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Kein Versicherungsschutz bei Versäumung Wochenfrist für schriftliche Schadensanzeige

Kfz-Haftpflichtversicherung: Kein Versicherungsschutz wegen Versäumung der Wochenfrist für die schriftliche Schadensanzeige

AG Solingen, Az.: 11 C 31/07, Urteil vom 18.04.2008

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin … € (in Worten: … EURO) nebst Jahreszinsen daraus in Höhe von … Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuches seit dem … und … € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von … des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Vollstreckung entsprechend Sicherheit leistet.

Tatbestand

Kfz-Haftpflichtversicherung: Kein Versicherungsschutz wegen Versäumung der Wochenfrist für die schriftliche Schadensanzeige
Symbolfoto: kung_tom/ Bigstock

Die Klägerin als Versicherungsgesellschaft war mit dem Beklagten als Fahrzeughalter im Jahre … durch einen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsvertrag für den Pkw des Beklagten mit dem amtlichen Kennzeichen … verbunden. Mit diesem Fahrzeug wurde etwa Mitte … ein Verkehrsunfall verursacht. Dabei wurde das Fahrzeug eines Herrn … mit dem amtlichen Kennzeichen … derart beschädigt, dass die Türe vorne links und der Außenspiegel erneuert werden mussten. Der Unfall wurde nicht polizeilich aufgenommen. Der Klägerin wurde das Unfallereignis am … durch den Anspruchsteller, den Geschädigten … , fernmündlich gemeldet, wobei dieser mitteilte, dass der Vater des Beklagten ihm mit dessen Pkw entgegengekommen sei. Dieser habe einem Hindernis ausweichen müssen und habe an seinem, des Anspruchstellers, Fahrzeug den Außenspiegel abgefahren. Ferner kündigte der Geschädigte an, am … ein Gutachten in Auftrag zu geben.

Die Klägerin suchte daher telefonisch Kontakt zum Beklagten, erreichte ihn jedoch nicht. Sie hinterließ auf seinem Anrufbeantworter eine Nachricht, mit der Aufforderung, eine Schadensanzeige bis zum … einzureichen. Weil diese ausblieb und sich die Klägerin deswegen an einer Regulierung gehindert sah, forderte sie den Beklagten mit Schreiben vom … unter Hinweis auf seine Verpflichtungen aus § 7 Abs. 1 Nr. 2 AKB auf, das Schadensereignis zu melden. Sie setzte ihm eine Frist von sieben Tagen zur schriftlichen Schadensanzeige unter Hinweis darauf, dass anderenfalls der Verlust des Versicherungsschutzes drohe. Der Beklagte quittierte den Erhalt dieses Schreibens, das per Einschreiben/Rückschein übersandt worden war, unter dem … persönlich. Am … meldete sich der Beklagte fernmündlich bei der Klägerin und gab an, dass er gerade von einem dreiwöchigen Urlaub zurückkehre und daher von nichts wisse. Er wolle zunächst seinen Vater befragen und die Klägerin dann kurzfristig schriftlich informieren. Der Beklagte reagierte darauf zunächst nicht, so dass die Klägerin den geltend gemachten Schadensersatzanspruch ausglich und an den Anspruchsteller … € zahlte. Mit Schreiben vom … versagte die Klägerin dem Beklagten den Versicherungsschutz für diesen Schadenfall und forderte ihn zur Erstattung des verauslagten Betrages auf. Unter dem … übersandte der Beklagte der Klägerin eine ausgefüllte „Schadensanzeige“, in der er mitteilte, dass „beide Fahrzeuge auf einem geraden Straßenverlauf (fuhren) und (sich) gegenseitig mit dem Außenspiegel berührten …“ Ferner teilte er mit, dass am eigenen Fahrzeug nur leichte Kratzer am Außenspiegel zu sehen seien. Als Schadenskizze überliefert diese Anzeige lediglich die Konstellation der Fahrzeuge, allerdings ohne ihre Position im Straßenraum.

Die Klägerin hielt diese Schadensanzeige für unzureichend, indem nicht einmal das Schadensdatum mitgeteilt wurde und auch keine näheren Einzelheiten zum Unfallverlauf und hielt an ihrer Regreßforderung fest.

Unterdessen anwaltlich vertreten meldete sich der Beklagte unter dem … und teilte der Klägerin mit, er habe vom … bis zum … bei Bekannten zu Besuch geweilt und sei deswegen nicht zu Hause gewesen. Daher habe er keine Kenntnis von dem Unfall gehabt.

Unter Hinweis auf die sich aus § 7 Abs. 1 Nr. 2 AKB ergebenden Pflichten und die sich aus deren Missachtung ergebenden Folgen verlangt die Klägerin von dem Beklagten Ersatz des von ihr zu regulierenden schadensverauslagten Betrages.

Die Klägerin beantragt, zu entscheiden, wie erkannt.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hält die Bewertung seines Verhaltens durch die Klägerin für unangemessen. Insbesondere habe die Klägerin keine schriftliche Schadensanzeige verlangen können. Denn in zwei Nachträgen vom … und vom … heiße es ausdrücklich, dass der Klägerin entsprechende Kraftfahrzeughaftpflichtschäden sofort anzuzeigen seien. Dort sei von einer schriftlichen Anzeige keine Rede. Unter den gegebenen Umständen habe der Beklagte annehmen dürfen, dass auch eine telefonische Mitteilung genüge. Insoweit sieht der Beklagte eine Diskrepanz zwischen dem Inhalt der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung (AKB) und dem Inhalt der Nachträge zum Versicherungsvertrag. Der Beklagte habe daher sein Schreiben vom … per Fax und am folgenden Tage per Post an die Klägerin geschickt, um auch der Anweisung des Schreibens vom … zu genügen.

Die Klägerin verstoße mit ihrer Berufung auf die Verspätung der Schadensanzeige gegen Treu und Glauben, weil die Aufklärung kurz nach dem Fristablauf tatsächlich erfolgt sei, so dass es jedenfalls an einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheiten des Beklagten im Versicherungsvertrag fehle. Abgesehen davon sei die Obliegenheitsverletzung auch folgenlos geblieben, denn der Anspruchsteller habe unter dem … ja schon der Klägerin gegenüber ausgeführt, dass der Vater des Beklagten ihm mit dessen Pkw entgegengekommen sei und, nachdem dieser einem Hindernis habe ausweichen müssen, den Außenspiegel des Fahrzeugs des Geschädigten Koch beschädigt habe. Für den Beklagten komme es deswegen nicht darauf an, ob diese Ausführungen ausreichend gewesen seien. Es sei nämlich klar, dass der Vater des Beklagten die rechtliche und tatsächliche Verantwortung für den Schadenfall trage, so dass eine Mitverantwortung des Geschädigten und ein hieraus resultierender Regreßanspruch der Versicherung nicht bestehe. Selbst wenn also eine Obliegenheitsverletzung des Beklagten unterstellt werde, habe diese weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsvertrages noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistungen gehabt.

Schließlich sei es der Klägerin auch zuzumuten gewesen, sich an den den Unfall verursachenden Vater des Beklagten zu wenden, um sich dort den Schadenfall bestätigen zu lassen.

Für den Fall, dass die Klägerin die Angaben des Beklagten für ergänzungsbedürftig gehalten habe, so sei sie verpflichtet gewesen, durch eine Nachfrage eine weitere Aufklärung herbeizuführen.

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten vorbereitenden Schriftsätze und deren zu den Akten gelangten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

Zu Recht hat die Klägerin dem Beklagten den Versicherungsschutz gemäß § 7 Abs. V (1) AKB versagt, so dass der Beklagte durch die unstreitig erfolgte Entschädigung des Anspruchstellers durch die Klägerin auf deren Kosten ohne Rechtsgrund von einer grundsätzlich ihm, dem Beklagten, obliegenden Verpflichtung dem Unfallgeschädigten gegenüber befreit worden ist mit der Folge, dass der Klägerin die Zahlung der Klageforderung aus dem Rechtsgrund ungerechtfertigter Bereicherung schuldet.

Dass der Beklagte die in § 7 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB), die versicherungsvertraglich vereinbart sind, aufgestellten Obliegenheiten im Versicherungsfall nicht beachtet hat, ist zwischen den Parteien grundsätzlich unstreitig, was das zeitliche Raster von Schadensereignis, Aufforderung zur Schadensmeldung und Schadensmeldung angeht. Eine schriftliche Schadensanzeige ist der Klägerin nicht innerhalb der Frist des § 7 Abs. I (2) AKB zugegangen, und es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beklagte als Versicherungsnehmer alles getan hat, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein konnte.

Soweit der Beklagte meint, es habe auch eine mündliche Anzeige des Schadenfalles akzeptiert werden müssen, und soweit er insoweit mit (vermeintlich) widersprüchlichen Regelungen in den AKB einerseits und den Nachträgen zu seinem Versicherungsvertrag andererseits argumentiert, übersieht er, dass der Inhalt der Nachträge zum Versicherungsvertrag die einmal vereinbarte Schriftform für die Schadensanzeige keineswegs suspendiert. Dort ist nur erneut betont, dass entsprechende Schadensmeldungen unverzüglich zu erfolgen haben. Es heißt dort nicht, dass dies – unter welchen Voraussetzungen auch immer – auch mündlich erfolgen könne.

Unstreitig ist, dass der Beklagte von der Klägerin erstmals nach der Schadensmeldung durch den Anspruchsteller fernmündlich kontaktiert worden ist und dass die Klägerin dabei eine Nachricht für ihn, den Beklagten, auf dessen Anrufbeantworter hinterlassen hat mit der Aufforderung, die Schadensanzeige bis zum … einzureichen. Der Beklagte mag zu dieser Zeit in Urlaub gewesen sein. Am … war er sicherlich nicht in Urlaub, weil der Rückschein, mit dem die Klägerin dem Beklagten ihr Schreiben vom … hatte zukommen lassen, die auf diesen Tag datierte Quittung des Beklagten überliefert. Unstreitig hat sich ungeachtet dessen der Beklagte erst am … fernmündlich bei der Klägerin gemeldet und er hat dabei angegeben, dass er gerade von einem dreiwöchigen Urlaub zurückkomme und daher nichts an Informationen beitragen könne. Dies ist vor dem Hintergrund des von ihm unter dem … bestätigten Empfangs des Schreibens der Klägerin eine unwahre Angabe des Beklagten gewesen. Von der Klägerin war bereits unter diesen Umständen nicht die vom Beklagten im Nachhinein reklamierte großzügige Behandlung des Falles und entsprechende Auslegung ihres Regelwerkes zu erwarten.

Denn die Schadensanzeige des Beklagten vom … – naheliegenderweise eine Reaktion auf die Versagung des Versicherungsschutzes der Klägerin vom … – ist als Schadensanzeige völlig ungeeignet, denn sie überliefert nichts über den konkreten Unfallhergang, jedenfalls nichts, anhand dessen die Klägerin die Voraussetzungen ihrer Eintrittspflicht auch nur annähernd hätte prüfen können. Abgesehen davon überliefert auch diese Schadensanzeige Ungereimtheiten. Nach seinen Angaben dort will der Beklagte nämlich wegen Abwesenheit von seinem Wohnort erst am … in der Lage gewesen sein, sich fernmündlich bei der Klägerin zu melden. Unstreitig ist dies bereits am … geschehen.

Dies steht auch im Widerspruch zu dem Schreiben des Beklagten vom … , mit welchem er hat mitteilen lassen, dass er vom … bis zum … bei Bekannten zu Besuch geweilt habe und aus diesem Grunde nicht zu Hause gewesen sei.

Soweit der Beklagte meint, die Versicherung habe sich an seinen Vater wenden müssen, übersieht der Beklagte, dass die Pflicht zur Unfallanzeige nicht etwa seinen Vater traf, der der Klägerin vertraglich nicht verbunden war. Schließlich kann der Beklagte die Klägerin auch nicht darauf verweisen, dass eine eventuelle Obliegenheitsverletzung seinerseits auf die Regulierung ohne Einfluss geblieben sei. Es ist unstreitig, dass die Klägerin bis heute nicht weiß, wie es konkret aus der Sicht des Beklagten oder des Fahrers seines Fahrzeugs zu dem Unfall gekommen ist, nicht einmal das Datum des Unfallgeschehens zuverlässig kennt.

Es muss auch für den Beklagten auf der Hand gelegen haben, dass sich die Versicherung mit einer eventuellen Unfalldarstellung durch den Anspruchsteller nicht zufrieden geben durfte, dies sogar in Wahrung ihrer vertraglichen Verpflichtungen ihm, dem Beklagten, gegenüber nicht. Denn den Obliegenheitsverpflichtungen des Versicherungsnehmers gegenüber der Versicherung stehen umgekehrt auch vertragliche Treuepflichten gegenüber dem Beklagten gegenüber, die darin bestehen, nicht zu Lasten des Versicherungsvertrages ungeprüft Schadensereignisse zu regulieren. Die dem Versicherungsnehmer in § 7 der AKB aufgebürdeten Obliegenheiten haben gerade den Zweck, ihr dies zu ermöglichen.

Schließlich kann der Beklagte der Klägerin nicht entgegenhalten, dass sie mit der Regulierung des Schadenfalles hätte warten müssen.

Das Verhalten des Beklagten kann daher nur als vorsätzlicher Verstoß gegen die vertraglichen Obliegenheitspflichten angesehen werden mit der Folge, dass die Klägerin dem Beklagten den Versicherungsschutz zu Recht entzogen hat und daher von ihm den verauslagten Betrag zurückverlangen kann.

Zinsen darauf schuldet der Beklagte unter Verzugsgesichtspunkten.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

Streitwert: bis … EURO (Gebührenstufe)

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