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Kaskoversicherung – Abtretung von Ansprüchen gegenüber der Versicherung zulässig?

LG Dortmund – Az.: 2 O 85/17 – Urteil vom 25.10.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger nach einem Streitwert von 8.004,51 EUR.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Frau P unterhielt bei der Beklagten seit dem 16.12.2015 eine Vollkaskoversicherung mit 300,00 EUR Selbstbeteiligung für den erstmals am 25.05.2009 zugelassenen Pkw Audi Q7 mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …. Grundlage waren der Versicherungsschein vom 23.02.2016 (Anlage K 7) und die AKB (Anlage K 7) unter anderem mit folgenden Regelungen:

A.2.3

Welche Ereignisse sind in der Fahrzeugvollversicherung (Vollkasko) versichert?

… ..

Unfall

A.2.3.2

(1) Versichert ist ein Unfall des Fahrzeugs, d.h. ein unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis. … ..

A.2.6

Was zahlen wir bei Beschädigung? … ..

Reparatur

A.2.6.1

(1) Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir – falls keine Werkstattbindung nach A 3 vereinbart wurde – die für die Reparatur notwendigen Kosten bis zur folgenden Obergrenzen:

… ..

A.2.13 … … ..Abtretung

… .

(4) Ihren Anspruch auf die Entschädigung können Sie vor der endgültigen Feststellung ohne unsere ausdrückliche Genehmigung weder abtreten noch verpfänden. … .

F.2 Ausübung der Rechte

Die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag steht nur Ihnen als Versicherungsnehmer zu, soweit nichts anderes geregelt ist. … .

G.7 Was ist bei Veräußerung des Fahrzeugs zu beachten?

Übergang des Versicherungsvertrags auf den Erwerber

G.7.1

(1) Veräußern Sie Ihr Fahrzeug, geht der Versicherungsvertrag auf den Erwerber über. … .

Die Veräußerung muss uns angezeigt werden.

G.7.2

Sie und der Erwerber sind verpflichtet, uns die Veräußerung unverzüglich anzuzeigen. Unterbleibt die Anzeige, droht unter den Voraussetzungen des VVG der Verlust des Versicherungsschutzes … .“

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die streitigen Reparaturkosten für einen streitigen Unfallschaden.

Der Kläger behauptet, er habe mit Z im Juli 2017 einen Tausch- und Kaufvertrag über das Fahrzeug geschlossen (Anlagen K 1, Bl. 5 der Akten, und K 2, Blatt 6 der Akten) und die Zulassungsbescheinigung Teil 2 von der Sicherungseigentümerin des Pkws Audi Q7 vor dem 15.08.2016 erhalten. Dies habe er, der Kläger, der Beklagten Mitte Juli 2016 mitgeteilt und daraufhin die Versicherungsbestätigung (Anlagen K 7, K 9, Bl. 125 der Akten, grüne Karte) erhalten.

Am 15.08.2016 sei er, der Kläger, mit dem Fahrzeug gegen 7:40 Uhr auf der A 1 in G in M gegen eine Leitplanke gefahren. Dadurch seien die in dem Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. N vom 30.08.2016 (Anlage K 3, Bl. 7 bis 27 der Akten) dokumentierten Schäden an der linken Seite entstanden. Die Reparaturkosten beliefen sich auf netto 8.137,51 EUR und der Wiederbeschaffungswert auf (differenzbesteuert) 24.878,05 EUR.

Der Kläger meint, er sei aktivlegitimiert und beruft sich in diesem Zusammenhang auf die Abtretungsvereinbarung zwischen ihm und Frau P vom 23.12.2016 (K 6, Blatt 32 der Akten), die „Einzugsermächtigung“ von Frau P (Anlage K 8, Blatt 53 der Akten), die Veräußerung des Fahrzeugs an ihn, den Kläger, und die vorprozessualen Schreiben der Beklagten (Anlagen K 10 bis K 12, Blatt 72 bis 74 der Akten). Er behauptet, eine Mitarbeiterin der Beklagten habe ihm in einem Telefongespräch mitgeteilt, dass er eine Abtretungserklärung der Versicherungsnehmerin beibringen solle, dann werde die Leistung in einer Woche erfolgen. Der Sachverständige müsse die Angelegenheit noch prüfen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.004,51 EUR sowie weitere 928,80 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie rügt die Aktivlegitimation des Klägers.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen T und G1. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Kläger ist nicht klagebefugt und die Beklagte beruft sich in der Klageerwiderung auch darauf.

Nach der wirksamen Regelung in F.2 AKB (OLG Hamm, 20 U 53/04, Urteil vom 06.10.2004, VersR 2005, 934 zu der gleichlautenden Regelung in § 3 Abs. 2 AKB a) F) steht die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag (vorbehaltlich hier nicht eingreifende Ausnahmebestimmungen) ausschließlich dem Versicherungsnehmer, vorliegend also Frau P, zu.

§ 44 Abs. 2 VVG kann abbedungen werden (OLG Hamm, 20 U 53/04, Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 44 Rn. 25). Der Versicherer hat ein berechtigtes Interesse daran, festzulegen, dass er sich nur mit seinem Vertragspartner, dem Versicherungsnehmer, auseinandersetzen muss. Im Bereich der Fahrzeugversicherung besteht ein solches berechtigtes Interesse zudem deshalb, weil bei Zulassung von Klagen der Versicherten der Versicherer in diesen Fällen zunächst einmal prüfen müsste, ob der Anspruchsteller tatsächlich Versicherter ist, was vielfach nicht einfach ist. Der Versicherte ist hingegen ausreichend dadurch geschützt, dass sich der Versicherer bei den für den Versicherten unerträglichen Härten nach § 242 BGB wegen Rechtsmissbrauchs nicht auf die Klausel berufen darf (OLG Hamm, 20 U 53/04).

Die Abtretung vom 23.12.2016 (Anlage K 6, Blatt 32 der Akten) verstößt gegen die wirksame Regelung in A.2.13 AKB (Prölss/Martin, 350, A.2.14 AKB, Rn. 4 und 5). Dies gilt auch für die Einzugsermächtigung Anlage K 8, Blatt 53 der Akten (Prölss/Martin, 350, A.2.14 AKB, Rn. 5, BGH, X ZR 146/94, Urteil vom 11.03.1997, NJW 1997, 3434), weil ansonsten im Wege der Prozessstandschaft erreicht würde, was durch den Abtretungsausschluss verhindert werden soll.

Aus § 95 VVG und G.7 AKB ergibt sich die Klagebefugnis des Klägers nicht. Es handelte sich unstreitig um eine Fremdversicherung, denn die Versicherungsnehmerin P war nicht die Eigentümerin des Fahrzeugs. § 95 VVG und G.7 AKB betreffen nur die Veräußerung des versicherten Fahrzeuges durch den Versicherungsnehmer (OLG Hamm, 20 U 284/95, Urteil vom 19.04.1996, NZV 1996, 412, Stiefel/Maier, Kraftfahrversicherung, 19. Aufl., AKB G.7, Rn. 26, Prölss/Martin, § 95 Rn. 94, 350, AKB, G.7, Rn. 2).

Sinn und Zweck von § 95 VVG und G.7 AKB liegt darin, das Versicherungsverhältnis dem versicherten Interesse folgen und deshalb auf den Erwerber der Sache übergehen zu lassen. Veräußert aber, wie im vorliegenden Fall, nicht der Versicherungsnehmer das versicherte Fahrzeug, und liegt von Vornherein eine Fremdversicherung vor, ist für einen Übergang der Versicherungsnehmerstellung kein Raum. Der Erwerber rückt anstelle des Veräußerers in die Position des Versicherten ein (Prölss/Martin, § 95 Rn. 24) und nicht in die des Versicherungsnehmers.

Der Beklagten fällt kein Rechtsmissbrauch zur Last. Der Versicherer darf sich auf eine Klausel, wie sie hier in Rede steht, gegenüber dem Versicherten nicht berufen, wenn der Versicherungsnehmer ohne billigenswerten Grund nicht gewillt ist, sein Einziehungsrecht zu Gunsten des Versicherten wahrzunehmen und der Versicherte deshalb Gefahr läuft, seinen Anspruch nicht durchsetzen zu können (OLG Hamm, 20 U 53/04 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Dass die Versicherungsnehmerin nicht bereit ist, den hier streitgegenständlichen Anspruch durchzusetzen, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

Die Vorkorrespondenz ist unerheblich, denn die Beklagte hat sowohl mit der Versicherungsnehmerin als auch mit dem Kläger als Fahrer des Unfallfahrzeuges korrespondiert. Aus den Schreiben K 10 und K 11 ergibt sich ausdrücklich, dass die Beklagte davon ausging, dass Frau P Versicherungsnehmerin ist. Frau P hat der Beklagten den Schaden auch unstreitig angezeigt.

Der Kläger hat nicht beweisen können, dass die Beklagte ihm die Zahlung der Entschädigung telefonisch zugesagt hat. Die Zeuginnen T und G1 haben dazu widersprüchliche Angaben gemacht und die Kammer war mangels objektiver Anhaltspunkte außer Stande insoweit hinreichend sichere Feststellungen (dazu BGH, IV ZR 116/11, Beschluss vom 18.01.2012, VersR 2012, 849) zu treffen.

Die Klage war daher mangels Aktivlegitimation des Klägers mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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