Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau ist ein Sachverständigenverfahren in der Kaskoversicherung und wann kommt es zum Einsatz?
- Welche Rolle spielen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) im Sachverständigenverfahren?
- Wer trägt die Kosten für das Sachverständigenverfahren?
- Habe ich als Versicherungsnehmer einen Einfluss darauf, welchen Sachverständigen die Versicherung beauftragt?
- Kann der von mir beauftragte Sachverständige seine Kosten direkt von der Versicherung einfordern?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Köln
- Datum: 11.04.2023
- Aktenzeichen: I-18 U 41/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Vertragsrecht, Sachverständigenrecht
- Beteiligte Parteien:
- Kläger: Betreibt ein Sachverständigenbüro für Unfallschäden an Kraftfahrzeugen und verlangt Vergütungsansprüche für mehrere durchgeführte Sachverständigenverfahren.
- Beklagte: Versicherungsgesellschaft, die Kaskoversicherungen anbietet, sowie ihre Zweigniederlassung, welche Verträge mit Versicherungsnehmern unter Anwendung der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB, Stand 2015) abschließt.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger erbrachte in mehreren Fällen Sachverständigenleistungen zur Ermittlung der Schadenhöhe bei Kaskoversicherungsverträgen. Die vertragliche Grundlage bildet die AKB, insbesondere Abschnitt A.2.6, der vorsieht, dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens ein Sachverständigenausschuss entscheidet.
- Kern des Rechtsstreits: Es geht um die Berechtigung und Höhe der Vergütungsansprüche des Klägers für seine durchgeführten Sachverständigenverfahren.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar; der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn die Beklagte nicht Sicherheit leistet. Zudem wurde die Revision zugelassen.
- Folgen: Der Kläger muss die Kosten der Berufung tragen und sieht sich bei Nichtleistung der erforderlichen Sicherheitsleistung der Vollstreckung des Urteils gegenüber. Die Zulassung der Revision eröffnet die Möglichkeit einer weiteren gerichtlichen Überprüfung in der nächsten Instanz.
Der Fall vor Gericht
Hintergrund des Rechtsstreits: Sachverständigenverfahren in der Kaskoversicherung

Im Zentrum des vorliegenden Urteils des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln, Az.: I-18 U 41/23) steht ein Streitfall rund um die Vergütung von Sachverständigenleistungen im Kontext von Kaskoversicherungen. Konkret geht es um die Frage, ob ein Sachverständiger, der im Rahmen eines sogenannten Sachverständigenverfahrens von einer Versicherung beauftragt wurde, einen direkten Zahlungsanspruch gegen diese Versicherung hat. Der Kläger, ein Sachverständigenbüro für Unfallschäden, forderte von der Beklagten, einer Versicherung, die Kosten für seine Tätigkeit in mehreren Sachverständigenverfahren.
Uneinigkeit über Schadenhöhe führt zu Sachverständigenverfahren
Auslöser der Streitigkeiten waren mehrere Versicherungsfälle, bei denen Versicherungsnehmer der Beklagten oder deren Zweigniederlassung Leistungen aus ihren Kaskoversicherungsverträgen beanspruchten. In den Versicherungsverträgen waren die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) in der Fassung von 2015 vereinbart. Ein zentraler Punkt der AKB ist die Regelung zum Sachverständigenverfahren, das bei Meinungsverschiedenheiten über die Schadenhöhe oder den Umfang der Reparaturarbeiten greift.
Rolle der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB)
Die AKB sehen in Artikel A.2.6 ein detailliertes Verfahren vor, um solche Meinungsverschiedenheiten beizulegen. Demnach benennen sowohl der Versicherungsnehmer als auch die Versicherung jeweils einen Sachverständigen. Können sich diese beiden Sachverständigen nicht einigen, wird ein dritter Sachverständiger, der sogenannte Obmann, hinzugezogen, um eine Entscheidung zu treffen. Die Kosten dieses Verfahrens werden gemäß den AKB im Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer aufgeteilt.
Kern des Urteils: Vergütungsansprüche des Sachverständigenbüros
Im vorliegenden Fall waren nach Eintritt der Versicherungsfälle die Ansprüche der Versicherungsnehmer an die jeweiligen Reparaturwerkstätten abgetreten worden. Nachdem die Versicherung Teilzahlungen geleistet hatte, wurden Sachverständigenverfahren eingeleitet. Das Sachverständigenbüro Y. und J., beauftragt von den Versicherungsnehmern, benannte den Kläger als Sachverständigen für die Versicherung (Beklagte). Für diese Tätigkeit verlangte der Kläger nun eine Vergütung von der Versicherung.
Klage des Sachverständigen gegen die Versicherung auf Zahlung
Der Kläger argumentierte, dass ihm ein direkter Anspruch gegen die Versicherung auf Zahlung der Sachverständigenkosten zustehe. Er machte geltend, die abgerechneten Leistungen in den jeweiligen Verfahren erbracht zu haben und dass in bestimmten Fällen das Sachverständigenbüro Y. und J. von den Versicherungsnehmern ordnungsgemäß zur Durchführung des Sachverständigenverfahrens bevollmächtigt worden sei. Insgesamt forderte der Kläger einen Betrag von 12.682,27 EUR zuzüglich Zinsen.
Argumentation des Klägers: Direktanspruch und erbrachte Leistungen
Der Kläger stützte seinen Anspruch auf die Durchführung der Sachverständigentätigkeit im Auftrag der Versicherung. Er argumentierte, dass durch die Benennung als Sachverständiger im Rahmen des AKB-Verfahrens ein direkter vertraglicher Anspruch gegenüber der Versicherung entstanden sei. Zudem betonte er, die Leistungen in dem abgerechneten Umfang tatsächlich erbracht zu haben.
Verteidigung der Versicherung: Kein Direktanspruch, kein Streit, Rechtsmissbrauch
Die Versicherung wies die Forderung des Klägers zurück und beantragte die Abweisung der Klage. Sie argumentierte, dass ein direkter Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Versicherung nicht bestehe. Zudem bemängelte die Beklagte, dass die Sachverständigenverfahren in den vorliegenden Fällen unzulässig gewesen seien, da es nach Abtretung der Ansprüche an die Werkstätten keine „Meinungsverschiedenheit“ mehr zwischen Versicherungsnehmer und Versicherung gegeben habe. Die Versicherung sah das Vorgehen des Sachverständigenbüros Y. und J. sowie des Klägers als rechtsmissbräuchlich an, da es lediglich auf die Generierung von Gebührenforderungen ausgerichtet sei. In einigen Fällen bestritt die Versicherung zudem, dass die Sachverständigenbüros überhaupt eine Vollmacht der Versicherungsnehmer zur Einleitung der Verfahren hatten.
Entscheidung des OLG Köln: Abweisung der Berufung
Das OLG Köln wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln ab und bestätigte somit die erstinstanzliche Entscheidung. Das Gericht schloss sich der Argumentation der Beklagten an und verneinte einen direkten Vergütungsanspruch des Klägers gegen die Versicherung.
Gericht bestätigt Ablehnung des Direktanspruchs
Das OLG Köln stellte klar, dass der Kläger keinen direkten vertraglichen Anspruch gegen die Versicherung auf Zahlung der Sachverständigenkosten hat. Das Gericht führte aus, dass die AKB zwar ein Sachverständigenverfahren bei Meinungsverschiedenheiten vorsehen, dies aber nicht automatisch einen direkten Zahlungsanspruch des vom Versicherer benannten Sachverständigen gegenüber dem Versicherer begründet. Die vertragliche Beziehung bestehe primär zwischen dem Versicherungsnehmer und der Versicherung.
Begründung des Gerichts: Kein Anspruchsgrundlage für den Kläger
Die Richter argumentierten, dass die AKB lediglich die Modalitäten eines Sachverständigenverfahrens regeln, aber keine eigenständige Anspruchsgrundlage für den vom Versicherer benannten Sachverständigen schaffen. Der Umstand, dass die Versicherung einen Sachverständigen benennt, begründet demnach kein direktes Vertragsverhältnis im Sinne eines Werkvertrages oder ähnlichem zwischen Versicherung und Sachverständigem. Das Gericht ließ offen, ob möglicherweise ein Anspruch gegenüber dem Versicherungsnehmer bestehen könnte, da dies nicht Gegenstand des Verfahrens war.
Kosten des Verfahrens und vorläufige Vollstreckbarkeit
Gemäß der Entscheidung des OLG Köln trägt der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist, wie auch das Urteil des Landgerichts, für vorläufig vollstreckbar erklärt. Dies bedeutet, dass die Beklagte aus dem Urteil vollstrecken kann, der Kläger dies jedoch durch Sicherheitsleistung abwenden kann.
Zulassung der Revision: Möglichkeit zur höchstrichterlichen Klärung
Das OLG Köln ließ die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu. Dies ist ein Indiz dafür, dass das Gericht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage um den Direktanspruch von Sachverständigen in Kaskoversicherungsverfahren erkennt. Die Zulassung der Revision eröffnet dem Kläger die Möglichkeit, die Rechtsfrage höchstrichterlich klären zu lassen und gegebenenfalls eine abweichende Entscheidung des BGH zu erwirken.
Bedeutung des Urteils für Betroffene in Kaskoversicherungsfällen
Dieses Urteil des OLG Köln hat erhebliche Bedeutung für alle Beteiligten an Kaskoversicherungsverfahren, insbesondere für Versicherungsnehmer, Versicherungen und Sachverständige.
Klarstellung der Rechte und Pflichten im Sachverständigenverfahren
Das Urteil schafft Klarheit über die Rechtsbeziehungen im Sachverständigenverfahren. Es stellt unmissverständlich fest, dass ein vom Versicherer benannter Sachverständiger keinen direkten Zahlungsanspruch gegen die Versicherung hat. Dies bedeutet für Sachverständige, dass sie ihre Vergütungsansprüche gegebenenfalls anders durchsetzen müssen, möglicherweise gegenüber dem Versicherungsnehmer oder basierend auf anderen vertraglichen Grundlagen.
Auswirkungen auf Sachverständige und Versicherungsnehmer
Sachverständige müssen sich der Risiken bewusst sein, wenn sie im Auftrag von Versicherungen im Rahmen von AKB-Verfahren tätig werden. Sie sollten sich vorab über die Zahlungsmodalitäten und ihre Anspruchsgrundlagen klar werden. Für Versicherungsnehmer bedeutet das Urteil, dass sie im Falle von Sachverständigenverfahren weiterhin die treibende Kraft bleiben und gegebenenfalls für die Kosten des von ihnen beauftragten Sachverständigen in Vorleistung treten müssen, auch wenn die Versicherung letztendlich einen Teil der Kosten tragen muss.
Vorsicht vor missbräuchlichen Sachverständigenverfahren
Das Urteil könnte auch dazu beitragen, missbräuchlichen Praktiken im Zusammenhang mit Sachverständigenverfahren entgegenzuwirken. Die Kritik der Versicherung am Vorgehen des Sachverständigenbüros Y. und J. und des Klägers, die auf eine reine Gebührengenerierung abzielten, zeigt, dass Gerichte solche Tendenzen kritisch beobachten. Versicherungsnehmer sollten sich daher nicht unbedacht auf Sachverständigenverfahren einlassen, insbesondere wenn keine echte Meinungsverschiedenheit über die Schadenhöhe besteht und die Verfahren lediglich dazu dienen, zusätzliche Kosten zu verursachen. Die Zulassung der Revision zum BGH zeigt, dass die letzte juristische Bewertung dieser komplexen Materie noch aussteht und es spannend bleibt, wie der BGH diese Frage final entscheiden wird.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass ein Sachverständiger keinen direkten Vergütungsanspruch gegen die Versicherung hat, wenn er vom Versicherungsnehmer im Rahmen eines Sachverständigenverfahrens als Ausschussmitglied für die Versicherung benannt wurde. Die wesentliche Quintessenz liegt darin, dass das Benennungsrecht des Versicherungsnehmers bei Untätigkeit der Versicherung nicht automatisch einen Werkvertrag zwischen dem benannten Sachverständigen und der Versicherung begründet. Für Betroffene bedeutet dies, dass bei der Durchführung von Sachverständigenverfahren die Kostentragung vorab geklärt werden sollte, da die vom Versicherungsnehmer ersatzweise benannten Sachverständigen ihre Vergütung nicht direkt vom Versicherer fordern können.
Benötigen Sie Hilfe?
Klare Perspektiven bei Vergütungsansprüchen im Sachverständigenverfahren?
In Konfliktsituationen, in denen sich Fragen zur Vergütung von erbrachten Sachverständigenleistungen ergeben, zeigt sich häufig, dass die vertraglichen Modalitäten zwischen Versicherungsnehmer und Versicherung nicht eindeutig geregelt sind. Diese Unsicherheiten können zu einem komplexen Rechtsverhältnis führen, bei dem die Ermittlung von Ansprüchen und Verantwortlichkeiten im Vordergrund steht.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihren individuellen Fall präzise zu analysieren und die zugrundeliegenden rechtlichen Aspekte zu klären. Mit einem strukturierten und transparenten Beratungsansatz stehen wir Ihnen zur Seite – damit Sie fundiert entscheiden können, welche Schritte zur Wahrung Ihrer Interessen erforderlich sind.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau ist ein Sachverständigenverfahren in der Kaskoversicherung und wann kommt es zum Einsatz?
Ein Sachverständigenverfahren in der Kaskoversicherung ist ein außergerichtliches Verfahren, das zur Klärung von strittigen Schadenersatzansprüchen eingesetzt wird. Es handelt sich um eine vertraglich geregelte Möglichkeit, bei Uneinigkeit über die Schadenhöhe oder die Anspruchsgrundlage zwischen dem Versicherungsnehmer und der Kaskoversicherung eine neutrale und fachlich fundierte Bewertung durchzuführen.
Wann kommt es zum Einsatz?
Das Verfahren wird in Betracht gezogen, wenn Sie als Versicherungsnehmer mit dem Regulierungsangebot Ihrer Kaskoversicherung nicht einverstanden sind. Dies kann der Fall sein, wenn Sie der Meinung sind, dass die angebotene Entschädigung zu niedrig ist oder wenn es Meinungsverschiedenheiten über den Wiederbeschaffungswert eines Fahrzeugs gibt.
Ablauf des Verfahrens
- Benennung der Sachverständigen: Beide Parteien benennen innerhalb einer Frist von zwei Wochen jeweils einen unabhängigen Kfz-Sachverständigen.
- Gutachtenerstellung: Die Sachverständigen erstellen unabhängig voneinander ein Schadengutachten.
- Prüfung und Angleichung: Die Gutachten werden verglichen, und es wird versucht, eine Einigung zu erzielen. Falls notwendig, wird ein Obmann hinzugezogen, um die endgültige Entscheidung zu treffen.
Rechtliche Grundlagen
Das Sachverständigenverfahren ist in den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) festgelegt. Einige Versicherer haben diese Option jedoch aus ihren Vertragsbedingungen gestrichen, was bedeutet, dass in solchen Fällen direkt der Klageweg beschritten werden muss.
Kostenübernahme
Die Kosten für das Verfahren werden in der Regel im Verhältnis zur Quote ermittelt. Wenn der Versicherungsnehmer sich durchsetzt, trägt die Versicherung die gesamten Kosten.
Welche Rolle spielen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) im Sachverständigenverfahren?
Die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) bilden die rechtliche Grundlage für das Sachverständigenverfahren. Dieses Verfahren wird eingesetzt, um Streitigkeiten zwischen Versicherungsnehmern und Versicherern über die Höhe der Schadensentschädigung bei Kaskoschäden zu klären. Die AKB regeln, wie das Verfahren abläuft und welche Pflichten und Rechte die Beteiligten haben.
Wichtige Bestimmungen in den AKB:
- Benennung von Sachverständigen: Beide Parteien benennen jeweils einen unabhängigen Sachverständigen. Wenn eine Partei die Frist verstreichen lässt, kann die andere Partei auch den zweiten Sachverständigen benennen.
- Hinzuziehung eines Obmanns: Die beiden Sachverständigen wählen einen Obmann, der entscheidet, wenn sie sich nicht einigen können. Falls sie sich nicht auf einen Obmann einigen, wird dieser vom zuständigen Amtsgericht bestellt.
- Kostentragung: Die Kosten des Verfahrens werden je nach Ausgang des Verfahrens aufgeteilt. Wenn der Versicherungsnehmer obsiegt, trägt der Versicherer die Kosten; bei einem teilweisen Obsiegen werden die Kosten entsprechend geteilt.
Es ist wichtig, dass Sie als Versicherungsnehmer die AKB Ihres Vertrags kennen, da einige Versicherer das Sachverständigenverfahren aus ihren Bedingungen gestrichen haben. In solchen Fällen bleibt oft nur der Klageweg vor Gericht.
Wer trägt die Kosten für das Sachverständigenverfahren?
Die Kosten für ein Sachverständigenverfahren werden in der Regel hälftig von beiden Parteien getragen, wenn das Ergebnis des Verfahrens genau in der Mitte der von beiden Parteien geforderten Beträge liegt. Wenn das Ergebnis jedoch näher an der Forderung einer der Parteien liegt, kann die Kostenverteilung ungleich sein. Zum Beispiel, wenn die Entscheidung näher an der Forderung der Versicherung liegt, könnte der Versicherungsnehmer einen größeren Anteil der Kosten tragen.
Grundsätzlich trägt jede Partei die Kosten für den von ihr beauftragten Sachverständigen. Die Kosten für den Obmann, der als neutraler Dritter eine Entscheidung trifft, wenn die Sachverständigen unterschiedlicher Meinung sind, werden in der Regel zu gleichen Teilen von beiden Parteien getragen.
In manchen Fällen können die Kosten für das Verfahren auch durch den Versicherungsvertrag gedeckt sein. Hierbei kann es vorkommen, dass die Kosten vollständig oder teilweise vom Versicherer übernommen werden, insbesondere wenn das Gutachten zugunsten des Versicherungsnehmers ausfällt.
Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Streit mit Ihrer Versicherung über die Höhe der Reparaturkosten nach einem Unfall. Wenn Sie ein Sachverständigenverfahren einleiten, sollten Sie sich im Klaren darüber sein, dass die Kosten für das Verfahren von beiden Parteien getragen werden können. Es ist wichtig, realistische Zahlen im Kopf zu haben, da das Ergebnis des Gutachtens Ihre Kosten beeinflussen kann.
Habe ich als Versicherungsnehmer einen Einfluss darauf, welchen Sachverständigen die Versicherung beauftragt?
Als Versicherungsnehmer haben Sie keinen direkten Einfluss darauf, welchen Sachverständigen die Versicherung beauftragt. Allerdings können Sie einen eigenen Sachverständigen beauftragen, um Ihre Interessen zu vertreten. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie mit der Schadensbewertung der Versicherung nicht einverstanden sind.
Auswahl des Sachverständigen
In einem Sachverständigenverfahren können sowohl Sie als Versicherungsnehmer als auch die Versicherung jeweils einen Sachverständigen benennen. Diese beiden Sachverständigen wählen dann gemeinsam einen dritten, unabhängigen Sachverständigen als Obmann, der im Falle von Meinungsverschiedenheiten die endgültige Entscheidung trifft.
Ablehnung des Versicherungsgutachters
Wenn Sie mit dem Gutachten des von der Versicherung beauftragten Sachverständigen nicht einverstanden sind, können Sie dieses ablehnen und einen eigenen unabhängigen Sachverständigen beauftragen. Dies kann zu einem Sachverständigenverfahren führen, in dem die Entscheidung des Obmanns für beide Parteien bindend ist.
Kostenübernahme
Die Kostenübernahme für das Sachverständigenverfahren hängt von den Ergebnissen ab. In der Regel trägt jede Partei die Kosten für ihren eigenen Sachverständigen und teilt sich die Kosten für den Obmann. Die genaue Aufteilung der Kosten kann im Versicherungsvertrag geregelt sein.
Kann der von mir beauftragte Sachverständige seine Kosten direkt von der Versicherung einfordern?
Wenn Sie nach einem Unfall einen Sachverständigen beauftragen, um den Schaden an Ihrem Fahrzeug zu begutachten, hängt die Möglichkeit, dass der Sachverständige seine Kosten direkt von der Versicherung einfordern kann, von mehreren Faktoren ab.
Grundsätzlich übernimmt die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung die Kosten für das Gutachten, wenn der Unfall nicht durch Sie verursacht wurde und die Begutachtung notwendig und angemessen ist. Die Kosten des Gutachtens sind Teil des ersatzfähigen Schadens nach § 249 BGB.
Direkter Zahlungsanspruch: Ein direkter Zahlungsanspruch des Sachverständigen gegenüber der Versicherung besteht in der Regel nicht, es sei denn, der Geschädigte hat dem Sachverständigen seine Ansprüche abgetreten. In solchen Fällen kann der Sachverständige die Kosten im eigenen Namen von der Versicherung einfordern.
Abtretung von Ansprüchen: Wenn Sie als Geschädigter die Ansprüche auf Erstattung der Gutachterkosten an den Sachverständigen abtreten, kann dieser die Kosten direkt von der Versicherung einfordern. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Abtretung rechtsgültig ist und die Versicherung die Zahlung nicht aus anderen Gründen ablehnt.
Rechtliche Grundlagen: Die Erstattungsfähigkeit der Kosten hängt von der Notwendigkeit und Angemessenheit des Gutachtens ab. Die Versicherung muss alle notwendigen und angemessenen Kosten übernehmen, einschließlich Grundhonorar, Fahrtkosten, Foto- und Bildmaterial sowie Nebenkosten wie Porto und Kommunikation. Die Kosten müssen im üblichen Rahmen liegen und transparent nachgewiesen werden.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Sachverständigenverfahren
Das Sachverständigenverfahren ist ein in Versicherungsverträgen verankertes spezielles Verfahren zur Klärung der Schadenhöhe bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer. Es dient als Alternative zum Rechtsweg und wird durch einen Sachverständigenausschuss durchgeführt. Die rechtliche Grundlage findet sich häufig in den Versicherungsbedingungen, hier konkret in Abschnitt A.2.6 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB).
Beispiel: Nach einem Unfall schätzt die Kaskoversicherung den Schaden am Fahrzeug auf 3.000 Euro, während der Versicherungsnehmer von 5.000 Euro ausgeht. Um diesen Konflikt zu lösen, wird ein Sachverständigenverfahren eingeleitet, bei dem unabhängige Experten die tatsächliche Schadenhöhe ermitteln.
Kaskoversicherung
Die Kaskoversicherung ist eine freiwillige Kfz-Versicherung, die über die gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung hinausgeht und Schäden am eigenen Fahrzeug abdeckt. Es gibt zwei Hauptformen: die Teilkasko (deckt u.a. Diebstahl, Brand, Glasbruch) und die Vollkasko (deckt zusätzlich selbstverschuldete Unfälle). Die rechtliche Ausgestaltung erfolgt durch Vertrag und ist in den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) geregelt.
Beispiel: Ein Autobesitzer mit Vollkaskoversicherung verursacht einen Unfall, bei dem sein Fahrzeug beschädigt wird. Die Reparaturkosten werden nach Abzug einer eventuell vereinbarten Selbstbeteiligung von der Versicherung übernommen.
Vergütungsanspruch
Ein Vergütungsanspruch bezeichnet das Recht auf Bezahlung für eine erbrachte Leistung oder Tätigkeit. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet in der Regel ein Vertragsverhältnis (z.B. Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB oder Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB). Entscheidend für die Durchsetzbarkeit eines solchen Anspruchs ist, wer Vertragspartner ist und damit zur Zahlung verpflichtet werden kann.
Beispiel: Ein Sachverständiger erstellt im Auftrag eines Kunden ein Gutachten. Der Vergütungsanspruch des Sachverständigen richtet sich gegen seinen Auftraggeber, nicht automatisch gegen Dritte, die möglicherweise von dem Gutachten profitieren.
Berufungsverfahren
Das Berufungsverfahren ist ein Rechtsmittelverfahren, mit dem eine Partei gegen ein erstinstanzliches Urteil vorgehen kann. Es ermöglicht eine erneute inhaltliche Prüfung des Falls durch ein höherrangiges Gericht. Die rechtlichen Grundlagen finden sich in den §§ 511 ff. ZPO. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils eingelegt werden und ist an bestimmte formale Voraussetzungen gebunden.
Beispiel: Der Kläger verliert seinen Fall vor dem Landgericht und ist mit dem Urteil nicht einverstanden. Er legt Berufung beim zuständigen Oberlandesgericht ein, welches den Fall neu verhandelt und bewertet.
Sachverständigenausschuss
Der Sachverständigenausschuss ist ein Gremium aus Experten, das im Rahmen des Sachverständigenverfahrens zur Schadenfeststellung eingesetzt wird. Er besteht in der Regel aus einem vom Versicherungsnehmer und einem vom Versicherer benannten Sachverständigen. Bei Uneinigkeit wird oft ein dritter Sachverständiger als Obmann hinzugezogen. Die Zusammensetzung und Arbeitsweise ist typischerweise in den Versicherungsbedingungen geregelt.
Beispiel: Bei einer strittigen Schadenhöhe benennt der Versicherungsnehmer einen KFZ-Gutachter und die Versicherung ihren eigenen Sachverständigen. Beide prüfen den Schaden unabhängig voneinander und versuchen, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen.
Benennungsrecht
Das Benennungsrecht im Kontext des Sachverständigenverfahrens bezeichnet die Befugnis einer Partei (hier: des Versicherungsnehmers oder des Versicherers), einen Sachverständigen für den Sachverständigenausschuss zu bestimmen. Gemäß der Versicherungsbedingungen kann unter bestimmten Umständen eine Partei auch für die andere Partei einen Sachverständigen benennen, wenn diese ihrer Benennungspflicht nicht nachkommt.
Beispiel: Die Versicherung reagiert nicht auf die Aufforderung, einen eigenen Sachverständigen zu benennen. Nach Ablauf einer angemessenen Frist darf der Versicherungsnehmer dann auch für die Versicherungsseite einen Sachverständigen bestimmen, ohne dass damit automatisch ein Vertragsverhältnis zwischen Versicherung und diesem Sachverständigen entsteht.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- AKB A.2.6 (Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung A.2.6): Diese Klausel regelt das Sachverständigenverfahren bei Meinungsverschiedenheiten über die Schadenhöhe in der Kaskoversicherung. Sie legt fest, dass ein Sachverständigenausschuss entscheidet, wie dieser zusammengesetzt wird und wer die Kosten trägt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: A.2.6 AKB ist die Grundlage für das hier streitgegenständliche Sachverständigenverfahren und bestimmt somit, ob und wie der Kläger als Sachverständiger der Beklagten Vergütung beanspruchen kann.
- Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Das VVG ist die zentrale Rechtsgrundlage für Versicherungsverträge in Deutschland und regelt die Beziehungen zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern. Es enthält Bestimmungen zu den Rechten und Pflichten beider Parteien im Versicherungsverhältnis. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das VVG bildet den Rahmen für den Kaskoversicherungsvertrag und die darin vereinbarten AKB. Es bestimmt, welche Art von Ansprüchen Versicherungsnehmer und gegebenenfalls Dritte aus dem Versicherungsvertrag ableiten können.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Auftragsrecht §§ 662 ff. BGB: Das Auftragsrecht regelt die Rechtsbeziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Es legt Pflichten zur Leistungserbringung und zur Vergütung fest, wenn jemand beauftragt wird, ein Geschäft für einen anderen zu besorgen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagte hat den Kläger mutmaßlich als Sachverständigen im Rahmen des AKB-Verfahrens beauftragt. Das Auftragsrecht könnte relevant sein, um zu beurteilen, ob und in welcher Höhe der Kläger einen direkten Vergütungsanspruch gegen die Beklagte hat, basierend auf diesem Auftrag.
Das vorliegende Urteil
OLG Köln – Az.: I-18 U 41/23 – Urteil vom 11.04.2023
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