Skip to content

Kfz-Kaskoversicherung – Erstattung von Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts

Kfz-Kaskoversicherung und Reparaturkosten: Ein komplexer Fall aus Berlin

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Unfall mit Ihrem Auto. Ihr Fahrzeug ist stark beschädigt, und die Reparaturkosten sind enorm. Sie rechnen damit, dass Ihre Kfz-Kaskoversicherung die Kosten trägt, doch die Sache entwickelt sich anders als erwartet. Dies ist die Kernproblematik in dem uns vorliegenden Fall, bei dem eine Klägerin gegen ihre Kaskoversicherung vor Gericht gezogen ist.

Direkt zum Urteil Az: 23 S 7/21 springen.

Schwierigkeiten bei der Schadensregulierung

Die Klägerin verlangte eine Erstattung der Reparaturkosten für ihr beschädigtes Fahrzeug bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts. Allerdings hatte die Versicherung bereits vorprozessual eine Zahlung in Höhe der Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert des Fahrzeugs geleistet, abzüglich eines vereinbarten Selbstbehalts. Ein über diesen Betrag hinausgehender Anspruch wurde von der Klägerin geltend gemacht.

Versicherungsbedingungen und Vertragsinterpretation

Die Kammer stellte fest, dass die Voraussetzungen für eine Erstattung der vollen Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts nur dann gegeben sind, wenn das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert wird und dies durch eine Rechnung nachgewiesen wird. Dieser Reparaturnachweis fehlte allerdings im vorliegenden Fall.

Keine Aussicht auf Erfolg für die Berufung

Aufgrund der fehlenden Rechnung stützte sich die Kammer auf die Versicherungsbedingungen, die in solchen Fällen die Berechnung der Entschädigungszahlung in Höhe der erforderlichen Reparaturkosten bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts vorsehen. Genau diese Berechnung hatte die Versicherung bereits angewendet.

Rechtmäßigkeit der Versicherungsregelung

Die Kammer war der Ansicht, dass die Regelung der Versicherung, die Entschädigungszahlung nach dieser Berechnung vorzunehmen, weder überraschend noch wegen unangemessener Benachteiligung oder Intransparenz unwirksam ist. Daher wies sie die Berufung der Klägerin zurück.

Die Einzelheiten dieses Falles machen deutlich, wie wichtig es ist, die Bedingungen Ihrer Kfz-Kaskoversicherung genau zu kennen und zu verstehen. Ein sorgfältiges Lesen und Verstehen des Versicherungsvertrags kann Ihnen helfen, in einer Situation wie dieser eine fundierte Entscheidung zu treffen.


Das vorliegende Urteil

LG Berlin – Az.: 23 S 7/21 – Beschluss vom 21.06.2021

I. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

II. Vor einer solchen Entscheidung erhält jedoch die Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zugang dieses Hinweisbeschlusses.

Gründe

Die Kammer ist einstimmig davon überzeugt, dass die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO erfüllt sind, insbesondere dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Denn ein über die bereits vorprozessual von der Beklagten geleistete Zahlung in Höhe der Differenz zwischen unstreitigem Wiederbeschaffungswert (Anlage K3, Bl. 22 d.A.: 9.000,- EUR) und ebenfalls unstreitigem Restwert (Anlage K3, Bl. 22 d.A.: 3.680,- EUR) unter weiterer Berücksichtigung des ebenfalls unstreitigen Selbstbehalts von 300,- EUR, mithin in Höhe von (9.000,- EUR – 3.680,- EUR – 300,- EUR =) 5.020,- EUR (Anlage K5, Bl. 40-41 d.A.), hinausgehender Anspruch steht der Klägerin nicht zu.

Denn gemäß A.2.5.2 AKB (Bl. 67 d.A.) gilt im hier vorliegenden Beschädigungsfall, dass die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes ungemindert nur dann verlangt werden können, wenn kumulativ das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert wird und wenn dies durch eine Rechnung nachgewiesen wird.

Unstreitig fehlt im vorliegenden Fall jedoch der Reparaturnachweis durch Rechnung.

Für diesen Fall ordnet A.2.5.2.1 lit. a) AKB ausdrücklich und unmissverständlich an, dass die Entschädigungszahlung nach A. 2.5.2.1 lit. b) AKB zu berechnen sei, also in Höhe der erforderlichen Reparaturkosten bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswertes.

Genau auf dieser Grundlage hat die Beklagte ihre Entschädigungsleistung aber erbracht. Einen hierüber hinausgehenden Entschädigungsanspruch gibt der streitgegenständliche Vertrag nicht her.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die vorstehende Regelung auch weder überraschend (§ 305c Abs. 1 BGB) noch wegen unangemessener Benachteiligung oder Intransparenz (§ 307 BGB) unwirksam. Vielmehr ist das Regelungswerk durch Voranstellung eines Inhaltsverzeichnisses (Bl. 60 d.A.) nach Leistungsarten, jeweiligen versicherten Risiken und Leistungsbeschreibungen klar gegliedert und die Regelung in A.2.5 (Was zahlen wir im Schadenfall?) ist übersichtlich nach Totalschaden, Zerstörung oder Verlust (A.2.5.1) einerseits und Beschädigung (A.2.5.2) andererseits unterteilt. Außerdem wird jedem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsvertragliche Spezialkenntnisse, der das Regelwerk aufmerksam liest, die Entschädigungsregelung, die je nach vollständiger und fachgerechter Reparatur mit Nachweis (A.2.5.2.1 lit.a)) und ohne Nachweis (A.2.5.2.1 lit.b)) differenziert, unmittelbar einleuchten. Entgegen der Ansicht der Klägerin weicht die Regelung auch nicht von Gesetzesrecht ab. Denn gesetzliche Vorschriften, die die Höhe der Entschädigung im Falle einer Kfz-Kaskoversicherung regeln würden, existieren nicht. Der Umstand, dass die AKB ein sehr langes und ausführliches Regelwerk bilden, führt ebenfalls nicht zu ihrer Unwirksamkeit: Denn die Ausführlichkeit der AKB ist allein dem Umstand geschuldet, dass mit diesem Regelwerk nicht allein die KFZ-Kaskoversicherung, sondern eine Vielzahl weiterer Versicherungsarten normiert werden. Die Regelung entspricht schließlich auch der gängigen Fassung der AKB, wie sie im Standardkommentar von Prölss/Martin (VVG, 31. Aufl. 2021, S. 2211 ff) behandelt werden, ohne dass in Rechtsprechung oder Literatur gegen die hier einschlägigen Klauseln Wirksamkeitsbedenken geäußert würden.

Wie das Amtsgericht ebenfalls mit Recht festgestellt hat, besteht gemäß A.2.5.3 AKB auch kein Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten, und zwar deshalb, weil unstreitig die Beklagte die Beauftragung des Sachverständigen weder veranlasst noch ihr zugestimmt hat. Gegen die Wirksamkeit dieser Klausel, die mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 2 VVG übereinstimmt, bestehen ebenfalls keine Bedenken.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Versicherungsrecht

Egal ob Ihre Versicherung die Zahlung verweigert oder Sie Unterstützung bei der Schadensregulierung benötigen. Wir stehen Ihnen zur Seite.

 

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Versicherungsrecht

Urteile aus dem Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!