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Kfz-Kaskoversicherung – Beratungspflicht des Direktversicherers zum Versicherungsschutz

AG Neuss – Az.: 80 C 2220/17 – Urteil vom 08.08.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Versicherungsverhältnis.

Am 13.02.2013 stellte der Kläger über das Internet bei der Beklagten einen Antrag auf Abschluss eines Teilkaskoversicherungsvertrages für das auf ihn zugelassene Neufahrzeug Darcia Lodgy mit dem amtlichen Kennzeichen … . Dieser Antrag wurde am 22.02.2013 durch die Beklagte angenommen, so dass der Vertrag am 23.02.2013 erstellt wurde. Auf der Internetseite der Beklagten www…..de kann man deutlich hervorgehoben auswählen, welchen Versicherungsschutz man für welche Versicherungsprämie erhalten möchte, wie auf einem Ausdruck der Startseite (Anlage 2 zur Klageerwiderung, Blatt 38 d.A.) erkennbar. Unstreitig wählte der Kläger seinerzeit eine Teilkaskoversicherung aus und bezahlte auch nur die hierfür vereinbarten Prämien.

Am 22.09.2014 wurde der Kläger in einen Verkehrsunfall verwickelt und bekam vom Unfallgegner und dessen Versicherung 50 % der geltend gemachten Unfallreparaturkosten von 9.799,46 Euro ersetzt. Die anderen 50 % dieser Reparaturkosten in Höhe von verbleibenden 4.899,73 Euro verlangt der Kläger mit der vorliegenden Klage von der Beklagten heraus.

Insoweit ist er der Ansicht, die Beklagte habe gegen ihre Aufklärungspflichten aus dem Versicherungsvertrag verstoßen, indem sie ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass es bei einem Neufahrzeug sinnvoll sei, dieses Vollkasko und nicht nur Teilkasko zu versichern. Auf ihrer Homepage preise die Beklagte eine Autoversicherung mit optimalen Schutz an, bei der der Versicherungsnehmer auf gar nichts verzichten müsse. Diese Anpreisung lege nahe, dass er eben optimal geschützt sei für Schäden, die aus eigenem oder Fremdverschulden an seinem Fahrzeug entstehen, unabhängig davon, ob er eine Teil- oder Vollkaskoversicherung wähle. Zudem habe es der Beklagten oblegen, bei Annahme des Antrages auf Abschluss einer Teilkaskoversicherung den Kläger darauf hinzuweisen, dass er für ein Neufahrzeug besser eine Vollkaskoversicherung abschließe.

Der Kläger beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.899,73 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.01.2015 zu zahlen;

2.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn durch außergerichtliche Tätigkeit entstandene Rechtsanwaltskosten zu zahlen in Höhe von 492,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab Rechtshängigkeit.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Unterschiede zwischen den einzelnen Versicherungsarten seien auf ihrer Homepage www…..de übersichtlich und klar aufgeführt, im Übrigen sei einem mündigen Bürger der Unterschied zwischen einer Teil- und Vollkaskoversicherung ohnehin klar. Es gebe im Übrigen keine dahingehende Übung, dass bei einer Erstzulassung eines Fahrzeugs stets Vollkaskoversicherungsverträge abzuschließen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch steht dem Kläger unter keiner denkbaren Anspruchsgrundlage zu.

Insbesondere ist weder die Verletzung einer Aufklärung-, noch einer Informationspflicht nach den §§ 6 und 7 VVG zu erkennen.

Kfz-Kaskoversicherung - Beratungspflicht des Direktversicherers zum Versicherungsschutz
(Symbolfoto: Elle Aon/Shutterstock.com)

Unstreitig hat der Kläger seinerzeit bewusst eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen und keine Vollkaskoversicherung. Die Homepage der Beklagten spricht zwar von einem optimalen Versicherungsschutz und dass dem Versicherungsnehmer die passende Kfz-Versicherung für sein Auto geboten werde, bei der er auf gar nichts verzichten müsse. Gleichzeitig werden auf der Homepage aber übersichtlich die unterschiedlichen Versicherungsarten ein Fahrzeug betreffend, nämlich die Haftpflicht, die Teilkasko- und die Vollkaskoversicherung aufgeführt und deren Inhalt im Einzelnen erklärt. Dies ergibt sich bereits aus der Startseite der Homepage der Beklagten, der Umfang der Versicherung ergibt sich aber auch aus dem Produktinformationsblatt für die Kfz-Versicherung (Anlage 1 zur Klageerwiderung, Bl. 36 ff. d.A.), das dem Kläger nach Vertragsabschluss mit den Vertragsunterlagen zugegangen ist. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger erkennen müssen, welchen Typ Versicherung er hier abschließt und den Vertrag ggfls. widerrufen müssen. Dies hat er nicht getan.

Eine Obliegenheitsverletzung der Beklagten ist aber auch entgegen der Auffassung des Klägers nicht darin zu sehen, dass sie bei Annahme des Angebots auf Abschluss eines Teilkaskoversicherungsvertrages den Kläger nicht anderweitig beraten hat. Die Beklagte kann bei Abschlüssen über das Internet zu Recht davon ausgehen, dass der Versicherungsnehmer sich selbst hinreichend überlegt, welcher Versicherungsschutz der für ihn passende ist. Als mündiger Bürger, der ein Fahrzeug im Straßenverkehr steuert, muss dem Kläger der Unterschied zwischen einer Vollkasko- und einer Teilkaskoversicherung geläufig sein. Entgegen der klägerischen Auffassung ist es auch nicht grundsätzlich sinnvoll, bei Abschluss eines Versicherungsvertrages für ein Neufahrzeug grundsätzlich eine Vollkaskoversicherung zu wählen. Ob für ein Neufahrzeug eine Teil- oder Vollkaskoversicherung vom Versicherungsnehmer gewünscht wird, hängt von einer Vielzahl von Faktoren und eben nicht nur der Erstzulassung des Fahrzeugs ab. Vielmehr sind hier auch die zu erwartende Fahrleistung, der bisherige Verlauf der Teilnahme am Straßenverkehr und die Art des Fahrzeugs zu berücksichtigen. Insofern muss ein verständiger Versicherungsnehmer bedenken, ob es in der Vergangenheit bereits öfter durch ihn verschuldete Verkehrsunfälle gegeben hat und ob das von ihm angeschaffte Auto besonders teuer war, was für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung sprechen könnte. Hat ein Versicherungsnehmer entgegen schon Jahre, womöglich jahrzehntelang, am Straßenverkehr teilgenommen, ohne selbstverschuldete Unfälle verursacht zu haben und ist sein Fahrzeug auch eher dem niedrigpreisigen Sektor zuzuordnen, bietet sich unter Umständen der Abschluss einer in der Prämie deutlich günstigeren Teilkaskoversicherung geradezu an.

Unter diesen Umständen kann keine Pflicht der Beklagten erkannt werden, beim Abschluss eines Versicherungsvertrages über das Internet auf den Abschluss eines Vollkaskoversicherungsvertrages hinzuwirken, nur weil es sich um eine Erstzulassung handelt.

Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht erkennbar.

Die Geltendmachung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten scheidet mangels begründeter Hauptforderung aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 4.899,73 Euro

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