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Katarakt-Operation – Verwendung eines Femtosekundenlasers

LG München I – Az.: 23 S 4877/19 – Urteil vom 04.02.2020

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 07.03.2019, Az. 233 C 22454/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 857,51 € festgesetzt.

Gründe

I. Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Erstattung der – über die vom Amtsgericht in Höhe von 67,49 € zugesprochenen hinausgehenden – Kosten der Behandlung mit Femtosekundenlaser bei seiner Katarakt – Operation vom 27.06.2018 am linken Auge, also in Höhe von 857,51 € weiter.

Wegen des Tatbestands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts München vom 07.03.2019 Bezug genommen.

Der Berufungskläger ist der Ansicht, das Urteil leide unter einem Rechtsfehler. Der behandelnde Arzt habe mit Recht den Einsatz des Femtosekundenlasers als selbständige ärztliche Leistung mit der GOÄ Ziff. 5855 analog in Höhe von insgesamt 925,00 € abrechnen dürfen. Der Einsatz des Femtosekundenlasers ersetze nicht nur die manuelle Schnittführung mit dem Skalpell. Er ermögliche neue Behandlungen in der Katarakt- Operation.

Der Berufungskläger beantragt, das Urteil des Amtsgerichts München vom 07.03.2019 in Ziffer 2. aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 857,51 € zu zahlen.

Die Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

In der Sache wird auf die ausführliche und zutreffende Begründung des Amtsgerichts Bezug genommen. Ergänzend wird noch wie folgt ausgeführt:

Katarakt-Operation - Verwendung eines Femtosekundenlasers
(Symbolfoto: Von Dmitry Kalinovsky/Shutterstock.com)

Die hier maßgeblichen Regelungen der GOÄ sehen folgendes vor: Gemäß § 4 II GOÄ kann der Arzt für eine Leistung, welche Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen mit methodisch notwendigen operativen Einzelschritten (sogenanntes Ziel-Leistungs-Prinzip). Selbständige ärztliche Leistungen, welche in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können nach § 6 II GOÄ entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung der Gebührenordnung berechnet werden.

Die Katarakt-Operation wird nach Ziff. 1375 GOÄ als „extrakapsuläre Operation des grauen Stars mittels gesteuertem Saug-Spül-Verfahrens oder Linsen-Kern-Verflüssigung (Phakoelmulsifikation) – gegebenenfalls einschließlich Iridektomie – mit Implantation einer intraokularen Linse“ vergütet. Ziff. 441 GOÄ sieht einen „Zuschlag für die Anwendung eines Lasers bei ambulanten operativen Leistungen“ vor. Unter der Ziff. 5855 GOÄ findet sich als besonders aufwändige Bestrahlungstechnik die „intraoperative Strahlenbehandlung mit Elektronen“.

Die gesonderte Abrechenbarkeit des Lasereinsatzes analog Ziff.+ 5855 GOÄ kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da keine eigenständige Indikation gegeben ist, sondern die Verwendung des Femtosekundenlasers als unselbständige Teilleistung der Zielleistung Katarakt-Operation anzusehen ist, welche nach dem derzeitigen Stand der GOÄ mit der Ziff. 1375 GOÄ und mit dem hier vom Amtsgericht zutreffend zugesprochenen Zusatz in Ziff. 441 GOÄ abgerechnet werden kann.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, Urteil vom 21.01.2010, Az.: III ZR 147/09, der das Gericht folgt, ist Grundvoraussetzung für eine gesonderte Abrechnung des Einsatzes technischer Hilfsmittel, dass es sich um eine selbständige ärztliche Leistung handelt. Für eine Leistung, welche Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann nach § 4 II a GOÄ eine Gebühr nicht abgerechnet werden. Bei einem Hilfsmittel des Arztes, der sich nicht mehr allein auf seine Augen, sein Gefühl, seine Fingerfertigkeit und seine Erfahrung verlässt, sondern sich der modernen Technik bedient, um ein Operationsergebnis bzw. eine optimale Zielleistung zu erreichen, handelt es sich nicht um eine selbständige Leistung, welche gesondert abgerechnet werden kann. Vielmehr liegt eine besondere Ausführungsart einer Operation vor, weiche auch ohne Einsatz dieser Technik vorgenommen werden kann.

Bei der streitgegenständlichen Operation hat der Femtosekundenlaser lediglich einzelne Schritte übernommen, welche auch ein Chirurg per Hand hätte ausführen können. Es sind dies die Eröffnung der Linsenkapsel, die Eröffnung des Auges und die Bildung eines Tunnels. Die bloße Optimierung einer bereits in das Gebührenverzeichnis aufgenommenen Zielleistung mittels Zuhilfenahme eines technischen Gerätes ist dagegen nicht geeignet, eine selbständige ärztliche Leistung zu begründen, sofern die Beschreibung der Zielleistung das methodische Vorgehen, wie im Falle der Ziff. 1375 GOÄ, offen lässt (OLG Naumburg, Urteil vom 09.05.2019, Az.: 4 O 28/16).

Die Berechnung der Analogziffer ist mangels Regelungslücke daher nicht möglich. Es handelt sich hier um eine Rechtsfrage, zu deren Entscheidung das monierte medizinische Gutachten nicht einzuholen war.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt § 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2 und 709 Satz 2 ZPO.

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