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Kaskoversicherer – Ansprüche gegen Kfz-Händler bei Fahrzeugtotalschaden aufgrund Fahrzeugmängel

LG Magdeburg – Az.: 9 O 1492/10 (399) – Urteil vom 27.10.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits und die Nebeninterventionskosten zu tragen.

Das Urteil ist für den Beklagten und seine Streithelferin jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aus diesem Urteil noch zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin regulierte den Fahrzeugtotalschaden ihres Versicherungsnehmers …, den dieser ohne Fremdbeteiligung am 22.5.2008 mit seinem von dem Beklagten am 28.2.2008 erworbenen F Fusion auf der A2 kurz vor der Abfahrt B. erlitt. Die Klägerin begehrt aus übergegangenem Recht Schadensersatz vom Beklagten.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Unfall sei auf eine von ihr behauptete lose Befestigung an dem Schwenklager im Bereich der Aufnahme für den Kugelbolzen des linken Querlenkers zurückzuführen und der Beklagte hafte dafür.

Die Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 8.246,- nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.8.2008 zu zahlen.

Der Beklagte und seine Streithelferin beantragen, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet Mängelfreiheit des zuvor technisch geprüften Fahrzeugs bei Gefahrübergang.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben. Wegen der Einzelheiten der Vernehmung der Zeugen S., R. und W. wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2010 (Bl.113-117 d.A.) verwiesen, wegen der Begutachtung durch den Sachverständigen S auf das schriftliche Gutachten vom 13.4.2011 (Anlagenband) und dessen Ergänzung vom 28.7.2011 (Bl.172-175 d.A.).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte haftet unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, denn die Klägerin hat nicht bewiesen, dass der Schaden, den der Versicherungsnehmer der Klägerin erlitten hat, eine dem Verantwortungsbereich des Beklagten zurechenbare Ursache hatte.

Vielmehr spricht – von den subjektiven Einschätzungen des von der Klägerin als Kfz.-Sachverständiger eingestellten Zeugen Peter S. abgesehen – alles dafür, dass der Unfall keine dem Verantwortungsbereich des Beklagten zurechenbare Ursache hatte.

Der Zeuge Michael R, Werkstattleiter des Beklagten, hat ausgesagt, wenn hier eine Lockerung stattgefunden hätte, dann hätte er das auf jeden Fall bei der Probefahrt bemerkt. Da das nicht so gewesen sei, könne sich auch das Rad nicht vom Kugellager gelöst haben. Selbst wenn man die Schraube rausziehe, d.h. wenn man mit Kraft die Radnabe vom Kugelbolzen trennen könne, finde im tatsächlichen Fahrbetrieb keine Trennung statt, weil das Gewicht des Fahrzeuges darauf lagere. Als Verschleiß habe er es noch nie gesehen, dass sich die Radnabe vom Kugelbolzen gelöst habe. Er vermute, dass die Beschädigung beim Unfall eingetreten sei. Wenn etwas lose gewesen wäre, hätte man das hören müssen. Er müsse allerdings darauf hinweisen, dass er ein Loslösen der Radnabe vom Kugelbolzen noch nie gesehen habe.

Die Zeugin Gitta W., Kfz.-Prüfingenieurin, hat ausgesagt, sie habe es noch nicht erlebt, dass der ganze Zapfen, d.h. der Kugelbolzen herausgerissen worden sei. Was sie schon öfter gesehen habe, sei, dass der Kugelkopf aus der Pfanne ausgeschlagen sei. Das meine nicht, dass er herausgefallen sei, sondern dass er gelockert sei. Dabei handele es sich um Verschleiß, der im Prinzip bei jedem Fahrzeug eintrete. Wenn die Schraube sehr locker sei, dann lasse sich das bei der Hauptuntersuchung schon feststellen. Sie hätte es dann festgestellt. Am Kugelbolzen reibe nichts. Da könne insofern auch kein Abrieb entstanden sein. So lange die Schraube drin sei, könne nichts rausfallen. Bei enormer Krafteinwirkung könne die Schraube sich dehnen, so dass das Gelenk dann herausfalle. Das sei aber bei normalem Fahrbetrieb nicht möglich. Sie könne nicht in das Innere hereinsehen. Insoweit sei eine Prüfung im Rahmen der Hauptuntersuchung nicht möglich. Wenn etwas locker gewesen wäre, hätte sie das festgestellt. Das Auto komme auf die Bühne und dann rüttle sie am Rad. Man höre es dann, wenn etwas locker sei.

Danach spricht nach den Zeugenvernehmungen objektiv nichts dafür, dass der Unfall eine dem Verantwortungsbereich des Beklagten zurechenbare Ursache hatte.

Auch die sachverständige Begutachtung hat dafür nichts ergeben, sondern die Einschätzung bestätigt, dass die Beschädigung durch den Unfall eingetreten ist.

Der Sachverständige hat ausgeführt, wenn man das Schadensbild am Fahrzeug betrachte, so sei erkennbar, dass aufgrund der Deformationslinien im Bereich der linken vorderen Fahrzeugseite zwingend das linke Vorderrad im Zuge der Kollision einer Krafteinleitung ausgesetzt gewesen sei, die über das seitens des Herstellers vorgegebene Maß bzw. der herstellerseits vorgesehenen Belastung im üblichen Fahrbetrieb hinausgegangen sei. Die Deformation an der Felge des linken Vorderrades sowie im Bereich des Querlenkers und des Spurstangenkopfes bewiesen ebenfalls, dass im Bereich des linken Vorderrades starke Kräfte eingewirkt hätten, die zu den Deformationen und Schäden an den Achsbauteilen geführt hätten. Das bedeute, aufgrund der Schadens- und Spurenmerkmale gebe es aus technischer Sicht keinen Zweifel, dass das Lösen der Verbindung zwischen Achsgelenk und Schwenklager eine Folge des Anstoßes auf das linke Vorderrad darstelle. Anhaltspunkte dafür, dass vorkollisionär sich die Verbindung zwischen Achsgelenk und Schwenklager bereits gelöst hätte bzw. ein Spiel zwischen beiden Bauteilen vorgelegen hätte, gebe es nicht.

Im ergänzenden Gutachten hat der Sachverständige weiter ausgeführt, die Abscherung am „Befestigungsbolzen“, die Materialverdrückung am Achsgelenkszapfen als auch die Deformation an der Aufnahme für den Achsgelenkszapfen bewiesen, dass die kraft- und formschlüssige Verbindung zwischen Achsgelenkszapfen und Schwenklager einer von außen mit mechanischer Gewalt einwirkenden Kraft ausgesetzt gewesen sei. Eine Rissbildung an der überdehnte Seiten des Achsgelenkszapfens stelle aber keinen Beweis dafür dar, dass vor dem Unfallgeschehen die Verbindung zwischen Achsgelenkszapfen und Schwenklager vorgeschädigt oder gelöst gewesen sei. Aus spurenkundlicher Sicht gebe es nicht einen einzigen Anhaltspunkt dafür, dass sich die Verbindung zwischen Achsgelenkszapfen und Schwenklager unfallursächlich gelöst habe.

Die Kammer folgt nach eigener kritischer Prüfung den Ausführungen des Sachverständigen. Soweit der „Haussachverständige“ der Klägerin die Ausführungen für fehlerhaft hält, gibt dies keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Gutachtens.

Es ist vielmehr unmittelbar einleuchtend, dass das Lösen der Verbindung zwischen Achsgelenk und Schwenklager eine Folge des Anstoßes auf das linke Vorderrad war. Letztlich hat sogar der bei der Klägerin angestellte Zeuge S. in seiner Vernehmung selbst eingeräumt, er könne nicht ausschließen, dass der Abriss des Rades erst durch den Unfall selbst geschehen sei. Eben davon, dass das Lösen der Verbindung zwischen Achsgelenk und Schwenklager Folge und nicht Ursache des Unfalls war, ist auszugehen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 101, 709 ZPO (zur Nichtanwendbarkeit von § 708 Nr.11 ZPO siehe OVG Lüneburg, Urt.v.16.5.2003, 4 LB 569/02, zit.nach juris).

Der Streitwert beträgt € 8.246,-.

 

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