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Kaskoversicherung – Erstattung der Mehrwertsteuer bei Ersatzfahrzeugkauf

AG Hamburg-St. Georg – Az.: 915 C 292/11 – Urteil vom 12.01.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte als seine Kaskoversicherung auf Zahlung in Anspruch.

Der Kläger war Eigentümer eines Pkws Audi A3, 2.0 TDI, der am 07.07.2009 gestohlen worden ist. Der Wiederbeschaffungswert dieses Fahrzeugs betrug Euro 22.521,01. Der Restwert des Fahrzeugs betrug Euro 14.280,00. Der Fahrzeugschaden lag damit bei einem Betrag von Euro 8.241,01. Die Beklagte regulierte den Kaskoschaden unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von Euro 150,00 mit Euro 8.091,01. Zahlung erfolgte am 29.07.2009 auf Grund des Wiederbeschaffungswerts (Anlage K 1, Bl. 4 d.A.), auf die Anlage wird ergänzend verwiesen. Der Kläger schaffte sich im September 2009 für brutto Euro 12.850,00 ein Ersatzfahrzeug an, die in diesem Bruttobetrag enthaltene Mehrwertsteuer beläuft sich auf Euro 2.501,68. Der Kläger verlangte von der Beklagten eine weitere Zahlung von Euro 2.051,68 mit der Begründung, er könne die Mehrwertsteuer als tatsächlich angefallen nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen in dieser Höhe beanspruchen. Nach den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (nachfolgend: AKB) schuldet die Beklagte bei Verlust des Fahrzeugs den Wiederbeschaffungswert unter Abzug eines vorhandenen Restwerts des Fahrzeugs (Ziff. A. 2.6.1 AKB). Hinsichtlich der Mehrwertsteuer enthält Ziff. A.2.6.5 der AKB folgende Regelung:

„Umsatzsteuer erstatten wir nur, wenn und soweit diese für Sie bei der von Ihnen gewählten Schadensbeseitigung tatsächlich angefallen ist. Die Umsatzsteuer erstatten wir nicht, soweit Vorsteuerabzugsberechtigung besteht.“

Der Kläger behauptet, die Mehrwertsteuer sei zu erstatten. Er meint, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Erstattung der Mehrwertsteuer im Haftpflichtschadensrecht sei auf das Kasko-Schadensrecht übertragbar, da die Mehrwertsteuer-Regelung unter A.2.6.5 AKB nahezu inhaltsgleich mit der Mehrwertsteuer-Regelung in § 13 Abs. 6 AKB sei. Diese Regelung in § 13 AKB sei aber Vorbild für die Änderung des Schadensersatzrechts gewesen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Euro 2.051,68 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.11.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten bzw. bei Abrechnung auf Totalschadenbasis wird Mehrwertsteuer generell nur dann erstattet, wenn und soweit sie bei der gewählten Schadenbeseitigung auch tatsächlich angefallen ist. Koste das neue Fahrzeug mindestens den Brutto-Wiederbeschaffungswert, erhalte der Versicherungsnehmer die im Wiederbeschaffungswert enthaltene Mehrwertsteuer voll. Liege der Preis zwischen Netto- und Brutto-Wiederbeschaffungswert, bekomme er nur die Differenz zwischen dem Netto-Wiederbeschaffungswert und dem Kaufpreis des Ersatzfahrzeugs. Hingegen bleibe es bei einer Investition, die noch unter dem Netto-Wiederbeschaffungswert liege – wie hier -, bei der Netto-Abrechnung.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen voll umfänglich verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet und daher abzuweisen.

Die Klage ist zunächst durch rügelose Einlassung der Beklagten nach entsprechendem richterlichen Hinweis zulässig (§§ 38, 504 ZPO).

Die Klage ist aber unbegründet, denn der Kläger kann keine weitere Versicherungsleistung beanspruchen.

Die Beklagte hat unter Berücksichtigung des sachverständigenseits ermittelten Wiederbeschaffungswerts netto von Euro 22.521,01 mit ihrer Zahlung von Euro 8.091,01 bereits sämtliche Ansprüche des Klägers vollumfänglich ausgeglichen.

Der Kläger hat sich zunächst für eine fiktive Abrechnung entschieden. Daher glich die Beklagte den Netto-Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes des Fahrzeugs abzüglich der Selbstbeteiligung voll umfänglich aus. Erst nach bereits erfolgter Abrechnung hat sich der Kläger für ein Ersatzfahrzeug entschieden, das mit Mehrwertsteuer Euro 12.850,00 kostete. Die Beklagte hat – insoweit für den Kläger günstig – den Netto-Wiederbeschaffungswert nach dem Sachverständigengutachten gezahlt, mithin entsprechend des Klägerbegehrens eine fiktive Abrechnung vorgenommen, die der Höhe nach den von der Klägerin gezahlten Erwerbspreis von brutto Euro 12.850,00 inklusive Mehrwertsteuer von Euro 2.051,68 überstieg. Wenn der Kläger sich nicht zur Wiederbeschaffung eines Fahrzeugs mit einem Nettokaufpreis in Höhe des Wiederbeschaffungswerts entschieden hat, so ist die Mehrwertsteuer nur in der Höhe entstanden, die bereits durch Zahlung ausgeglichen worden ist. Nach A.2.6.5. AKB kann der Kläger Umsatzsteuer nur dann beanspruchen, wenn und soweit diese für den Kläger bei der von ihm gewählten Schadensbeseitigung tatsächlich angefallen ist. Die von dem Kläger gewählte Schadensbeseitigung führte zu Kosten einschließlich Mehrwertsteuer von 8.091,01. Dieser Betrag ist erstattet worden. Da der Kläger keine Ersatzbeschaffung zu netto des Wiederbeschaffungswerts zuzüglich Mehrwertsteuer vorgenommen hat, kann er wegen des Verbots der Geltendmachung fiktiver Mehrwertsteuer nicht fiktiv einen Betrag in Höhe von Euro 2.051,68 Mehrwertsteuer beanspruchen. Wie der BGH in seinem Urteil vom 04.11.2009 – IV ZR 35/09 – ausführt, ist die Klausel wirksam, nach der der Versicherer Umsatzsteuer nur zu ersetzen hat, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, mithin eine Mehrwertsteuererstattung auf fiktiver Abrechnungsbasis in jedem Fall ausschließt.

Eine Kombination einer konkreten Abrechnung und einer fiktiven Abrechnung ist in den Versicherungsbedingungen nicht vorgesehen.

Mangels Hauptanspruchs ist auch kein Verzugsschaden erstattungsfähig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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