OLG Karlsruhe – Az.: 9 U 46/17 – Urteil vom 28.05.2019
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 03.03.2017 – 14 O 65/16 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil des Senats und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach den Urteilen vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Teilkaskoversicherung wegen der Entwendung seines Kraftfahrzeugs geltend.
Der Kläger war Eigentümer eines Pkw Volkswagen Touareg, Erstzulassung 2005. Für das Fahrzeug bestand ein Kraftfahrtversicherungs-Vertrag mit der Beklagten. Der Vertrag schloss u. a. eine Teilkasko-Versicherung für den Fall der Entwendung mit einem Selbstbehalt von 150,00 € ein. Die Parteien hatten die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) der Beklagten mit Stand 01.10.2014 vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Versicherungsbedingungen (Anlage K 4) verwiesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen: Am Abend des 02.10.2015 habe er sein Fahrzeug auf einem angemieteten Stellplatz in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung in W. abgestellt. Den Fahrzeugschlüssel habe er, wie üblich, auf einem Sideboard im Wohnzimmer abgelegt. Am nächsten Morgen sei der im Wohnzimmer abgelegte Fahrzeugschlüssel nicht mehr vorhanden gewesen; das Fahrzeug habe sich nicht mehr auf dem Abstellplatz befunden, sondern sei entwendet worden. Die vom Kläger noch am Morgen des 03.10.2015 bei der Polizei erstattete Strafanzeige führte zu einem Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt (Staatsanwaltschaft Lörrach 85 UJs xxxx/15). Ein Täter wurde nicht ermittelt.
Im Mai 2016 wurde das Fahrzeug des Klägers in L./Frankreich, wenige Kilometer von W. entfernt, aufgefunden. Der Kläger ließ das Fahrzeug dort abholen, verbrachte es zunächst in eine Werkstatt in S., und stellte es sodann auf einem von ihm angemieteten Stellplatz in W. ab.
Der Kläger hat erstinstanzlich von der Beklagten die Zahlung einer Teilkasko Entschädigung in Höhe von 9.350,00 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs an die Beklagte, verlangt, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2015. Außerdem hat der Kläger die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 € verlangt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat eine Entwendung des Fahrzeugs bestritten. Der Kläger habe einen Diebstahl nur vorgetäuscht. Es gebe eine ganze Reihe von Indizien dafür, dass der Kläger einen Diebstahl vorgetäuscht habe, um zu Unrecht von der Beklagten eine Versicherungsleistung zu erhalten.
Mit Urteil vom 06.03.2017 hat das Landgericht die Beklagte entsprechend den Anträgen des Klägers verurteilt. Es stehe fest, dass das Fahrzeug tatsächlich entwendet worden sei. Dies habe sich unter anderem aus den Ermittlungsergebnissen der Polizei ergeben. Da das Fahrzeug erst später als einen Monat nach der Entwendung aufgefunden worden sei, bestehe keine Rücknahmepflicht des Klägers, so dass er die volle Entschädigung gegen Herausgabe des Fahrzeugs verlangen könne. Entgegen der Auffassung der Beklagten gebe es keine erheblichen Anhaltspunkte, die für einen lediglich vorgetäuschten Diebstahl sprächen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, der Kläger habe schon das äußere Bild eines Diebstahls nicht nachgewiesen. Vor allem gebe es eine ganze Reihe von Indizien für einen vorgetäuschten Diebstahl, welche das Landgericht nicht berücksichtigt habe. Gegen einen Diebstahl spreche, dass das Fahrzeug unbeschädigt aufgefunden worden sei. Es sei nicht auszuschließen, dass der Kläger beim vermeintlichen „Auffinden“ des Fahrzeugs in Frankreich behilflich gewesen sei. Es sei unklar, wie ein angeblicher Täter nach dem Diebstahl eines Schlüssels das zu dem Schlüssel passende Fahrzeug habe auffinden können. Die Polizei habe keine Einbruchsspuren an der Terrassentür der Wohnung des Klägers vorgefunden; daraus sei zu schließen, dass es keinen Einbruch gegeben haben könne, so dass der Kläger den Schlüssel für das Fahrzeug selbst benutzt haben müsse. Neben weiteren Indizien, auf welche die Beklagte hinweist, sei hervorzuheben, dass der Kläger in seiner Schadenmeldung unzutreffende Angaben über Vorschäden gemacht habe. Auch dies spreche für ein unlauteres Handeln des Klägers.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 06.03.2017 Aktenzeichen 14 O 65/16, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das Urteil des Landgerichts; er ergänzt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Indizien für einen vorgetäuschten Diebstahl gebe es nicht. Bei den Einwendungen der Beklagten handele es sich um unzutreffende Vermutungen und Spekulationen.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Der Senat hat im Termin vom 08.05.2019 den Kläger informatorisch angehört und seine Ehefrau F. G. als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 08.05.2019 verwiesen.
II.
1. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Dem Kläger steht aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag eine Teilkasko Entschädigung in Höhe von 9.350,00 € zu. Das versicherte Fahrzeug wurde in der Nacht vom 02.10. zum 03.10.2015 entwendet. Die Beklagte ist daher gemäß A.2.2.2 AKB zur Zahlung der vereinbarten Entschädigung verpflichtet. Da das Fahrzeug erst mehr als ein Monat nach der Entwendung wieder aufgefunden wurde, ist der Kläger nicht verpflichtet, das Fahrzeug zurückzunehmen; die Beklagte hat den vollen Wiederbeschaffungswert zu ersetzen (A.2.6.1 i.V.m. A.2.11 AKB). Der Wiederbeschaffungswert zum maßgeblichen Zeitpunkt betrug unstreitig 9.500,00 €. Nach Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 € verbleibt ein Zahlungsanspruch des Klägers von 9.350,00 €.
2. Es steht fest, dass der Pkw Touareg des Klägers in der Nacht vom 02.10. zum 03.10.2015 entwendet wurde. Der Kläger hatte das Fahrzeug am Abend des 02.10.2015 gegen 22:00 Uhr auf dem angemieteten Stellplatz in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung in W. abgestellt. Am nächsten Morgen gegen 08:00 Uhr war das Fahrzeug nicht mehr vorhanden. Es wurde erst im Mai 2016 in Frankreich wieder aufgefunden.
a) Der Versicherungsnehmer ist in der Teilkasko-Versicherung beweispflichtig dafür, dass der versicherte Pkw entwendet wurde. Da der Diebstahl selbst meistens nicht unmittelbar beobachtet wird, und da der Dieb in vielen Fällen unbekannt bleibt, befindet sich der Versicherungsnehmer im Verhältnis zum Versicherer regelmäßig in einer nicht einfachen Beweissituation. Der Bundesgerichtshof hat daher spezielle Beweisregeln für den Nachweis einer Entwendung in der Kasko-Versicherung entwickelt. Es reicht – auf der ersten Stufe der Feststellungen – aus, wenn der Versicherungsnehmer Tatsachen nachweist, aus denen sich das äußere Bild eines Diebstahls ergibt. Das bedeutet, dass nachgewiesen werden muss, dass der Pkw zu einem bestimmten Zeitpunkt an dem Ort nicht mehr auffindbar war, wo er vorher zu einem bestimmten Zeitpunkt abgestellt wurde. Wenn nur der Versicherungsnehmer und seine Ehefrau aus eigener Kenntnis Angaben zu diesen Tatsachen machen können, kommt der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers und der Ehefrau durch das Gericht eine besondere Bedeutung zu (vgl. zu diesen Grundsätzen BGH, NJW-RR 1997, 663). Für das sogenannte äußere Bild des Diebstahls kommt es nicht darauf an, wie das Fahrzeug entwendet wurde; daher spielt es auf dieser Stufe der Beweisführung keine Rolle, wie der Dieb in den Besitz des Fahrzeugschlüssels gelangt ist. Für das sogenannte äußere Bild des Diebstahls kommt es im vorliegenden Fall daher nicht darauf an, ob und wie der Dieb in die Wohnung des Klägers gelangt ist, und von dort den Schlüssel mitgenommen hat. Das äußere Bild eines Einbruchs in eine Wohnung muss ein Versicherungsnehmer nur dann nachweisen, wenn der Einbruchsdiebstahl selbst zum Tatbestand des Versicherungsfalls gehört, wie zum Beispiel bei einer Hausratsversicherung oder bei einer Firmen-InhaltsVersicherung (vgl. dazu BGH, NJW-RR 2015, 1247). Bei einer Teilkaskoversicherung für ein Kraftfahrzeug spielt es hingegen – zunächst – keine Rolle, auf welche Weise sich der Täter in den Besitz des Fahrzeugschlüssels versetzt hat, so dass der vorausgegangene Wohnungseinbruch auf der ersten Stufe der Beweisführung keine Bedeutung hat.
b) Nach der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht das äußere Bild einer Entwendung fest. Aus den Angaben des Klägers und seiner als Zeugin vernommenen Ehefrau F. G. ergibt sich, dass der Kläger den Pkw Touareg am Abend des 02.10.2105 gegen 22:00 Uhr auf seinem Stellplatz abgestellt hat, und dass sich der Pkw am nächsten Morgen gegen 08:00 Uhr dort nicht mehr befand. Die Zeugin F. G. hat die Angaben des Klägers bestätigt, soweit sie dies aus eigener Wahrnehmung konnte. In der Vernehmung am 08.05.2019 haben sich für den Senat keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers oder seiner Ehefrau ergeben. Die Angaben des Klägers und seiner Ehefrau werden jedenfalls insoweit durch die polizeilichen Ermittlungen bestätigt, als sich auch aus diesen Ermittlungen keine Umstände ergeben haben, welche gegen die Darstellung des Klägers sprechen würden.
3. Die Beklagte hat den Beweis einer Entwendung im Sinne der Versicherungsbedingungen nicht erschüttert.
a) Da der Versicherungsnehmer bei einer Entwendung – im ersten Schritt der Beweisführung – keinen Vollbeweis für die Entwendung führen muss (siehe oben), wird im zweiten Schritt – wenn der Versicherungsnehmer das äußere Bild eines Diebstahls nachgewiesen hat – auch die Verteidigung des Versicherers erleichtert. Der Kasko-Versicherer kann den Beweis durch Tatsachen entkräften, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Vortäuschung eines Diebstahls rechtfertigen (BGH, NJW-RR 1997, 598; BGH, NJW-RR 1999, 246). Die Tatsachen, die eine Vortäuschung nahelegen, müssen allerdings feststehen; bloße Verdächtigungen oder Vermutungen dürfen nicht zum Nachteil eines Versicherungsnehmers verwertet werden (vgl. BGH, NJW-RR 1997, 598).
b) Aus den polizeilichen Ermittlungen haben sich keine Hinweise ergeben, die einen vorgetäuschten Diebstahl nahelegen. Dabei spielt auch eine Rolle, dass bei einem Routine-Fall einer Kfz-Entwendung oder eines Einbruchsdiebstahls in der Regel von Polizei und Staatsanwaltschaft nur begrenzte Ermittlungen durchgeführt werden.
Auf Grund der Angaben des Klägers sind die Polizeibeamten davon ausgegangen, dass der Dieb wahrscheinlich über die Terrassentür in die Wohnung des Klägers eingedrungen ist, dort den Fahrzeugschlüssel vorgefunden und mitgenommen hat. Die Polizeibeamten haben dementsprechend nach Werkzeugspuren an der Terrassentür gesucht. Aus dem Polizeibericht in der beigezogenen Ermittlungsakte ergibt sich, dass keine Werkzeugspuren festgestellt wurden. Es seien lediglich „deutliche Gebrauchsspuren“ festgestellt worden. Daraus lässt sich nicht sicher schließen, dass es tatsächlich keine Werkzeugspuren an der Terrassentür gab. Dies hätte nur durch eine Hinzuziehung der Kriminaltechnik festgestellt werden können. Der Zustand der Terrassentür wurde nicht dokumentiert; aus dem Bericht ergibt sich nicht, was mit „Gebrauchsspuren“ gemeint ist. Auf die Hinzuziehung von Kriminaltechnikern wurde nach dem Bericht verzichtet, und zwar wegen der „deutlichen Gebrauchsspuren“. Das bedeutet, dass nach Einschätzung der Polizeibeamten wegen der Gebrauchsspuren eine sichere Feststellung von eventuellen Werkzeugspuren auch durch Kriminaltechniker voraussichtlich nicht möglich gewesen wäre.
Es gibt geringfügige Differenzen zwischen der Wiedergabe der polizeilichen Vernehmung des Klägers in der Ermittlungsakte und den Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Das betrifft die Frage, wo der Schlüssel lag (auf „der Ablage“ einerseits oder auf einer von mehreren möglichen Ablagen im Wohnzimmer andererseits), und die Frage der Kippstellung der Terrassentür (abends oder auch am nächsten Morgen?). Aus solchen geringen Differenzen lässt sich schon wegen der Sprachprobleme des Klägers, der türkischer Staatsbürger ist, nichts herleiten. Die Anhörung vor dem Senat hat deutlich gemacht, dass der Kläger zwar Deutsch spricht, dass seine Sprach- und Verständnismöglichkeiten in der deutschen Sprache jedoch begrenzt sind. So hat beispielsweise die Erörterung der Kippstellung der Terrassentür im Senatstermin deutlich gemacht, wie schwierig es sein kann, bei einer Kommunikation mit dem Kläger in der deutschen Sprache Missverständnisse in Detailfragen zu vermeiden, trotz offenkundig bester Bemühungen des Klägers, sich verständlich zu machen. In der polizeilichen Ermittlungsakte fehlt jeder Hinweis auf solche Verständigungsprobleme; daher lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger – ohnehin nur in geringen Details – sich gegenüber den Polizeibeamten anders geäußert hat als vor dem Senat.
Im Ermittlungsverfahren wurden keine Feststellungen zu verschiedenen Fragen getroffen, die zu einer weiteren Aufklärung hätten führen können, im Sinne von Indizien für oder gegen die Darstellung des Klägers. Der Kläger konnte eine gewisse Zeit nach der Entwendung seinen Pass, den er nach eigenen Angaben im Fahrzeug zurückgelassen hatte, beim türkischen Konsulat in Straßburg/Frankreich abholen. Es wurde nicht ermittelt, wann und auf welche Weise der Pass dorthin gelangt ist. Es gab keine Feststellung zum Wiederauffinden des Fahrzeugs im Mai 2016 in Frankreich. Vor allem lässt sich der Ermittlungsakte nicht entnehmen, ob und inwieweit in W., insbesondere im Wohngebiet des Klägers, zur fraglichen Zeit ähnliche Straftaten festgestellt wurden. Der Kläger und seine Ehefrau haben angegeben, es habe in W. eine ganze Reihe ähnlicher Einbrüche gegeben, so dass die Polizei zu der Zeit Zettel in die Briefkästen geworfen habe, um Bewohner vor Einbrechern zu warnen.
c) Aus dem Vorbringen der Beklagten ergeben sich keine erheblichen Indizien für einen vorgetäuschten Diebstahl.
aa) Der Umstand, dass die Polizeibeamten nach ihren Angaben keine Werkzeugspuren an der Terrassentür festgestellt haben, reicht nicht für eine Feststellung aus, dass es keinen Einbruch gegeben hat. Zum einen ist eine sichere Feststellung schon deshalb nicht möglich, weil die Polizeibeamten ihre Beobachtung nicht dokumentiert haben. Zum anderen sind die Polizeibeamten selbst davon ausgegangen, dass eindeutige Feststellungen nicht möglich seien, weshalb auf die Hinzuziehung eines Kriminaltechnikers verzichtet wurde (siehe oben). Es kommt daher nicht auf die Frage an, ob und unter welchen Umständen ein Einbrecher, der durch eine Terrassentür in eine Wohnung eindringt, dort normalerweise Spuren hinterlässt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu diesem Punkt kam nicht in Betracht.
bb) Aus den Umständen des Tatgeschehens ergeben sich entgegen der Auffassung der Beklagten keine relevanten Indizien gegen die Darstellung des Klägers. Einbruchsdiebstähle in Wohngebieten sind nicht ungewöhnlich. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass ein Einbrecher aus einer Wohnung nur zufällig bestimmte Gegenstände mitnimmt (vorliegend den Kfz-Schlüssel) und beispielsweise ein in der Nähe befindliches iPad zurücklässt. Die Zuordnung des Schlüssels zum Fahrzeug des Klägers, welches sich auf einem Abstellplatz in unmittelbarer Nähe befand, war nicht schwierig, da bei einem Betätigen des Schlüssels das Fahrzeug blinkt.
cc) Auch aus dem Auffinden des Fahrzeugs in Frankreich ergeben sich keine Umstände, welche die Beklagte zu ihren Gunsten anführen könnte. Es ist möglich und plausibel, dass das Fahrzeug nicht zum Zwecke einer vorher geplanten Verwertung entwendet wurde, sondern zum Zwecke des Gebrauchs in Frankreich. Die von der Beklagten angeführte Frage, in welche Werkstatt das Fahrzeug vom Kläger nach dem Auffinden verbracht wurde, ist bedeutungslos. Er hat zu keinem Zeitpunkt eine Besichtigung des Pkw durch die Beklagte erschwert oder behindert. Es trifft zwar zu, dass der Kläger bei der Schadenmeldung nicht auf einen Unfallschaden im Sommer 2015 hingewiesen hat, der Reparaturkosten in Höhe von circa 2.000,00 € verursacht hatte. Zum einen hatte dieser Umstand jedoch unstreitig keine Auswirkungen auf die Feststellungen der Beklagten zum (im Rechtsstreit unstreitigen) Widerbeschaffungswert des Pkw. Zum anderen ergibt sich aus den Formulierungen der Schadenanzeige – vom Kläger im Senatstermin bestätigt -, dass er die Anzeige zwar unterschrieben hat, dass er sie jedoch wegen seiner sprachlichen Einschränkungen nicht persönlich ausgefüllt hat. Ein sprachliches Kommunikationsproblem zwischen dem Kläger und der Person, die ihm bei der Schadenmeldung behilflich war, ist nicht fernliegend.
dd) Die Beklagte weist darauf hin, dass der Kläger keinen weiteren Schlüssel für das Fahrzeug vorlegen konnte. Der Kläger gab an, der zweite Fahrzeugschlüssel sei bei einem früheren Aufenthalt in der Türkei verlorengegangen. Auf die Frage, wieviele Schlüssel vorhanden waren, kann es vorliegend schon deshalb nicht ankommen, weil das Fahrzeug nach dem Einbruch in der Wohnung des Klägers mit dem dort befindlichen Schlüssel entwendet wurde.
d) Unabhängig von der Beweislast der Beklagten für eine eventuelle Erschütterung des äußeren Bildes eines Diebstahls (siehe oben c)) ist darauf hinzuweisen, dass verschiedene Umstände die Darstellung des Klägers – zusätzlich – plausibel erscheinen lassen. Der Umstand, dass der türkische Pass des Klägers zum Konsulat in Straßburg gelangt ist, spricht dafür, dass sich der Dieb nach der Tat in Frankreich des Dokuments entledigen wollte. Es gab keinen Versuch, das gestohlene Fahrzeug zu verwerten. Dies spricht dagegen, dass sich der Kläger durch einen vorgetäuschten Diebstahl einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen wollte. Es gibt zudem keine Anhaltspunkte für Liquiditätsprobleme des selbstständig tätigen Klägers im Jahr 2015, die ein Motiv sein könnten für einen Versuch, für ein zehn Jahre altes Gebrauchtfahrzeug zu Unrecht eine Versicherungsleistung in Höhe von 9.350,00 € zu erlangen, zumal der Kläger auf das Fahrzeug für seine Tätigkeit angewiesen war.
4. Die geltend gemachten Zinsen stehen dem Kläger zu gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten gemäß §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 3, 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Nachdem die Beklagte eine Zahlung im Schreiben vom 30.11.2015 endgültig abgelehnt hatte, war es für den Kläger erforderlich, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
6. Eine Zulassung der Revision kam nicht in Betracht. Die für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt (§ 543 Abs. 2 ZPO).