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Kfz-Kaskoversicherung – Angaben zu Vorschäden – Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes

Ein gestohlenes Auto, eine dubiose Schadensmeldung und widersprüchliche Angaben – vor Gericht entbrannte ein Streit um die Kaskoversicherung. War es wirklich Diebstahl oder nur ein abgekartetes Spiel? Fragwürdige Schlüssel und wiederaufgetauchte Teile des Fahrzeugs heizen die Spekulationen an.

Übersicht

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Duisburg
  • Datum: 06.03.2023
  • Aktenzeichen: 6 O 137/21
  • Verfahrensart: Nicht genannt

Beteiligte Parteien:

  • Die Klägerin, Versicherungsnehmerin, die von der Beklagten Versicherungsleistungen aufgrund des Diebstahls ihres Fahrzeugs begehrt.
  • Die Beklagte, eine Versicherung, die einen Versicherungsvertrag mit der Klägerin abgeschlossen hat und sich gegen die Zahlung von Versicherungsleistungen aufgrund des behaupteten Diebstahls wehrt.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Teilkaskoversicherung für ihr Fahrzeug abgeschlossen. Sie meldete den Diebstahl des Fahrzeugs und forderte von der Beklagten den Wiederbeschaffungswert.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Beklagte aufgrund des behaupteten Diebstahls zur Zahlung des Wiederbeschaffungswertes an die Klägerin verpflichtet ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wird abgewiesen.
  • Folgen: Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits und das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.

Der Fall vor Gericht


Gerichtsurteil zum Kfz-Kaskoversicherung: Streit um Wiederbeschaffungswert nach angeblichem Diebstahl

Mann versucht tagsüber, in ein geparktes Auto auf einer ruhigen Straße in Deutschland einzubrechen.
Klage um Wiederbeschaffungswert bei Kfz-Kaskoversicherung | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Landgericht Duisburg (Az.: 6 O 137/21) fällte am 06. März 2023 ein Urteil in einem Fall, der die Feinheiten der Kfz-Kaskoversicherung und die Pflichten von Versicherungsnehmern beleuchtet. Im Zentrum stand die Klage einer Versicherungsnehmerin gegen ihre Kaskoversicherung auf Zahlung des Wiederbeschaffungswertes für ihr angeblich gestohlenes Fahrzeug. Die Versicherung weigerte sich zu zahlen, woraufhin der Fall vor Gericht landete.

Gebrauchtwagenkauf mit Vorschäden und anschließender Versicherungsabschluss

Der Fall begann mit dem Erwerb eines gebrauchten Fahrzeugs der Marke L. im November 2016 durch einen Zeugen. Bereits im Kaufvertrag wurde auf Vorschäden hingewiesen, die in einem Gutachten dokumentiert sein sollten. Im Dezember 2016 erlitt das Fahrzeug weitere Unfallschäden. Erst Jahre später, im Januar 2019, schloss die Klägerin für dieses Fahrzeug eine Kaskoversicherung bei der Beklagten ab. Vereinbart wurde eine Teilkaskoversicherung, die unter anderem Diebstahl abdeckt und im Schadensfall den Wiederbeschaffungswert erstattet.

Behaupteter Fahrzeugdiebstahl und Schadensmeldung bei der Versicherung

Die Klägerin meldete der Versicherung einen Diebstahl des Fahrzeugs, der sich auf dem Gelände einer Werkstatt ereignet haben soll. Sie gab an, dass das Fahrzeug dort zur Reparatur abgestellt und am nächsten Tag verschwunden gewesen sei. Bei der Schadensmeldung machte die Klägerin jedoch widersprüchliche Angaben. Sie gab an, nicht Eigentümerin des Fahrzeugs zu sein, einen Kredit für das Fahrzeug aufgenommen zu haben und verneinte die Sicherungsübereignung. Zudem verneinte sie Kenntnis von Vorschäden bei Vorbesitzern, obwohl im ursprünglichen Kaufvertrag des Fahrzeugs ein Gutachten über Vorschäden erwähnt wurde.

Zweifel an den Angaben der Versicherungsnehmerin und Ermittlungen

Die Versicherung beauftragte einen Sachverständigen, die vorgelegten Fahrzeugschlüssel zu untersuchen. Dieser stellte fest, dass der vorgelegte Notschlüssel nicht zum streitgegenständlichen Fahrzeug passte und dass laut Herstellerangaben insgesamt drei Originalschlüssel zum Fahrzeug gehören müssten, aber nur zwei vorgelegt wurden. Im Rahmen polizeilicher Ermittlungen wurden später sogar Teile des angeblich gestohlenen Fahrzeugs wiedergefunden, was weitere Fragen aufwarf und die Darstellung der Klägerin in Zweifel zog.

Gericht weist Klage auf Zahlung des Wiederbeschaffungswertes ab

Das Landgericht Duisburg wies die Klage der Versicherungsnehmerin auf Zahlung des Wiederbeschaffungswertes in Höhe von 16.000 Euro ab. Die Klägerin muss zudem die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch kann die Klägerin dies durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden. Das Gericht folgte damit der Argumentation der Versicherung und stellte die Glaubwürdigkeit des von der Klägerin geschilderten Diebstahlhergangs und ihrer Angaben in der Schadensanzeige infrage.

Begründung des Gerichts und Schlüsselfragen des Urteils

Obwohl die vollständige Urteilsbegründung hier nicht vorliegt, lassen sich aus dem Tatbestand wichtige Schlüsselfragen und mögliche Gründe für die Abweisung der Klage ableiten. Die Widersprüche in den Angaben der Klägerin zur Eigentümerschaft, Finanzierung und Vorschäden des Fahrzeugs dürften eine entscheidende Rolle gespielt haben. Die Unstimmigkeiten bei den Fahrzeugschlüsseln und das Wiederauffinden von Fahrzeugteilen könnten das Gericht ebenfalls zu der Annahme bewogen haben, dass kein versicherter Diebstahl vorlag oder die Klägerin ihre vorvertraglichen Anzeigepflichten verletzt hat. Zudem könnte die Frage der Aktivlegitimation, also ob die Klägerin überhaupt berechtigt war, die Forderung selbst geltend zu machen, eine Rolle gespielt haben, da sie zunächst angab, nicht Eigentümerin des Fahrzeugs zu sein.

Bedeutung des Urteils für Betroffene und Versicherungsnehmer

Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung wahrheitsgemäßer und vollständiger Angaben bei Abschluss einer Kfz-Kaskoversicherung und im Schadensfall. Versicherungsnehmer sind verpflichtet, alle relevanten Informationen, insbesondere zu Vorschäden, korrekt anzugeben. Falsche oder unvollständige Angaben können im Schadensfall zur Leistungsverweigerung durch die Versicherung führen. Zudem zeigt der Fall, dass Versicherungen Schadensmeldungen genau prüfen und bei Unstimmigkeiten oder Zweifeln an der Darstellung des Versicherungsnehmers die Leistung verweigern können. Im Streitfall müssen Versicherungsnehmer damit rechnen, dass Gerichte die Beweislast für das Vorliegen eines Versicherungsfalls und die Richtigkeit ihrer Angaben bei ihnen sehen. Es ist daher ratsam, bei Abschluss einer Versicherung und im Schadensfall transparent und kooperativ mit der Versicherung zusammenzuarbeiten und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einzuholen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil lehrt, dass bei Klagen gegen Versicherungen zur Erstattung eines gestohlenen Fahrzeugs konkrete Angaben zu Vorschäden und den durchgeführten Reparaturen zwingend erforderlich sind, da diese den Wiederbeschaffungswert direkt beeinflussen. Die Quintessenz ist, dass pauschale Behauptungen über „ordnungsgemäße und fachgerechte Reparaturen“ ohne detaillierte Nachweise nicht ausreichen, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Dieses Urteil hat besondere Bedeutung für Versicherungsnehmer, da es verdeutlicht, wie wichtig eine vollständige und präzise Dokumentation von Fahrzeugschäden und deren Reparatur für erfolgreiche Versicherungsansprüche ist.

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Unsicherheiten bei der Abwicklung von Kfz-Kaskosachverhalten?

Die Herausforderungen im Zusammenhang mit unvollständigen oder widersprüchlichen Angaben zu Versicherungsfällen können zu erheblichem Klärungsbedarf führen. Ein sachgerechter Umgang mit den vertraglichen Verpflichtungen und den daraus resultierenden Ansprüchen ist oftmals der Schlüssel, um langfristige Auseinandersetzungen und unnötige finanzielle Belastungen zu vermeiden.

Unsere Erfahrung in der Analyse komplexer Versicherungsfragen bietet Ihnen eine fundierte Grundlage, um Ihre Situation differenziert zu betrachten und den Sachverhalt verständlich zu strukturieren. Durch eine präzise Prüfung der relevanten Vertragsdetails helfen wir Ihnen, die wesentlichen Aspekte Ihres Falles zu erfassen, sodass Sie Klarheit über Ihre Rechte und Pflichten gewinnen können.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet der „Wiederbeschaffungswert“ bei meiner Kaskoversicherung genau und wie wird er im Schadensfall ermittelt?

Der Wiederbeschaffungswert eines Autos ist der Betrag, den Sie aufbringen müssten, um ein gleichwertiges Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu erwerben. Dies umfasst Faktoren wie Marke, Modell, Alter, Kilometerstand und den Zustand des Fahrzeugs. Der Wiederbeschaffungswert ist entscheidend bei der Regulierung von Schäden, insbesondere bei einem Totalschaden, wenn die Reparaturkosten höher sind als der Wert des Fahrzeugs.

Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts

Der Wiederbeschaffungswert wird in der Regel von einem unabhängigen Sachverständigen ermittelt. Dieser nutzt Listen wie die DAT- oder Schwacke-Liste als Grundlage und berücksichtigt dabei:

  • Fahrzeugtyp und Ausstattung
  • Alter und Kilometerstand
  • Technischer und optischer Zustand
  • Regionale Marktpreise

Diese Faktoren helfen, einen realistischen Wert für die Schadensregulierung zu bestimmen.

Praktische Bedeutung

Im Schadensfall dient der Wiederbeschaffungswert dazu, zu entscheiden, ob eine Reparatur oder eine Auszahlung sinnvoller ist. Wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, spricht man von einem wirtschaftlichen Totalschaden. In diesem Fall wird oft der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts (des beschädigten Fahrzeugs) erstattet.


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Welche Pflichten habe ich als Versicherungsnehmer bei Abschluss einer Kaskoversicherung bezüglich der Angabe von Vorschäden an meinem Fahrzeug?

Als Versicherungsnehmer haben Sie bei Abschluss einer Kaskoversicherung die Pflicht, alle bekannten Vorschäden an Ihrem Fahrzeug wahrheitsgemäß und vollständig anzugeben. Dies gilt auch für Schäden, die bereits repariert wurden oder die Sie nicht selbst verursacht haben. Diese Anzeigepflicht ist entscheidend, um sicherzustellen, dass der Versicherer eine korrekte Einschätzung des Risikos vornehmen kann.

Warum ist das wichtig? Wenn Sie Vorschäden verschweigen, kann dies zu schwerwiegenden Konsequenzen führen. In einem Schadensfall kann der Versicherer die Leistung verweigern, wenn er feststellt, dass Sie relevante Informationen zurückgehalten haben. Gerichte haben in solchen Fällen entschieden, dass das Verschweigen von Vorschäden als arglistige Obliegenheitsverletzung angesehen werden kann, was zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt.

Was bedeutet das für Sie? Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Fahrzeug mit einem bereits reparierten Schaden. Auch wenn Sie davon ausgehen, dass dieser Schaden vollständig behoben wurde, müssen Sie ihn dennoch melden. Dies ist entscheidend, um im Schadensfall keine unangenehmen Überraschungen zu erleben. Die Transparenz ist der Schlüssel, um sicherzustellen, dass Ihre Versicherung im Ernstfall funktioniert.


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Was kann ich tun, wenn meine Kaskoversicherung die Zahlung des Wiederbeschaffungswertes ablehnt, weil sie meine Angaben anzweifelt?

Wenn Ihre Kaskoversicherung die Zahlung des Wiederbeschaffungswertes ablehnt, weil sie Ihre Angaben anzweifelt, gibt es mehrere Schritte, die Sie in Betracht ziehen können:

  1. Prüfen Sie die Ablehnung: Zunächst sollten Sie die Begründung der Versicherung sorgfältig prüfen. Überprüfen Sie, ob die Ablehnung auf unvollständigen oder unklaren Informationen basiert. Stellen Sie sicher, dass alle notwendigen Unterlagen und Beweise vorgelegt wurden.
  2. Beweislast: Sie tragen die Beweislast für das Vorliegen eines Versicherungsfalls und die Richtigkeit Ihrer Angaben. Stellen Sie sicher, dass Sie alle erforderlichen Dokumente und Beweise bereithalten, um Ihre Ansprüche zu untermauern.
  3. Außergerichtliche Einigung: Versuchen Sie, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Dies kann durch einen Ombudsmann oder eine Schlichtungsstelle erfolgen. Diese Institutionen können helfen, Streitigkeiten ohne Gerichtsverfahren zu klären.
  4. Klageerhebung: Wenn eine außergerichtliche Einigung nicht möglich ist, bleibt Ihnen die Klageerhebung. In diesem Fall sollten Sie sich auf die rechtlichen Grundlagen stützen und sicherstellen, dass alle erforderlichen Beweise und Dokumente vorliegen. Ein Gericht kann den Wiederbeschaffungswert schätzen, wenn die Parteien keine Einigung erzielen können, wie es in § 287 ZPO vorgesehen ist.
  5. Rechtliche Überprüfung: Es ist wichtig, dass Sie die rechtlichen Aspekte Ihres Falls verstehen. Die allgemeinen Bedingungen für die KFZ-Versicherung (AKB) regeln die Leistungen im Schadensfall, einschließlich des Wiederbeschaffungswertes. Stellen Sie sicher, dass Sie diese Bedingungen kennen und verstehen.

Indem Sie diese Schritte beachten, können Sie Ihre Rechte besser wahren und gegebenenfalls eine faire Entschädigung durchsetzen.


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Welche Rolle spielen widersprüchliche Angaben im Schadensfall bei der Entscheidung der Versicherung über die Auszahlung des Wiederbeschaffungswertes?

Widersprüchliche Angaben im Schadensfall können die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers erheblich untergraben. Falsche oder unvollständige Informationen können dazu führen, dass die Versicherung die Leistung verweigert. Dies liegt daran, dass Versicherungen von ihren Kunden wahrheitsgemäße und konsistente Angaben erwarten. Selbst kleine Unstimmigkeiten, die auf den ersten Blick irrelevant erscheinen, können negative Auswirkungen haben.

Beispiel: Ein Motorradfahrer meldete sein Motorrad als gestohlen, gab jedoch widersprüchliche Angaben über das Datum und den Ort, an dem er das Fahrzeug abgestellt hatte. Diese Unstimmigkeiten führten dazu, dass die Versicherung die Leistungen verweigerte. Ähnlich kann es bei einem Kfz-Kaskoschaden passieren, dass widersprüchliche Angaben zur Schadensursache oder zum Schadensumfang die Leistungsfreiheit der Versicherung zur Folge haben.

Folgen: Wenn die Versicherung aufgrund von Falschangaben leistungsfrei wird, bedeutet dies, dass sie keine Entschädigung zahlt, selbst wenn der Schaden an sich versichert wäre. Daher ist es entscheidend, alle Angaben im Schadensfall korrekt und konsistent zu machen, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden.


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Kann die Versicherung die Zahlung des Wiederbeschaffungswertes verweigern, wenn sich herausstellt, dass mir das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Schadens gar nicht gehört hat?

Ja, die Versicherung kann die Zahlung des Wiederbeschaffungswertes verweigern, wenn sich herausstellt, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Schadens nicht Ihnen gehörte. Aktivlegitimation ist ein entscheidender Faktor in solchen Fällen. Sie bezeichnet die Befugnis, Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Nur der Eigentümer des Fahrzeugs ist in der Regel aktivlegitimiert, Schadensersatzansprüche einzufordern.

Wenn das Fahrzeug nicht Ihnen gehört, fehlt Ihnen die Berechtigung, den Schaden selbst geltend zu machen. Dies ist besonders relevant bei finanzierten oder geleasten Fahrzeugen, wo die finanzierende Bank oder der Leasinggeber der Eigentümer ist. In solchen Fällen müssen die Ansprüche von der Bank oder dem Leasinggeber geltend gemacht werden, es sei denn, es gibt eine Abtretung oder Ermächtigung an Sie.

Um die Eigentumsverhältnisse nachzuweisen, sind Dokumente wie der Kaufvertrag oder die Zulassungsbescheinigung Teil II (früher Fahrzeugbrief) entscheidend. Ohne diese Nachweise kann die Versicherung die Zahlung verweigern, da Sie nicht der berechtigte Anspruchsinhaber sind.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Wiederbeschaffungswert

Der Wiederbeschaffungswert bezeichnet den Betrag, der aufgewendet werden muss, um ein gleichwertiges Fahrzeug (gleicher Typ, Alter, Ausstattung und Zustand) auf dem Markt zu erwerben. Er wird vor allem in der Kfz-Versicherung als Berechnungsgrundlage für Entschädigungen bei Totalschaden oder Diebstahl verwendet. Nach § 249 BGB entspricht dies dem Schadensersatz in Höhe des erforderlichen Geldbetrags zur Wiederherstellung des Zustands.

Beispiel: Bei einem gestohlenen fünf Jahre alten BMW mit 80.000 km Laufleistung würde der Versicherer den Preis ermitteln, den ein vergleichbarer BMW aktuell auf dem Gebrauchtwagenmarkt kostet, und diesen Betrag (abzüglich eventueller Selbstbeteiligung) erstatten.


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Vorvertragliche Anzeigepflicht

Die vorvertragliche Anzeigepflicht verpflichtet Versicherungsnehmer, beim Abschluss eines Versicherungsvertrages alle für die Risikoeinschätzung erheblichen Umstände wahrheitsgemäß und vollständig mitzuteilen. Sie ist in § 19 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) geregelt. Bei Verletzung dieser Pflicht kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, ihn kündigen oder anpassen, und im Schadensfall die Leistung verweigern.

Beispiel: Wer bei Abschluss einer Kfz-Kaskoversicherung Vorschäden am Fahrzeug verschweigt, verletzt die Anzeigepflicht. Im Schadensfall kann die Versicherung dann die Zahlung verweigern, wie im vorliegenden Fall möglicherweise geschehen.


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Aktivlegitimation

Die Aktivlegitimation bezeichnet die Berechtigung einer Person, einen bestimmten Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Diese prozessuale Voraussetzung ist erfüllt, wenn die klagende Person tatsächlich Inhaber des geltend gemachten Rechts ist. Fehlt die Aktivlegitimation, wird die Klage als unbegründet abgewiesen, auch wenn der Anspruch grundsätzlich bestehen könnte.

Beispiel: Wenn jemand Schadensersatz für ein Fahrzeug fordert, das ihm nicht gehört (und ihm auch nicht zur Geltendmachung übertragen wurde), fehlt die Aktivlegitimation – das Gericht würde die Klage abweisen.


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Kaskoversicherung

Die Kaskoversicherung ist eine freiwillige Zusatzversicherung für Fahrzeuge, die über die gesetzlich vorgeschriebene Kfz-Haftpflichtversicherung hinausgeht. Sie deckt Schäden am eigenen Fahrzeug ab. Es wird zwischen Teilkasko (deckt u.a. Diebstahl, Brand, Glasbruch, Elementarschäden) und Vollkasko (zusätzlich selbstverschuldete Unfälle) unterschieden. Die rechtliche Grundlage bilden die vereinbarten Versicherungsbedingungen gemäß §§ 1, 7 VVG.

Beispiel: Bei einem Autodiebstahl würde die Teilkaskoversicherung den Wiederbeschaffungswert des gestohlenen Fahrzeugs erstatten, sofern der Versicherungsfall anerkannt wird.


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Beweislast

Die Beweislast bezeichnet die Pflicht einer Partei im Gerichtsverfahren, streitige Tatsachen zu beweisen, die für sie günstig sind. Gelingt der Beweis nicht, trägt diese Partei die negativen Folgen (§ 286 ZPO). Im Versicherungsrecht muss grundsätzlich der Anspruchsteller (Versicherungsnehmer) den Eintritt des Versicherungsfalls nachweisen.

Beispiel: Bei behauptetem Fahrzeugdiebstahl muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass tatsächlich ein Diebstahl stattgefunden hat. Gelingt dies nicht oder bestehen erhebliche Zweifel (etwa wegen widersprüchlicher Angaben oder verdächtiger Umstände), wird die Klage abgewiesen.


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Sicherungsübereignung

Die Sicherungsübereignung ist die Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache (z.B. Kraftfahrzeug) zur Absicherung einer Forderung, etwa eines Kredits. Der Sicherungsgeber (Schuldner) bleibt Besitzer der Sache, während der Sicherungsnehmer (Gläubiger) Eigentümer wird. Die rechtliche Grundlage findet sich in §§ 929 ff. BGB in Verbindung mit der Vertragsfreiheit.

Beispiel: Bei einer Autofinanzierung überträgt der Käufer das Eigentum am Fahrzeug an die Bank, behält aber den Besitz und nutzt es weiter. Erst nach vollständiger Tilgung des Kredits wird er wieder Eigentümer.


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Vorläufige Vollstreckbarkeit

Die vorläufige Vollstreckbarkeit bedeutet, dass ein Urteil bereits vor seiner Rechtskraft (d.h. bevor es endgültig feststeht) vollstreckt werden kann. Dies ist in §§ 708-713 ZPO geregelt. Oft wird sie mit der Möglichkeit verbunden, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Sie dient der Verfahrensbeschleunigung und verhindert taktische Rechtsmittel.

Beispiel: Wenn eine Klägerin zur Kostenübernahme verurteilt wird, können diese Kosten sofort eingefordert werden. Sie kann die Vollstreckung jedoch durch Hinterlegung einer Sicherheit (hier: 110% des Betrages) vorübergehend abwenden, bis über ein mögliches Rechtsmittel entschieden ist.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) – Zustandekommen des Versicherungsvertrages: Dieser Paragraph regelt, dass ein Versicherungsvertrag durch Antrag des Versicherungsnehmers und Annahme des Versicherers zustande kommt. Wesentlich ist der übereinstimmende Willen beider Parteien, einen Versicherungsvertrag mit bestimmten Bedingungen abzuschließen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Hier wurde ein Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten über eine Teilkaskoversicherung für das Fahrzeug geschlossen, was die Grundlage für den Anspruch der Klägerin bildet.
  • § 49 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) – Umfang der Leistung bei Teilkaskoversicherung: Dieser Paragraph definiert den Umfang der Leistungen in der Teilkaskoversicherung und umfasst typischerweise Schäden durch Diebstahl. Die Versicherung leistet Entschädigung für den entstandenen Schaden, in der Regel den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Diebstahls. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin beruft sich auf diesen Paragraphen, da sie den Diebstahl des Fahrzeugs meldete und die Erstattung des Wiederbeschaffungswertes durch die Teilkaskoversicherung fordert.
  • Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB), hier Anlage B 2: Die AKB konkretisieren die Rechte und Pflichten von Versicherer und Versicherungsnehmer im Detail. Sie definieren unter anderem, welche Ereignisse als Diebstahl gelten und welche Voraussetzungen für eine Leistungserbringung erfüllt sein müssen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die AKB sind Vertragsbestandteil und legen die genauen Bedingungen für den Versicherungsschutz fest. Die Beklagte wird sich auf Klauseln in den AKB berufen, um die Leistung abzulehnen, möglicherweise wegen Zweifel am Diebstahl oder Verletzung von Obliegenheiten.
  • § 286 ZPO (Zivilprozessordnung) – Freie Beweiswürdigung: Dieser Paragraph bestimmt, dass das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung entscheidet, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr zu erachten ist. Das Gericht würdigt die vorgelegten Beweismittel und Zeugenaussagen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat die Beweise der Klägerin (Schadensanzeige, Zeugenaussagen) geprüft und offenbar nicht als ausreichend erachtet, um den Diebstahl des Fahrzeugs oder die Voraussetzungen für eine Versicherungsleistung zu beweisen. Die Abweisung der Klage deutet darauf hin, dass das Gericht nicht von einem Diebstahl überzeugt war.
  • Obliegenheiten im Versicherungsvertrag (häufig in den AKB geregelt): Obliegenheiten sind Verhaltenspflichten des Versicherungsnehmers vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls. Die Verletzung von Obliegenheiten kann zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen, wenn die Verletzung ursächlich für die Feststellung des Versicherungsfalls oder den Umfang der Leistung ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Unstimmigkeiten bezüglich der Fahrzeugschlüssel (fehlender Schlüssel, falscher Notschlüssel) und die widersprüchlichen Angaben der Klägerin in der Schadensanzeige könnten als Verletzung von Obliegenheiten ausgelegt werden und zur Leistungsablehnung durch die Versicherung geführt haben.

Das vorliegende Urteil


LG Duisburg – Az.: 6 O 137/21 – Urteil vom 06.03.2023


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