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Kfz-Haftpflichtversicherung – Kausalitätsgegenbeweis bei unerlaubten Entfernen vom Unfallort

Fahrerflucht nach einem Bagatellschaden – diese Anschuldigung führte einen Autofahrer vor Gericht, obwohl er seine Kontaktdaten hinterlassen hatte. Seine eigene Haftpflichtversicherung forderte vom Verursacher Geld zurück, da er den Unfallort unerlaubt verlassen hatte. Doch kann ein Versicherter seinen vollen Schutz behalten, auch wenn er gegen vertragliche Pflichten verstößt, dem Versicherer aber kein tatsächlicher Nachteil entsteht?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 S 103/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Lübeck
  • Datum: 27.06.2024
  • Aktenzeichen: 14 S 103/22
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Die Versicherung, die vom Beklagten eine Rückzahlung forderte, da sie sich aufgrund einer Obliegenheitsverletzung für leistungsbefreit hielt.
  • Beklagte: Der Versicherungsnehmer und Unfallverursacher, der sich nach dem Unfall unerlaubt vom Unfallort entfernt hatte und die Leistungsfreiheit seiner Versicherung abwenden wollte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Dem Urteil lag ein Verkehrsunfall zugrunde, bei dem der Beklagte einen Schaden an einem anderen Fahrzeug verursachte und sich anschließend vom Unfallort entfernte, indem er lediglich einen Zettel mit seinen persönlichen Daten hinterließ.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die Haftpflichtversicherung des Beklagten von ihrer Zahlungspflicht befreit war, weil der Beklagte sich nach dem Unfall unerlaubt vom Unfallort entfernt hatte (Unfallflucht). Der zentrale Streitpunkt war, ob der Beklagte nachweisen konnte, dass seiner Versicherung durch seine Unfallflucht keine Nachteile bei der Klärung des Falls entstanden sind.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht Lübeck änderte das Urteil der Vorinstanz ab und wies die Klage der Versicherung gegen den Beklagten vollständig ab.
  • Begründung: Die Klage der Versicherung wurde abgewiesen, weil der Beklagte erfolgreich nachweisen konnte, dass seine Obliegenheitsverletzung (Unfallflucht) keinen Einfluss auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Leistungspflicht der Versicherung hatte. Er konnte glaubhaft darlegen, dass er zum Unfallzeitpunkt weder unter Alkohol- noch unter Drogeneinfluss stand, wodurch der Versicherung kein relevanter Aufklärungsnachteil entstand.
  • Folgen: Die Versicherung muss die gesamten Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen. Ihre Forderung auf Rückzahlung sowie die geltend gemachten Nebenforderungen (Zinsen und Rechtsanwaltskosten) wurden abgewiesen.

Der Fall vor Gericht


Ein Zettel am Scheibenwischer: Reicht das nach einem Unfall?

Jeder Autofahrer kennt die Situation oder hat zumindest davon gehört: Auf einem vollen Parkplatz rangiert man aus einer Lücke und streift dabei ein anderes Auto. Ein Kratzer im Lack. Niemand ist in der Nähe. Was nun? Viele würden vielleicht einen Zettel mit Namen und Telefonnummer unter den Scheibenwischer des beschädigten Wagens klemmen und dann weiterfahren. Doch genau ein solches Verhalten führte zu einem Rechtsstreit, der vor dem Landgericht Lübeck landete und eine wichtige Frage für jeden Versicherten klärt: Verliert man seinen Versicherungsschutz, wenn man sich nach einem selbst verursachten Unfall vom Ort des Geschehens entfernt, auch wenn man seine Daten hinterlässt?

Grauer Transporter fährt von Parkplatz, PKW mit Lackkratzer & Zettel.
Transporter fährt vom Parkplatz ab. PKW zeigt Lackkratzer, unleserlicher Kontaktzettel unter Scheibenwischer. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Ein Autofahrer hatte mit seinem Transporter beim Manövrieren ein anderes Fahrzeug beschädigt. Er bemerkte den Unfall, stieg aus und hinterließ einen Zettel mit seinen persönlichen Daten am beschädigten Auto. Danach wartete er jedoch nicht auf das Eintreffen des anderen Fahrzeughalters oder der Polizei, sondern fuhr davon. Seine Haftpflichtversicherung regulierte den Schaden am anderen Fahrzeug, forderte dann aber einen Teil des Geldes – genau 2.500 Euro – von ihrem eigenen Kunden, dem Autofahrer, zurück.

Der Weg vor Gericht: Eine Versicherung fordert Geld zurück

Wie kam es dazu, dass die Versicherung ihren eigenen Kunden verklagte? Das Vorgehen nennt sich Regress. Die Versicherung argumentierte, der Autofahrer habe eine vertragliche Pflicht verletzt, indem er den Unfallort unerlaubt verlassen habe. Im Volksmund ist dieses Verhalten als Fahrerflucht oder Unfallflucht bekannt. Aufgrund dieser Pflichtverletzung sei die Versicherung berechtigt, ihre Leistung zu kürzen und sich das Geld vom Verursacher zurückzuholen.

Das erste Gericht, das Amtsgericht Lübeck, gab der Versicherung zunächst recht. Es verurteilte den Autofahrer zur Zahlung der 2.500 Euro. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Fahrer seine Pflichten verletzt hatte. Weil die Pflichtverletzung aber nicht als besonders schwerwiegend eingestuft wurde, begrenzte das Gericht die Forderung der Versicherung auf diesen Betrag. Doch der Autofahrer wollte das nicht akzeptieren und legte Berufung ein. Das bedeutet, er forderte eine Überprüfung des Urteils durch die nächsthöhere Instanz, das Landgericht Lübeck. Sein zentrales Argument war: Der Versicherung ist durch mein Verhalten doch gar kein Nachteil entstanden.

Die entscheidende Frage: Eine Pflichtverletzung mit Folgen?

Vor dem Landgericht stand nun eine Kernfrage im Mittelpunkt: Kann ein Autofahrer, der eine Pflicht aus seinem Versicherungsvertrag verletzt hat, trotzdem den vollen Versicherungsschutz behalten? Um das zu verstehen, müssen wir uns ansehen, was der Versicherungsvertrag von einem Fahrer nach einem Unfall verlangt.

Was ist eine Vertragspflicht, eine sogenannte Obliegenheit?

In einem Versicherungsvertrag gibt es nicht nur die Hauptpflicht des Kunden, die Beiträge zu zahlen. Es gibt auch Nebenpflichten, die sogenannten Obliegenheiten. Eine solche Obliegenheit ist die Pflicht, nach einem Unfall alles zu tun, um bei der Aufklärung des Geschehens zu helfen. Stellen Sie sich das wie bei einem Mietvertrag vor: Wenn Sie einen Wasserfleck an der Decke entdecken, haben Sie die Pflicht, dies dem Vermieter sofort zu melden, damit der Schaden nicht größer wird. Melden Sie es nicht und die ganze Decke stürzt ein, könnten Sie für den zusätzlichen Schaden verantwortlich gemacht werden.

Im Fall eines Autounfalls besagt die Obliegenheit, dass der Verursacher am Unfallort warten muss, um die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung zu ermöglichen. Einen Zettel zu hinterlassen, reicht dafür nicht aus. Man muss eine angemessene Zeit warten und, wenn niemand kommt, die Polizei informieren. Indem der Autofahrer dies nicht tat, verletzte er unstrittig eine solche Obliegenheit. Das Gericht stellte zudem fest, dass er dies zumindest grob fahrlässig getan hatte. Grobe Fahrlässigkeit bedeutet, dass man die übliche Sorgfalt in einem besonders schweren Maße missachtet hat – also etwas tut oder unterlässt, was unter den gegebenen Umständen jedem hätte einleuchten müssen.

Der „Aber-es-hätte-nichts-geändert“-Beweis des Autofahrers

Jetzt kommt der spannendste Teil des Urteils. Das Gesetz bietet dem Versicherungsnehmer eine Art Rettungsanker: den sogenannten Kausalitätsgegenbeweis. Dieser Begriff klingt kompliziert, die Idee dahinter ist aber einfach. Der Autofahrer darf beweisen, dass seine Pflichtverletzung – also das Wegfahren vom Unfallort – keinerlei negative Auswirkungen auf die Entscheidung der Versicherung hatte. Er muss also nachweisen: „Selbst wenn ich vorschriftsmäßig am Unfallort geblieben wäre, hätte die Versicherung den Schaden am Ende genauso bezahlen müssen.“

Die Versicherung argumentierte, durch das Wegfahren sei ihr die Möglichkeit genommen worden, wichtige Umstände zu klären. Konkret ging es um die Frage: War der Fahrer zum Unfallzeitpunkt fahrtüchtig? Hätte die Polizei bei einem Verbleib am Unfallort vielleicht eine Alkohol- oder Drogenbeeinflussung festgestellt? Wäre dies der Fall gewesen, hätte die Versicherung die Leistung verweigern können. Durch die Fahrerflucht, so die Versicherung, sei diese Aufklärungsmöglichkeit vereitelt worden.

Wie beweist man, was nicht passiert ist?

Der Autofahrer musste nun also beweisen, dass er zum Unfallzeitpunkt nüchtern war. Aber wie kann man so etwas im Nachhinein beweisen, wenn kein Alkoholtest gemacht wurde? Das Gericht erklärte, dass dies möglich ist. Der Fahrer muss nicht nur behaupten, nüchtern gewesen zu sein, er muss es zur vollen Überzeugung des Gerichts belegen.

Genau das gelang dem Autofahrer im Berufungsverfahren. Er wurde vom Gericht persönlich angehört und schilderte den Hergang glaubhaft. Er erklärte überzeugend, dass er weder Alkohol getrunken noch Drogen konsumiert hatte. Sein Auftreten im Gerichtssaal wurde als ehrlich und um wahrheitsgemäße Angaben bemüht bewertet.

Zusätzlich benannte er eine Zeugin. Diese Frau hatte ihn nur etwa 15 Minuten vor dem Unfall zufällig kennengelernt. Sie sagte vor Gericht aus, dass sie keinerlei Anzeichen für eine Beeinflussung bei ihm bemerkt habe. Er habe völlig normal gewirkt. Das Gericht stufte auch diese Zeugin als absolut glaubwürdig ein.

Warum das Gericht dem Autofahrer glaubte

Das Gericht wog die Beweise sorgfältig ab. Auf der einen Seite stand die reine Vermutung der Versicherung, der Fahrer hätte alkoholisiert sein können. Dafür gab es aber keinerlei konkrete Anhaltspunkte. Auf der anderen Seite standen die glaubhaften Aussagen des Fahrers selbst und einer unabhängigen Zeugin.

Zusätzlich schaute sich das Gericht die Art des Unfalls an. Es handelte sich um einen typischen Bagatellschaden, wie er beim Ein- oder Ausparken mit einem unübersichtlichen Transporter im Stadtverkehr leicht passieren kann. Das Schadensbild lieferte keinerlei Hinweise auf eine Fahrweise, die auf Alkohol- oder Drogeneinfluss schließen ließe.

Das Gericht kam daher zu dem Schluss: Der Autofahrer hat erfolgreich bewiesen, dass er zum Unfallzeitpunkt nüchtern war. Damit war der Kausalitätsgegenbeweis erbracht. Hätte er am Unfallort auf die Polizei gewartet, wäre das Ergebnis dasselbe gewesen: Die Beamten hätten seine Nüchternheit festgestellt, und die Versicherung hätte den Schaden am anderen Fahrzeug vollständig bezahlen müssen. Seine Pflichtverletzung hatte also für die Versicherung keinerlei nachteilige Folgen.

Das Urteil: Keine Nachteile, keine Kürzung

Auf dieser Grundlage änderte das Landgericht Lübeck das Urteil der Vorinstanz komplett ab. Die Klage der Versicherung wurde vollständig abgewiesen. Der Autofahrer musste die 2.500 Euro nicht bezahlen.

Die Logik des Gerichts war klar und für Versicherungsnehmer von großer Bedeutung: Eine Pflichtverletzung allein reicht nicht aus, um den Versicherungsschutz zu kürzen. Der Versicherer muss durch die Pflichtverletzung auch einen tatsächlichen Nachteil bei der Aufklärung des Falls erlitten haben. Gelingt es dem Versicherten, diesen Nachteil zu widerlegen – indem er zum Beispiel beweist, dass er nüchtern war –, bleibt die Leistungspflicht der Versicherung in vollem Umfang bestehen.

Wer trägt die Kosten des Verfahrens?

Am Ende musste noch über die Kosten des Rechtsstreits entschieden werden. Die Versicherung brachte vor, dass der Autofahrer doch bitte einen Teil der Kosten tragen solle. Der Grund: Die entscheidende Zeugin und die detaillierten Argumente zum Kausalitätsgegenbeweis habe er erst im Berufungsverfahren vor dem Landgericht vorgebracht.

Doch auch hier folgte das Gericht dem Autofahrer. Es stellte fest, dass der Fahrer schon in der ersten Instanz darauf hingewiesen hatte, dass der Versicherung kein Nachteil entstanden sei. Das Amtsgericht hatte diesen Punkt aber nicht weiterverfolgt oder nachgefragt. Daher konnte man dem Autofahrer nicht vorwerfen, dass er seine Beweismittel erst in der zweiten Runde auf den Tisch legte. Da die Versicherung den Prozess vollständig verlor, wurde sie auch dazu verurteilt, sämtliche Kosten des Rechtsstreits zu tragen.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Landgericht Lübeck entschied, dass Versicherte ihren vollen Versicherungsschutz behalten können, selbst wenn sie nach einem Unfall pflichtwidrig vom Unfallort wegfahren – vorausgesetzt, sie können beweisen, dass der Versicherung dadurch kein Nachteil entstanden ist. Der Autofahrer konnte erfolgreich nachweisen, dass er zum Unfallzeitpunkt nüchtern war und die Versicherung den Schaden auch bei ordnungsgemäßem Verhalten hätte zahlen müssen. Das Urteil zeigt: Eine Vertragspflichtverletzung führt nur dann zu Leistungskürzungen, wenn die Versicherung dadurch tatsächlich geschädigt wurde – reine Vermutungen über mögliche Nachteile reichen nicht aus. Für Autofahrer bedeutet dies einen wichtigen Schutz vor ungerechtfertigten Rückforderungen ihrer eigenen Versicherung.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Reicht es nach einem kleinen Unfall, einen Zettel mit meinen Daten am beschädigten Auto zu hinterlassen?

Das Hinterlassen eines Zettels mit Ihren Kontaktdaten am beschädigten Fahrzeug reicht in Deutschland grundsätzlich nicht aus, um Ihren gesetzlichen Pflichten nach einem Verkehrsunfall nachzukommen. Viele Menschen gehen fälschlicherweise davon aus, dass dies genügt, doch das deutsche Recht stellt hier klare und strengere Anforderungen.

Die Pflicht nach einem Unfall: Warten oder sofort die Polizei rufen

Nach einem Unfall, selbst bei einem kleinen Parkrempler, haben Sie als Unfallbeteiligter die Pflicht, eine bestimmte Zeit am Unfallort zu warten. Diese Wartepflicht soll es dem Geschädigten oder anderen Unfallbeteiligten ermöglichen, Sie als Verursacher zweifelsfrei festzustellen. Die Dauer der Wartezeit ist nicht fest vorgeschrieben, sie muss aber angemessen sein. Das bedeutet, sie richtet sich nach den Umständen, zum Beispiel nach der Tageszeit, dem Ort und der Art des Schadens. Wenn Sie beispielsweise nachts auf einem verlassenen Parkplatz einen kleinen Kratzer verursachen, ist die Wartezeit unter Umständen kürzer als tagsüber in einem belebten Einkaufszentrum.

Erscheint trotz angemessener Wartezeit niemand am geschädigten Fahrzeug oder ist keine Kontaktaufnahme möglich, müssen Sie unverzüglich die Polizei informieren und den Unfall melden. Nur so stellen Sie sicher, dass Ihre Daten aufgenommen werden und der Unfall ordnungsgemäß polizeilich erfasst wird. Das reine Hinterlassen eines Zettels, selbst mit vollständigen Daten, kann vom Wind weggeweht werden oder unbemerkt bleiben. Es erfüllt daher nicht die gesetzliche Anforderung, Ihre Feststellung zu ermöglichen.

Schwere Konsequenzen drohen bei unzureichender Unfallmeldung

Wer sich nach einem Unfall vom Unfallort entfernt, ohne die Feststellung der eigenen Person, des Fahrzeugs und der Art der Beteiligung ermöglicht zu haben, begeht eine Straftat. Diese Straftat wird als „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ bezeichnet und ist in § 142 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Umgangssprachlich wird dies auch als „Fahrerflucht“ bekannt.

Die Folgen können für Sie weitreichend sein:

  • Strafrechtliche Verfolgung: Ihnen drohen empfindliche Geldstrafen oder in schwerwiegenderen Fällen sogar Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren.
  • Fahrerlaubnis: Es können Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg eingetragen werden, ein Fahrverbot verhängt oder sogar die Fahrerlaubnis entzogen werden. Das bedeutet, Sie dürfen für eine bestimmte Zeit oder dauerhaft kein Fahrzeug mehr führen.
  • Versicherungsschutz: Ihre Kfz-Versicherung kann Ihnen den Versicherungsschutz verweigern. Dies bedeutet, dass Sie den entstandenen Schaden am fremden Fahrzeug aus eigener Tasche bezahlen müssen. Die Versicherung kann im schlimmsten Fall sogar Regress bei Ihnen nehmen, also bereits geleistete Zahlungen vom Geschädigten von Ihnen zurückfordern.

Um diese schwerwiegenden Konsequenzen zu vermeiden, ist es daher entscheidend, nach einem Unfall nicht einfach einen Zettel zu hinterlassen, sondern die gesetzlich vorgeschriebenen Schritte zur Feststellung Ihrer Beteiligung sorgfältig einzuhalten.


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Welche konkreten Folgen hat es für meine Kfz-Versicherung, wenn ich mich unerlaubt vom Unfallort entferne?

Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, umgangssprachlich auch „Fahrerflucht“ genannt, ist eine Straftat. Dieses Verhalten hat erhebliche Auswirkungen auf Ihren Kfz-Versicherungsvertrag und kann schwerwiegende finanzielle Nachteile für Sie nach sich ziehen.

Verletzung von Pflichten (Obliegenheiten) im Versicherungsvertrag

Jeder Kfz-Versicherungsvertrag enthält bestimmte Pflichten, die Sie als Versicherungsnehmer erfüllen müssen. Diese werden in der Versicherungssprache Obliegenheiten genannt. Sie sind gewissermaßen die „Spielregeln“ des Vertrags. Eine der wichtigsten Obliegenheiten nach einem Verkehrsunfall ist es, am Unfallort zu bleiben, um die Feststellung der Unfallbeteiligung und der Personalien zu ermöglichen und gegebenenfalls die Polizei zu informieren. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort wird von Versicherungen in der Regel als eine schwerwiegende Verletzung dieser vertraglichen Pflichten bewertet.

Folgen für die Kfz-Haftpflichtversicherung

Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung ist dazu da, Schäden zu regulieren, die Sie anderen im Straßenverkehr zufügen. Auch wenn Sie sich unerlaubt vom Unfallort entfernt haben, zahlt die Haftpflichtversicherung zunächst den Schaden des Unfallgegners. Dies dient dem Schutz des Geschädigten, damit dieser nicht auf seinen Kosten sitzen bleibt.

  • Regressanspruch der Versicherung: Nachdem Ihre Haftpflichtversicherung den Schaden an den Unfallgegner gezahlt hat, kann sie das gezahlte Geld von Ihnen ganz oder teilweise zurückfordern. Dieser Vorgang wird Regress genannt. Für Sie bedeutet das: Sie müssen einen Teil oder sogar die gesamte Summe, die Ihre Versicherung dem Unfallopfer gezahlt hat, an Ihre eigene Versicherung zurückzahlen.
  • Regresshöhe: Dieser Regressanspruch der Versicherung ist jedoch in der Regel auf einen gesetzlich festgelegten Höchstbetrag begrenzt, wenn es sich um das unerlaubte Entfernen vom Unfallort handelt. Dieser Betrag liegt häufig bei bis zu 5.000 Euro, unabhängig davon, wie hoch der Gesamtschaden war, den die Versicherung reguliert hat. Die genaue Höhe des Regresses kann im Einzelfall variieren, ist aber nach oben hin begrenzt, um unverhältnismäßige Belastungen zu vermeiden.

Folgen für die Kaskoversicherung (Teil- oder Vollkasko)

Wenn Ihr eigenes Fahrzeug bei dem Unfall beschädigt wurde und Sie sich anschließend unerlaubt vom Unfallort entfernt haben, kann auch Ihre Kaskoversicherung (Teil- oder Vollkasko) die Leistung kürzen oder im schlimmsten Fall ganz verweigern. Die Kaskoversicherung deckt Schäden an Ihrem eigenen Fahrzeug ab. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort kann hier als grobe Fahrlässigkeit ausgelegt werden oder als Verstoß gegen die Pflicht, dem Versicherer die Schadenfeststellung zu ermöglichen. In diesem Fall müssten Sie die Reparaturkosten für Ihr eigenes Fahrzeug ganz oder teilweise selbst tragen.

Weitere mögliche Konsequenzen

Neben den versicherungsrechtlichen Folgen hat das unerlaubte Entfernen vom Unfallort auch strafrechtliche Konsequenzen. Dies kann eine Geldstrafe, Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg, ein Fahrverbot oder sogar den Entzug der Fahrerlaubnis umfassen. Diese strafrechtlichen Konsequenzen können sich wiederum auf die Bewertung durch Ihre Versicherung auswirken.


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Kann ich mich gegen die Forderungen meiner Versicherung wehren, auch wenn ich den Unfallort verlassen habe?

Ja, es ist unter bestimmten Umständen möglich, sich gegen Forderungen Ihrer Versicherung zu wehren, auch wenn Sie den Unfallort verlassen haben. Eine solche Situation kann für Sie eine große Unsicherheit bedeuten, doch das Verlassen des Unfallorts führt nicht automatisch dazu, dass Ihre Versicherung Ihnen gegenüber in jedem Fall eine Forderung stellen kann.

Wann Forderungen abgewehrt werden können

Ihre Versicherung hat zwar grundsätzlich das Recht, Sie bei einer Pflichtverletzung – wie dem unberechtigten Verlassen des Unfallorts – in Regress zu nehmen, also einen Teil des an den Geschädigten gezahlten Betrages von Ihnen zurückzufordern. Dieses Recht ist jedoch nicht uneingeschränkt. Ein entscheidender Punkt ist, ob der Versicherung durch Ihr Verlassen des Unfallorts tatsächlich ein Nachteil entstanden ist.

Stellen Sie sich vor, der Unfallhergang war auch ohne Ihre Anwesenheit am Unfallort lückenlos klar, weil beispielsweise die Polizei gerufen wurde, Zeugen vor Ort waren oder der Schaden eindeutig war und genau dokumentiert werden konnte. Wenn die Versicherung also nachweisen muss, dass Ihr Verlassen des Unfallorts für sie einen konkreten Nachteil hatte (zum Beispiel weil dadurch die Aufklärung des Unfallhergangs erschwert wurde oder die Schuldfrage nicht mehr geklärt werden konnte), können Sie argumentieren, dass dies nicht der Fall war.

Das Prinzip des fehlenden Nachteils

Sie können sich darauf berufen, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen Ihrem Verlassen des Unfallorts und einem konkreten Schaden für die Versicherung besteht. Das bedeutet: Sie können versuchen zu beweisen, dass der Versicherung durch Ihr Verhalten kein tatsächlicher Nachteil entstanden ist, der ohne Ihr Verlassen des Unfallorts vermeidbar gewesen wäre. Oder anders ausgedrückt: Sie können darlegen, dass die Situation für die Versicherung genau dieselbe gewesen wäre, auch wenn Sie am Unfallort geblieben wären.

Ein Beispiel hierfür wäre, wenn der Unfallort von der Polizei umfassend aufgenommen wurde, alle Beteiligten bekannt waren und die Beweislage von vornherein klar war. Wenn also der Schaden, die Schuldfrage oder die genaue Höhe der Reparaturkosten auch ohne Ihre weitere Anwesenheit am Unfallort vollständig und korrekt ermittelt werden konnten, dann könnte es der Versicherung an einem tatsächlichen, durch Ihr Verhalten verursachten Nachteil fehlen.

Es liegt dabei an Ihnen, die Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Versicherung durch Ihr Verlassen des Unfallorts nicht schlechter gestellt wurde, als sie es sonst gewesen wäre. Die Beweislast dafür, dass kein Nachteil entstanden ist, liegt bei der Person, die den Unfallort verlassen hat.


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Wie kann ich beweisen, dass meiner Versicherung durch mein Verhalten kein Nachteil entstanden ist?

Wenn ein Versicherungsnehmer eine vertragliche Pflicht verletzt hat, kann die Versicherung unter Umständen ihre Leistungen kürzen oder ganz verweigern. Eine solche Pflichtverletzung könnte zum Beispiel eine verspätete Schadenmeldung sein. Oft kann der Versicherungsnehmer jedoch versuchen zu beweisen, dass der Versicherung durch dieses Verhalten kein Nachteil entstanden ist. Es geht darum zu zeigen, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten in gleicher Höhe und auf die gleiche Weise entstanden wäre oder dass die Aufklärung des Falles durch das eigene Verhalten nicht erschwert wurde.

Das Prinzip des fehlenden Nachteils

Das zentrale Ziel ist es, zu belegen, dass Ihr Verhalten – auch wenn es nicht ideal war – die Situation für die Versicherung nicht verschlechtert hat. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Schaden nicht sofort gemeldet. Die Versicherung könnte argumentieren, dass sie durch die späte Meldung den Schaden nicht mehr richtig prüfen konnte oder dass er sich dadurch vergrößert hat. Ihr Gegenbeweis zielt darauf ab zu zeigen: Egal wann Sie gemeldet hätten, der Schaden wäre identisch gewesen und die Prüfungsmöglichkeiten der Versicherung wären dieselben geblieben. Es geht also nicht darum, die Pflichtverletzung zu leugnen, sondern ihre Auswirkungen auf die Versicherung zu widerlegen.

Welche Beweismittel sind hilfreich?

Um zu zeigen, dass der Versicherung kein Nachteil entstanden ist, können verschiedene Arten von Beweisen herangezogen werden:

  • Eigene glaubhafte Schilderungen: Ihre detaillierte und konsistente Darstellung des Geschehens ist grundlegend. Beschreiben Sie genau, was passiert ist, wann und warum Ihr Verhalten (z.B. eine verspätete Meldung) keinen Einfluss auf den Schadenverlauf oder die Aufklärung hatte. Eine solche Schilderung gewinnt an Überzeugungskraft, wenn sie durch weitere Beweismittel gestützt wird.
    • Beispiel: Sie melden einen Wasserschaden verspätet, können aber glaubhaft schildern, dass das Leck sofort abgestellt wurde und das Wasser komplett abgeflossen war, bevor Sie es überhaupt bemerkten.
  • Zeugenaussagen: Personen, die das Geschehen beobachtet haben oder die Umstände bestätigen können, sind oft sehr wertvoll. Zeugen können bestätigen, dass der Schaden zum Zeitpunkt Ihrer Pflichtverletzung bereits so weit fortgeschritten war, dass eine frühere Reaktion ihn nicht hätte verhindern oder mindern können.
    • Beispiel: Nach einem Unfall haben Sie vergessen, die Versicherung sofort zu informieren. Ein unbeteiligter Zeuge kann aber bestätigen, dass die Polizei den Unfallhergang bereits umfassend dokumentiert und alle relevanten Spuren gesichert hat, sodass der Versicherung keine Informationen entgangen sind.
  • Dokumente und Fotos/Videos: Objektive Belege sind besonders aussagekräftig. Dazu gehören:
    • Polizeiprotokolle oder Unfallberichte: Diese dokumentieren oft den genauen Hergang und Zustand direkt nach einem Ereignis.
    • Fotos oder Videos: Sie können den Zustand eines beschädigten Gegenstands oder Ortes unmittelbar nach dem Schadenfall festhalten und zeigen, dass sich die Lage danach nicht verändert oder verschlechtert hat.
    • Sachverständigengutachten: Ein Gutachten, das den Schaden und seine Ursache zu einem frühen Zeitpunkt bewertet hat, kann belegen, dass spätere Handlungen keinen Einfluss hatten.
    • Kommunikation: E-Mails, Briefe oder Notizen, die zeigen, dass die Versicherung auf anderem Wege oder durch andere Personen bereits informiert war oder dass die relevanten Informationen auch ohne Ihr direktes Zutun verfügbar waren.
    • Beispiel: Sie haben nach einem Brand nicht alle Unterlagen sofort eingereicht. Wenn aber Fotos des Brandortes existieren, die den Schadenumfang eindeutig zeigen, und ein unabhängiger Brandursachenermittler bereits alles Nötige festgestellt hat, kann das beweisen, dass die fehlenden Unterlagen die Aufklärung nicht behindert haben.
  • Andere Umstände, die eine Beeinträchtigung der Aufklärung ausschließen: Manchmal kann schon die Art des Schadens oder der Situation beweisen, dass der Versicherung kein Nachteil entstanden ist. Wenn der Schaden beispielsweise offensichtlich und unveränderbar war, kann die verspätete Meldung die Aufklärung nicht behindern.
    • Beispiel: Ein Fahrzeug ist nach einem Unfall ein Totalschaden. Die späte Meldung an die Versicherung ändert nichts daran, dass das Fahrzeug ohnehin nicht mehr reparierbar ist und der wirtschaftliche Wertverlust feststeht.

Das Ziel all dieser Beweismittel ist es, dem Gericht oder der Versicherung plausibel und nachvollziehbar darzulegen, dass der konkrete Schaden und die Möglichkeit seiner Aufklärung durch Ihr Verhalten unberührt blieben.


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Welche allgemeinen Pflichten habe ich als Versicherter gegenüber meiner Kfz-Haftpflichtversicherung nach einem Unfall?

Nach einem Verkehrsunfall haben Sie als Versicherter bestimmte wichtige Pflichten gegenüber Ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung. Diese dienen dazu, den Schaden korrekt abzuwickeln und Ihren Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten. Wenn diese Pflichten, auch „Obliegenheiten“ genannt, nicht erfüllt werden, kann dies dazu führen, dass die Versicherung ihre Leistung kürzt oder im schlimmsten Fall sogar ganz verweigert.

Hier sind die zentralen Pflichten, die Sie beachten sollten:

  • Die unverzügliche Meldung des Unfalls:
    Sie sind verpflichtet, den Unfall sofort oder unverzüglich Ihrer Versicherung zu melden. „Unverzüglich“ bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. Das heißt, Sie sollten den Unfall so schnell wie möglich nach Bekanntwerden mitteilen, idealerweise noch am Unfalltag oder am nächsten Werktag. Geben Sie dabei alle relevanten Informationen an: Wann und wo der Unfall passiert ist, welche Fahrzeuge und Personen beteiligt waren und wie der Unfallhergang war.

    • Für Sie bedeutet das: Je schneller Ihre Versicherung informiert ist, desto zügiger kann sie sich um die Schadenregulierung kümmern und desto sicherer ist Ihr Versicherungsschutz.
  • Die umfassende Aufklärung und Unterstützung:
    Sie müssen der Versicherung wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zum Unfallhergang und zum entstandenen Schaden machen. Dazu gehört auch, Fragen der Versicherung zu beantworten, Unterlagen wie Fotos, Skizzen oder Polizeiakten zur Verfügung zu stellen und bei der Schadenermittlung mitzuwirken.

    • Für Sie bedeutet das: Die Versicherung benötigt Ihre Mithilfe, um den Sachverhalt genau zu prüfen. Verstecken oder beschönigen Sie keine Informationen.
  • Die Pflicht zur Schadensminderung:
    Sie sind angehalten, nach einem Unfall alles Zumutbare zu tun, um den Schaden so gering wie möglich zu halten oder eine Ausweitung des Schadens zu verhindern. Stellen Sie sich vor, Ihr verunfalltes Fahrzeug verliert Betriebsstoffe: Sie sollten, soweit sicher möglich, Maßnahmen ergreifen, um eine weitere Verschmutzung der Umwelt zu verhindern. Auch unnötige Kosten, die den Schaden erhöhen würden, sollten vermieden werden.

    • Für Sie bedeutet das: Handeln Sie umsichtig, um weitere Schäden oder unnötige Kosten zu vermeiden, die nicht von der Versicherung übernommen werden.
  • Das Verbot von Schuldanerkenntnissen und Zahlungen:
    Ganz wichtig: Als Versicherter dürfen Sie niemals ein Schuldanerkenntnis abgeben oder selbst Zahlungen an Unfallgegner oder Geschädigte leisten. Auch sollten Sie keine Vergleiche ohne Rücksprache mit Ihrer Versicherung eingehen. Verweisen Sie den Unfallgegner immer an Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung.

    • Für Sie bedeutet das: Die Prüfung der Schuldfrage und die Abwicklung der Ansprüche ist Aufgabe Ihrer Versicherung. Ein voreiliges Schuldeingeständnis oder eine Zahlung kann Ihren Versicherungsschutz gefährden.

Diese Pflichten sind entscheidend, damit Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung im Schadenfall wie vorgesehen leisten kann. Sie sind in Ihrem Versicherungsvertrag und im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Obliegenheit

Eine Obliegenheit ist eine Pflicht des Versicherungsnehmers, die sich aus dem Versicherungsvertrag ergibt und die helfen soll, den Schadenfall korrekt aufzuklären und die Versicherungsleistung zu ermöglichen. Im Unterschied zu einer Hauptpflicht (wie der Beitragspflicht) handelt es sich dabei um eine Nebenpflicht, deren Verletzung nicht automatisch zur Kündigung des Vertrags führt, aber die Kürzung oder Verweigerung der Versicherungsleistung nach sich ziehen kann. Nach einem Unfall ist zum Beispiel die Obliegenheit, am Unfallort zu verbleiben, damit die Personalien festgestellt werden können. Werden Obliegenheiten verletzt, kann das die rechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung haben (§§ 6, 28 Versicherungsvertragsgesetz – VVG).

Beispiel: Sie bauen einen Unfall und fahren weg, ohne zu warten. Dabei verletzen Sie eine Obliegenheit, weil das Versicherungsvertrag verlangt, dass Sie vor Ort bleiben.

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Regress

Regress bezeichnet das Recht der Versicherung, bereits gezahlte Leistungen ganz oder teilweise vom Versicherten zurückzufordern, wenn dieser seine vertraglichen Pflichten verletzt hat. Im Unfallkontext verlangt die Versicherung von ihrem Kunden meist Geld zurück, wenn er zum Beispiel den Unfallort unerlaubt verlässt (Fahrerflucht), obwohl sie den Schaden zunächst reguliert hat. Regress ist ein Mittel, um die finanziellen Folgen der Pflichtverletzung auf den Verursacher abzuwälzen und ist in den Versicherungsbedingungen und dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt.

Beispiel: Ihre Haftpflichtversicherung zahlt den Schaden des Unfallgegners, weil Sie sich vom Unfallort entfernt haben. Die Versicherung fordert das Geld später von Ihnen zurück – das ist Regress.

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Fahrerflucht (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort)

Fahrerflucht bezeichnet das unerlaubte Entfernen vom Unfallort ohne die erforderliche Feststellung der eigenen Person, des Fahrzeugs und der Art der Beteiligung, wie es § 142 Strafgesetzbuch (StGB) nennt. Dabei handelt es sich um eine Straftat, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe belegt werden kann. Fahrerflucht verletzt nicht nur strafrechtliche Pflichten, sondern auch Obliegenheiten im Versicherungsvertrag, was versicherungsrechtliche Folgen wie Leistungs Kürzung oder Regressansprüche nach sich ziehen kann.

Beispiel: Sie streifen auf einem Parkplatz ein anderes Auto, hinterlassen zwar einen Zettel, fahren dann aber weg, ohne ausreichend zu warten oder die Polizei zu rufen – das gilt als Fahrerflucht.

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Grobe Fahrlässigkeit

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn eine erforderliche Sorgfalt in einem besonders schweren Maße verletzt wird; das bedeutet, es wird nicht nur ein kleiner Fehler gemacht, sondern etwas getan oder unterlassen, das unter den Umständen jedem hätte einleuchten müssen. Im Versicherungsrecht kann grobe Fahrlässigkeit dazu führen, dass die Versicherung ihre Leistung kürzt oder ganz verweigert (§ 28 VVG). Im dargestellten Fall bewertete das Gericht das Wegfahren vom Unfallort als grob fahrlässig, weil der Fahrer dieses Verhalten nicht hätte missachten dürfen.

Beispiel: Wenn jemand bei starkem Regen und rutschiger Straße mit deutlich zu hoher Geschwindigkeit fährt, handelt er grob fahrlässig.

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Kausalitätsgegenbeweis

Der Kausalitätsgegenbeweis ist ein Nachweis, dass eine Pflichtverletzung keine nachteiligen Folgen verursacht hat. Im Versicherungsrecht bedeutet das, der Versicherte kann beweisen, dass die Verletzung einer Obliegenheit (zum Beispiel das Verlassen des Unfallorts) den Schaden oder die Versicherungsleistung nicht beeinflusst hat. Er trägt die Beweislast, dass die Versicherung durch sein Fehlverhalten keinen tatsächlichen Nachteil erlitten hat. Schafft er dies, bleibt sein Versicherungsschutz vollständig erhalten.

Beispiel: Wer beweist, trotz Fahrerflucht wäre der Schaden genauso reguliert worden, kann verhindern, dass die Versicherung Leistungen kürzt oder Regress nimmt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG), insbesondere § 28 VVG: Das Versicherungsvertragsgesetz regelt die Rechte und Pflichten zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer. § 28 VVG behandelt dabei speziell die sogenannten Obliegenheiten – das sind Verhaltenspflichten, die der Versicherungsnehmer nach Eintritt eines Versicherungsfalls erfüllen muss, um seinen Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Eine Verletzung solcher Pflichten kann dazu führen, dass der Versicherer seine Leistung kürzt oder bereits gezahltes Geld vom Kunden zurückfordert (Regress), um sich vor Nachteilen bei der Schadensregulierung zu schützen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Haftpflichtversicherung forderte einen Teil des Geldes vom Autofahrer zurück, weil er eine vertragliche Obliegenheit verletzt hatte, indem er den Unfallort verließ.
  • Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort): Dieser Paragraph des Strafgesetzbuches verbietet das Entfernen vom Unfallort, bevor die Identität der Beteiligten und die Art ihrer Beteiligung festgestellt werden konnten. Im Volksmund ist dies als Fahrerflucht oder Unfallflucht bekannt. Die Norm soll sicherstellen, dass Unfallgeschädigte ihre Ansprüche geltend machen können und die Umstände des Unfalls aufgeklärt werden können. Ein Zettel mit Daten am Scheibenwischer genügt hierfür nicht, es muss eine Wartezeit eingehalten oder die Polizei informiert werden. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Verhalten des Autofahrers, der nach dem Unfall einen Zettel hinterließ, aber nicht wartete oder die Polizei informierte, entsprach dem Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort und wurde als die konkrete Obliegenheitsverletzung durch die Versicherung gewertet.
  • Grobe Fahrlässigkeit: Grobe Fahrlässigkeit bezeichnet einen besonders schwerwiegenden Grad der Sorgfaltspflichtverletzung. Eine Person handelt grob fahrlässig, wenn sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße missachtet und dasjenige außer Acht lässt, was unter den gegebenen Umständen jedem hätte einleuchten müssen. Dieser Verschuldensgrad ist relevant, da er im Versicherungsrecht oft zu einer Leistungskürzung oder zum Verlust des Versicherungsschutzes führen kann, im Gegensatz zu leichter Fahrlässigkeit. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass der Autofahrer seine Obliegenheit, am Unfallort zu verweilen, zumindest grob fahrlässig verletzt hatte, was grundsätzlich eine Grundlage für die Regressforderung der Versicherung war.
  • Zivilprozessordnung (ZPO), allgemein zum Beweisrecht (z.B. § 286 ZPO): Die Zivilprozessordnung regelt, wie Verfahren vor den Zivilgerichten ablaufen, einschließlich der Regeln zur Beweislast und Beweisführung. Das Gericht entscheidet nach freier Beweiswürdigung, ob eine Tatsache als bewiesen gilt, nachdem die Parteien Beweismittel wie Zeugenaussagen oder Urkunden vorgelegt haben. Der sogenannte Kausalitätsgegenbeweis ermöglicht es einer Partei, nachzuweisen, dass ein bestimmtes Ereignis (hier: die Pflichtverletzung) keinen kausalen Nachteil verursacht hat. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Autofahrer gewann den Prozess, indem er erfolgreich den Kausalitätsgegenbeweis führte und unter Anwendung der Regeln der ZPO (durch Zeugen und eigene glaubhafte Angaben) bewies, dass die Versicherung durch sein Verhalten keinen Nachteil erlitten hatte.

Das vorliegende Urteil


LG Lübeck – Az.: 14 S 103/22 – Urteil vom 27.06.2024


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