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Kaskoversicherung – Diebstahl eines Quads aus einer Tiefgarage

LG München I, Az.: 23 O 20889/04

Urteil vom 24.02.2005

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Versicherungsleistung für die Entwendung seines Quad.

Kaskoversicherung – Diebstahl eines Quads aus einer Tiefgarage
Symbolfoto: VadimL/bigstock

Der Kläger ist Eigentümer eines Quad Yamaha 660 R, für das er bei der Beklagten gemäß Versicherungsschein vom 20.1.2004 eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung sowie eine Fahrzeugversicherung abgeschlossen hatte. Am 7.1.2004 zeigte er bei der Polizeiinspektion 43 in München den Diebstahl seines Quad an. Zum 1.3.2004 wurde der Versicherungsvertrag von der Beklagten aufgehoben.

Am 3.3.2004 suchte ein Mitarbeiter der Beklagten den Kläger in seiner Wohnung auf und legte diesem einen Fragebogen über den behaupteten Diebstahl vor, den er ausfüllte (Anlage K 8). Die Beklagte verweigerte im folgenden die Versicherungsleistung wegen des Diebstahls.

Der Kläger trägt vor, er habe das Fahrzeug am 20.12.2003 auf einem Tiefgaragenstellplatz der Tiefgarage am … in M unversperrt abgestellt. Am 7.1.2004 habe er es dort nicht mehr aufgefunden. Er habe den Diebstahl sogleich der Versicherungsagentur mitgeteilt. Beim Ausfüllen des Fragebogens der Beklagten am 3.3.2004 habe er, der erheblich hör- und sprachbehindert sei, unter zeitlichem Druck gestanden.

Der Kläger beantragt: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 6827,59 zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäische Zentralbank seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Sie ist der Auffassung, es fehle schon am Mindestnachweis für den behaupteten Diebstahl. Außerdem habe der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, weil er sein Quad nicht ausreichend gesichert habe. Darüberhinaus sei sie leistungsfrei, weil dem Kläger verschiedene Obliegenheitsverletzungen anzulasten seien. Er habe in dem Fragebogen falsche Angaben zum Absperren des Fahrzeugs gemacht, auch der angegebene Kaufpreis sei viel zu hoch.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 27.10.2004 und 27.12.2004, sowie auf den Schriftsatz der Beklagten vom 16.12.2004, jeweils nebst Anlagen, und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.1.2005 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage war unbegründet, weil die Beklagte wegen § 61 VVG leistungsfrei war. Der Kläger hat den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt.

Grobe Fahrlässigkeit setzt ein Verhalten des Versicherungsnehmers voraus, von dem er wusste oder wissen mußte, dass es geeignet war, den Eintritt des Versicherungsfalls oder die Vergrößerung des Schadens zu fördern (Prölls/Martin, VVG, § 61 Rn. 11 mwN). Dabei muss die Wahrscheinlichkeit des Schadens – und zwar gerade die des eingetretenen Schadens – offenkundig so groß sein, dass es ohne weiteres nahe lag, zur Vermeidung des Versicherungsfalles ein anderes Verhalten als das tatsächlich geübte in Betracht zu ziehen (Prölls/Martin, aaO).

Der Kläger hat das Fahrzeug unversperrt über einen Zeitraum von mehr als 2 Wochen in der Tiefgarage der Wohnanlage … in M abgestellt. Dieses Verhalten ist grob fahrlässig. Ein unversperrtes Quad kann wie ein Motorrad durch Kurzschließen in Betrieb genommen und weggefahren werden oder auf einen Anhänger verbracht werden. Dies muss jedem Versicherungsnehmer, so auch dem Kläger, einleuchten. Es lag auch ohne weiteres nahe, zumindest das Lenkradschloss des Quad einzurasten. Dass das Fahrzeug mit einem Lenkradschloss ausgestattet war, ist unstreitig, weil der Kläger selbst auf S. 6 seiner Klage vom 27.10.2004 das Vorhandensein eines solchen Lenkradschlosses bejaht hat. Das Versperren des Lenkradschlosses bedeutet für den Versicherungsnehmer nur einen minimalen Aufwand und gewährt deutlich größere Diebstahlssicherheit, weil sich das Lenkrad des Fahrzeugs dann nicht mehr bewegen lässt und sich das Fahrzeug damit nicht mehr einfach wegfahren lässt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Fahrzeug in einer zu der Wohnanlage gehörigen Tiefgarage stand. Zwar war diese Tiefgarage nicht allgemein, aber doch einem großen Personenkreis zugänglich. Es ist allgemein bekannt, dass man sich zu Tiefgaragen durch bloßes Abwarten der Toröffnung Zugang verschaffen kann; darüber hinaus ist bei einer größeren Wohnanlage schon allein der Kreis der Zugangsberechtigten groß. Ein Fahrzeug in einem solchen Raum unversperrt über einen längeren Zeitraum hinweg stehen zu lassen, erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Diebstahls so wesentlich, dass es jedem nahe liegen muss, Sicherheitsmaßnahmen durch Versperren zu treffen. So hat beispielsweise der ÖOGH, dessen Rechtsprechung wegen der vergleichbaren Rechtslage in Österreich herangezogen werden kann, in einem ähnlichen Fall, bei dem ein Motorrad ungesichert in einer offenen Garage abgestellt worden war, ebenfalls die grobe Fahrlässigkeit bejaht (Prölls/Martin, Kommentar zum VVG, § 12 AKB Rn. 110). Eine große Tiefgarage ist einer offenen Garage von der Gefährdungslage her gleichzustellen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass spezielle Straßenverkehrszulassungsvorschriften für Quads erst seit 1.1.2004 gelten. Unabhängig davon, ob öffentlich-rechtlich eine Versperrmöglichkeit des Fahrzeugs zum Tatzeitpunkt vorgeschrieben war oder nicht, hätte der Kläger sein Fahrzeug aus obigen Gründen durch Absperren, bei Fehlen eines Lenkradschlosses – wie hier nicht – auch mittels einer Kette, sichern müssen.

Auch subjektiv ist dem Kläger ein erheblich gesteigertes Verschulden vorzuwerfen. Dabei kann es den Kläger nicht entlasten, dass er offensichtlich über die Sicherungsmöglichkeiten seines neu erworbenen Fahrzeugs nicht genau Bescheid wußte. Wer ein Fahrzeug erwirbt und es im öffentlichen Verkehr verwendet, muss sich mit dessen Funktionen auch vertraut machen. Der Kläger hatte das Fahrzeug vor dem behaupteten Diebstahl bereits seit 2 Monaten im Besitz.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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