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Kfz-Kaskoversicherung – Anforderungen an Diebstahlsnachweis

OLG Hamm – Az.: 20 U 154/19 – Beschluss vom 04.12.2019

I.

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seine Berufung gegen das am 27.06.2019 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 II ZPO).

II.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme, auch dazu, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird, innerhalb von 3 Wochen.

III.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Berufungsangriffe des Klägers hiergegen bleiben ohne Erfolg.

Dem Kläger steht kein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte wegen der behaupteten Entwendung des Motorrades zu.

Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass dem Kläger der Beweis des äußeren Bildes einer bedingungsgemäßen Entwendung nicht gelungen ist. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellungen werden von dem Kläger mit der Berufungsbegründung nicht aufgezeigt. Auch der Senat hat, auch bei Gesamtwürdigung aller Umstände, ernsthafte Zweifel an dem äußeren Bild.

Auch wenn, um den Versicherungsschutz nicht zu entwerten, an den Nachweis dieses äußeren Bildes keine zu strengen Anforderungen zu stellen sind, muss der Versicherungsnehmer zumindest einen Minimalsachverhalt beweisen, um das äußere Bild eines Diebstahlereignisses belegen zu können.

Hierzu gehören – bei einer spurenlosen Entwendung – das Abstellen des Fahrzeugs an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit und das Nichtwiederauffinden des Fahrzeugs gegen den Willen des Versicherungsnehmers/Fahrers. Der Kläger gibt die – ständige – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH in NJW-RR 2002, 671 ff) verkürzt wieder, wenn er ausführt, dass es für es für den Beweis des äußeren Bildes genüge, wenn das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt worden sei, an dem es später nicht mehr aufzufinden sei.

Dieser Beweis ist dem Kläger nicht gelungen. Weder die persönliche Anhörung des Klägers noch die Beiziehung der polizeilichen Ermittlungsakte sind geeignet, den Nachweis zu erbringen, dass das Motorrad gegen den Willen von Herrn nicht mehr aufgefunden werden konnte. Entgegen der Ansicht des Klägers bedurfte und bedarf es nicht seiner persönlichen Anhörung. Nicht er, sondern Herr S soll das Motorrad gegen seinen Willen nicht wieder aufgefunden haben. Es bedarf daher keines persönlichen Eindrucks von dem Kläger. Es geht nicht um die Redlichkeit des Klägers als Versicherungsnehmer, sondern um die „Redlichkeit“ von Herrn S. Das Motorrad war nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nur „formell“ auf seinen Namen versichert. Tatsächlicher Eigentümer und Halter war Herr S, dem nach dem eigenen Vorbringen des Klägers eine etwaige Versicherungssumme zukommen sollte. So hatte der Kläger seine Forderungen gegenüber der Beklagten an Herrn S abgetreten. Aus diesem Grunde kommt es auf die Glaubwürdigkeit des Klägers nicht an.

Kfz-Kaskoversicherung - Anforderungen an Diebstahlsnachweis
(Symbolfoto: Daniel Jedzura/Shutterstock.com)

Auch die von dem Kläger beantragte Beiziehung der polizeilichen Ermittlungsakte ist nicht geeignet, auch in einer Zusammenschau mit den übrigen Umständen den erforderlichen Beweis zu erbringen. Es ist unstreitig, dass Herr S noch am 30.4.2018 den – angeblichen – Diebstahl bei der Polizei gemeldet hat. Eine solche Anzeige genügt indes vorliegend nicht, um nachzuweisen, dass das Fahrzeug gegen den Willen des Versicherungsnehmers/Fahrers entwendet wurde (vgl. BGH in NJW-RR 1993, 719f). Eine solche Anzeige ist auch für einen Versicherungsbetrüger, der sein Vorhaben nicht durch einen groben Obliegenheitsverstoß gefährden will, obligatorisch. Aus der Ermittlungsakte würde sich zudem lediglich der Umstand ergeben, dass Herr S den angeblichen Diebstahl angezeigt hat. Der Nachweis des äußeren Bildes setzt aber voraus, dass die Angaben von Herrn S der Wahrheit entsprochen hätten (vgl. BGH in NJW-RR 2002, 671ff zu einem von einem Zeugen mitgehörten Telefonat, in welchem es um den angeblichen Diebstahl ging).

Das Landgericht hat zu Recht auch davon abgesehen, den Zeugen T zu dem Abstellen des Motorrades zu vernehmen. Auch ein unredlicher Versicherungsnehmer/Fahrer, der plant, das Motorrad zu veräußern und es anschließend als gestohlen zu melden, kann seinen Tatplan so gestalten, dass das Motorrad – vor Zeugen – an einem entfernten Ort abgestellt wird, um es anschließend zu veräußern.

Auch die von dem Kläger behauptete Beweisnot ändert nichts daran, dass er den Vollbeweis für das äußere Bild einer Entwendung erbringen muss. Richtig ist, dass dem Kläger keine Beweismittel für das Nichtwiederauffinden des Motorrads gegen den Willen von Herrn S zur Verfügung stehen, nachdem dieser verstorben ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass er den ihm obliegenden Beweis nicht erbringen kann. Zwar kann dem sich in Beweisnot befindlicher Versicherungsnehmer, dem kein Zeuge für das äußere Bild zur Verfügung steht, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH in (NJW-RR 1997, 663 ff) auf der Grundlage der Redlichkeitsvermutung eine zusätzliche Beweiserleichterung zugutekommen. In einem solchen Fall kann sich die richterliche Überzeugung auch auf die Behauptungen und Angaben des Versicherungsnehmers bei dessen Anhörung gem. § 141 ZPO gründen. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Versicherungsnehmer eigene Wahrnehmungen bezüglich des behaupteten äußeren Bildes bzw. des „Teilaktes“ – hier das Nichtwiederauffinden gegen den Willen – gemacht hat. Dies ist hier nicht der Fall. Der Kläger könnte im Rahmen seiner persönlichen Anhörung keine Wahrnehmungen wiedergeben, welche er selbst und unmittelbar gemacht hat. Er war unstreitig nicht dabei, als Herr S das Motorrad nicht wieder aufgefunden haben will. Auf seine persönliche Glaubwürdigkeit und Redlichkeit kommt es, wie bereits ausgeführt, nicht an. Vielmehr bleiben bei Gesamtwürdigung aller Umstände Zweifel „an dem äußeren Bild“.

Der Kläger wird auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) hingewiesen.

Auf diesen Hinweisbeschluss wurde die Berufung ohne weitere Begründung durch Beschluss vom 14.01.2020 zurückgewiesen.

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