKB beweisfällig geblieben ist.

a.

Nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilverfahrensrechts müssen bestrittene, erhebliche Parteibehauptungen in der Regel mit den in der ZPO vorgesehenen Beweismitteln bewiesen werden. Da zum Nachweis eines typischerweise unbeobachteten Diebstahlsgeschehens jedoch regelmäßig keine Zeugen zur Verfügung stehen und das Versicherungsversprechen leerlaufen würde, wenn man den Versicherungsnehmer unter diesem Aspekt stets für beweisfällig hielte, gewährt die Rechtsprechung in diesen Fällen gewisse Beweiserleichterungen. Er braucht auf einer ersten Prüfungsstufe zunächst einmal nur ein Mindestmaß an Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine bedingungsgemäße Entwendung zulassen. Diese Tatsachen betreffen das das sog. äußere Bild einer Entwendung. Es ist im Allgemeinen dann anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer nachzuweisen vermag, dass das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einer bestimmten Stelle abgestellt und dort später nicht wieder aufgefunden wurde (BGH, Urt. v. 4.11.1998 – IV ZR 302/97 – r+s 1999, 14; Urt. v. 13.11.1996 – IV ZR 220/95 – VersR 1997, 181; Senat, Urt. v. 8.8.2018 – 5 U 2/18 – NJW-RR 2018, 1304; OLG Hamm, Urt. v. 14.3.2018 – 20 U 120/17 – juris; ausführlich Brockmöller, zfs 2017, 184). Von diesem Mindestsachverhalt muss das Gericht voll überzeugt sein (Senat, Urt. v. 8.8.2018 – 5 U 2/18 – NJW-RR 2018, 1304). Ist das der Fall, ist es Sache des Versicherers, seinerseits konkrete Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, welche die Annahme einer Vortäuschung des Versicherungsfalls nahe legen. Hierfür gilt das Beweismaß einer erheblichen Wahrscheinlichkeit (BGH, Urt. v. 4.11.1998 – IV ZR 302/97 – r+s 1999, 14; Urt. v. 13.11.1996 – IV ZR 220/95 – VersR 1997, 181; OLG Hamm, Urt. v. 12.6.2015 – 20 U 185/14 – juris).

Stehen dem klagenden Versicherungsnehmer schon für das Abstellen und Nichtwiederauffinden des Fahrzeugs keine geeigneten Zeugen zur Verfügung und befindet er sich deshalb bereits für das äußere Bild einer Entwendung in Beweisnot, so kann das Gericht seine Entscheidung grundsätzlich auch auf das Ergebnis seiner Anhörung oder Vernehmung stützen. Das setzt, insoweit den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozesses entsprechend, voraus, dass der Versicherungsnehmer den maßgeblichen Sachverhalt glaubhaft zu schildern vermag. Darüber hinaus muss er persönlich glaubwürdig erscheinen. Bei der darauf bezogenen Würdigung hat das Gericht davon auszugehen, dass der Versicherungsnehmer im Regelfall redlich ist. Diese Vermutung ist erschüttert, wenn konkrete Tatsachen ihn als unglaubwürdig erscheinen lassen oder doch schwerwiegende Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptung der Entwendung begründen (BGH, Urt. v. 26.3.1997 – IV ZR 91/96 – NJW 1997, 1988). Der Versicherungsnehmer kann dann den erforderlichen Beweis für das äußere Bild eines versicherten Diebstahls allein durch seine Angaben nicht erbringen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 14.3.2018 – 20 U 120/17 – juris).

b.

Mit Recht hat das Landgericht den Kläger schon auf der ersten Stufe des äußeren Bilds einer Entwendung für beweisfällig gehalten.

(1)

Das Landgericht vermochte sich von den Tatsachen, die auf das äußere Bild eines Diebstahls schließen lassen könnten, weder auf der Grundlage der Aussage des Zeugen P. B. noch durch die Angaben des Klägers selbst zu überzeugen.

Die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen sei zweifelhaft. Er habe die Frage, wie es zur nachträglichen Kontaktaufnahme und Zeugenbenennung gekommen sei, ausweichend und unbefriedigend beantwortet. Nicht recht nachvollziehbar sei auch, warum er seine Bereitschaft zur Aussage damit erklärt habe, er habe ja „nichts zu verbergen“. Abgesehen davon hat das Landgericht die Aussage für die unter Beweis gestellte Entwendung des Fahrzeugs ohnehin als unergiebig erachtet, weil sie sich lediglich auf den Teilaspekt des Abstellens bezog.

Sodann hat das Landgericht sich mit den persönlichen Angaben des Klägers befasst. An deren Wahrheitsgehalt sind ihm auch unter Berücksichtigung der prinzipiell für den Kläger sprechenden Richtigkeitsvermutung durchgreifende Zweifel verblieben. Der Kläger habe den Sachverhalt bewusst ungenau geschildert. So habe er vorgegeben, er könne sich an den Vorfall nicht mehr erinnern, und habe wiederholt auf Angaben im Ermittlungsverfahren verwiesen. Präziser sei er erst geworden, als er nicht mehr zum Kerngeschehen befragt worden sei. Eine überzeugende Erklärung dafür, warum er die Kontaktdaten seiner Begleitung namens „Tamara“ entgegen seiner Ankündigung gegenüber der Polizei nicht ermittelt und diese nicht als Zeugin benannt habe, habe er nicht gegeben. Das Landgericht hat zudem Widersprüche in der Darstellung des Klägers einerseits und den – noch am Tatabend erfolgten und später wiederholten – Angaben seiner Lebensgefährtin gegenüber der Polizei hervorgehoben. Dabei ging es vor allem um die Diskrepanz in Bezug auf die Frage, ob man sich zu Hause noch begegnet war, bevor der Kläger das Haus verließ. Selbst unter der Prämisse, dass es Erinnerungsdefizite bezüglich der genauen zeitlichen Einordnung geben möge, sei diese Diskrepanz unauflösbar (Seite 9 des Ersturteils, Bl. 157 d.A., i.V.m. S. 4 der Sitzungsniederschrift vom 13.12.2017, Bl. 117 d.A.). Abgesehen von all dem hat das Landgericht als schwer nachvollziehbar erachtet, wie das mit einer hochwertigen Alarmanlage ausgestattete und auffällige Fahrzeug, das nicht über eine Vorrichtung zum Hochziehen auf einen Hänger verfügte, hätte entwendet werden sollen.

(2)

Mit dieser Argumentation, wegen deren Einzelheiten der Senat auf die Seiten 5-10 des angefochtenen Urteils (Bl. 153-158 d.A.) verweist, hat das Landgericht die oben dargelegten Grundsätze zum Beweis einer Fahrzeugentwendung in der Kaskoversicherung in nicht zu beanstandender Weise auf den Streitfall übertragen.

(a)

Entgegen der Annahme des Klägers musste das Landgericht keineswegs davon ausgehen, der Kläger habe die Entwendung des Fahrzeugs durch den Zeugen P. B. bewiesen.

Wie im angefochtenen Urteil richtig ausgeführt ist, bezogen die Bekundungen des Zeugen sich schon inhaltlich gar nicht auf sämtliche Voraussetzungen des äußeren Bilds einer Entwendung. Zum Verschwinden des Fahrzeugs vom Parkplatz konnte er keine Angaben machen. Auch die Zweifel des Landgerichts an der Glaubhaftigkeit der Aussage sind angesichts der detailarmen Schilderung des Zeugen – er hat auf die Frage nach dem Inhalt des Gesprächs mit dem Kläger erklärt, dieser sei „ehrlich gesagt nicht besonders gesprächig“ gewesen – nachvollziehbar. Unabhängig davon hält der Senat es nach allgemeiner Lebenserfahrung für fragwürdig, dass jemand sich daran erinnern will, an irgend einem Abend im Vorbeifahren ein Auto auf einem Parkplatz gesehen zu haben, wenn er „ein paar Tage oder Wochen später“ erfährt, ein Auto dieses Typs sei gestohlen worden (Seite 3 der Sitzungsniederschrift vom 11.4.2018, Bl. 143 d.A.).

(b)

Was den Nachweis des Versicherungsfalls durch die eigenen Angaben des Klägers anbelangt, konnte das Landgericht im Hinblick auf die Erinnerungslücken, die fehlenden Detailangaben, die auch auf Nachfrage vage gehaltenen Antworten und die unaufklärbaren Widersprüche und Ungereimtheiten nicht die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung gewinnen, dass die von ihm aufgestellten Behauptungen zur Entwendung der Wahrheit entsprechen. Auch das ist nicht zu beanstanden (vgl. KG, Beschl. v. 15.4.2014 – 6 U 163/13 – juris). Der dahingehende Eindruck des Landgerichts wurde durch die persönliche Anhörung des Klägers in der Berufungsverhandlung vom 23.1.2019 bestätigt.

Auch in zweiter Instanz vermied der Kläger die Schilderung von Einzelheiten zu den Hintergründen und Umständen des angeblichen Diebstahlsgeschehens, mit denen er den Ablauf des Tatabends nachvollziehbar und lebendig hätte beschreiben können. Hierauf bezogene Fragen hat er entweder gar nicht beantwortet oder sich möglichst vage ausgedrückt. Es schien ihm daran gelegen zu sein, sich auf die – als solche unverfängliche, da in dieser Allgemeinheit kaum widerlegbare – Aussage zu beschränken, er habe „das Fahrzeug da abgestellt und nicht wieder aufgefunden“ (S. 5 der Sitzungsniederschrift vom 23.1.2019, Bl. 219 d.A.).

Ohne Erfolg versucht der Kläger, die vom Landgericht hervorgehobene Diskrepanz zwischen seinen Angaben und denjenigen seiner Lebensgefährtin mit dem Hinweis zu bagatellisieren, er habe sich, als er von zu Hause weg gefahren sei, keine Gedanken darüber gemacht, ob die Anwesenheit oder Abwesenheit seiner Lebensgefährtin einmal irgendwie bedeutsam werden könne. Dem Kläger wird nicht vorgehalten, sich – zunächst einmal – belanglose Umstände nicht eingeprägt zu haben. Vielmehr geht es darum, dass es ihm nicht gelungen ist, ein Geschehen, aus dem er zivilrechtliche Ansprüche herleiten und durchsetzen will, plausibel, stringent und im Einklang mit den Wahrnehmungen und Aussagen anderer Beteiligter darzustellen. Dabei ist die hier in Rede stehende Diskrepanz nur einer von mehreren Bausteinen, die bei der gebotenen Gesamtwürdigung eine Überzeugungsbildung im Sinne des klägerischen Sachvortrags ausschließen.

Auch die Darstellung der Vorgeschichte des behaupteten Diebstahls weckt Zweifel. Über welches Internet-Forum der Kläger den Kontakt zu der ihn begleitenden „Tamara“ hergestellt haben will, vermochte er unter Berufung auf die Vielzahl entsprechender Foren („1.000“) nicht zu erinnern (Seite 4 der Sitzungsniederschrift vom 23.1.2019, Bl. 218 d.A.). Eine tragfähige Begründung dafür, warum „Tamara“ nicht als Zeugin benannt wurde, konnte er auch im Berufungsverfahren nicht liefern. Es ist nicht nachvollziehbar, warum er gegenüber der Polizei zunächst avisierte, Chatverläufe und Informationen über das Treffen mit „Tamara“ zusammenzutragen, vor dem Landgericht dann aussagte, er habe keinen Kontakt zu ihr aufgenommen, weil man sich bei dem Treffen nicht so gut verstanden habe (S. 3 der Sitzungsniederschrift vom 13.12.2017, Bl. 160 d.A.), um in zweiter Instanz schließlich vorzutragen, er habe die Daten des Chat-Verlaufs schon vor dem Treffen gelöscht (Seite 2 der Berufungsbegründung, Bl. 181 Rs. d.A.). In seiner Anhörung vor dem Senat wollte der Kläger sich hierzu zunächst nicht äußern, weil er das „schon ein paarmal gesagt“ habe. Die ihm vorgehaltene Diskrepanz seiner diesbezüglichen Angaben vermochte er nicht aufzulösen. Dass er, wie er behauptet, gegenüber dem Landgericht nur hätte begründen wollen, warum das Treffen schnell beendet gewesen sei, lässt sich anhand der seinerzeit protokollierten Äußerungen nicht bestätigen (Seite 3 der Sitzungsniederschrift vom 13.12.2017, Bl. 116 d.A.).

Das Landgericht durfte bei der Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände auch berücksichtigen, dass eine Entwendung im Hinblick auf die in das Fahrzeug eingebaute – in der Nachbarschaft am fraglichen Abend nicht wahrgenommene – Alarmanlage nicht plausibel erklärbar sei. Der Kläger hat hierzu in seiner Anhörung vor dem Senat erklärt, er habe gemeinsam mit einem Polizeibeamten frische Spuren auf dem Parkplatz gesehen, die einem Abschleppwagen hätten zugeordnet werden können (Seite 7 der Sitzungsniederschrift vom 23.1.2019, Bl. 221 d.A.). Von derartigen Spuren war in den polizeilichen Vernehmungen am 3.9.2016 und vom 15.9.2016 keine Rede gewesen. Das verwundert. Berücksichtigt man das Vorbringen des Klägers, wonach er über den Diebstahl des Fahrzeugs geschockt gewesen sei, so wäre zu erwarten gewesen, dass er alles für eine umfassende Aufklärung tat, um es möglicherweise zurück zu erlangen oder doch zumindest alle relevanten Informationen zusammenzutragen, die er für eine versicherungsvertragliche Entschädigung benötigen würde. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch nicht verständlich, wieso der Kläger nicht versuchte, die nach seiner Einschätzung oberflächlichen polizeilichen Ermittlungen voranzutreiben. Er behauptet, er habe mit einer – ihm namentlich nicht mehr bekannten – Anwohnerin gesprochen, die ihm gesagt habe, die Polizei sei gar nicht da gewesen, um Fragen zu stellen. Er habe daher Bedenken gehabt, ob die Polizei ihre Arbeit richtig mache (Seite 8 der Sitzungsniederschrift vom 23.1.2019, Bl.222 d.A.). Dass er dies schlicht hingenommen haben sollte, erscheint eher fernliegend.

Abgesehen von all dem ist ein plausibler Grund für die Benutzung gerade des Toyota am angeblichen Tatabend nicht ersichtlich. Der Kläger hat sich mit dem Erwerb nach eigenen Angaben einen Traum erfüllt, für den er jahrelang gespart habe. Er besaß, wie er auf Frage einräumte, seinerzeit noch einen Opel Corsa, den er für alltägliche Fahrten einsetzte. Warum er für die Fahrt zu dem gegenüber seiner Lebensgefährtin verheimlichen Treffen ausgerechnet den auffällig getunten Toyota genommen haben sollte, den er seiner Internet-Bekanntschaft nicht einmal vorzuführen beabsichtigte, sondern bis in die späten Abendstunden auf einem Parkplatz an einer Autobahn unbeaufsichtigt stehen ließ, erschließt sich nicht.

Hinzu kommen gewisse Bedenken in Bezug auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Klägers. Es steht fest, dass er in die Schadensanzeige vom 19.9.2016 die Gesamtlaufleistung von 150.000 Kilometern zu niedrig angab (zur Relevanz hierauf bezogene Falschangaben für die Einschätzung der Redlichkeit des Versicherungsnehmers vgl. OLG Naumburg, VersR 2015, 232). Ausweislich einer von der Beklagten zur Akte gereichten „Risikoprüfung“ vom Februar 2014 hatte die Laufleistung schon damals 168.000 Kilometer betragen. Bei der Polizei waren sogar nur 112.000 oder 115.000 Kilometer angegeben worden. Auf Vorhalt des Landgerichts reagierte der Kläger mit der Frage: „Ja, aber was soll ich Ihnen sagen hinsichtlich dieser Kilometer?“ (Bl. 118 d.A.). Gegenüber dem Senat versuchte er eine Erklärung mit dem Hinweis, der Tachometer sei ursprünglich auf Meilen gelaufen. Sie überzeugt im Hinblick darauf, dass er das Fahrzeug bereits im Jahr 2008 erworben hatte, nicht. Dessen ungeachtet hätte eine etwaige frühere Einstellung auf Meilen zahlenmäßig keinen höheren, sondern einen niedrigeren Stand ergeben.

Eine Gesamtwürdigung all dieser Umstände schließt eine volle Überzeugung dahin, dass das Fahrzeug des Klägers am Abend des 2.9.2016 von einem Parkplatz in H. vom Dritten gestohlen worden ist, aus.

2.

Auch der mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht nicht. Er wäre allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen pflichtwidriger Leistungsablehnung gerechtfertigt. Die Beklagte hat eine Kaskoentschädigung indessen zu Recht abgelehnt.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 40.000 €.

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