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Kaskoversicherung – Leistungsfreiheit bei unvollständigen Angaben zum Unfallgeschehen

LG Frankfurt – Az.: 2-08 S 2/13 – Urteil vom 08.11.2013

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 20.12.2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin, die Haftpflichtversicherung des Unfallfahrzeugs, welches dem Beklagten gehört, nimmt den Beklagten auf Regress in Höhe von 5.000,- Euro wegen eines Unfalls am 13.11.2010 in Köln mit einer Straßenbahn in Anspruch. Der Beklagte, der das Kfz bei dem Unfall fuhr, war alkoholbedingt nicht fahrtauglich. Das erstinstanzliche Urteil hat der Klägerin daher einen Anspruch gem. §§ 426 BGB i.V.m. 28, 116 VVG zugesprochen. Der Beklagte erhebt mit der Berufung hiergegen keine Einwände.

Der Beklagte hat erstinstanzlich die Aufrechnung mit Ansprüchen aus der von ihm bei der Klägerin zum 01.01.2010 abgeschlossenen Vollkaskoversicherung wegen eines behaupteten Unfallereignisses am 10.01.2010 in der X-Straße in Y in Höhe von 4.503,90 Euro sowie Zinsen in Höhe von 496,10 Euro erklärt (Schriftsatz vom 02.07.2012, Bl. 72 d.A.).

In der Schadensanzeige vom 15.01.2010 (Bl. 113 d.A.) gab der Beklagte gegenüber der Klägerin zum Unfallhergang insofern an, er sei am 10.01.2010 um ca. 23 Uhr auf der X-Straße gefahren; dabei sei sein Auto auf dem Glatteis gerutscht und gegen ein parkendes Auto gefahren. Dabei sei an seinem, wie auch an dem parkenden Auto, die Fahrerseite beschädigt worden. Er fertigte auch eine Unfallskizze an, für die auf Bl. 113 d.A. verwiesen wird.

Das von der Klägerin beauftragte Gutachten vom 05.02.2010 (Anlage A2, Bl. 78 ff. d.A.) stellte Schäden am Beklagtenfahrzeug fest wie folgt: Kotflügel, Türen, Seitenwand, Heckstoßfänger und Heckklappe waren deformiert; Schlussleuchte links zerbrochen, Stoßfänger vorne und Raddeckel vorne zerschürft; es kam zu einer Schadenshöhe von 4.803,90 Euro exklusive Mehrwertsteuer. Als Anstoßbereich hielt das Gutachten einen Anstoß gegen die linke Fahrzeugseite und im linken Heckbereich fest.

Die Klägerin verweigerte daraufhin sowohl die Regulierung gegenüber dem Beklagten aus der Vollkaskoversicherung als auch gegenüber dem geschädigten geparkten Fahrzeug aus der Haftpflichtversicherung. Sie berief sich auf ein gestelltes Unfallereignis. Am 07.06.2010 lehnte sie die Deckung gegenüber dem Beklagten ab.

Kaskoversicherung - Leistungsfreiheit bei unvollständigen Angaben zum Unfallgeschehen
Symbolfoto: Von Monkey Business Images/Shutterstock.com

Der Beklagte klagte den daraus resultierenden behaupteten Anspruch vor dem Amtsgericht Mainz (Az. 81 C 320/10) ein. Er trug dort vor, dass er zur nächtlichen Stunde die X-Straße mit seinem Pkw befahren hatte. Er nahm die Klage dort aber zurück, nachdem das dortige Gericht erläutert hatte, dass die Unfallstelle nicht substantiiert bezeichnet sei.

Mit der vorliegenden Aufrechnungserklärung behauptet er zum Unfallhergang, der Beklagte sei aus der Z-Straße kommend in die X-Straße nach rechts eingebogen und bereits etwa 10-20 m vor der X-Straße auf Glatteis gekommen. Dadurch sei er ins Schleudern geraten und habe den Wagen nicht mehr kontrollieren können. Die Fahrbahnglätte hätte sich auch in der X-Straße fortgesetzt. Der Beklagte habe es nicht verhindern können, dass er im Einmündungsviereck der Z- Straße in die X-Straße mit den linken Rädern seines Pkw auf den Bordstein der dortigen Verkehrsinsel prallte. Der Pkw sei von dort abgewiesen worden, habe sich um ca. 90 Grad nach rechts gedreht und sei weiter geradeaus in Richtung des rechten Fahrbahnrandes der X-Straße gerutscht. Dort sei er wiederum gegen die Bordsteinkante geprallt und mit der linken Seite gegen einen Begrenzungspfosten aus Metall geraten, an dem er entlang gestreift sei. Der Wagen sei dann von den Bordsteinen wieder abgewiesen worden und zum Verlauf der X-Straße weiter nach rechts gerutscht. Danach habe sich der Pkw wieder nach rechts gedreht und sei mit dem linken hinteren Ende gegen ein geparktes Fahrzeug geprallt.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angegriffenen Urteil gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das erstinstanzliche Gericht lehnte eine Aufrechnung mit einem Anspruch aus diesem Unfallereignis ab, da der Beklagte den Eintritt eines Versicherungsfalles nicht plausibel habe darlegen können.

Hiergegen wendet sich der Beklagte unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags und beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst, vom 20.12.2012 sowie das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst, vom 24.04.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten wegen des Unfalls mit der Straßenbahn in Köln. Dieser Anspruch ist nicht durch Aufrechnung erloschen, § 389 BGB. Dem Beklagten steht der zur Aufrechnung gestellte Gegenanspruch aus der Vollkaskoversicherung wegen des behaupteten Unfallereignisses am 10.01.2010 nicht zu. Dabei kann im Ergebnis offenbleiben, ob der Unfall, so wie der Beklagte ihn im vorliegenden Verfahren schildert, stattgefunden hat. Denn selbst wenn der Unfall so wie von dem Beklagten jetzt behauptet stattgefunden hätte, ist die Klägerin insoweit jedenfalls leistungsfrei gem. § 28 Abs. 2 VVG. Der Beklagte hätte dann in seiner Schadensanzeige unvollständige Angaben gemacht, obwohl ihn die Obliegenheit traf, den Schadenshergang wahrheitsgemäß, und damit auch vollständig, zu schildern. Der Beklagte ist hierauf auch mit der Schadensanzeige nach § 28 Abs. 4 VVG hingewiesen worden (Bl. 114 d.A.). Der Beklagte schilderte in der Schadensanzeige lediglich, dass er in der X-Straße mit der linken Seite seines Fahrzeugs wegen Glatteises gegen ein anderes, parkendes Fahrzeug gefahren sei. Dagegen soll nach dem Vortrag im hiesigen Verfahren er zuvor bereits in der Z Straße auf Glatteis geraten, gegen zwei Bordsteine und einen Pfosten gefahren sein und sich zweimal gedreht haben. All diese Ereignisse schildert der Beklagte in der Schadensanzeige nicht. Er kann sich dabei auch nicht auf mangelnde Deutsch-Kenntnisse zurückziehen. Er hat eine Unfallskizze angefertigt, auf der weder die Z Straße noch Pfosten, das Schleudern gegen Bordsteine oder ein Drehen eingezeichnet sind. Dagegen ist mit einem Bogen eingezeichnet die Fahrt-/Rutschbewegung des Beklagtenfahrzeugs gegen das parkende Fahrzeug. Auch kann der Beklagte sich nicht damit entlasten, er habe gedacht, die Vorgeschichte bis zum Anstoß gegen den Pkw sei nicht so erheblich, da er gerade seinen Schaden am eigenen Fahrzeug geltend macht, so dass ihm aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers durchaus bewusst gewesen sein muss, dass es zur Schadensfeststellung auf sämtliche Kollisionen bei dem Unfall ankommt. Es ist daher anzunehmen, dass der Beklagte die Obliegenheit zur wahrheitsgemäßen Schilderung des Unfallereignisses vorsätzlich verletzte. Selbst im Falle einer grob fahrlässigen Verletzung wäre aber wegen des erheblichen Weglassens eine Leistungskürzung auf Null anzunehmen.

Den Kausalitätsgegenbeweis gem. § 28 Abs. 3 VVG vermochte der Beklagte nicht zu erbringen. Es ist für die Klägerin, um die Plausibilität des Unfalls – und damit den Eintritt und den Umfang des Versicherungsfalles – anhand der Schäden überprüfen zu können, gerade von Bedeutung, die vollständige Unfallschilderung zu kennen.

Die Einwendungen der Berufung vermögen vor diesem Hintergrund nicht durchzugreifen. Dass der  behauptete Unfallhergang im Tatbestand steht, wie die Berufung dies rügt, ist nicht zu beanstanden; er ist richtigerweise in den streitigen Tatbestand aufgenommen und steht nicht im Widerspruch dazu, dass die Entscheidungsgründe an einer substantiierten Darlegung zweifeln. Dass die Schadenanzeige nicht vom 10.01.2010, sondern vom 15.01.2010 datiert, ändert an ihrem Inhalt nichts. Ob der Beklagte mit seinem Pkw gegen das parkende Fahrzeug „gefahren“ oder „gerutscht“ ist, ist für die rechtliche Würdigung unerheblich; auch das Amtsgericht hat hierauf in seiner Plausibilitätsbetrachtung nicht abgestellt. Ob der Vortrag des Beklagten substantiiert und ohne Widersprüche erfolgte, kann im Ergebnis offenbleiben. Auf obige Ausführungen wird verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708Nr. 10, 713 ZPO.

 

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