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Kfz-Haftpflichtversicherung – Regressanspruch bei Unfallflucht des Versicherungsnehmers

Fahrerflucht ohne böse Absicht? Gericht weist Regressforderung der Versicherung zurück! Ein Autofahrer, der nach einem Parkrempler flüchtete, muss nicht fürchten, den Versicherungsschutz zu verlieren. Das Amtsgericht Oldenburg entschied, dass nicht jede Unfallflucht automatisch als arglistige Täuschung gewertet werden kann. Auch nach einer Fahrerflucht besteht die Chance, durch Kooperation mit der Versicherung einen Regress abzuwenden.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Gericht hat die Klage der Klägerin abgewiesen.
  • Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  • Die Parteien stritten um Regressansprüche aus einem Versicherungsverhältnis nach einem Verkehrsunfall.
  • Der Beklagte hatte die Unfallstelle verlassen, ohne den Schaden zu melden, was eine Verletzung der Versicherungsbedingungen darstellt.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Verletzung der Anzeige- und Aufklärungspflichten durch den Beklagten keinen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalls und die Leistungspflicht der Versicherung hatte.
  • Die Klägerin konnte nicht beweisen, dass die Pflichtverletzung des Beklagten zu einem Nachteil für ihre Feststellungen führte.
  • Der Beklagte handelte nicht arglistig, sondern aus einer Kurzschlussreaktion heraus, was das Gericht überzeugte.
  • Die Versicherungsbedingungen sahen vor, dass der Versicherungsschutz bestehen bleibt, wenn die Pflichtverletzung nicht ursächlich für die Feststellung des Versicherungsfalles ist.
  • Die Beweislast lag bei der Versicherung, nachzuweisen, dass die Pflichtverletzung zu Feststellungsnachteilen geführt hat.
  • Da die Versicherung diesen Nachweis nicht erbringen konnte, bleibt die Einstandspflicht der Versicherung bestehen.

Kfz-Versicherung: Regressanspruch der Versicherer bei Unfallflucht

Wer mit einem Auto fährt, der muss sich auch mit dem Thema der Kfz-Haftpflichtversicherung auseinandersetzen. Diese Versicherung schützt den Versicherungsnehmer im Falle eines Unfalls vor finanziellen Risiken, die durch Schäden, die er anderen zufügt, entstehen können. Doch was passiert, wenn der Versicherungsnehmer selbst flüchtet und so einen Unfall verursacht? In diesem Fall greift die Versicherung zwar grundsätzlich den Geschädigten. Die Versicherung kann aber im Gegenzug einen sogenannten Regressanspruch gegen den Versicherungsnehmer geltend machen, um den entstandenen Schaden wieder zu erlangen.

Dieser Regressanspruch zielt darauf ab, die Versicherung vor finanziellen Einbußen zu schützen, wenn ihr Versicherungsnehmer sich unredlich verhält. Ein Regressanspruch kann beispielsweise entstehen, wenn der Versicherungsnehmer bewusst flüchtet, um die Folgen des Unfalles zu verschleiern oder um sich vor Ermittlungen zu schützen. Doch wie genau die rechtlichen Voraussetzungen für einen Regressanspruch im Falle von Unfallflucht aussehen und welche Möglichkeiten der Versicherungsnehmer hat, um den Anspruch abzuwenden, ist im Detail oft komplex und hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab.

Im Folgenden soll ein konkretes Gerichtsurteil vorgestellt werden, das sich mit dem Regressanspruch einer Versicherung gegen ihren Versicherungsnehmer auseinandersetzt.

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Der Fall vor Gericht


Unfallflucht führt nicht automatisch zum Regress der Kfz-Versicherung

Das Amtsgericht Oldenburg hat in einem bemerkenswerten Urteil entschieden, dass eine Unfallflucht nicht zwangsläufig zu einem Regressanspruch der Kfz-Haftpflichtversicherung führt. Der Fall zeigt, dass die rechtliche Bewertung einer Unfallflucht im Versicherungsrecht differenziert erfolgen muss.

Sachverhalt: Unfall mit Fahrerflucht und nachträglicher Aufklärung

Ein Autofahrer verursachte einen Parkrempler und entfernte sich anschließend unerlaubt vom Unfallort. Der Schaden am geparkten Fahrzeug stellte sich später als deutlich höher heraus als vom Unfallverursacher zunächst angenommen. Obwohl der Fahrer zunächst flüchtete, wurde er noch am selben Tag von der Polizei ermittelt. Er räumte den Unfall sofort ein und kooperierte bei der weiteren Aufklärung.

Die Versicherung regulierte den Schaden in Höhe von rund 5.200 Euro, forderte aber vom Fahrer einen Regress in Höhe von 2.500 Euro. Sie argumentierte, durch die Unfallflucht seien ihre Feststellungsmöglichkeiten beeinträchtigt worden.

Gericht verneint Regressanspruch der Versicherung

Das Amtsgericht Oldenburg wies die Regressforderung der Versicherung vollständig ab. In seiner Begründung betonte das Gericht, dass nicht jede Unfallflucht automatisch als arglistige Obliegenheitsverletzung gewertet werden könne. Vielmehr müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob der Versicherte gezielt gegen die Interessen der Versicherung gehandelt habe.

Im vorliegenden Fall sah das Gericht keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine solche Arglist:

  • Der Fahrer hatte den Unfall aus einer Überforderungssituation heraus zunächst nicht gemeldet, später aber umfassend bei der Aufklärung kooperiert.
  • Es gab keine Hinweise darauf, dass der Fahrer bewusst die Schadensregulierung behindern wollte.
  • Die Versicherung konnte nicht konkret darlegen, welche Feststellungen ihr durch die kurzzeitige Unfallflucht tatsächlich unmöglich gemacht wurden.

Bedeutung für Autofahrer: Kooperation kann Regress verhindern

Das Urteil verdeutlicht, dass eine Unfallflucht zwar eine Obliegenheitsverletzung darstellt, aber nicht zwangsläufig zum Verlust des Versicherungsschutzes führt. Entscheidend ist das Verhalten des Versicherten nach der Tat:

  • Wer sich nachträglich stellt und bei der Aufklärung kooperiert, hat gute Chancen, einen Regress abzuwenden.
  • Die Versicherung muss konkret darlegen, welche Nachteile ihr durch die Unfallflucht entstanden sind.
  • Eine kurzzeitige „Panikreaktion“ wird vom Gericht milder beurteilt als eine gezielte Verschleierungsabsicht.

Rechtliche Einordnung: Differenzierte Betrachtung notwendig

Das Amtsgericht Oldenburg folgt mit seinem Urteil der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Demnach muss bei Obliegenheitsverletzungen nach Eintritt des Versicherungsfalls zwischen vorsätzlichem und arglistigem Handeln unterschieden werden:

  • Nur bei Arglist entfällt die Möglichkeit des Versicherten, sich durch einen Kausalitätsgegenbeweis zu entlasten.
  • Eine pauschale Gleichsetzung von Unfallflucht mit Arglist widerspräche dem Willen des Gesetzgebers.

Das Gericht betont, dass für die Annahme von Arglist konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen, die über die bloße Tatbestandserfüllung der Unfallflucht hinausgehen. Dies war hier nicht der Fall.

Fazit: Chancen für Versicherte bei nachträglicher Kooperation

Das Urteil stärkt die Position von Versicherten, die nach einer Unfallflucht zur Aufklärung beitragen. Es zeigt, dass Gerichte die Umstände des Einzelfalls genau prüfen und eine Panikreaktion nicht automatisch als arglistiges Verhalten werten. Für Autofahrer bedeutet dies: Wer nach einer Unfallflucht umgehend seinen Fehler eingesteht und kooperiert, hat gute Chancen, einen Versicherungsregress abzuwenden.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil des AG Oldenburg verdeutlicht, dass eine Unfallflucht nicht automatisch als arglistige Obliegenheitsverletzung zu werten ist, die einen Regressanspruch der Versicherung rechtfertigt. Entscheidend ist eine differenzierte Einzelfallprüfung, bei der insbesondere das nachträgliche Verhalten des Versicherten berücksichtigt wird. Kooperiert der Unfallverursacher bei der Aufklärung, können Regressforderungen abgewendet werden. Dies stärkt die Position von Versicherten und betont die Notwendigkeit einer genauen Prüfung der Umstände in jedem Einzelfall.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Autofahrer sollten Sie dieses Urteil als Ermutigung sehen, nach einer Unfallflucht aktiv an der Aufklärung mitzuwirken. Auch wenn Sie in einer Paniksituation den Unfallort verlassen haben, können Sie durch umgehende Kooperation mit Polizei und Versicherung einen Regressanspruch möglicherweise abwenden. Das Gericht prüft jeden Fall individuell und berücksichtigt Ihr Verhalten nach dem Vorfall. Entscheidend ist, dass Sie keine Absicht hatten, die Interessen der Versicherung zu schädigen. Melden Sie den Unfall daher so schnell wie möglich, schildern Sie den Hergang wahrheitsgemäß und stellen Sie sich allen erforderlichen Untersuchungen. So verbessern Sie Ihre rechtliche Position erheblich.


FAQ – Häufige Fragen

Sie sind in einen Unfall verwickelt und der Verursacher ist geflüchtet? Dann stellt sich die Frage: Regress der Kfz-Haftpflichtversicherung bei Unfallflucht? In dieser FAQ-Rubrik finden Sie Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen zu diesem Thema.


Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei einer Unfallflucht für den Versicherungsschutz?

Bei einer Unfallflucht drohen dem Versicherungsnehmer erhebliche rechtliche Konsequenzen für seinen Versicherungsschutz. Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist grundsätzlich verpflichtet, zunächst für den entstandenen Schaden aufzukommen. Allerdings hat sie anschließend das Recht, vom Unfallverursacher einen Teil der gezahlten Summe zurückzufordern. Dieser Regressanspruch ist in der Regel auf maximal 5.000 Euro begrenzt. Bei Alkoholeinfluss kann sich die Summe sogar auf bis zu 10.000 Euro erhöhen.

Neben dem finanziellen Aspekt kann eine Unfallflucht auch zum Verlust des Versicherungsschutzes führen. Die Versicherung hat nach Abwicklung des Schadensfalls das Recht, den Versicherungsvertrag außerordentlich zu kündigen. Dies kann für den Versicherungsnehmer weitreichende Folgen haben, da er möglicherweise Schwierigkeiten haben wird, eine neue Versicherung zu finden oder nur zu deutlich schlechteren Konditionen versichert wird.

Besonders gravierend sind die Auswirkungen auf den Kaskoversicherungsschutz. Die Vollkaskoversicherung ist nicht verpflichtet, Schäden am eigenen Fahrzeug des Unfallverursachers zu übernehmen, wenn dieser Fahrerflucht begangen hat. Der Verursacher muss in diesem Fall die Kosten für die Reparatur seines eigenen Fahrzeugs vollständig selbst tragen.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Konsequenzen auch dann eintreten können, wenn das Strafverfahren wegen Unfallflucht eingestellt wird. Selbst wenn das Gericht das Verfahren nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage einstellt, kann die Versicherung trotzdem Regress nehmen. Die strafrechtliche Einstellung bedeutet nicht automatisch, dass die Versicherung auf ihre Ansprüche verzichtet.

Um den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten, ist es nach einem Unfall zwingend erforderlich, am Unfallort zu bleiben und die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Dazu gehört, auf den Besitzer des beschädigten Fahrzeugs zu warten oder, falls dieser nicht erscheint, die Polizei zu informieren. Ein einfacher Zettel mit Kontaktdaten am beschädigten Fahrzeug reicht nicht aus und kann ebenfalls als Unfallflucht gewertet werden.

Sollte es trotz allem zu einer Unfallflucht gekommen sein, kann eine umgehende Selbstanzeige die negativen Folgen möglicherweise abmildern. Je schneller der Unfallverursacher sich bei der Polizei meldet, desto eher besteht die Chance, dass die Versicherung von einem Regress absieht oder diesen zumindest reduziert.

Die rechtlichen Konsequenzen einer Unfallflucht für den Versicherungsschutz sind also vielfältig und können erhebliche finanzielle Belastungen nach sich ziehen. Sie reichen von Regressforderungen über den Verlust des Kaskoschutzes bis hin zur Kündigung des Versicherungsvertrags. Es ist daher im Interesse jedes Verkehrsteilnehmers, nach einem Unfall die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und am Unfallort zu bleiben, um seinen Versicherungsschutz nicht zu gefährden.

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Welche Pflichten hat der Versicherungsnehmer nach einem Unfall, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden?

Nach einem Verkehrsunfall hat der Versicherungsnehmer gegenüber seiner Kfz-Haftpflichtversicherung bestimmte Pflichten zu erfüllen, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Eine zentrale Verpflichtung stellt die unverzügliche Anzeige des Unfalls bei der Versicherung dar. Diese Anzeigepflicht besteht unabhängig davon, ob sich der Versicherungsnehmer für den Unfallverursacher hält oder nicht. Selbst wenn Polizeibeamte am Unfallort eine andere Einschätzung vertreten, entbindet dies nicht von der Meldepflicht.

Der Versicherungsnehmer muss seiner Versicherung alle relevanten Informationen zum Unfallhergang, den beteiligten Personen und Fahrzeugen sowie den entstandenen Schäden mitteilen. Hierzu gehören insbesondere Ort, Datum und Uhrzeit des Unfalls, die Kfz-Kennzeichen der beteiligten Fahrzeuge, Kontaktdaten aller Unfallbeteiligten sowie eine detaillierte Beschreibung des Unfallablaufs.

Eine Ausnahme von der Anzeigepflicht gilt lediglich für Kleinschäden bis zu einem Wert von 500 Euro. In diesen Fällen darf der Versicherungsnehmer zunächst versuchen, den Schaden selbst zu regulieren. Gelingt dies nicht, besteht jedoch eine nachträgliche Anzeigepflicht.

Neben der Anzeigepflicht trifft den Versicherungsnehmer auch eine Aufklärungspflicht. Er muss aktiv an der Aufklärung des Schadensfalls mitwirken und alle Informationen bereitstellen, die zur Klärung des Unfallhergangs beitragen können. Dazu gehört auch die Anfertigung einer Unfallskizze oder das Erstellen von Fotos vom Unfallort und den Schäden.

Eine weitere wichtige Pflicht des Versicherungsnehmers ist die Schadenminderungspflicht. Er muss alles Zumutbare unternehmen, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Dies kann beispielsweise bedeuten, das beschädigte Fahrzeug vor weiteren Schäden zu schützen oder unnötige Reparaturkosten zu vermeiden.

Bei einem Personenschaden ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, unverzüglich einen Arzt hinzuzuziehen und für eine angemessene Heilbehandlung zu sorgen. Zudem muss er die Versicherung über den Heilungsverlauf auf dem Laufenden halten.

Besonders schwerwiegend kann eine Verletzung der Aufklärungspflicht sein, wenn der Versicherungsnehmer Unfallflucht begeht. Dies kann nicht nur strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sondern auch zu einem Regressanspruch der Versicherung führen. Die Versicherung kann in solchen Fällen die an den Geschädigten geleisteten Zahlungen vom Versicherungsnehmer zurückfordern.

Die Einhaltung dieser Pflichten ist für den Versicherungsnehmer von großer Bedeutung. Eine Verletzung kann zum teilweisen oder vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes führen. Die Versicherung kann bei Obliegenheitsverletzungen ihre Leistungen kürzen oder im Extremfall ganz verweigern.

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Kann eine nachträgliche Kooperation nach einer Unfallflucht den Regressanspruch der Versicherung verhindern?

Eine nachträgliche Kooperation nach einer Unfallflucht kann den Regressanspruch der Versicherung unter bestimmten Umständen verhindern oder zumindest mindern. Die rechtliche Bewertung hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab.

Grundsätzlich begeht ein Versicherungsnehmer durch eine Unfallflucht eine Obliegenheitsverletzung gegenüber seiner Kfz-Haftpflichtversicherung. Diese Pflichtverletzung kann zu Regressansprüchen der Versicherung führen. Der Versicherer kann dann die Erstattung der von ihm geleisteten Schadensersatzzahlungen vom Versicherungsnehmer fordern.

Eine zeitnahe und umfassende Kooperation nach der Unfallflucht kann jedoch die negativen Folgen abmildern. Entscheidend ist hierbei, dass der Versicherungsnehmer schnellstmöglich aktiv wird und alle relevanten Informationen offenlegt. Je früher die Kooperation erfolgt, desto größer sind die Chancen, den Regressanspruch abzuwenden.

Von besonderer Bedeutung ist die Frage der Kausalität zwischen der Obliegenheitsverletzung und dem entstandenen Schaden. Kann der Versicherungsnehmer nachweisen, dass die Unfallflucht keinen Einfluss auf die Schadensregulierung hatte, kann dies den Regressanspruch verhindern. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn trotz der kurzzeitigen Abwesenheit vom Unfallort alle wesentlichen Unfalldetails durch Zeugen oder Polizei festgestellt werden konnten.

Die Motivation für die nachträgliche Kooperation spielt ebenfalls eine Rolle. Ein freiwilliges Eingeständnis und die proaktive Kontaktaufnahme mit der Versicherung werden positiver bewertet als eine Kooperation, die erst nach Aufforderung oder unter Druck erfolgt. Zeigt der Versicherungsnehmer echte Reue und bemüht sich aktiv um Schadensbegrenzung, kann dies die Versicherung möglicherweise zu einer milderen Beurteilung bewegen.

Die Höhe des verursachten Schadens beeinflusst ebenfalls die Erfolgsaussichten einer nachträglichen Kooperation. Bei geringfügigen Schäden, insbesondere wenn diese unter der Bagatellgrenze von etwa 50 Euro liegen, kann eine umgehende Meldung und Kooperation den Regressanspruch oft vollständig abwenden. Bei schwerwiegenderen Unfällen mit hohen Schadenssummen ist eine vollständige Vermeidung des Regresses schwieriger, aber eine Minderung bleibt möglich.

Es ist zu beachten, dass die gesetzliche Höchstgrenze für den Regress bei Unfallflucht in der Regel bei 2.500 Euro liegt. Eine nachträgliche Kooperation kann dazu beitragen, dass die Versicherung nicht den vollen Betrag, sondern nur einen Teil davon geltend macht.

Für die rechtliche Bewertung ist auch relevant, ob neben der zivilrechtlichen Obliegenheitsverletzung eine strafrechtlich relevante Unfallflucht nach § 142 StGB vorliegt. Eine nachträgliche Kooperation kann zwar den Regressanspruch der Versicherung beeinflussen, entbindet den Unfallverursacher aber nicht automatisch von strafrechtlichen Konsequenzen.

In der Praxis empfiehlt es sich für Unfallbeteiligte, die den Unfallort verlassen haben, umgehend rechtlichen Rat einzuholen. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann die individuelle Situation bewerten und die besten Handlungsoptionen aufzeigen. Durch professionelle Unterstützung lässt sich oft eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung finden, die sowohl die Interessen des Unfallverursachers als auch die der Versicherung berücksichtigt.

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Welche Rolle spielt Arglist bei der Beurteilung eines Regressanspruchs der Kfz-Versicherung?

Arglist spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung eines Regressanspruchs der Kfz-Versicherung. Sie stellt einen schwerwiegenden Vorwurf dar, der weitreichende Konsequenzen für den Versicherungsnehmer haben kann.

Bei der Prüfung eines Regressanspruchs untersucht die Versicherung, ob der Versicherungsnehmer eine Obliegenheitsverletzung begangen hat. Eine solche Verletzung liegt vor, wenn der Versicherte gegen vertragliche Pflichten verstößt, beispielsweise indem er sich unerlaubt vom Unfallort entfernt. Wird eine Obliegenheitsverletzung festgestellt, kann die Versicherung unter bestimmten Umständen Regress nehmen, also die an den Geschädigten gezahlte Summe vom Versicherungsnehmer zurückfordern.

Arglist stellt dabei eine besonders schwere Form der Obliegenheitsverletzung dar. Sie liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt, um diesen zu täuschen oder zu schädigen. Ein arglistiges Verhalten setzt voraus, dass der Versicherte mit direktem Vorsatz handelt und einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt.

Für die Annahme von Arglist genügt es nicht, dass der Versicherungsnehmer lediglich eine vorsätzlich falsche Angabe macht. Vielmehr muss er in der Absicht handeln, das Regulierungsverhalten des Versicherers zu beeinflussen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Versicherter nach einem Unfall bewusst falsche Angaben zum Unfallhergang macht, um seine Schuld zu verschleiern und so eine Leistung der Versicherung zu erwirken.

Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Versicherer. Er muss nachweisen, dass der Versicherungsnehmer vorsätzlich und mit der Absicht gehandelt hat, auf die Entscheidung des Versicherers einzuwirken. Dies kann in der Praxis oft schwierig sein, da die innere Einstellung des Versicherten bewiesen werden muss.

Die rechtlichen Folgen einer arglistigen Obliegenheitsverletzung sind für den Versicherungsnehmer gravierend. Wird Arglist festgestellt, entfällt das sogenannte Kausalitätserfordernis. Das bedeutet, die Versicherung muss nicht nachweisen, dass die Obliegenheitsverletzung ursächlich für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls war. Der Versicherer kann in diesem Fall den vollen Regressanspruch geltend machen, ohne dass dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit eines Gegenbeweises zusteht.

Ein Beispiel verdeutlicht die Bedeutung von Arglist: Ein Autofahrer verursacht einen Unfall und entfernt sich vom Unfallort, ohne seine Personalien zu hinterlassen. Später behauptet er gegenüber der Versicherung, den Unfall nicht bemerkt zu haben. Kann die Versicherung nachweisen, dass der Fahrer den Unfall sehr wohl bemerkt und sich bewusst entfernt hat, um eine Schadensregulierung zu seinen Lasten zu verhindern, liegt Arglist vor. In diesem Fall könnte die Versicherung den vollen Regressanspruch geltend machen.

Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jedes unerlaubte Entfernen vom Unfallort automatisch als Arglist gewertet wird. Die Gerichte berücksichtigen die Umstände des Einzelfalls. So kann beispielsweise ein kurzzeitiges Verlassen des Unfallorts, um Hilfe zu holen, anders bewertet werden als ein dauerhaftes Untertauchen.

Für Versicherungsnehmer ist es ratsam, im Schadensfall stets wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu machen. Selbst wenn ein Fehler begangen wurde, ist es in der Regel besser, diesen einzugestehen, als durch Täuschungsversuche den Vorwurf der Arglist zu riskieren. Im Zweifelsfall sollte rechtlicher Rat eingeholt werden, um die eigenen Rechte zu wahren und angemessen auf Forderungen der Versicherung reagieren zu können.

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Was muss die Versicherung nachweisen, um einen Regressanspruch erfolgreich durchzusetzen?

Um einen Regressanspruch erfolgreich durchzusetzen, muss die Versicherung mehrere Aspekte nachweisen. Zunächst ist es erforderlich, dass die Versicherung eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers belegt. Dies kann beispielsweise das unerlaubte Entfernen vom Unfallort oder das Fahren unter Alkoholeinfluss sein. Die bloße Behauptung einer solchen Pflichtverletzung reicht jedoch nicht aus.

Die Versicherung muss darüber hinaus darlegen, dass die Obliegenheitsverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen wurde. Bei einfacher Fahrlässigkeit besteht in der Regel kein Regressanspruch. Der Nachweis des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit obliegt der Versicherung und kann sich in der Praxis als schwierig erweisen.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist der Kausalitätsnachweis. Die Versicherung muss beweisen, dass die Obliegenheitsverletzung ursächlich für den eingetretenen Schaden oder dessen Umfang war. Fehlt dieser Zusammenhang, kann die Versicherung keinen Regress geltend machen.

Die Versicherung muss zudem nachweisen, dass ihr durch die Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers ein konkreter Nachteil entstanden ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Versicherung aufgrund fehlender oder falscher Informationen den Schaden nicht ordnungsgemäß regulieren konnte oder unnötige Kosten entstanden sind.

Bei einer Unfallflucht könnte ein solcher Nachteil darin bestehen, dass die Versicherung den Unfallhergang nicht zeitnah untersuchen und dokumentieren konnte. Dies erschwert möglicherweise die Schadensregulierung oder führt zu höheren Kosten. Die Versicherung muss in einem solchen Fall konkret darlegen, welche Nachteile ihr durch das Verhalten des Versicherungsnehmers entstanden sind.

Es reicht nicht aus, dass die Versicherung lediglich behauptet, ein Nachteil sei eingetreten. Sie muss vielmehr detailliert und nachvollziehbar darlegen, worin der Nachteil besteht und wie er sich auf die Schadensregulierung oder die Kosten ausgewirkt hat. Pauschale Behauptungen genügen nicht, um einen Regressanspruch zu begründen.

Die Beweislast für all diese Punkte liegt bei der Versicherung. Sie muss jeden einzelnen Aspekt schlüssig und überzeugend nachweisen, um einen Regressanspruch erfolgreich durchzusetzen. Gelingt ihr dies nicht, bleibt der Versicherungsschutz bestehen und der Versicherungsnehmer muss keine Rückzahlung leisten.

Für den Versicherungsnehmer bedeutet dies, dass er im Falle eines Regressanspruchs genau prüfen sollte, ob die Versicherung alle notwendigen Nachweise erbracht hat. Bestehen Zweifel an der Schlüssigkeit oder Vollständigkeit der Nachweise, kann es ratsam sein, rechtlichen Beistand hinzuzuziehen, um die Berechtigung des Regressanspruchs überprüfen zu lassen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Regressanspruch: Ein Regressanspruch ist das Recht einer Versicherung, die von ihr geleisteten Schadenszahlungen vom Versicherungsnehmer zurückzufordern. Dies kann passieren, wenn der Versicherungsnehmer seine vertraglichen Pflichten grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt hat. Ein Beispiel ist die Unfallflucht, bei der der Versicherungsnehmer den Unfallort verlässt, ohne den Schaden zu melden.
  • Obliegenheitsverletzung: Obliegenheiten sind bestimmte Pflichten, die der Versicherungsnehmer gegenüber der Versicherung hat. Eine Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer diese Pflichten verletzt, z.B. indem er einen Unfall nicht meldet oder sich unerlaubt vom Unfallort entfernt. Solche Verstöße können dazu führen, dass die Versicherung ihre Leistungen kürzt oder ganz verweigert.
  • Arglist: Arglist bedeutet, dass jemand bewusst und in betrügerischer Absicht falsche Angaben macht oder wichtige Informationen verschweigt, um einen Vorteil zu erlangen. Im Kontext der Kfz-Haftpflichtversicherung bedeutet dies, dass der Versicherungsnehmer absichtlich die Aufklärung des Schadensfalls behindert, um eine Schadensregulierung zu erschweren oder zu verhindern.
  • Kausalitätsgegenbeweis: Dies ist der Nachweis des Versicherungsnehmers, dass eine Pflichtverletzung keinen Einfluss auf den Versicherungsfall oder die Leistungspflicht der Versicherung hatte. Der Versicherungsnehmer muss zeigen, dass auch ohne die Pflichtverletzung der gleiche Schaden entstanden wäre und die Versicherung keine Nachteile erlitten hat.
  • Überforderungssituation: Eine Überforderungssituation liegt vor, wenn jemand aufgrund eines plötzlichen Ereignisses nicht rational handeln kann, weil er emotional oder mental überfordert ist. In einem solchen Zustand kann es zu Kurzschlussreaktionen wie der Unfallflucht kommen, ohne dass eine arglistige Absicht dahintersteht.
  • Versicherungsschutz: Der Versicherungsschutz ist die vertragliche Leistung der Versicherung, im Schadensfall für die finanziellen Folgen einzustehen. Er kann durch Obliegenheitsverletzungen, wie z.B. eine Unfallflucht, gefährdet werden. Entscheidend ist dabei, ob die Pflichtverletzung den Schadenfall oder die Feststellung der Leistungspflicht der Versicherung beeinträchtigt hat.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort): Dieser Paragraph stellt das unerlaubte Entfernen vom Unfallort unter Strafe. Es geht darum, dass ein Unfallbeteiligter die Pflicht hat, am Unfallort zu bleiben und bei der Aufklärung des Unfalls mitzuwirken. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob das Entfernen vom Unfallort den Tatbestand der Unfallflucht erfüllt und ob dies Auswirkungen auf den Versicherungsschutz hat.
  • § 117 VVG (Versicherungspflichtverletzung): Dieser Paragraph regelt die Folgen einer Pflichtverletzung durch den Versicherungsnehmer. Er besagt, dass der Versicherer unter bestimmten Umständen von der Leistung frei werden kann, wenn der Versicherungsnehmer seine Pflichten verletzt. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Unfallflucht als Pflichtverletzung angesehen wird und ob dies den Regressanspruch der Versicherung rechtfertigt.
  • § 81 VVG (Arglist): Dieser Paragraph definiert den Begriff der Arglist im Versicherungsrecht. Arglist bedeutet, dass der Versicherungsnehmer bewusst falsche Angaben macht oder wichtige Informationen verschweigt, um den Versicherer zu täuschen. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob das Verhalten des Fahrers nach dem Unfall als arglistig gewertet werden kann und ob dies den Regressanspruch der Versicherung begründet.
  • § 28 VVG (Obliegenheiten): Dieser Paragraph regelt die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers, also seine Pflichten gegenüber dem Versicherer. Dazu gehört auch die Pflicht, einen Schaden unverzüglich zu melden und bei der Aufklärung mitzuwirken. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Unfallflucht eine Verletzung dieser Obliegenheiten darstellt und welche Auswirkungen dies auf den Versicherungsschutz hat.
  • § 17 StVG (Haftung des Halters): Dieser Paragraph regelt die Haftung des Fahrzeughalters für Schäden, die durch den Betrieb seines Fahrzeugs verursacht werden. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Fahrzeughalter für den Schaden haftet, auch wenn er nicht selbst gefahren ist, und ob dies Auswirkungen auf den Regressanspruch der Versicherung hat.

Das vorliegende Urteil

AG Oldenburg – Az.: 6 C 6098/21 (V) – Urteil vom 22.11.2021

Lesen Sie hier das Urteil…

 

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Regressansprüche aus einem Versicherungsverhältnis.

Im Jahr 2019 unterhielt die Halterin des in Rede stehenden Fahrzeugs Citroen, amtliches Kennzeichen […] bei der Klägerin eine Kfz-Haftpflichtversicherung. In den dem Versicherungsverhältnis zugrundeliegenden AKB, Stand 07/2019, ist unter anderem geregelt:

„E.1 […] Anzeigepflicht

E.1.1 Sie sind verpflichtet, uns jedes Schadensereignis, das zu einer Leistung durch uns führen kann, innerhalb einer Woche anzuzeigen.

[…]

E. 1.3 Sie müssen alles tun, was zur Aufklärung des Versicherungsfalls und des Umfangs unserer Leistungspflicht erforderlich ist. Sie müssen dabei insbesondere folgende Pflichten beachten:

– Sie dürfen den Unfallort nicht verlassen, ohne die gesetzlich erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen und dabei vorgeschrieben Wartezeiten zu beachten (Unfallflucht).

[…]

– Sie müssen uns Untersuchungen zu den Umständen des Schadensereignisses und zu unserer Leistungspflicht ermöglichen, soweit es Ihnen zumutbar ist.“

„E.7 […] Leistungsfreiheit bzw. Leistungskürzung:

E.7.1 Verletzen Sie vorsätzlich eine Ihrer in E. 1 bis E. 6 geregelten Pflichten, haben Sie keinen Versicherungsschutz. Verletzen Sie Ihre Pflichten grob fahrlässig, sind wir berechtigt, unsere Leistung in einem der Schwere Ihres Verschuldens entsprechendem Verhältnis zu kürzen. Weisen Sie nach, dass Sie die Pflicht nicht grob fahrlässig verletzt haben, bleibt der Versicherungsschutz bestehen.

E.7.2 Abweichend von E. 7.1 sind wir zur Leistung verpflichtet, soweit Sie nachweisen, dass die Pflichtverletzung weder für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang unserer Leistungspflicht ursächlich war. Dies gilt nicht, wenn Sie die Pflicht arglistig verletzen.

E.7.3 In der Kfz-Haftpflichtversicherung ist die sich aus E.7.1 ergebende Leistungspflicht bzw. Leistungskürzung Ihnen und den mitversicherten Personen gegenüber auf den Betrag von höchstens je EUR 2.500,- beschränkt.“

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Versicherungsbedingungen wird Bezug genommen auf Anlage K 12 (Bl. 47 d.A.). Die Einbeziehung mitversicherter Personen ist dabei unter Abschnitt F der AKB geregelt, auf die ebenfalls Bezug genommen wird.

Am 26.08.2019 stieß der Beklagte gegen 15.15 Uhr auf der … in … mit oben genanntem Fahrzeug Citroen aus Unachtsamkeit gegen den ordnungsgemäß parkenden Pkw Peugeot des Geschädigten …. Der Beklagte bemerkte den Zusammenstoß, begutachtete nach dem Unfall die Fahrzeuge und kam zu dem Schluss, dass nur ein geringwertiger Schaden von wenigen Hundert Euro entstanden sei, und verließ die Unfallstelle. Ein unbekannt gebliebener Zeuge berichtete dem zu seinem Pkw zurückkehrenden Geschädigten davon, den Unfall beobachtet zu haben, und nannte ihm den Fahrzeugtyp und Teile des amtlichen Kennzeichens des vom Beklagten geführten Fahrzeugs. Ohne dass es unterwegs zu einem weiteren Schadensereignis kam, fuhr der Geschädigte daraufhin zur Polizeistation …, wo er um 17.00 Uhr den Unfall anzeigte.

Um 17.20 Uhr traf die Polizei den Beklagten am Wohnort der Halterin des Citroen an. Bereits bei der ersten Befragung gab der Beklagte an, der Unfallfahrer gewesen und gegen den hinter ihm parkenden Wagen gefahren zu sein. Die Polizeibeamten nahmen die Schäden am Pkw Citroen auf und bezifferten den am Pkw des Geschädigten entstandenen Schaden auf 300,00 €. Ein Test des Beklagten auf Beeinflussung durch Alkohol oder Betäubungsmittel verlief negativ.

Tatsächlich entstanden dem Geschädigten für die Reparatur des unfallbedingten Schadens Reparaturkosten i.H.v. 3.834,42 €. Die Klägerin regulierte diese Reparaturkosten und zudem Sachverständigenkosten i.H.v. 580,13 EUR, Mietwagenkosten i.H.v. 228,57 EUR, eine Wertminderung i.H.v. 100,00 €, die allgemeine Auslagenpauschale i.H.v. 25,00 € sowie Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 492,54 €, ohne Beanstandungen zur Höhe des Schadens geltend zu machen.

In dem gegen den Beklagten eingeleiteten Ermittlungsverfahren räumte der Beklagte am 02.09.2019 den Tatvorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort umgehend ein und ließ Akteneinsicht zwecks umgehender Ermöglichung der Schadensregulierung beantragen.

Die Klägerin meint, von der Leistungspflicht befreit zu sein. Der Beklagte habe den Schadensfall trotz Kenntnis zu keinem Zeitpunkt angezeigt oder aufgeklärt. Zumindest habe bis zum 16.09.2019 keine Schadensanzeige vorgelegen. Die Versicherung habe keine Feststellungen bezüglich der Rekonstruktion des Unfallhergangs, der Fahrtüchtigkeit des Fahrzeugführers und der Leistungspflicht, die auch die Frage der Durchführung eines Regresses beinhaltet, tätigen können. Ihr Feststellungsinteresse sei insbesondere gegeben, da der Beklagte zum Unfallzeitpunkt von einem geringen Fahrzeugschaden von wenigen hundert Euro ausgegangen sei, was zu einem starken Missverhältnis zu dem tatsächlich entstandenen Schaden von knapp 4.000,- Euro an Reparaturkosten stehe. Die Erklärungsbedürftigkeit dieser Divergenz wäre vermeidbar gewesen, wenn unmittelbar Feststellungen am Unfallort hätten getätigt werden können.

Ferner behauptet die Klägerin, der Beklagte hätte arglistig gehandelt. Sie meint, dass bei einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB stets von Arglist auszugehen sei. Durch das unerkannte Verlassen der Unfallstelle werde eine Fahrerfeststellung wie auch Feststellungen zu den Unfallfahrzeugen und dem eingetretenen Schaden wesentlich erschwert. Dies zeige, dass der Beklagte habe unentdeckt bleiben und für den Unfall nicht habe aufkommen wollen. Sie meint, dies setze mindestens im Sinne eines begleitenden Bewusstseins Gedanken über die Auswirkungen seines Verhaltens auf die Eintrittspflicht des Haftpflichtversicherers voraus. Eine geordnete Schadensregulierung wäre bei unerkannter Flucht nicht möglich gewesen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2021 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er meint, dass das Feststellungsinteresse der Klägerin nicht beeinträchtigt gewesen sei. Der Unfallhergang sei unstreitig, die Alleinverantwortlichkeit des Beklagten und die Einstandspflicht der Klägerin stehe bei korrespondierenden Schäden fest. Die Polizeibeamten hätten, wenn sie zum Unfallort gerufen worden wären, keine anderen Feststellungen treffen können. Der tatsächliche Schadensumfang sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen.

Der Beklagte behauptet ferner, auch nicht arglistig gehandelt zu habe. Er habe den Unfallort aus Scham und einer damit verbundenen Kurzschlussreaktion heraus verlassen, da es ihm unangenehm gewesen sein, einen geliehenen Wagen beschädigt zu haben und er nur überlegt habe, wie er den Schaden an dem geliehenen Pkw hätte beseitigen können. Dass er auch das andere Fahrzeug beschädigt habe, sei dabei vollkommen in den Hintergrund getreten. Noch am Abend des Unfalltages habe er die Halterin des Pkw über den Unfall und die entsprechenden Schäden unterrichtet. Diese habe ihm zugesichert, sich um die Schadensanzeige bei der Versicherung zu kümmern.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der Klägerin steht kein Ausgleichsanspruch aus § 116 Abs. 1 S. 2 VVG i.V.m. Abschnitt E.1.3, E.7 AKB zu. Unstreitig ist, dass der Beklagte, der als Fahrer mitversicherte Person und damit in den Versicherungsvertrag mit einbezogen war, seine aus dem Versicherungsvertrag resultierenden Anzeige- und Aufklärungspflichten verletzt hat. Jedoch liegen die Voraussetzungen für eine Leistungsfreiheit der Beklagten nach E. 7.2 i.V.m. Abschnitt F der oben dargestellten AKB bzw. § 28 VVG nicht vor. Denn die Einstandspflicht der Klägerin bleibt bestehen, da die Anzeige- und Aufklärungspflichtverletzungen zur Überzeugung des Gerichts folgenlos für die Feststellung des Versicherungsfalles, für die Feststellung der Leistungspflicht und die Feststellung des Umfangs der Leistungspflicht blieben und es der Klägerin nicht gelungen ist zu beweisen, dass der Beklagte arglistig handelte.

Im Einzelnen:

Der Beklagte hat die ihm aus dem Versicherungsvertrag obliegenden Anzeige- und Aufklärungspflichten verletzt. Denn insbesondere hat er entgegen Ziff. E. 1.3 der Versicherungsbedingungen die Unfallstelle verlassen, ohne die Feststellung seiner Beteiligung am Unfall zu ermöglichen, und durch das Wegfahren mit dem Fahrzeug sofortige Ermittlungen der Klägerin zum Unfallhergang und zu seiner Person am Unfallort – etwa zur Fahrtauglichkeit – unmöglich gemacht.

Das Gericht ist indes davon überzeugt, dass die Anzeige- und Aufklärungspflichtverletzungen folgenlos für versicherungsrelevante Feststellungen im obigen Sinne blieben.

Der Versicherer bleibt dann zur Leistung verpflichtet, wenn dem Versicherungsnehmer der Kausalitätsgegenbeweis gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG bzw. Ziff. E.7.2 Satz 1 AKB gelingt. Der Kausalitätsgegenbeweis ist bei der Verletzung von Anzeige- und Aufklärungspflichten erst dann erbracht, wenn sicher ist, dass dem Versicherer keine Feststellungsnachteile erwachsen sind. Bleibt dies unklar und in der Schwebe, ist der Versicherungsnehmer beweisfällig (OLG Naumburg, Urt. v. 21.06.2012 – 4 U 85/11 Rn. 28 – juris). Gleichzeitig ist aber zu beachten, dass nicht schon eine generelle Gefährdung der Interessen des Versicherers ausreicht. Vielmehr muss das Verhalten des Versicherungsnehmers in der konkreten Situation die konkreten Feststellungsinteressen des Versicherers verletzt haben. Entscheidend ist also, ob der Versicherungsnehmer den Nachweis erbringt, dass die Feststellung im Ergebnis keinesfalls anders (also für den Versicherer günstiger) ausgefallen wäre (OLG Hamm, Beschluss vom 28. Februar 2018 – I-20 U 188/17 Rn. 15, juris). Dies folgt auch im Anschluss an BGH Urt. v. 21.11.2012 – IV ZR 97/11 Rn. 32, juris), der für eine fehlende Kausalität der Obliegenheitsverletzung genügen ließ, dass die hypothetische Beachtung der aus § 142 StGB folgenden Rechtspflichten durch den Versicherungsnehmer dem Versicherer keine zusätzlichen Aufklärungsmöglichkeiten verschafft hätte.

Es ist also vom Versicherungsnehmer ein negativer Beweis zu führen. Er muss zunächst die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten ausräumen, dass dem Versicherer Feststellungsnachteile erwachsen sind. Danach trifft die Versicherung die sekundäre Darlegungslast. Sie muss im Rahmen der sie treffenden Substantiierungslast konkret dartun, welche Maßnahmen sie im Einzelfall bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheit ergriffen und welchen Erfolg sie sich davon versprochen hätte (Reichel in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 28 VVG (Stand: 26.06.2019), Rn. 35; BGH, Urt. v. 04.04.2001 – IV ZR 63/00 Rn. 9, juris). Allgemeine Erwägungen genügen dabei nicht. Diese konkreten Darlegungen hat dann der Versicherungsnehmer wiederum zu widerlegen.

Gemessen an diesen Grundsätzen vermag das Gericht keine Anhaltspunkte für die Beeinträchtigung des Feststellungsinteresses der Klägerin durch die Pflichtverletzungen zu erkennen.

Vorliegend hat der Beklagte aus dem Sachverhalt heraus zutreffend dargelegt, warum das Feststellungsinteresse der Klägerin nicht beeinträchtig war. Der Beklagte besaß eine Fahrerlaubnis und war ausweislich des Polizeiberichtes zum Antreffen des Beklagten „augenscheinlich“ verkehrstüchtig (Bl. 5 d. Strafakte); ein freiwilliger Alkohol- und Drogentest verlief negativ (Bl. 75 d.A.). Ein Mitverschulden Dritter oder des Unfallgegners ist weder dargelegt noch ersichtlich. Auch der Schadensumfang und die Divergenz zwischen der ursprünglichen Schadensschätzung durch den Beklagten und der Schätzung durch den Sachverständigen wurden durch den Vortrag des Beklagten schlüssig dargelegt. Die Schäden korrespondieren. Es handelte sich ausweislich der aktenkundigen Lichtbilder (Bl. 73 d.A.) vorliegend an beiden beteiligten Fahrzeugen um Beschädigungen, die sich als leichte Schrammen beschreiben lassen. Dies kann durchaus dazu führen, dass von einer schnellen und kostengünstigen Schadensbehebung, wie z.B. „Polieren“, ausgegangen wird. Auch die Polizeibeamten, die regelmäßig Schäden an Unfallautos aufnehmen, gingen ebenfalls von einem Schaden von wenigen Hundert Euro aus.

Somit trifft die Klägerin die sekundäre Darlegungslast. Diese erhöht sich, je substantiierter die Darlegung des Beklagten ist. Dieser Darlegungslast ist sie nicht nachgekommen. Sie hat schon keine Anhaltspunkte substantiiert dargelegt, die zu widerlegen die Beklagte gehalten wäre. Sie hat nicht dargelegt, welche Nachteile ihr konkret entstanden sind und welche Maßnahmen sie konkret unternommen hätte, wenn der Beklagte am Unfallort gewartet hätte.

Bezüglich der mangelnden Feststellung der Fahrtüchtigkeit und des Unfallhergangs hat sie Behauptungen ins Blaue hinein getätigt ohne Substantiierung durch konkrete Anhaltspunkte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der Unfall am frühen Nachmittag eines Montags und damit zu einem Zeitpunkt ereignete, in dem ein vorangehender Alkoholgenuss durch den Beklagten einem sozialtypischen Verhalten entgegenliefe. Es gibt auch keine Anhaltspunkte für Umstände, aufgrund derer davon auszugehen sein könnte, dass der Beklagte Alkohol oder Betäubungsmittel vor der Fahrt konsumiert hätte.

Ferner kann sie sich auch nicht auf das Feststellungsinteresse bezüglich des Leistungsumfangs berufen. Ihr Vortrag, die Divergenz zwischen der Schadenseinschätzung durch den Beklagten und den tatsächlichen Schaden sei erklärungsbedürftig, kann insoweit ausgelegt werden, dass die Klägerin meint, es habe aufgrund der Pflichtverletzungen nicht festgestellt werden können, ob der Schaden tatsächlich vollständig von der Beklagten verursacht worden sei.

Zum einen hat die Klägerin keine konkreten Einzelheiten aus dem konkreten Schadensbild vorgetragen, die auch nur die hypothetische Möglichkeit von vorab oder nachfolgend entstandenen Schäden (eine Vielzahl von Schrammen o.ä.) begründen würden. Ein denktheoretisch möglicher Nachschaden an deckungsgleicher Stelle, der in der Zeit zwischen dem Unfallereignis und der Begutachtung durch die Polizei passiert sein könnte, liegt außerhalb jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit und ist somit unbeachtlich (im Anschluss an LG Hamburg, Urteil vom 04. August 2017 – 306 S 77/16 Rn. 11, juris). Außerdem wurde die Divergenz hinreichend schlüssig durch den Beklagten erklärt. Zum anderen verhält sich die Klägerin widersprüchlich. Sie hat die Schäden ohne Beanstandung reguliert. Dies deutet darauf hin, dass die Klägerin selbst den Schadensumfang nicht bezweifelte, da sie nicht – wie bei Zweifelsfällen in der Praxis üblich – den Schadensumfang durch einen Sachverständigen überprüfen ließ. Sie kann aber nicht einerseits gegenüber dem Geschädigten den Schadensumfang anerkennen und dann andererseits gegenüber dem eigentlich in ihrem eigenen Lager stehenden mitversicherten Schädiger den Schadensumfang in Frage stellen. Das ist widersprüchlich.

Demgegenüber hat die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts den ihr obliegenden Beweis führen können, dass der Beklagte die Pflichtverletzung arglistig beging.

Im Hinblick auf den Wegfall der Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises bei Arglist (E.7.3 S. 2 AKB i.V.m. § 28 Abs. 3 S. 2 VVG) stellt sich bei Obliegenheiten, die nach Eintritt des Versicherungsfalles zu beachten sind, die Frage nach der Abgrenzung zwischen einerseits vorsätzlich und andererseits arglistig begangenen Obliegenheitsverletzungen. Nach dem Grundsatzurteil des BGH vom 21.12.2012 handelt der Versicherungsnehmer arglistig, wenn er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und dabei weiß, dass sein Verhalten die Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Urt. v. 21.11.2012 – IV ZR 97/11 Rn. 29, juris.).

Zwar verhält sich das Urteil des BGH konkret lediglich zu einer Unfallflucht i.S.d. § 142 Abs. 2 StGB und nicht zur Unfallflucht gem. § 142 Abs. 1 StGB. Die diesbezüglichen Ausführungen des BGH sind jedoch auf § 142 Abs. 1 StGB zu übertragen, weil eine pauschale Gleichsetzung der Voraussetzungen der vorsätzlichen und der arglistigen Obliegenheitsverletzung sich mit dem Willen des Gesetzgebers nicht vereinbaren ließe. Dieser Wille findet seinen Ausdruck darin, dass der Gesetzgeber bei Arglist die gegenüber vorsätzlichem Handeln weitergehende Rechtsfolge der kausalitätsunabhängigen Leistungsfreiheit gefunden hat (vgl. Koch in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2018, E. Pflichten im Schadensfall, Rn 184). Da es eine fahrlässige Unfallflucht gemäß § 142 StGB nicht gibt, liefe die (höhere) Anforderung der Arglist gemäß § 28 Abs. 3 S. 2 VVG letztlich leer (vgl. LG Bonn 29.10.2013 BeckRS 2013 20577).

Nicht jedes unerlaubte Entfernen vom Unfallort ist daher nach herrschender Rechtsprechung pauschal als arglistig im Sinne der versicherungsrechtlichen Reglungen zur Obliegenheitsverletzung anzusehen, sondern stets für jeden Einzelfall gesondert zu prüfen (vgl. BGH a.a.O.; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 10. Februar 2016 – 5 U 75/14 Rn. 67ff., juris; LG Karlsruhe, Urt. v. 13.04.2017 NJOZ 2018, 712; LG Bonn, Urteil vom 15. November 2012 – 6 S 63/12 Rn. 30, juris; vgl. auch LG Wuppertal, Urteil vom 08. Januar 2015 – 9 S 143/14 Rn. 10, juris, das jedoch pauschal Arglist annimmt, wenn der Versicherungsnehmer als Schädiger erkennt, dass er einen Schaden verursacht hat; LG Saarbrücken 3.11.2014 BeckRS 2016, 11170; LG Duisburg, Urteil vom 15. März 2013 – 7 S 104/12 Rn. 5, juris; AG Dortmund, Urteil vom 30. Januar 2015 – 436 C 5546/13 Rn. 26 juris; AG Köln, Urteil vom 04. Juli 2014 – 269 C 72/13 Rn. 21, juris; AG Hamm, Urteil vom 26. März 2014 – 17 C 305/13 Rn. 11, juris; a.A. LG Bielefeld 18.2.2015 BeckRS 2016 08625, das bei einer Unfallflucht im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB im Regelfall auf eine arglistige Obliegenheitsverletzung schließt; LG Düsseldorf, Urteil vom 29. Januar 2015 – 9 S 27/14 Rn. 18, juris; LG Detmold, Beschluss vom 30. Oktober 2012 – 10 S 143/12 Rn. 4, juris).

Ob der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, kann in aller Regel nur auf der Grundlage von Indizien festgestellt werden, die sich aus dem vorgetragenen Hergang des Unfalls und des nachfolgenden Verhaltens des Versicherungsnehmers bzw. des Fahrers ergeben (Vgl. LG Bonn a.a.O.; LG Offenburg 23.8.2011 BeckRS 2013, 11771 Rn. 9).

Gemessen an diesen Grundsätzen vermag das Gericht selbst bei Würdigung auch des Vortrages aus dem Schriftsatz vom 16.09.2021 keine hinreichenden Anhaltspunkte erkennen, aus denen sich mit der notwendigen Gewissheit schließen ließe, dass die Beklagte mit dem unmittelbaren Entfernen vom Unfallort – über die vorsätzliche Verletzung der Anzeige- und Aufklärungspflichten hinausgehend – auch einen gegen die Versicherung gerichteten Zweck verfolgte und wusste, dass ihr Verhalten möglicherweise die Schadenregulierung beeinflussen könnte.

Der Klägerin gelingt es bereits nicht zur Überzeugung des Gerichts zu beweisen, dass das Handeln des Beklagten gegen die Interessen des Versicherers gerichtet war. Beweismittel legt sie nicht vor. Auch aus den unstreitigen Umständen lässt sich eine solche Motivation des Beklagten nicht ableiten, sie widerspricht vielmehr der einer Unfallflucht typischerweise zugrundeliegende Motivationslage. So stellt die Klägerin im Schriftsatz vom 29.07.2021, dort Seite 2, vorletzter Absatz, insoweit aus Sicht des Gerichts durchaus zutreffend selbst darauf ab, dass ohne die Beobachtung des Unfalls durch einen Zeugen die Geschädigte keine Möglichkeit gehabt hätte, ihren Schaden ersetzt zu verlangen, und schreibt dem Beklagten die Motivation zu, dass er als Verursacher des Schadens habe unentdeckt bleiben wollen. Dies als richtig unterstellt wäre daraus jedoch gerade kein zweckgerichtetes Verhalten gegen die Interessen der Klägerin abzuleiten, da für den Fall, dass der Beklagte sein unterstelltes Ziel erreicht hätte, die Klägerin gar nicht hätte regulieren zu brauchen. Eine anderweitige gegen die Interessen der Klägerin gerichtete Motivation des Beklagten erschließt sich dem Gericht nicht.

Vielmehr spricht das spätere Verhalten des Beklagten gegen ein den Interessen der Klägerin schadende Motivation seines Handelns. Denn er tat nachtäglich alles in seiner Macht stehende für die Feststellung seiner Fahrtüchtigkeit, des Unfallhergangs und des Schadensumfangs.

Das Weiterfahren nach der Kollision mag eher in einem Augenblickversagen begründet sein (vgl. AG Köln a.a.O., das darin auch die Widerlegung der Vermutung der Arglist sah). Der Beklagte befand sich aus seiner Sicht in einer unangenehmen Situation. Er hat sich das Auto der Mutter seiner damaligen Freundin geliehen und musste es nun beschädigt zurückgeben. Es erscheint nachvollziehbar, dass er in der konkreten Situation überfordert und gedankenverloren handelte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass er nachträglich die Verantwortung für den Unfall übernahm und vollumfänglich durch Einräumung des Tatvorwurfs, Schilderung des Unfallhergangs, Teilnahme am Alkohol- und Betäubungsmitteltest, Kontaktierung der Halterin und Beschleunigung der Regulierung durch seinen Strafverteidiger zu seiner Aufklärung und Regulierung beitrug. Dem steht auch nicht die verspätete Schadensmeldung der Halterin entgegen, da diese dem Beklagten nicht angelastet werden kann. Zum einen wusste der Beklagte nicht, bei welcher Versicherungsgesellschaft der Pkw versichert war und hätte es als Gelegenheitsfahrer dieses Pkw auch nicht wissen müssen. Zum anderen durfte er aufgrund der damaligen Nähebeziehung zu der Halterin darauf vertrauen, dass sie die Schadensmeldung an die Klägerin – auch im Eigeninteresse – einreichte.

Mangels Hauptforderung steht der Klägerin auch der geltend gemachte Zinsanspruch nicht zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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